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Die Wüste bebt

Neben dem Aufschrei über Basel bleibt noch Platz für Nachtreten gegen den «Club».

Sehr zum Missbehagen der Rechthaber-Fraktion beim «Tages-Anzeiger» hatte es der «Club» gewagt, auch kritische Stimmen zum Thema Coronabekämpfung zu Wort kommen zu lassen. Dazu äusserte sich bereits die Rechthaber-Kreische Linus Schöpfer in aller arroganten Voreingenommenheit.

Bei der Blattkritik mag vielleicht ein todesmutiger Mitarbeiter eingewandt haben, dass man es bei einer solchen unqualifizierten Niedermache nicht belassen könne. Wobei er sicherlich nicht unqualifiziert sagte.

Also fasste Jacqueline Büchi die Aufgabe, nachzuarbeiten.  Leider sind dem Impressum keine weiteren Angaben zu ihrer Befähigung zu entnehmen; sie scheint sich ansonsten aber eher im Bereich Corona-Berichterstattung zu bewegen. Dabei hat sie sich zur Lieblingsinterviewerin von Marcel Salathé entwickelt. Aber im Impressum sind auch Claudia Blumer oder Salome Müller aufgeführt, seine Genauigkeit lässt genauso zu wünschen übrig wie der weitere Inhalt der Qualitätszeitung.

Der Tagi rät: überhaupt nicht.

Wer darf mit wem reden?

Nun widmet sich Büchi der Frage: «Sollen Medien überhaupt mit Corona-Skeptikern reden?» Weder ihr selbst noch allen, die am Wegesrand dieser Ungeheuerlichkeit bis zur Publikation standen, ist offenbar aufgefallen, was mit dieser Frage impliziert ist. Spielt nicht mit Schmuddelkindern, redet nicht mit Atheisten, bietet Rechten keine Plattform, saugt den Sauerstoff aus der öffentlichen Debatte.

Ein Artikel, der ins Bilderbuch ausgewählter Stücke von Brachial-Demagogie gehört. Schon der Einstieg ist von ausgesuchter Bösartigkeit: «Bald wird im SRF diskutiert, ob die Erde rund ist»; das habe ein Neurowissenschaftler nach dem «Club» über «Corona und die Kritiker und Kritikerinnen» getwittert. Blödköpfe mit Blödmeinungen in der Glotze, Wissenschaftler regt sich auf.

Danach, wie man’s am MAZ lernt, «er war nicht der Einzige, der sich an der Gästeliste der Sendung störte». Ein Beispiel, Aufschwung ins Allgemeine, die Fronten sind geklärt. Gab’s auch Zuschauer, die das anders sahen? Unerheblich, passt nicht zur demagogischen These.

Nächster Kniff: nun fragen wir uns selbstkritisch, ob der Vorwurf der «false balance» denn gerechtfertigt sei. Dafür genügt natürlich die Meinung Schöpfers nicht, der Fachmann muss ran. Genauer die Fachmännin, Pardon, die Fachfrau Ariane Tanner. Denn die hat sich bei der Debatte um «false balance» mit mehreren Auftritten in eine Pole-Position begeben, also muss sie auch hier zitiert werden: «Wenn man drei Corona-Skeptiker einem Infektiologen und einem Politiker gegenüberstellt, ist man bereits in die Falle der False Balance getappt.»

Leider teilt uns Historikerin Tanner nicht mit, wie viele Infektiologen oder Politiker es denn bräuchte, um ein richtiges Gleichgewicht herzustellen. Da greift aber auch schon die Taschenausgabe eines Intellektuellen ein:

«Auch der Kommunikationswissenschaftler Marko Ković findet, die SRF-Sendung sei «ziemlich in die Hose gegangen»».

Wir haben uns schon mit dem Herrn befasst; hier bewundern wir das wissenschaftliche Niveau seiner Formulierung. Bei der Auswahl dieser beiden Fachkräfte von einer «false balance» zu sprechen, wäre natürlich völlig verfehlt. Denn nun zieht Büchi die Schraube an. Zuvor wurde noch geschwurbelt, dass man die Meinung von Corona-Skeptikern nicht ausblenden dürfe, die seien immerhin referendumsfähig, also gefährlich.

Aussagen mit menschenverachtenden Zügen

«Doch was, wenn Aussagen verbreitet werden, die menschenverachtende Züge annehmen? Michael Bubendorf von den Freunden der Verfassung sagte im «Club», dass er die Massnahmen selbst dann noch ablehnen würde, wenn 80 Prozent der Erkrankten an Corona sterben würden.»

Ein weiterer Griff in die Schublade der Demagogie-Trickkiste, der Autor liefert eine Vorlage, die «Wissenschaftler» dürfen zubeissen:

«Für Historikerin Ariane Tanner ist klar: «Eine solche Aussage hat in einer Talkshow im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nichts zu suchen.» Wenn SRF einem Gast wie Bubendorf schon eine Plattform gebe, müsse das Moderationsduo hier zwingend einschreiten und die «sozialdarwinistische Aussage» als solche benennen. «Fehlt diese Einordnung, dann erfüllt der Journalismus seine Informationsaufgabe nicht.»»

Messen wir den Artikel abschliessend an seinen eigenen Massstäben. Wenn Tamedia zwei Gästen wie Tanner und Kovic schon eine Plattform gibt, dann müsste dringend Platz für Gegenmeinungen geschaffen werden. Aber auch beim Tagi greift weder das Moderatorenduo der abgehalfterten stellvertretenden Chefredaktoren ein, noch der Oberchef Arthur Rutishauser. Hier darf gebelfert, einäugig, einseitig, unfair, unqualifiziert abgeurteilt und besserwisserisch zurechtgewiesen werden.

Wo bleibt die Gegenmeinung, die Debatte?

Gegenmeinungen, Pluralismus, Debatte, echte Auseinandersetzung? Sollen Redaktoren überhaupt auf andere Meinungen als ihre eigenen eingehen? Vielleicht im Sinne des Konsumenten, der gerne mal etwas anderes als die Befindlichkeiten der Schreiber und ihr Echo bei dazu ausgewählten Fachleuten lesen möchte? Damit er einen Grund sieht, für den Konsum weiterhin etwas zu bezahlen?

Ach was, sagen sich die Tagi-Redaktoren, lieber über die garstigen Zeiten jammern, das eigene Haus wüst kritisieren, sich um gendergerechte Sprache kümmern – als der eigentlichen Aufgabe nachgehen: geistige Nahrung zu liefern. Aber woher nehmen, in der Wüste.