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Kunst kostet

Kunst, Künstler, Kunsthaus. Das wird sich das reiche Zürich doch wohl …

Obwohl das Schauspielhaus Zürich Rekordhalter ist, was das Missverhältnis zwischen eigenen Einnahmen und Subvention durch den Steuerzahler betrifft (7,7 Prozent selbst erwirtschaftet, 92,3 Prozent Steuergelder), steht das Kunsthaus auch ziemlich schräg in der Landschaft.

Von den Gesamteinnahmen in der Höhe von 29 Millionen übernimmt der Steuerzahler 13,3 Millionen. Dennoch gab’s letztes Jahr ein Defizit von 4,5 Millionen. Eigentlich reif für den Konkurs. Aber die «Überschuldung» sei durch die «Aktiven» gedeckt, behauptet PwC – als ob es in Frage käme, Kunsterwerke zu verkaufen.

Aber das Problem ist ein anderes. Seit fast zwei Jahren ist Philipp Hildebrand Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft und damit verantwortlich für das Desaster. Seine sackschwache Erklärung: das Kunsthaus war angeblich «nicht ausreichend auf die Konsequenzen der Erweiterung und die neue Realität eines doppelt so grossen Hauses vorbereitet» gewesen. Ach was, da wird ein riesiger Annex dazugestellt, damit die grandiose Bührle-Sammlung endlich einen würdigen Platz findet, aber dass das mit Kosten verbunden ist, das hat keiner gemerkt?

Ausserdem bekam das Kunsthaus nochmal 4,5 Millionen Subventionen draufgesattelt, da es der Stadtregierung – offenbar im Gegensatz zur Leitung des Museums – klar war, dass eine Erweiterung Konsequenzen habe.

Und was sagt die Kunsthausdirekrorin Ann Demeester, seit Oktober 2022 am Gerät? «Das war ich nicht», schliesslich habe es schon Schulden gegeben, bevor sie anfing, ein exorbitantes Gehalt von über 300’000 Franken zu kassieren. Kritik daran begegnet sie mit Sarkasmus. Wenn sich die Probleme damit lösen liessen, wäre sie sofort mit einer Gehaltskürzung einverstanden, behauptet sie auf Radio SRF. Aber das sei natürlich nur eine «populistische Forderung der SVP», die kein einziges Problem löse.

Das ist nun ein Gequatsche, das man sehr gut aus dem Banking kennt. Schwirrt da einer ab (notabene mit wohlgefüllten Taschen), kommt der nächste, füllt sich die Taschen und sagt angesichts des katastrophalen Zustands, er müsse halt erst den Scheiss wegräumen, den sein Vorgänger hinterlassen habe. Und bei dieser herkulischen Aufgabe, den Augiasstall auszumisten, müsse er natürlich auch üppig entlöhnt werden.

Und was fällt der hochbezahlten Leitung so ein, teuer beraten von aussen? Erhöhung der Eintrittspreise (was bekanntlich immer mehr Nachfrage auslöst), Reduktion der Öffnungszeiten (was ebenfalls den Publikumsandrang steigert), und dann sei es auch so, «dass es im Rahmen seines sozialen Engagements verschiedensten Besuchergruppen kostenlosen oder reduzierten Eintritt anbietet – «von Asylsuchenden und Arbeitslosen bis zu Menschen mit Behinderungen und ihrer Begleitung, Menschen mit schmalem Einkommen und Menschen mit psychiatrischen Problemen»», wie das Kunsthaus dem Tagi mitteilt.

Das koste halt auch, im Jahr bis zu 160’000 Franken. Und dann muss das Museum auch an einem Tag einen Gratiseintritt bieten, das wären im Fall mögliche Mehreinnahmen von 1,6 Millionen Franken, würde das gestrichen. Ist aber theoretisch, denn das ist vertraglich vorgeschrieben.

Und sonst? Na, ein Sponsor muss her, was denn sonst. Die Bührle-Stiftung eignet sich wohl eher weniger, und Hildebrand mit seinem angeblich exzellenten Netzwerk hat es auch in zwei Jahren nicht geschafft, einen herbeizuschleppen.

Was dann? Die Einsparung von 300’000 Franken jährlich wäre sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Und jemanden zu suchen, der nicht nur telegen rüberkommt, sondern auch dort was kann, wo er gebraucht wird, eben beim Sponsoring, wäre auch gut.

Auf der anderen Seite: wieso auch; die Stadt – also ungefragt ihr Steuerzahler – wird doch das Kunsthaus nicht verlumpen lassen, trotz markiger Forderungen nach einem dann mal ausgeglichenen Budget. Und die Stadtregierung in Gestalt von Teflon-Mauch wird sicher nicht energisch werden. Denn die Stadtpräsidentin ist am Desaster mitverantwortlich, da ist es immer gut, wenn man notfalls auf andere zeigen kann.

Das ist für jemanden wie Demeester sowieso alles etwas popelig und provinziell. Über Geld redet man doch nicht, Geld kriegt man einfach. Und wer da blöd fragt, für welche Leistung eigentlich, und wieso in dieser Höhe, wird als blöder Populist abgekanzelt, als Kunstbanause, der es wagt, so etwas Profanes in die heiligen Hallen der Kunstbetrachtung zu werfen.

Wetten, dass ein hungriger, junger, neuer Direktor (kann auch eine Direktorin sein), plus ein Präsident mit den richtigen Beziehungen, das Ganze wuppen würden?

Splitter und Balken

Die «Republik» jammert jährlich. Nur nicht über sich selbst.

Im Eigenlob sind die Schnarchnasen im Zürcher Rothaus unschlagbar: «Ohne Journalismus keine Demokratie, mit dieser Überzeugung ist die Republik vor gut sechs Jahren angetreten. Mit Beiträgen, die möglichst im ganzen Land auf Interesse stossen.»

Ob solche aufgezwirbelten Meldungen allerdings auf Interesse stossen? «In den vergangenen zwei Jahrzehnten sind in der Schweiz rund siebzig Zeitungen verschwunden, die meisten davon im lokalen oder regionalen Bereich – vom «Alttoggenburger» bis zum «Wolhuser Boten», vom «Anzeiger Degersheim» bis zur Kleinbasler Zeitung «Vogel Gryff».»

Was für eine Kollektion. Dass gleichzeitig jede Menge digitale Newsportale entstanden sind, dass an grossen Tageszeitung eigentlich nur «Le Matin» im Print und das «Giornale del Popolo» eingegangen sind, dass von den rund 50 ernstzunehmenden Tageszeitungen in den letzten 20 Jahren 96 Prozent überlebt haben, wieso sollten sich die einschlägig verhaltensauffälligen «Recherchierjournalisten» Philipp Albrecht und Dennis Bühler davon ein Vorurteil kaputtmachen lassen?

Wieso schreibt Bühler nicht mal darüber, dass er wohl das einzige Mitglied im Presserat ist, gegen das eine Beschwerde gutgeheissen wurde? Wieso schreibt er nicht darüber, wie er der Glaubwürdigkeit der «Republik» mit seinen Schmierenstücken gegen Jonas Projer einen weiteren Schlag versetzte? Oder was es mit Demokratieretten zu tun hat, wenn Bühler über die Zustände bei Tamedia ein Stück schreibt, das ausschliesslich aus Behauptungen von anonymen Quellen besteht?

Aber das sind sicherlich die falschen Fragen, denn hier geht es Albrecht und Bühler darum, das angebliche Sterben des Journalismus und damit auch gleich der Demokratie in der Schweiz zu beklagen. Zum vierten Mal veröffentlichen sie eine «Aussteigerliste», die umfasse für 2023 ganze «96 Aussteigerinnen».

Wer sich die Liste genauer anschaut, hat wieder was zu lachen. Als Aussteiger ist beispielsweise Christian Dorer aufgeführt. Der ist aber ausgestiegen worden. Auch Jonas Projer verliess die NZZaS nicht ganz freiwillig. Völlig verständlich scheint auch der Ausstieg von Fabian Sagines; statt bei Tamedia weiter zu leiden, wird er Fussballtrainer auf den Cayman Islands. Wieso die Demokratie stirbt, wenn Nicola Steiner von SRF zur Leitung des Kulturhauses Zürich wechselt oder sich andere schlichtweg selbständig machen oder einen Job in der Kommunikation annehmen (was ja ein Reise- oder Autoredaktor vorher schon ausübte)?

Eigentlich wären die 28’415 A nicht der Rede wert – wenn sie nicht so archetypisch auf kleinstem Raum alles beinhalteten, was an der «Republik» schlecht ist. Thesenjournalismus, der sich von der Wirklichkeit nicht belehren lässt. Grossmäuliges Eigenlob, überrissene Behauptung, der dann nachgerannt werden muss.

Der Lokaljournalismus wird dabei als Hochamt der Demokratieausübung in der Schweiz zelebriert. Kühne Ansage: «Die Flucht aus den Medien geht weiter – auch im Lokal­journalismus. Dort ist sie besonders schädlich, weil niemand mehr der Politik auf die Finger schaut.»

Nirgend sonst ist die Verfilzung klassischer Medien mit Lokalgrössen stärker ausgeprägt. Will sich der Lokalanzeiger wirklich mit dem grossen Bauunternehmer, der bedeutenden Garage, politischen Honoratioren anlegen? Mit Anzeigenkunden und andern Meinungsträgern, die für das Überleben des Blatts nötig sind? Wird hier wirklich der Politik auf die Finger geschaut? Wie viele lokale Skandale wurden in den letzten Jahren von klassischen Lokalmedien aufgedeckt?

Ist diese Art von Kontrolle nicht längst ins Digitale abgeschwirrt, in die sozialen Plattformen, auf Blogs, auf Berichte von Einzelmasken, die Staub aufwirbeln?

Es ist doch aberwitzig. Albrecht und Bühler arbeiten selbst für ein neugegründetes, digitales und schweineteures Organ, bei dem nur eines klar ist: stirbt es dann mal, stirbt weder der Journalismus, noch die Demokratie. Beide überstehen auch den Abgang von Journalisten in andere Berufszweige. Der liegt einfach daran, dass die grossen Medienkonzerne in der Schweiz – mit löblicher Ausnahme der NZZ – journalistischen Content schon lange nicht mehr als ihre Haupteinnahmequelle sehen. Sondern zunehmend als störendes Überbleibsel aus anderen Zeiten.

Würden Albrecht und Bühler nicht in einer geschützten Werkstatt arbeiten, in der die dort tätigen Schnarchnasen bei allen Bettelaktionen und Drohungen mit Selbstmord niemals auf die Idee kamen, an ihrem eigenen Einkommen zu sparen, dann wüssten sie, dass dort draussen im Lande, im Lokalen, in der Demokratie ein einfaches marktwirtschaftliches Prinzip herrscht: wenn es Nachfrage gibt, dann gibt’s auch Angebot. Wird das Falsche schlecht angeboten, dann gibt’s keine Nachfrage.

Weder bei Abonnenten, noch bei «Verlegern», noch bei Käufern von Lokalzeitungen im Print.

Vielleicht sollte sich die «Republik» mehr um ihr eigenes, abbröckelndes Publikum kümmern. Laut neustem Cockpit verlassen im April wieder viel mehr «Verleger» das sinkende Schiff als neu an Bord kommen. Sich bei der Zahl von 28’000 zu stabilisieren, davon ist das Organ der guten Denkungsart genau 1650 zahlende Nasen entfernt. Auch vom «strategischen Ziel: «Zu- und Abgänge bei Mitgliedschaften und Abonnements müssen sich dafür über das Jahr die Waage halten.»

Vielleicht könnten sich die Zwei mal darüber Gedanken machen. Aber das würde unternehmerische Grundkenntnisse erfordern.