Schlagwortarchiv für: Arthur Rustishauser

Kreide gefressen

Tamedia kommentiert die 13. Rente doppelt.

Natürlich läuft hier ZACKBUM wieder Gefahr, als sexistisch, exkludierend, diskriminierend und schlichtweg frauenfeindlich beschimpft zu werden. Das tragen wir mannhaft.

Denn es gibt den Kommentar der Oberchefredaktorin Raphaela Birrerkurzsichtiger Populismus») von Tamedia, die nun ganze Schachteln Kreide gefressen hat: «Dieses Ja ist eine Sensation». Und eine Vorauskommentar in der aktuellen «SonntagsZeitung» vom ehemaligen Oberchefredaktor Arthur Rutishauser «Alle wollen mehr Geld».

Eigentlich muss man da weder gross kommentieren, noch werten. Zu offensichtlich sind die Unterschiede.

Birrer hat zugegebenermassen das Problem, dass sie nach einer ungeschickten Beschimpfung mindestens der Hälfte ihrer Leserschaft zuerst zurückkrebsen musste und nun wie auf Eiern schreibt, damit die auch schon wieder Hunderte von Kommentaren nicht allesamt vernichtend ausfallen.

Also tut sie so, als wäre da nix gewesen und übt sich in staatstragenden Floskeln: «Der Grosserfolg der Gewerkschaften setzt ein Fanal für die weiteren Urnengänge … es ist ein historisches Verdikt … Ausbau des Sozialstaats … und noch nie haben die Medien so intensiv berichtet … Viele Seniorinnen und Senioren plagen Existenzängste … Economiesuisse und der Arbeitgeberverband sind mit ihrem hölzernen, emotionslosen und letztlich austauschbaren Kampagnenstil zum wiederholten Mal gescheitert … Die Bedeutung dieses historischen Abstimmungssonntags kann gar nicht überschätzt werden … Die grosse Umverteilungsdebatte ist nicht vorbei – sie fängt gerade erst an.»

Also halt das, was man so murmelt, wenn man kurz zuvor alle, die ein Ja einlegen wollen, als Opfer eines kurzsichtigen Populismus beschimpft hat. In der Fortsetzungsreihe «ist das peinlich» ein würdiger Nachfolger der vorherigen Kommentare.

Ganz anders Rutishauser. Der zieht vom Leder, als hätte er keine Oberchefredaktorin über sich: «Ob Rentner, Bäuerinnen oder Militärs. Alle sehen den Staat als Milchkuh, die endlich auch für sie etwas abwerfen soll … Wir sind auf dem Weg zur Gerontokratie, also jener Herrschaftsform, in der hauptsächlich Menschen hohen Alters das politische Handeln bestimmen. Während andere mit Joe Biden und Donald Trump greise Präsidenten haben, ist bei uns das Stimmvolk das Problem … Es scheint, als hätten wir nur noch die Wahl zwischen Gerontokratie, Bauernstaat oder Militärregierung. Da ist mir ehrlich gesagt die Gerontokratie noch fast am liebsten.»

Das ist mal eine klare Position. Ob man damit einverstanden ist oder nicht: mit Statistiken unterfüttert, klar hergeleitet, eine kantige Meinung, wie es sich für einen Chefredaktor gehört, der es nicht allen recht machen will oder bei Gegenwind einknickt.

Hoffentlich ist das nicht der erste Schritt zur Frühpensionierung von Rutishauser. Sein Trostpflaster: dann bekäme er die 13. AHV-Rente schneller. Aber was soll denn nun Oberboss Pietro Supino mit der von ihm eingesetzten Koryphäe der nächsten Generation anstellen? Die ist als Frau ziemlich unkaputtbar, wovon auch das Mitglied ohne Glied der Chefredaktion profitiert.

Aber was da alles kaputt gemacht wird …

Alles Missverständnisse

Boderline-Journalismus hat so seine Nachteile.

Es ist absurd, wenn Arthur Rutishauser den Besitzer, Verleger, Herausgeber und Chefredaktor der «Weltwoche» als «Putins letzten Freund» verunglimpft.

Es ist peinlich, wenn Rutishauser als Beleg dafür anführt, dass Roger Köppel schreibe, dass die Todesursache von  Nawalny noch nicht feststehe. Dabei ist das eine völlig richtige Feststellung. Ausser, man ist der Ansicht: völlig egal, was sich herausstellt, natürlich hat ihn Putin persönlich umgebracht.

Richtig ist hingegen, dass Putin die volle Verantwortung für den Tod Nawalnys trägt und sich damit ein weiteres Mal als Versager erweist. Das räumt auch Köppel ein, übrigens. Hätte Putin Nawalny in einem Sanatoriumsknast aufbewahrt, mit allen Annehmlichkeiten ausser der Freiheit, hätte der Kremlherrscher höhnisch darauf hinweisen können, wie der Westen Julian Assange behandle, wie in der Ukraine der US-Journalist Gonzalo Lira umgekommen sei. Während man in Russland respektvoll und korrekt mit solchen Gefangenen umgehe.

Aber nein, Putin liess es geschehen, dass Nawalny in immer brutalere Straflager verlegt wurde, viele Tage im Isolator verbrachte, es also immer offensichtlicher wurde, dass seine Lebenszeit begrenzt ist.

Nun schreibt (und redet) aber Köppel nicht nur selbst, wobei er sich zunehmend eines frömmlerischen Tons bedient. Er lässt auch schreiben. Zunächst Wolfgang Koydl, der his master’s voice imitierte und «Der Missverstandene», Teil zwei, absonderte. Nach dem Grosserfolg von Teil eins, der von einem Geschäftsmann mit wirtschaftlichen Interessen in Russland geschrieben worden war, was dessen Objektivität natürlich überhaupt nicht infrage stellte. Beide unverständlichen Missverständnisse erschienen zu einem, nun ja, etwas unglücklichen Zeitpunkt.

Nun noch der Journalist Guy Mettan, der schon länger durch seine prorussische Einstellung auffällt. Die darf er haben, aber Unsinn schreiben sollte er deswegen nicht.

Der chilenisch-amerikanische Journalist Lira sei in «einem ukrainischen Gefängnis gestorben», behauptet Mettan, «weil er Lügen und Schandtaten des Selenskyj-Regimes aufgedeckt hatte». Tucker Carlson behauptet hingegen, dass Lira zwar wegen angeblich illegalen Handlungen verhaftet worden sei, aber in einem Spital an einer Lungenentzündung starb. Was vielleicht nicht ganz das Gleiche ist, wie in einem sibirischen Straflager zu krepieren.

Dann erinnert Mettan an diverse Verurteilungen Nawalnys. Nun ist wohl ausserhalb der «Weltwoche» unbestritten, dass es sich bei Russland nicht um einen Rechtsstaat mit unabhängiger Justiz handelt. Wie korrekt also diese Verurteilungen zustande kamen, müsste untersucht werden. Noch schlimmer, für seine «angebliche Vergiftung» habe es «verschiedene und widersprüchliche Erklärungen von seinen Freunden» gegeben. Wahrscheinlich hat sich Nawalny das nur so massiv eingebildet, dass Russland ihn ausreisen liess und er in der Berliner Charité gesundgepflegt wurde. Der Nachweis von Gift in seinem Körper wurde von unabhängigen Labors bestätigt.

Schliesslich sei Nawalnys aufsehenerregende Streifen «Putins Palast» in Wirklichkeit «eine plumpe Fälschung, die in einem virtuellen Videolabor im Schwarzwald mit amerikanischem Kapital zusammengeschnitten wurde».

Steile Behauptungen, Beweise? «All diese Fakten lassen sich leicht anhand von authentischen Videos überprüfen, die im Netz kursieren, aber den Nachteil haben, dass sie auf Russisch sind.» Ist aber auch blöd, der so gefürchtete Propagandaapparat Putins ist nicht mal in der Lage, die «authentischen Videos» auf Deutsch zu übersetzen? Sind die vielleicht so authentisch wie der tatsächlich existierende Palast, bei dem Putin allerdings bestreitet, sein Besitzer zu sein?

Köppel tut sich mit solchen Fantastereien keinen Gefallen. Es wäre einer seriösen Untersuchung wert, was hier Propaganda und was Wirklichkeit ist. Aber doch nicht so. Damit bewirkt die WeWo, dass ihre Glaubwürdigkeit ganz allgemein leidet, obwohl sie unbestreitbar differenzierte Positionen einnimmt. Unter anderen. Wer so gegen den Strom schwimmt, darf sich keinen falschen Zungenschlag erlauben. Kann doch nicht so schwer zu kapieren sein.