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Macht’s die SoZ besser?

Die Antwort ist nein.

Drei Anrisse zuoberst, dreimal schnarch. Dann darf Alain Berset in einem Interview letzte Zweifel aufräumen, dass sein Abgang überfällig war. Und wenn einer Redaktion überhaupt nichts mehr zu einem Thema einfällt, dann bleibt immer noch als letzter Joker der «Schweizer Aspekt».

Anschliessend wimmelt es nur so von Schweizer Aspekten. Niemand wäre bereit gewesen, Alain Berset ein solches Weichspüler-Interview zu schenken – ausser der SoZ. Dann etwas Schweiz – EU (schnarch), etwas Nachbereitung der Bundesratswahlen (gähn), etwas Mitleid mit Hans-Peter Portmann, Alt-Neues von Ritalin, das Ausland bestreitet sowieso die »Süddeutsche Zeitung» (oder interessiert es wirklich jemanden, dass Mexiko eine Eisenbahnlinie gebaut hat?), und die Qual des ersten Bundes ist überstanden.

Was bedeutet, dass die Qual des zweiten beginnt. Ältere Leser erinnern sich noch dunkel: «Fokus», das bedeutete hochstehenden, verdichteten, aus dem Normalbrei herausragenden Journalismus. Vorbei. Normalerweise werden hier Interviews abgefüllt, die man gar nicht schnell genug überblättern kann. Diesmal wird die Geschichte zweier Schweizer erzählt, die am 7. Oktober in Israel ermordet wurden. Bei aller persönlichen Tragik: was soll das?

Dann: Neues von übergriffigen Pfaffen. Oh Himmel, hilf. Auf Seite 25, das ist immerhin was zum Lachen, kolumniert Markus Somm ungebrochen weiter und tut so, als wäre da nix. Was wäre? Nun, dass sich der grosse Polit-Analyst und scharfe Seher mit seiner Prognose, dass ein Geheimplan Bundesrat Cassis aus dem Sessel kippen würde, was mehr als 50 Prozent Wahrscheinlichkeit aufweise, ganz grob verhauen hat. Aber es ist eine alte Weisheit von Sehern: geht was in die Hose, einfach nicht drüber reden und die nächste Prognose raushauen. Irgendwann landet man doch einen Treffer.

Oder, andere steile These von ZACKBUM, die SoZ lässt Somm weiter schreiben, damit die bodenlose Niveaulosigkeit von Gülsha Adiliji nicht so auffällt. Neuste Duftmarken: «Diese ganze Dating-Scheisse … ich downloadete (schon fucking wieder) … Dating ist jetzt nicht mein Lebensmittelpunkt-Lebensmittelpunkt, aber …» Wer dieses Gestammel freiwillig liest, darf sich nicht über den Preis des SoZ-Abos beschweren.

«Wirtschaft»? Ach ja, wenn Arthur Rutishauser nicht wäre, der auf Thomas Jordan eindrischt, wäre auch dieser Bund reif fürs Altpapier.

Apropos alt, Keith Richard wird 80. Wahnsinn. Der Mann, der Pate für den Spruch stand: der sieht so alt aus, so alt kann der gar nicht werden. Zur Feier des Tages ein Interview mit ihm. Exklusiv für die SoZ. Wahnsinn. Hm; der Autor ist Joachim Hentschel. Genau, der deutsche Journalist, der von der «Zeit» abwärts so ziemlich alle bedient.

Bleibt da noch ein Auge trocken? Ach, nicht wirklich, wenn wir zum Ratgeberteil kommen: «So gelingt das Weihnachtsessen zu Hause». Echt jetzt? Selbst dafür ist der Leser zu blöd, wenn ihm nicht geholfen wird. Der nächste Ratgeber wäre allerdings in erster Linie etwas für Journalisten: «So schreiben Sie wie ein Genie. Tipps für KI-Tools». Wenn man den Artikel liest, scheint das aber nicht wirklich zu funktionieren.

Schliesslich, ZACKBUM lobt wieder mal seine hellseherischen Fähigkeiten, waren nicht vor Kurzem helle Töne, Weiss der letzte Schrei in der Inneinrichtung? Arme Leser, die dem gefolgt sind. Denn: «Helle, sanfte Töne galten lange als Lieblinge in der Inneneinrichtung. Doch der Trend scheint zu kippen». Scheint, so sicher ist’s noch nicht, aber vielleicht sollte man die frisch angeschafften hellen Möbel vorsorglich entsorgen.

In der Reihe «sagt da einer sponsored content?» wird auf einer Seite vermeldet, dass das Zürcher Savoy als Mandarin Oriental wiedereröffnet wird. Da sich die meisten SoZ-Leser problemlos ein Doppelzimmer ab 1200 Franken leisten können (doch, pro Nacht natürlich), ist das ein zielgruppenorientierter Service-Text.

Oder ohne Ironie auf Deutsch: reine Leserverarschung.

 

 

Und der Gewinner ist …

… die «SonntagsZeitung». Dümmster Titel ever.

Headlines sind Zuspitzungen. Sie heissen auf Englisch auch noch «Barker», Beller. Sie sollen den Leser anbellen, damit er hinguckt und sich in den Artikel verbeisst. So weit, so gut.

Nun ist aber Chefökonom und Chefredaktor Arthur Rutishauser am Gerät, wie er mit seinem Editorial beweist. Dennoch lässt er einen solchen Titel durchgehen, mit dem jeder Anfänger aus dem Raum gelacht werden würde.

Armin Müller versucht sich im Text dann an einer Rettung: «Doch wenn die Teuerungsrate sinkt, heisst das nicht, dass die Preise sinken – sondern bloss, dass sie weniger schnell steigen.» Um den Wirrwarr zu vervollständigen, versucht er sich dann noch an einer originellen Definition des Unterschieds zwischen gefühlter und gemessener Inflation: «Dass die gefühlte Inflation nicht der gemessenen entspricht, liegt daran, dass die Teuerung längst nicht bei allen Löhnen ausgeglichen wurde.» Hä?

Vielleicht mal eine kurze Faktenbasis: nach offiziellen Zahlen stiegen die Konsumentenpreise im September in der Schweiz um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat; sie sanken im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Prozent. Sagt der Landesindex (LIK).

Die «gefühlten Preise» seien hingegen um 0,2 Prozent im Monatsvergleich angestiegen, aber daran ist die Konjunkturforschungsstelle der ETH beteiligt, deren Abkürzung KOF gerne mit doof assoziiert wird.

Das ist natürlich noch paradiesisch im Vergleich zur EU, wo Deutschland eine offizielle Inflation von 3,2 Prozent, Ungarn von knapp 10 Prozent ausweist.

Das Schlamassel hat mit der Messung der Inflationsrate zu tun, die mittels eines untauglichen Warenkorbs berechnet wird, in dem wichtige Preistreiber wie Versicherungsprämien oder Geldzinsen gar nicht enthalten sind. Es hat auch damit zu tun, dass diese Raten meistens im Vergleich zum Vorjahr ausgewiesen werden. Wurde damals vieles viel teurer, kann sie sinken, obwohl heuer vieles immer noch teurer wird. Vor allem natürlich Energie; Gas plus 77 Prozent, Heizöl 70, Strom 30 Prozent. So viel Solidarität mit der Ukraine muss halt sein.

Ganz allgemein sind in der Eurozone Güter des täglichen Bedarfs wie Nahrungsmittel ein sattes Viertel teurer geworden als im Vorjahr. Entsprechend mies ist die Stimmung der Konsumenten. Das nennt man nämlich Kaufkraftverlust; gekniffen sind weiterhin die Sparer, die inzwischen mageren Zinsen gleichen die Inflation nicht aus.

So viel zum Cover.

Lustig ist hingegen, dass Chefredaktor Rutishauser seiner Oberchefredaktorin Birrer widerspricht: Während die für eine völlig unrealistische Neuverteilung der sieben Sitze plädiert, will Rutishauser dem Leser eine Erhöhung auf 9 Bundesräte schmackhaft machen. Nochmal peinlich für Birrer: seine Argumentation hat Hand und Fuss und macht Sinn. Ob das allerdings seine Arbeitsplatzsicherheit erhöht? Denn auch im Journalismus gilt eine alte Indianerregel: der Häuptling singt immer am schönsten. So nebenbei: verdammte Machos, die edlen Indianer. Denn was ist die weibliche Form von Häuptling, he? How.

Trotz Nebenbemerkungen gegen diese verdammten Ränkespiele und öffentliche Geheimpläne beteiligt sich auch die SoZ daran. Indem sie dem absaufenden SP-Kandidaten Jon Pult im grossen Interview die Chance gibt, sich wählbarer zu machen. Kreidefressen in der Öffentlichkeit, kein schöner Anblick.

Keine spürbare Anhebung des Niveaus passiert dann auf Seite 5: Da «erklärt» ein Neuropsychologe (was es alles gibt), «wie Kinder am besten lernen können». Wie das? Nach, einfach: üben und wiederholen. Wie? Zurück zu Bleistift und Papier. Richtiger, aber völlig unrealistischer Ansatz, da zunächst einmal der ganze Schrott beiseite geräumt werden müsste, den die ewigen Schulreformen, aufgeführt von didaktischen Trockenschwimmern, hinterlassen haben.

Dann eine Hiobsbotschaft für alle Freunde der Alternativenergien: «Für die Solarkraftwerke wird die Zeit knapp». Das ist immerhin die Hälfte der Wahrheit, die andere ist: ihre Leistung wäre nie ausreichend, um die Stromlücke zu stopfen. Dafür (und für eine möglichst CO2-neutrale Energiegewinnung) braucht es AKW, braucht es sicher nicht den Ausstieg aus der Atomenergie. Wann sich das mal bis zur SoZ durchspricht?

Mehr schlechte Nachrichten, aber nur für Männer unter 50: schwere Herzerkrankungen mehren sich. Nun ja, im Rahmen des Konjunktiv-Journalismus, der aus einer Nullmeldung einen Barker machen will. Typisches Hochzwirbeln. «Gefährdet: Männer im besten Alter». Schweissausbruch bei diesen Männern, aber schon der Lead besänftigt. «Kardiologen sind besorgt, … zu schweren Herzkrankheiten führen können»; ach, wenn die Modalverben und der Konjunktiv nicht wären, was würde dann aus dieser Art von Journalismus?

Etwas ernster nehmen muss man den Indikativjournalismus von Michèle Binswanger: «Ärzte schlagen wegen Brustamputationen Alarm – und werden zensiert». Denn immer mehr Minderjährige, im Rahmen des Genderwahnsinns, meinen, im falschen Körper geboren zu sein – und wollen das operativ ändern. Ein Riesengeschäft.

Dann öffnet die SoZ eine Spalte dem deutschen Rechthaber Nicolas Richter von der «Süddeutschen Zeitung». Der weiss nämlich: «Es rächt sich, dass SPD, Grüne und FDP ihre Differenzen nicht gleich zu Beginn ausgeräumt haben.» Es ist immer ein Kreuz mit diesen Politikern, wieso hören sie nie auf sinnvolle Ratschläge von Menschen wie Richter? Die im Nachhinein immer vorher alles besser gewusst haben wollen.

Gibt es noch andere wichtige Probleme der Menschheit? Nun, eines, das vor allem Coleoiden umtreibt: «Darf man Tintenfische noch essen?» Die seien nämlich eigentlich zu intelligent dafür. Was ja Krake Paul bewies, indem er bei der Fussball-WM 2010 alle Spiele mit deutscher Beteiligung richtig vorhersagte. Was bei Schweinen aber kein Schwein interessiert.

Dann die Hiobsmeldung aus China: «8,5 Millionen in finanziellen Schwierigkeiten». Ist das das Ende des Reichs der Mitte? Moment, bei 1,4 Milliarden Einwohnern sind das 0,57 Prozent. Hm.

Dann widmet sich Aleksandra Kedves einem eher schlüpfrigen Thema. Die Generation Z verschiebe «ihr erstes Mal». Aber: «Dafür nehmen Masturbation und Pornografie-Konsum drastisch zu». Dabei weiss man doch, dass beides das Rückenmark schädigt und zu Hirnerweichung führt.

Apropos, die Farbe Weiss ist als Wohntrend schon wieder aschgraue Vergangenheit. Neu, weiss Marianne Kohler Nizamuddin, sind «flauschige Möbel» als «Teddys zum Wohnen» angesagt. Aber Vorsicht beim Ankauf: schon nächste Woche kann die kühle Sachlichkeit drohen.

Dann, das Absackerchen, widmet sich Sebastian Herrmann von der SZ endlich einer Frage, die auch ZACKBUM schon lange umtreibt: «Wieso verzapfen so schlaue Menschen bloss so blödes Zeug?» Endlich einmal die Art von Selbstkritik, die wir bei Journalisten so schmerzlich vermissen. Aber oh je, er handelt nicht etwa seine Kollegen von der Journaille ab, sondern Nobelpreisträger. Thema verfehlt, verschrieben, canceln.

 

 

Weihnachten ist früher

Die «SonntagsZeitung» schleppt sich ins Ziel.

Die Feiertage liegen für die Sonntagszeitungen mal wieder eher beschissen, um es offen zu sagen. Der 24. und der 31. sind Sonntage. Bitterer war nur letztes Jahr, da fielen sie auf den Samstag.

Da muss normalerweise alles zusammengekratzt werden, was sich einigermassen als News verkaufen lässt. Wieso die «SonntagsZeitung» mit dieser Übung allerdings schon am 3. Dezember anfängt?

Denn anders lässt sich ein solches Cover nicht erklären:

Der erste Wolf wurde geschossen, gähn, «die besten Geschenke für Weihnachten» (doppelgähn), Fussball-EM (kieferstarregähn). Und dann in Kriminalschwarz: «Wer hat Angst vor den Jusos?» Kurze Antwort: keiner.

Längere Antwort: Die Bildredaktion der SoZ offenbar nicht, denn unvorteilhaftere Fotos von Jon Pult, Mattea Meyer und Cédric Wermuth konnte sie offenbar im Bildarchiv nicht finden. Ach, und dann ging bei Cédric noch der accent aigu verloren, aber wer kann denn noch Französisch bei den Kindersoldaten.

Die ganz lange Antwort findet man auf den Seiten zwei und drei des Schnarchblatts. Das ist allerdings gemein; statt den strahlenden Sonnentag im Schnee zu geniessen, liessen viele SoZ-Leser das Haupt ermattet auf die Zeitung oder das Tablet fallen und verfielen in einen verfrühten Winterschlaf. Sozzz, zzz, zzz halt.

Daraus weckt sie sicher auch nicht der Brüller: «Blocher bricht das Tabu». Meine Güte, angesichts der zwei eher ungeeigneten SP-Bundesratskandidaten spielt das Herrgöttli aus Herrliberg mit der Idee, dass man ja auch einen besseren Kandidaten wählen könnte, siehe Ritschard und Stich.

Wer allerdings in einer Qualitätszeitung diesen Titel wagt, hat die Kontrolle über sein Leben und die Buchstaben verloren: «Die Schweiz, ein weisses Märchenland». Das würde schon bei einem Schulfaufsatz rot angestrichen werden, wenn sich heutzutage Lehrer noch trauen, ihres Amtes zu walten.

Lustig ist hingegen, wie Rico Bandle weiterhin auf die Uni Basel eindrischt: «Nun kommt der Dekan unter Druck». Die einen schiessen auf Wölfe, die anderen auf Anti-Israel-Aktivisten und mehr oder minder klammheimliche Sympathisanten der Hamas.

Dann die «immer wieder ist Pisa-Studie»-Meldung: «Fast jeder zweite Schulabgänger in der Schweiz kann kaum lesen». Das ist erschreckend, aber nicht überraschend. Und beklagenswert. Aber wieso erscheinen keine Studien, in welch erschreckendem Zustand sich die Fähigkeit der meisten Journalisten befindet, in klaren, einfachen Worten möglichst neutral einen Sachverhalt zu schildern? Würde man das als Kriterium anlegen, müsste die Schlagzeile lauten:

«Fast jeder zweite Journalist kann kaum schreiben.»

Nicht mal die nahenden Weihnachten sind eine ausreichende Entschuldigung dafür, dass unter dem launigen Titel «Schon am ersten Tag fiel der erste Lupo» eine Seite auf die Wolfjagd verbraten wird. Wölfe werden nicht mehr erlegt, abgeschossen, sondern sie fallen neuerdings? So richtig sattelfest bei Rolf Kauka ist der Autor übrigens auch nicht.

Dann wird Chefredaktor Arthur Rutishauser mitsamt Adrian Schmid aufgeboten, um Karin Keller-Sutter mit pseudokritischen Fragen Gelegenheit zu geben, watteweichen Blubber abzusondern. Die einzig interessante Frage durften sie ihr offensichtlich nicht stellen: wieso hat sie mit der fatalen Aussage «this is not a bail-out» dem Steuerzahler möglicherweise Milliardenzahlungen aufs Auge gedrückt?

Dann muss sich der mündige und zahlende Leser die Frage stellen, wieso er weiterhin mit Kolumnen von Markus Somm und Gülsha Adilji gequält wird. Bei beiden reicht eigentlich die Erwähnung des jeweiligen Titels: «Die Klimapolitik ist eine Fata Morgana» und «Thomas Gottschalk ist weg – und das ist gut so».

Dabei ist der «Nebelspalter» eine Fata Morgana, und zu Adiljis Vergewaltigungen der deutschen Sprache fällt ZACKBUM nichts ein, was uns nicht aufs Schafott der aufgeregten Gutmenschen führen würde. Müsterchen? Bitte sehr, auf eigene Verantwortung: «Nach der Sendung hatte ich einen dermassen verspannten Rücken, dass ich drei Tage lang nicht mehr gerade stehen konnte.» Die Existenz einer Fernbedienung scheint der Dame so unbekannt wie die Verwendung einigermassen passender Metaphern zu sein.

Für beides bräuchte es einen Restbestand an Kontakt mit der Realität: «ein alter weisser Mann hat in «Mad Man»-Manier durch eine Sendung geführt, und alle, wirklich alle fanden es komplett daneben und haben laut und lange mit dem Kopf geschüttelt». Laut mit dem Kopf geschüttelt? Das kann eigentlich nur bei Menschen passieren, bei denen dabei die zwei, drei Hirnzellen aneinanderprallen. Ob das alle, wirklich alle der über 12 Millionen Zuschauer so sehen wie diese Amok-Schreiberin?

Der «Wirtschaft», es weihnachtet auch hier sehr, fällt nichts Besseres als ein Modalverb-Titel ein: «Globus könnte bald …», wenn nicht würde, unter Umständen, vorausgesetzt, dass, wobei auch möglich wäre. Ein Graus, solche Zeilenschinderei und Platzfüller.

«Deutschland könnte Sylt verkaufen». Muss man ein Interview mit einem solchen Titel lesen? Eben. Das gilt auch für den Geldonkel Martin Spieler: «Hohe Sicherheit heisst sehr wenig Rendite». Wie konnten Anleger bislang ohne diese Erkenntnis der Pleite entgehen?

Den Aufmacher von «Leben & Kultur», die Restenrampe von brunzdummen Banalitäten, muss man visualisieren, sonst glaubt das kein Mensch:

Ein Nonsens-Text über die dünne und altbekannte Idee, KI für die Revitalisierung von Menschen zu verwenden. Kostengünstig von Fabrice Braun, dem «freien Textchef für das Gesellschaftsressort der Süddeutschen Zeitung», übernommen. Als ob es nicht gereicht hätte, die Bayern damit zu quälen.

Dann wird Marianne Kohler Nizamuddin mal wieder verhaltensauffällig. Immerhin feiert sie nicht eine gute Freundin ab. Aber dafür langweilt sie mit der Erkenntnis, dass Weiss die Schweizer Lieblingswohnfarbe sei. Zu allem Elend steht auf dieser Seite auch noch die Kolumne von Claudia Schumacher. Da sieht der Leser eher rot als weiss.

Nun noch der IQ-Test. Was vermutet der schlaue Leser hinter diesem Titel: «Interlaken bekommt ein neues Hotel». Allerdings erst im Frühling. Aber vorher gebe es noch den «perfekten Winterspass» auch ohne neues Hotel. Diese Grätsche mit im Schritt reissender Hose macht Christoph Ammann. Als «Zusammenarbeit der SonntagsZeitung mit Schweiz Tourismus, Essential by Dorint Interlaken und Interlaken Tourismus».

Zusammenarbeit? So nennt man das, wenn einer die Beine breit macht und wiederkäut, was ihm vorgesetzt wird. Peinlich ist ein sanfter Ausdruck dafür …

Da die Aufnahmefähigkeit von ZACKBUM fast erreicht ist, wollen wir der Beilage «Weihnachten» mit ihren «tierisch schönen Geschenkideen» nicht unter den Rock gucken, denn es handle sich um eine «redaktionelle Sonderbeilage». Sonderbeilage stimmt.

In letzter Verzweiflung klammert sich ZACKBUM ans Jahreshoroskop. Am 25. Juli geboren, sind wir scheint’s Löwe. Oh Schreck: «Alte Sicherheiten oder Gemeinschaftsformen können wegbrechen, denn vieles hat sich überlebt und muss jetzt Neuem Platz machen. Stabilität ist dieses Jahr nicht so leicht zu erreichen. Dieser Zustand kann Unsicherheiten und Ängste auslösen, die es auszuhalten gilt.»

Wollen wir da der «Schweizer Astrologin Elke Maria Müller» vertrauen? Wie schrieben wir schon 2022 hellseherisch:

Allerdings: es gibt eine Elke-Maria Müller (mit Bindestrich), die in Winterthur «astrologische Beratung und Therapie», dazu auch noch «Gesundheitsberatung» anbietet. Mangels Webseite oder anderer Angaben muss man aber selber Hellseher sein, um beurteilen zu können, wie kompetent diese Dame ist oder worin Beratung und Therapie bestehen.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. ZACKBUM überlegt sich daher, in den lukrativen Markt der «astrologischen Beratung und Therapie» einzusteigen.

 

 

Alter Schnee bis in die Wohnungen

Ist es schon Zeit für den Winterschlaf?

Ja, sagt die «SonntagsZeitung». Wer angesichts der Welt- und  Nachrichtenlage so ein Cover wagt, schafft es offenbar selbst in einer Verrichtungsbox, dem gesunden Büroschlaf zu frönen.

Aber für etwas Leserverarsche reicht es immer. So schreibt Arthur Rutishauser in seinem Editorial: «Wenn in London, so wie gestern, Hunderttausende für einen Waffenstillstand in Gaza demonstrieren, dann geschieht das nicht im luftleeren Raum.» Wie wahr, allerdings geschah das für Tamedia im nachrichtenlosen Raum.

Daneben steht ein leicht nach eingeschlafenen Füssen riechender Artikel über «Das Netzwerk der Hamas in der Schweiz». Die meisten «News» hier haben einen höheren Wiedererkennungswert. Aber he, immer wieder gut, das Gleiche zu lesen.

Interessanter ist hingegen eine Untersuchung von Rico Bandle, wohin der woke Wahnsinn mit «Black Live matter» und dem Narrativ der «Dekolonialisierung» an diversen Unis geführt hat. Nämlich zu wissenschaftlichem Unsinn, zu einseitigen Veranstaltungen, zu Freudenbekundungen über das Massaker an Israelis, zu Thesen wie der, dass Israel absichtlich Wildschweine aussetze, um Palästinensern zu schaden.

Sonst nicht viel Nennenswertes, ausser vielleicht ein Artikel, der Christof Münger gar nicht gefallen wird: «Jünger wird er nicht», schreibt da Peter Burghardt über den senil werdenden US-Präsidenten Joe Biden. Blöd halt, wenn der Schweizer Auslandchef fast nur Mitarbeiter der «Süddeutschen Zeitung» hat …

Aber etwas Platz für Primitiv-Holzerei ist immer. Denn die von Tamedia gehätschelte Ständeratskandidatin ist bezüglich Wohnsitz etwas in die Bredouille geraten. Da hilft doch immer ein «die schon ein wenig, die anderen aber auch»:

Der «Fokus» widmet ein PR-Interview der umtriebigen Chefin von Visionapartements, die für Manager & Co. Businessbleiben anbietet.

Dann eine lecker-schlüpfrige Doppelseite über den «Schweizer Bauernkalender», wo sich Männlein wie Weiblein recht unbekleidet in aufreizenden Posen darbieten. Strenger Sexismusverdacht!

Auch die Wirtschaft wartet mit brandheissen News auf: «Banken verlangen, dass René Benko Geld nachschiesst». Na gehns, na schans, öis leiwand, wie da der Österreicher sagt. Und wirklich wahr, die Grafik zur Veranschaulichung des Benko-Imperiums, die sollte nicht wieder und wieder abgestaubt und ins Blatt gehoben werden.

Auch mit einer ungeheuerlichen News wartet der ewige Geldonkel Martin Spiller, ehemaliger Chef der SoZ, in dieser Ausgabe auf: «Geld attraktiv anlegen ist nicht ganz gefahrlos». Ja potztausend, wenn das all die Anleger gewusst hätten, die ihr Geld attraktiv anlegen wollen.

Ebenfalls mit einem Problem, das nun nicht gerade vor Neuheit platzt, wartet «Leben & Kultur» auf. Sagen wir mal so: was soll denn das mit Leben oder mit Kultur zu tun haben? «Ich fühle mich weder als Mann noch als Frau». Denn «Nemo ist zurück» und zudem «nonbinär». Das ist sein Problem, mit dem er uns eigentlich durchaus in Ruhe lassen könnte. Dass er sich von einer Romanfigur von Jules Verne aber den Künstlernamen geklaut hat, das sollte man ihm nicht durchgehen lassen. Denn Kapitän Nemo war nun eindeutig nonnonbinär.

Wenn alles nichts hilft, das Blatt trotz aller notbinären, äh nonbinären Meldungen einfach nicht voll werden will, dann gibt es nur ein Allheilmittel. Genau, den neuen Trend: «Wieso manche junge Menschen bewusst offline leben». Aber verflixt, der Bund will einfach nicht aufhören, was tun? In allerletzter Verzweiflung halt ein Interview mit dem Historiker Thomas Maissen. Das Motto der Ausgabe ist wirklich: Winterschlaf für jedermann, leicht gemacht.

Aber das Elend ist immer noch nicht zu Ende. nun kommt noch der «zurzeit wichtigste Interiortrend». Wahnsinn, worin besteht denn der? Im «schön gedeckten Tisch». Aber hallo: «geknotete Servietten» (nicht zu verwechseln mit Serviettenknödeln), «gerippte Gläser» (nein, nicht vergrippte Gläser), «Riesenboom im Keramikbusiness» (es wird mehr Geschirr verkauft) und dann der Brüller: «Tischdecken ist zum grossen neuen Hobby geworden». Ach was, endlich die Abkehr vom mit Pappdeckeln und Einweggeschirr auf mit Papierbahn gedecktem Tisch.

Aber aufgepasst, lieber Leser, erhebe das ermattete Haupt vom Hobbytisch: «Sind wir gerade in einer Corona-Welle?» Wo ist Marc Brupbacher, wenn man ihn mal braucht? Denn Felix Straumann ist dem Thema nicht gewachsen: «Wie stark das Virus zirkuliert, bleibt unklar». Dafür braucht es anderthalb Seiten, inklusive Riesen-Aufmacherfoto einer sich schneuzenden Frau.

Dann aber, endlich, ein Artikel der Selbstkritik: «Warum wir manche Dinge nicht wissen wollen». Zum Beispiel: dass die gesamte Crew der «SonntagsZeitung» ein lähmend langweiliges Schnarchblatt gemacht hat.

Was auch für den Reise-Abschluss gilt. Hier wird ein Fotoband vorgestellt. Gähn. Über ein Coffeetable Book, das die schönsten Reisedestinationen abbildet. Schnarch. Von James Bond. Da ist man eher geschüttelt als gerührt. Nun gebe es «Schnappschüsse dieser Abenteuertrips endlich gebündelt als Bildband». Das nennt man mal Wirkung, wenn  der Verlag der Redaktion ein Gratisexemplar zuschickt. Wobei der Rezensent Stefan Fischer nicht mal in der Lage ist, den korrekten Preis zu recherchieren. «Ca. 135 Fr.», schreibt er vage. Es kostet bei Amazon haargenau 120 €. Aber hallo, vielleicht wird auch schon am Strom oder am Internet bei Tamedia gespart.

Tröstlich: während des Winterschlafs werden die Körper- und Geistesfunktionen eh runtergefahren.

Tiefdruckgebiet Sonntag

Dabei wäre die Weltlage doch so interessant …

Aber die «SonntagsZeitung» setzt mal wieder ihre eigenen Prioritäten:

Sie adressiert die wichtigsten Fragen der Menschheit zurzeit. Die da wären: «Hilft die Glukosemessung beim Abnehmen?», «Das sind die besten Spaghetti», «Eine 84-Jährige, die am liebsten in Jugis schläft», «Darf man noch schimpfen?» und «UNO: Schweiz auf der Seite der Israel-Kritiker». Das ist zwar Berichterstattung über den Nahen Osten, bezieht sich aber auf eine längst abgefrühstückte und im Übrigen bedeutungs- und sinnlose Abstimmung in der UNO-Vollversammlung.

Dann will Glättli überraschungsfrei nicht Bundesrat werden (umgekehrt wäre es eine frontwürdige Meldung), herrscht beim Bau der zweiten Gotthardröhre Vorsicht, und ganz unten rechts (!) noch die Meldung «Moskau einfach». Nein, «Kommunisten sehen sich im Aufwind». Sehen sich, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.

Mal im Ernst, wurde nun auch der letzte zurechnungsfähige Blattmacher entlassen? Kann sich jemand vorstellen, dass eine solche Front am Kiosk einen unbezähmbaren «muss ich kaufen»-Reflex auslöst?

Wer dem tatsächlich nachgegeben hat oder zu den zwangsbeglückten Abonnenten gehört, wird auch auf der nächsten Doppelseite unsanft in den Schlaf gewiegt. Arthur Rutishauser hat einen patenten Lösungsvorschlag für den nahen Osten, der angeschlagene Obergrüne Glättli wird doch allen Ernstes gefragt, ob er sich Chancen auf einen grünen Bundesrat ausrechne, dann noch etwas Schlaumeierei «Angriff der Grünen setzt SP unter Druck, nicht die FDP», und schon erlöst ein Inserat den Leser. Aber nur kurzfristig. Die nächste Seite ist wieder putzig.

Oben wird die Schweiz gebasht, dass sie einer UNO-Resolution für eine «humanitäre Waffenruhe» zugestimmt habe. Der israelische UNO-Botschafter, nie um harsche Worte verlegen («UNO-Generalsekretär muss zurücktreten»), beschimpft das als «Schande». Auch die SoZ muss die Schweiz darauf hinweisen, dass jeglicher Hinweis auf die Verursacher der Eskalation in der Resolution fehle. Noch schlimmer: die Liste der Urheberländer mache «hellhörig».

Denn neben dem Haupturheber Jordanien gebe es da viele arabische Länder und, Gottseibeiuns, «zweifelhafte Nationen wie Nordkorea, Russland und Venezuela». Pfuibäh, wenn die für irgendwas sind, muss man dagegen sein, egal, was es ist. Aber eigentlich sind wohl alle 120 Nationen, die dieser Resolution zustimmten, irgendwie zweifelhaft und sollten sich am besten auflösen. Anhaltend hohes Niveau der intellektuellen Durchdringung, auch bei der SoZ.

Aber dann wird es ganz heikel: «Tausende liefen an Kundgebungen mit», an «Pro-Palästinenser-Demos». Fast bedauernd meldet die SoZ: sie «blieben friedlich», und offenbar ist es den Veranstaltern gelungen, Hamas-Wahnsinnige und «from the river to the sea»-Idioten auszugrenzen. Ausser in Basel, dort wurde ein solches Transparent gezeigt. Zudem waren es mehr als erwartet, in solchen Fällen spricht man dann von «mehreren Tausenden».

Der unverwüstliche Alt-Nationalrat Geri Müller zeigte in Bern seine schönsten Selfies. Nein, er wies darauf hin, dass dieser Spruch keineswegs antisemitisch sei, sondern nur fordere, dass Palästinenser zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer frei leben könnten. Kleine Märchenstunde.

Da es aber keinen Vorfall gab, der Anlass für richtig verbale Dresche geboten hätte, ist der Artikel scheu mit (SDA/SZ) gezeichnet. Da wollte sich kein Redaktor die Finger dran verbrennen.

Dann ein Bericht, der uns alle mehr aufrütteln sollte als die Gefahren, die vom Islamismus ausgehen: «In diesem Berner Büro planen sie die Weltrevolution». Schluck, schon wieder? Doch, doch: «Die Regierungen der Kapitalisten müssen von der vereinten Arbeiterklasse gestürzt werden». Jö. Es gibt in der Schweiz auch Nostalgiker, die den Alpöhi zurückwollen. In Österreich trauern manche dem Kaiser nach. Aber eine Seite und dieser Titel für Revolutions-Nostalgiker?

Dann muss aber jedem linientreuen Tamedia-Journi das Halbeli hochkommen, das er sich am Samstag gönnte, um den Frust über die neuen Entlassungswellen runterzuspülen. Ein positives Porträt über Nina Fehr Düsel. Frisch gewählte Nationalrätin und Tochter von Hans Fehr. Ja, dem Fehr von SVP. Und sie ist auch in dieser fremdenfeindlichen Hetzerpartei. Dabei heisse es über sie, sie «sei konstruktiv, tolerant, ja «liebenswürdig»». Und das muss man in der SoZ lesen, da platzt so manche Gesinnungsblase.

Dann, da war doch was, eine Seite Ukraine. Aber gerade nach der jüngsten Ausdünnung der Work Force stammt der Artikel natürlich von der «Süddeutschen Zeitung», what else?

So geht’s dann auch weiter. Eine Seite Gemischtes, Abhandlung über gefährlichen Häuserkampf und Abhandlung über Sahra Wagenknecht. Beides ist der SZ nicht ganz geheuer, wie die beiden Autoren aus München zum Ausdruck bringen, was dem SoZ-Leser frisch aufgewärmt serviert wird. Ach, vielleicht eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der frischgegründeten Partei Wagenknechts? I wo, eine Glosse darüber, dass deren provisorisches Kürzel BSW schon von anderen gebraucht werde, darunter dem «Bundesverband Schwimmbad & Wellness». Ist das vielleicht zum Brüllen komisch.

Aber nicht nur im Nahen Osten geht es strub zu und her: «160’000 Schweizer Kinder erhalten Ohrfeigen». Die «Präsidentin von Kinderschutz Schweiz» mahnt: «Jeder Fall ist tragisch, gopf. Jedes Kind kann eine langfristige Schädigung davontragen.» Von den Kindern in Israel und im Gazastreifen ganz zu schweigen.

Aber dann müssen alle Klimaretter, die es aktuell sowieso nicht so leicht haben, dank Greta, eine weitere eiskalte Dusche über sich ergehen lassen: ein Arktisforscher behauptet doch unwidersprochen: «Der Weltuntergang ist nicht nahe». Wenn das die Klimakleber wüssten.

Sonst noch was? Rutishauser entgeht ja in der Wirtschaft nichts, auch nicht: «Globus sucht nach neuen Investoren». Das ist zwar ungefähr so überraschend wie «Trump ist gar nicht so reich, wie er tut». Aber immerhin, mit Riesenfoto von René Benko mit Gattin Nathalie füllt das die erste Seite und zweite Seite des Wirtschafts-Bundes.

Aber immer noch relevanter als die Titelstory bei «Leben & Kultur»: «Abnehmen und fitter werden dank Blutzuckertracker?» Ein Selbstversuch, immer wieder beliebt. Resultat: war nix. Ausser: zwei Seiten gefüllt.

Dass es die SoZ allerdings nicht fertigbringt, mit eigenen Kräften den neusten Asterix zu besprechen, sondern das auch von München erledigen lässt, ein Armutszeugnis. Die spinnen, die an der Werdstrasse.

Aber dann der Test, auf den die Welt gewartet hat, der vor allem in Italien mit angehaltenem Atem gelesen wird: die besten Spaghetti. Erstaunliches Resultat: mit einem halben Kochtopf Vorsprung gewinnen die Migros-Spaghetti. Wohlgemerkt die von M-Budget. Wahnsinn. Darf man den Kalauer machen, dass der Name einer der beiden Autorinnen gut zum Thema passt? Claudia Salzmann

Ach, einer geht noch, was macht der «SonntagsBlick»? Nun, es gibt ihn noch, was ja schon mal eine Nachricht ist. Er ignoriert auf der Front die Welt, lobt natürlich Gut-Behrami und macht mit einem Interview auf. Mit dem Gottseibeiuns Christoph Blocher. Und bevor er den interviewt, topft Reza Rafi auch noch die Grünen ein «Es ist bittere Ironie, dass die Grünen ausgerechnet mit einer Bundesratskandidatur ihr Unreife für eine Regierungsbeteiligung darlegen». Na ja, «darlegen», aber inhaltlich für einmal nichts zu meckern.

Nur das Hausgespenst bleibt sich treu und irrlichtert etwas über die SVP, diese «Schweizer Rechtspopulisten, Anti-Europäer aus tiefster Seele». Aber immerhin, er schreibt nicht «schwarzer Seele», und den «Führer aus Herrliberg» lässt er auch mal weg. Dafür drischt er in eine neue Richtung: «Für die Siege der Rechtspopulisten trägt die Linke die Verantwortung.» Da schau an.

 

Böse Priester

Die Medien haben ein neues Steckenpferd.

Schwein muss man haben. Der Fall Rammstein röchelt höchstens noch vor sich hin. Schlimmer noch: weil der falsch Beschuldigte Geld, gute Anwälte und eine hübsche Portion verständliche Rachsucht hat, hagelt es da noch Klagen und Urteile. Blöd gelaufen, Schwamm drüber.

Aber, Gott sei Dank, die katholische Kirche. Nein, ihre Priester. Ihre Gottesmänner. Die haben seit rund 1000 Jahren ein blödes Problem. Der Zölibat. Die widernatürliche Enthaltsamkeit.

Viele Gottesmänner schaffen es irgendwie, den Versuchungen des Fleisches zu widerstehen. Wir wollen nicht wissen, wie genau. Einige lösen das Problem mit der Haushälterin oder einer anderen erwachsenen Person. Aber es gibt auch Pfaffen, denen es Messdiener oder ihnen in ihrer Funktion als Katechet anvertraute Minderjährige angetan haben.

Da brauchte es nur eine neue Studie über dieses Problem, und schon haben die Medien ein Thema, das sie nun zu Tode reiten (Pardon) können. Wie viel Fälle gab es, wie leiden die Opfer, was sagt der Fachmann, die Fachfrau, der oppositionelle Geistliche, wie reagiert die offizielle Kirche? Verstockt, unfähig, beratungsresistent wie immer.

Die katholische Kirche denkt halt nicht zu Unrecht: wer wie wir rund 2000 Jahre durchgehalten hat, und dabei viel Schlimmes erlebte, der lässt sich doch von so einem neuerlichen Missbrauchsskandal nicht aus der Ruhe bringen.

Aber so nicht mit Arthur Rutishauser von der «SonntagsZeitung». Der will als Finanzspezialist die Kirche dort packen, wo es ihr wirklich weh tut. Natürlich beim Geld. Fordert er deshalb die Katholiken auf, scharenweise die Kirche zu verlassen? Nein, er macht es teuflisch perfid. er fordert:

«Die Kirchensteuer gehört auf ein Sperrkonto.»

Aber damit nicht genug: «Wie kann es sein, dass eine religiöse Institution sich auf ein eigenes Recht berufen kann, zudem noch eines, das aus dem finsteren Mittelalter stammt?» Stattdessen sollten die Missbrauchsfälle durch die Staatsanwaltschaft, am besten die Bundesstaatsanwaltschaft, untersucht werden.

Dazu passt dann natürlich die Meldung «Papst-Vertreter verweigert Zusammenarbeit», konkret: sie hält die Archive sauber geschlossen. Rutishauser kann froh sein, dass zumindest in Mitteleuropa keine mittelalterlichen Zustände mehr herrschen. Denn damals hätte man ihm nicht nur die Instrumente gezeigt …

Auch auf einem anderen Gebiet kann die SoZ Neues vermelden. Unter dem launigen Titel «Der Solarexpress wird zum Bummler», kommentiert die Zeitung, dass bekanntlich der Heimatkanton von Peter Bodenmann, der mit der Solaroffensive in den Alpen die Lösung aller Energieprobleme gefunden haben wollte, dass eben dieses Wallis gerade die Notbremse beim schnellen Ausbau alpiner Solarkraftwerke gezogen hat.

Dann wird allerdings nur berichtet, wie Befürworter der alternativen Energien jetzt herumeiern. Was nicht gesagt wird, denn da würden wohl grosse Teile der linksgrünen Tagi-Belegschaft aufjaulen: die einzige sinnvolle Lösung der absehbaren Energieprobleme besteht im Bau eines neuen AKW. Besser von zwei. Der, angesichts der sich hier abzeichnenden Widerstände, jetzt angegangen werden müsste. Wird er aber nicht. Und die Solar- und Windenergieträume sind schon jetzt zerplatzt. Was tun?

Es darf gelacht werden: «Solarpflicht für grosse Parkplätze». Das sei – ohne Scherz – nun ein «wichtiges Signal». Nein, das bedenkliche Signal ist, dass es nur solche Traumtänzereien gegenüber einem ernsthaften Problem gibt: der Winterstromlücke in der Schweiz.

Aber eine gute Nachricht, wenn auch in Form eines Fragezeichens am Schluss: «Geht Fridays for Future die Puste aus?» Statt 100’000 Personen schweizweit nur 7000, das nennt man schrumpfen. Links überholt von den Klimaklebern, rechts von fast allen Parteien im Wahlmodus: sieht nach no future aus.

Dann kommen wir zur Abteilung Heuchelei einer Weltmacht. Bekanntlich müssen Unrechtsstaaten wie Russland, aber auch der Iran, mit harten Sanktionen bestraft werden. Bekanntlich wird der Schweiz ständig vorgeworfen, sie gehe dabei viel zu schlapp vor.

Und nun das: die Schweizer Nationalbank soll eine Schlüsselrolle dabei spielen, eingefrorene iranische Milliarden über Umwege zurück in die Verfügungsgewalt des Irans zu transferieren. Unglaublich, das muss nun aber mit US-Sanktionen gegen die Schweiz geahndet werden.

Öhm. Das geschieht nicht nur im Wissen, sondern im Auftrag der USA. Damit erkauft sich der finstere Gegner des Mullah-Regimes in Teheran die Freilassung von ganzen 5 Geiseln. Das ist für die Betroffenen natürlich wunderbar. Ansonsten aber eine Desaster.

Dann folgt aber eine wirklich gute Nachricht. Der Antidemokrat («Gegner zur Impfung zwingen») Denis von Burg, seines Zeichens «Politikchef», verlässt die «SonntagsZeitung». Mit einem Abschiedsartikel. Wunderbar, einmal überblättert, und das war’s dann endlich.

Anschliessend vergreift sich Rico Bandle für ein Mal in der Wortwahl: über Roman Signer «machen sich im Netz alle lustig». Wirklich alle? Nicht ganz, ein paar. Ein paar Zehntausend, was im Netz ja nix ist. also ist «alle» ungefähr so fehl am Platz, wie wenn geschrieben würde, dass alle die SoZ ihr Geld wert fänden.

Weiter hinten gibt dann Markus Somm eine seiner Fehlprognosen ab. «Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Schweizer Grüner nach Gösgen pilgert.» Will sagen: niemals würden Schweizer Grüne AKWs befürworten. Allerdings müssten sie dafür nur dem Beispiel der deutschen Grünen folgen, die konsequent und opportunistisch alles über Bord geworden haben, womit diese Partei mal gegründet wurde. Der Obergrüne Joschka Fischer befürwortete Kriege. Friedensbewegung ade. Umweltschutz, na ja, wenn’s nicht wehtut und keinen Grünen trifft. Kein politischer Opportunismus, niemals unter keinen Umständen wird es eine Zusammenarbeit mit der CDU geben. Ausser, man sitzt fröhlich in der gleichen Landesregierung. Und natürlich kommen auch Reiche in den Himmel.

Auf Seite 33 widmet sich dann Arthur Rutishauser einem Thema, das vielleicht nicht so alt ist wie Missbrauchsvorwürfe in der katholischen Kirche. Aber er behauptet: «Neue Klage in den USA gegen die Schweiz kann Steuerzahler Milliarden kosten». Brandneue News. Oder auch nicht, seit die «Financial Times» am 20. März zuerst darauf hinwies, dass der eklatante Rechtsbruch, mit dem 16 Milliarden Schuldpapiere der CS auf null abgeschrieben wurden, für den Schweizer Steuerzahler ziemlich teuer werden könne.

Neuer ist der nächste Rutishauser (der Mann ist in einer Woche fleissiger als das ganze «Team Kultur» von Tamedia in einem Jahr): «100 Millionen Sonderbonus für die obersten UBS-Manager». So viel zum Thema, dass der Kauf der CS ein riskantes Geschäft gewesen sei, das man nur aus staatsbürgerlicher Verpflichtung eingegangen sei. Colm Kelleher müsste endlich mit dem Buster-Keaton-Sonderpreis ausgezeichnet werden. Seither hat niemand mehr ein so unbewegtes Gesicht gemacht, während er eigentlich losprusten und sich vor Lachen auf dem Boden wälzen müsste.

Wenn wir das TV-Programm als unbestreitbares Highlight aussen vor lassen, war’s das dann für Fr. 6.40. ZACKBUM würde sagen: die Hälfte gut investiert, die Hälfte rausgeschmissen.

 

Frauen an die Macht

«Blick», «Blick», hurra!

Ringier vermeldet das Erwartete: «Buchli und Inguscio übernehmen den Blick-Newsroom».

Genauer: «Steffi Buchli übernimmt den Bereich «Content», Sandro Inguscio den Bereich «Digital & Distribution». Beide gehören künftig der Geschäftsleitung an.»

Ach, war da nicht noch was, noch so einer, über dessen Schicksal nichts vor Ablauf seiner Auszeit am 12. September gesagt werden sollte? Doch, da war noch einer:

«Im gegenseitigen Einvernehmen und basierend auf dem Culture Audit haben die Ringier-Spitze sowie der bisherige Chefredaktor der Blick-Gruppe, Christian Dorer, entschieden, dass Dorer sein Amt nach seiner Auszeit nicht wieder aufnimmt.» Plus Packungsbeilage: In den kommenden Wochen werde «definiert, ob und in welcher journalistischen Funktion …» Die Gespräche seien «aufgenommen worden und auf gutem Weg».

Das muss man nun abschmecken. Auch auf die Gefahr hin, schon wieder als frauenfeindlich abgestempelt zu werden: eine in der Wolle gefärbte Sportjournalistin soll zukünftig für den gesamten Inhalt eines doch immer noch einigermassen relevanten Organs verantwortlich zeichnen? Hat Ringier denn das abschreckende Beispiel von Tamedia nicht zur Kenntnis genommen, was passiert, wenn nach Geschlecht befördert wird?

Und Inguscio wäre dann nur sozusagen für das Formale zuständig, also den Inhalt auch gebührend unter die Leute zu bringen, natürlich vor allem «Blick+». Mission impossible, muss man leider jetzt schon sagen. Immerhin, Buchli ist nicht etwa Chefredaktor geworden, sondern wurde eher seitwärts befördert. Denn vorher war sie das ad Interim, nun ist sie «Chief Content Officer». Das ist Management-Blabla und hat eigentlich nichts mit Journalismus zu tun.

Schliesslich wurde die Entscheidung, Dorer begründungslos endgültig zu entsorgen (etwas anderes ist das ja nicht, vielleicht bekommt er noch einen Job als «besondere Aufgaben»-Mann), von der «Ringier-Spitze» gefällt. Wer das wohl ist? Die direkte Verantwortliche Ladina Heimgartner? CEO Marc Walder? Michael Ringier himself? Alle zusammen?

Hier scheint es ja ein gröberes Problem zu geben. Hätte der «Culture Audit», was immer das sein mag, ein nachweisbares Fehlverhalten von Dorer zu Tage gefördert, hätte das wohl erwähnt werden müssen. Denn für nix und wieder nix sägt man doch nicht von einem Tag auf den anderen den erfolgreichen «Blick»-Oberchefredaktor ab, der immerhin sechs Jahre lang das Schiff recht skandalfrei durch die Wellen steuerte und auch alle hinderlichen Zwischenrufe von weiter oben solidarisch überhörte.

Aber statt Erklärungen folgt nur noch das übliche Gewäsch. « … sind gut aufgestellt … Position weiter ausbauen und festigen … Christian Dorer danke ich im Namen der Blick-Gruppe, aber auch des Ringier Group Executive Boards …»

Der arme Dorer kann sich nur das hier abringen: «In den vergangenen sechs Jahren hatte ich das Privileg …»

Aha. Und wie ist das nun genau mit der bevorzugten Behandlung einer bestimmten Mitarbeiter-Gruppe und nicht genügende Trennung von Privat und Geschäft? Das habe doch lückenlos und brutalstmöglich aufgearbeitet und aufgeklärt gehört, tönte damals Ringier. Und jetzt? Ist wohl das ähnliche Hornberger Schiessen wie die «Aufklärung» der anonymen Vorwürfe von 78 Tamedia-Frauen. Grosse Kriegstänze – dann gehen alle friedlich nach Hause.

Gegen diesen Abgang von Dorer ist selbst das Bauernopfer Arthur Rutishauser noch anständig abgesägt worden. Es gab nie auch nur im Ansatz konkrete Vorwürfe gegen Dorer (ausser, man will seine sexuelle Orientierung gegen ihn ins Feld führen), es gab in den vergangenen Monaten kein Sterbenswörtchen gegen ihn, was in den klatschsüchtigen Medien was heissen will. Also hätte er sich in der Illusion wiegen können, dass eine entscheidungsoffene Untersuchung ihn genauso ent- wie belasten könnte.

Aber das wäre mit einem Gesichtsverlust seiner direkten Vorgesetzten verbunden gewesen, die ihn auf diese grausame Weise exekutierte. Ein guter Mann weg, eine überforderte Führungskraft mit dem richtigen Geschlecht als Ersatz, eine Hilfsstütze an der Seite, der Titel Chefredaktor wird immerhin nicht mal in den Mund genommen, ein heruntergewirtschaftetes Blatt ohne Boulevard, Kanten und Ecken, ein kastrierter SoBli mit einem Mikrophonständer als Chefredaktor, das werden gloriose Zeiten für die glückliche «Blick»-Familie.

SoZ schwankt

Zwischen grossartig und banal.

Wenn eine SonntagsZeitung den Speisezettel von Schulmensen in den Ferien untersucht, dann wäre die Alternative «weisses Papier» gar nicht so schlecht gewesen:

Daneben der Versuch eines klassischen Aufregers. Die «Grünen» fordern irgend einen Unsinn, andere regen sich darüber auf. Gähn. Aber die ersten drei Seiten sind durch, uff.

Dann sorgt Rico Bandle dafür, dass sich der langsam hyperventilierende Thomas Bucheli, der dringend ein Abkühlung bräuchte, weiter ins Elend quatscht. Denn die SoZ wandelt auf den Spuren der «Weltwoche» und hat ihrerseits stichprobenartig Prognosen von SRF Meteo mit der Wirklichkeit und mit BBC verglichen. Ernüchterndes Resultat: weiterhin Abweichungen bei SRF nach oben, bis zu sechs Grad. Dabei habe sich doch das ganze Team «reingekniet» und eine «neue Version des Algorithmus implementiert».

Widerspruch: die Prognosen sollen doch fixfertig von einem anderen «Wetterbüro» eingekauft werden. Nun scheint aber Buchelis «Team» die Vorhersagen selbst aufgrund von eingekauften Daten zu berechnen. Wieso denn SRF Meteo nicht einfach die fertigen Prognosen einkaufe, fragt Brandle dann. Ohne netterweise zu erwähnen, dass der Intimfeind von Bucheli mit Kachelmannwetter eine Möglichkeit wäre.

Aber nein, schmettert Bucheli zurück: «Auch Zeitungen schreiben selber Artikel, obschon sie die Beiträge auch einkaufen können.» Das hat natürlich was, und einkaufen wäre auch hier häufig besser. Dennoch ist der Vergleich schön schräg, wenn ein Einkaufen auf einen Schlag die Prognosen und die Qualität deutlich verbessern würde. Was bei Tamedia bei der Übernahme von Artikeln der «Süddeutschen Zeitung» nicht unbedingt der Fall ist.

Dann zeigt die SoZ, das ist wenigstens lustig, der «Blick»-Familie den Stinkefinger. Denn statt in seinem Hoforgan SoBli erklärt Bundespräsident Alain Berset hier, wieso er an der Street Parade teilnahm. So viel sei hier verraten: nicht, weil es dort so viele leichtbekleidete Weiber hat … Abgesehen davon, dass er diesen Beitrag garantiert nicht selbst verfasst hat.

Ein bedenklicher gedanklicher Tiefflug ist die Kolumne von Markus Somm. Er lobt Sergio Ermotti und Karin Keller-Sutterthis is not a bail-out», der potenzielle 16-Milliarden-Satz) dermassen über den grünen Klee, dass man sich fragen muss, ob er sich irgendwelche Hilfe für sein absaufendes Projekt «Nebelspalter» erwartet. Peinlich.

Aber nun kommen wir zum erwarteten Höhepunkt:

Nachdem sich Arthur Rutishauser in der ersten Folge den Versagerrat Urs Rohner vorgeknöpft hatte, kommen nun die letzten Führungsfiguren dran:

«Mit Tidjane Thiam und António Horta-Osório setzte der Verwaltungsrat der Credit Suisse gleich zwei Männer an die Spitze der Bank, die schwere charakterliche Schwächen aufwiesen. Beide konnten nicht rechtzeitig gefeuert werden, da der Verwaltungsrat geschwächt und die Bank in der Krise war. Das trug massgeblich zum Ruin der Bank bei. Ob die beiden strafrechtlich belangt werden können, muss sich noch weisen. Ihr Spesengehabe könnte Anlass geben zu einer Klage wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung.»

Das sind mal wieder beglückend klare Worte, bei denen es den Hausjuristen noch wärmer geworden sein dürfte, als die Aussentemperaturen vermuten liessen. Denn Rutishauser zieht wirklich vom Leder: «Thiam nützte Rohners Schwäche gnadenlos aus und machte, was er wollte … Thiam war fast ständig unterwegs, in Paris und auch in Hongkong, wo seine neue Freundin arbeitete.»

Auch der designierte Nachfolger von Rohner war ein Flop: «Doch auch bei Horta-Osório kamen die charakterlichen Schwächen rasch zum Vorschein. So fiel im Verwaltungsrat bald auf, dass er ausserordentlich hohe Spesen verursachte. Er flog fast jedes Wochenende mit dem Privatjet der Credit Suisse nach Portugal, was Millionenkosten verursachte. Horta-Osório liess die Maschine in Portugal jeweils tagelang auf dem Flughafen warten.»

Das Ende der zweiten Folge macht den Mund wässrig für die dritte: «Axel Lehmann war der letzte Mann, der Anfang 2022 verfügbar war, sofort das Präsidium zu übernehmen. Wie ungeeignet er dafür war, das zeigte sich ein Jahr später.»

Ob man Gleiches dann auch mal von der neuen Oberchefredaktorin von Tamedia sagen wird?

 

 

 

Wumms: Arthur Rutishauser

Der Mann läuft zu alten Formen auf.

Karrieremässig war es bitter, dass Arthur Rutishauser seinen Posten als Oberchefredaktor von Tamedia aufgeben musste. Er war das Bauernopfer für die blamable Art, mit der Big Boss Pietro Supino die Roshani-Affäre vergeigte.

Neben Rutishauser spickte es auch andere Mitglieder der Chefredaktion, allesamt Pimmelträger. Hinaufbefördert wurde dann nach Geschlecht, nicht nach Kompetenz. Dementsprechend kommt der Tagi und seine unzähligen Kopfblätter auch daher. Niveaulos, mit bedenklichen Qualitätsproblemen, zunehmend verludert als Egoplattform von selbstverliebten Bauchnabelbetrachtern, die an sich und der Welt leiden und den verbliebenen Lesern mit unablässig erteilten Ratschlägen auf den Geist gehen.

Das Gute daran ist: Rutishauser läuft als Chefredaktor der «SonntagsZeitung» zu alten Formen auf. Hier und nur hier erscheinen noch aufmüpfige Beiträge wie der über die Intoleranz der urbanen Woken, auf den sie sehr intolerant reagierten. Hier stellt sich Rutishauser vor seine angerempelte Redaktorin, wie er es im Fall Canonica auch hätte tun sollen. Aber vielleicht durfte er damals nicht.

Noch besser: Rutishauser hat wieder Zeit, seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. Knackige Wirtschaftsstorys schreiben. Während die NZZ in der Begleitung des Credit-Suisse-Desasters eine eher schlechte Figur macht – zu viele Verflechtungen und Rücksichtnahme – und zunächst sogar den Skandal des 16-Milliarden-Abschreibers von AT1-Wandelanleihen kleinzuschreiben versucht, nimmt sich Rutishauser in einer vierteiligen Serie die Schuldigen am CS-Debakel zur Brust.

Schon der Titel des ersten Teils schlägt so zu, dass kein Gras mehr wächst: «Urs Rohner machte die CS zu einem legalen Schneeballsystem». Wumms. Rutishauser meint damit, dass neben allen Skandalen das Grundproblem der CS darin bestand, dass kein nachhaltiges Geschäftsmodell die exorbitanten Gehälter und Boni unterfütterte. Wurden mal grosse Gewinne ausgewiesen, zogen die regelmässig grosse Bussen nach sich. Immer wieder wurde neues Geld zusammengekratzt, das Tafelsilber verscherbelt.

Und das Ganze hatte einen Verantwortlichen, trug einen Namen: Urs Rohner. Auch ZACKBUM-Autor René Zeyer hatte ihn in der Vergangenheit mehrfach in der «Basler Zeitung» zum Rücktritt aufgefordert, als man so was dort noch schreiben konnte. Natürlich vergeblich. Rohner sass stoisch seine zehnjährige Amtszeit ab und verabschiedete sich mit Millionen im Sack, einem Lächeln auf den Lippen und einer windelweichen Abschiedsrede, dass er natürlich nicht mit der Entwicklung des Aktienkurses zufrieden sei.

Ein Hohn für alle Aktionäre, die dank ihm den grössten Teil ihres Einsatzes verloren hatten. Einen Aktienkurs von fast 100 Franken auf am Schluss noch windelweiche 3 Franken runterschränzen, das soll mal einer nachmachen.

All das beschreibt Rutishauser in einer Direktheit und Offenheit, die den Tamedia-Hausjuristen den Angstschweiss auf die Stirne getrieben haben dürfte. Allerdings: die Leiche CS führt zwar in Form der UBS ihre Klage gegen Hässigs Finanzblog «Inside Paradeplatz» weiter, aber es ist kaum anzunehmen, dass sie nun auch noch im Namen der beerdigten Bank auf die SoZ losgehen wird. Zumal auch Chefjurist Diethelm nach dem Wechsel von der UBS zur CS den Rücksprung nach ganz oben bei der UBS wohl nicht schafft.

In der Wüste der Sonntagsmedien gibt es nun immerhin noch drei Mal Anlass zur Freude. Wenn die drei Folgeartikel von Rutishauser erscheinen.

Selbstkritik? Niemals

Sich in Frage stellen: was ist das, wie geht das, warum nur?

Dass Journalisten Mimosen sind, neben anderen unangenehmen Eigenschaften jeglicher Selbstreflexion völlig abhold, das ist bekannt.

Wie reagieren nun diese meist schlechtgelaunten Rechthaber, wenn eine Studie über ihr Biotop nachweist, dass Intoleranz, Rechthaberei und Hetze gegen Andersdenkende vor allem in ihren urban-woken Kreisen sehr verbreitet ist?

Übellaunig. So keift eine Karin Hoffsten in der WoZ: «Letztes Wochenende hat sich die «SonntagsZeitung», ambitioniertes Möchtegernleitmedium, wieder intensiv und tendenziös einer wissenschaftlichen Studie gewidmet.»

Da ist einleitend schon alles drin, was linken Qualitätsjournalismus ausmacht. Häme, gallige Abqualifizierung, nachtragende Leberwurstigkeit («wieder») und mangelnde Fähigkeit, den Leser nicht gleich mit vorgefassten Meinungen zu überfallen, bevor die Journalistin überhaupt erklärt, worum es eigentlich geht.

So schwurbelt sie fröhlich weiter: eine Studie sei für «Autorin Bettina Weber froher Anlass, unter dem Titel «Links, urban, gebildet – und intolerant» endlich alles sagen zu dürfen, was man ja bald nicht mehr darf».

Das steht weder im Artikel von Weber, noch behauptet sie das. Man fragt sich immer noch, was den ungebremsten Zorn von «kho» erweckt hat. Aber das will sie immer noch nicht enthüllen, zunächst zitiert sie das Intelligenzblatt «Blick», denn dort habe «Politologe Claude Longchamp richtig(gestellt), die Studie habe «den Wert von affektiver Polarisierung gemessen – und nicht von Intoleranz»».

Das ist nun sehr lustig, denn der Mann mit der Fliege hat in seiner aktiven Zeit als «Meinungsforscher» eins ums andere Mal mit krachenden Fehlprognosen unter Beweis gestellt, dass seine «wissenschaftliche» Sicht durch eine rote Brille nicht viel mit der Wirklichkeit zu tun hatte. Aber hier stelle er «richtig». Was denn nun?

«Weber unterstellt der Studie aber, es gehe um Toleranz. Eigenwillig interpretiert sie: «Fehlt diese Toleranz, spricht man von affektiver Polarisierung – und im Gegensatz zur politischen Polarisierung ist diese tatsächlich ein Problem.» Sie tut das nicht, weil sie es nicht besser weiss, sondern weil ihr das in ihren links-urban-intoleranten Kram passt. Dass die Schweiz in dieser Studie gar nicht vorkommt, spielt für sie keine Rolle.»

Das ist sehr lustig, dass ausgerechnet in der WoZ der Sonderfall Schweiz beschworen wird. Einsichtiger, Wunder über Wunder, zeigt sich allerdings Arthur Rutishauser in der «SonntagsZeitung». Ihm könnte man zwar vorwerfen, dass er sich vor seine Autorin Weber stellen wolle, was er im Fall des gefeuerten «Magazin»-Chefredaktors noch unterliess. Aber man nimmt ja alles, was gut ist:

«Die scheinbar so souveräne und tolerante Linke muss sich vorwerfen lassen, intolerant geworden zu sein.» Rutishauser gelingt es sogar, im Gegensatz zur WoZ-Keife, den Inhalt der Studie zusammenzufassen: «dass «Linke stärker polarisiert sind als Rechte» sowie die «Polarisierung unter den Anhängern linker und ökologischer Parteien am ausgeprägtesten» sei.»

Fliegengewicht Longchamp durfte nicht nur im Leiborgan intellektueller Linker über Kollega Michael Hermann herfallen, sondern äusserte sich auch im Hoforgan für wissenschaftliche Debatten, nämlich auf Twitter, Pardon auf X, was CH Media prompt nutzte, um dem Konkurrenten Tamedia ans Bein zu pinkeln. Was Rutishauser amüsiert kommentiert:

«Interessant ist die Reaktion derer, die sich angesprochen fühlen. Politologe Claude Longchamp, ein ausgewiesener, nicht mehr ganz junger Linker, wirft Michael Hermann, der Mitglied der GLP ist, in den CH-Media-Zeitungen vor, dass dieser «die Studie schlecht gelesen» habe. Herrmann, der im Artikel der «SonntagsZeitung» zitiert wurde, sagte unter anderem, dass für jene, die in den Augen der Linken zur Kategorie der Bösen oder Unterdrückern zählen, die Regeln der Empathie nicht gelten würden. Nun, die teilweise geharnischten Reaktionen auf Twitter oder auch in der linken «Wochenzeitung» geben ihm und der Studie durchaus recht

Sehr lustig ist, dass betroffene Kreise mit ihrer Reaktion genau das bestätigen, was die Studie herausgefunden hat. Keinem dieser verbiesterten, verkniffenen Kämpfern für eine bessere Welt mit mehr Toleranz fällt es auch nur eine Sekunde auf, dass er eigentlich sagt:

Ich toleriere nicht, dass man mich intolerant nennt. Wer das behauptet, muss ausgegrenzt werden. Wer das aus einer repräsentativen und wissenschaftlichen Studie herausliest, muss als Feind des Guten und einer besseren Welt beschimpft werden. Argumente braucht es dafür nicht, denn die habe ich gerade nicht auf Lager.

Das ist etwa so blöd, wie wenn man jemandem vorwirft, ein Trottel zu sein. Worauf der dann trottelig den Vorwurf zurückweist. Indem er sagt: natürlich toleriere ich andere Meinungen. Wenn sie mit meiner übereinstimmen, sonst sind sie ja falsch, daher böse und somit Feinde des Guten.

Aber Toleranz setzt einiges voraus. Souveränität. Den Wunsch nach Erkenntnis. Den Spass an intellektueller Auseinandersetzung. Bildung. Selbstsicherheit. Das Wissen darum, die Wahrheit und Weisheit nicht mit Löffeln gefressen zu haben. Die Fähigkeit zur öffentlichen Einsicht in eigene Fehler und Unzulänglichkeiten.

Also all das, was fast allen Journalisten wesensfremd ist.

Armer Arthur. Obwohl er in seinem Editorial auch die Intoleranz von Rechten kritisiert, wird er sich in seiner eigenen Redaktion damit nicht nur Freunde machen. Es versteht sich von selbst, dass Oberchefredaktorin Birrer dieses heisse Thema weiträumig umfährt. Es handelt sich zwar um ein brennendes Problem im öffentlichen Diskurs, aber es ist halt kein Waldbrand.