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Lachen ist gesund

Das ist das neue Motto der «Republik».

Und da man nie genug lachen kann, strapaziert sie den Lachmuskel immer wieder aufs Neue. Mit immer raffinierteren Provokationen. Nicht nur einfach der Inhalt als solcher, nicht nur die merkwürdigen Rechenkünste, nein, auch auf dem ureigensten Gebiet der Gutmenschen setzt sie humoristische Zeichen, damit sich das Publikum vor Lachen wieder mal am Boden wälzt.

Was für Zeichen? Na, dieses hier:

Nun umfasst dieser Code eine schlappe A4-Seite und popelige zehn Punkte. So geht das natürlich nicht, also hat der Verfasser und Personalchef gleich noch seinem eigenen Organ ein Interview gegeben. Sozusagen die Spieglung der Spiegelung in der Spiegelung, um auf eine «Republik»-übliche Länge zu kommen..

Da werden ihm furchtbar schlaue Fragen gestellt, wie zum Beispiel: «Dominik Cavalli, warum erhalten wir ausgerechnet jetzt einen neuen Code of Conduct?» Oder: «Arbeitskultur ist ein breites Feld. Warum braucht es ausgerechnet einen Code of Conduct, also einen Verhaltenskodex?» Gut ist auch der hier: «Und wie schreibt man mit rund 50 Kolleginnen ein Grundsatzpapier?» Das ist schon gekonnt, wenn bereits die Fragen Lachsalven auslösen, von den Antworten ganz zu schweigen.

«Zu reden gab zum Beispiel die Frage: Wo thematisieren wir Grenz­überschreitungen? Wir haben zwar seit Mai 2023 eine Weisung zum Schutz vor Diskriminierung, Mobbing und sexueller oder sexistischer Belästigung.» Wer noch trockene Taschentücher hat, muss sie hier verbrauchen: «In der Abschluss­sitzung mit der Crew sind wir Satz für Satz durchgegangen und haben nur noch Einzelheiten angepasst. Einige fanden: Der Text ist gut, aber ein bisschen generisch. Ich verstehe das, denke aber auch, dass sich das bei einem Grundlagen­papier, das ja für alle gleichermassen gelten soll, nicht vermeiden lässt.»

Ein bisschen generisch? Hallo, was soll das denn sein, ausser eine Reizung des Zwerchfells? Den Höhepunkt erreicht das «was du immer schon mal sagen wolltest, wenn du dir die Fragen zurechtschnitzen dürftest»-Spiel hier:

«Und was mache ich als Mitarbeiterin damit? Was bringt mir dieses Papier konkret?
Wir haben jetzt ein verbindliches Dokument, zu dem alle Ja gesagt haben. Wenn du in der Zusammen­arbeit mit jemandem merkst, dass sich diese Person nicht nach den vereinbarten Grundsätzen verhält, dann kannst du dich darauf stützen und das ansprechen.»

Zur Schonung der Lachmuskeln der Leser geht ZACKBUM nicht auch noch auf die Ansammlung von Plattitüden ein, die dieser Code enthält; wer sich stark genug fühlt, kann ihn ja selbst lesen.

Aber einen Punkt müssen wir herausgreifen:

«Wir kommunizieren offen, transparent und konstruktiv.»

Das ist, kicher, ein echter Knaller, gröl, einfach der Brüller, tränenabwisch.

Wie der Gründer und erste Chefredaktor Christof Moser rausgemobbt wurde, wurde offen und transparent kommuniziert. So wie der Abgang seines Nachfolgers. Mit seiner harschen Kritik aus Berlin wurde konstruktiv umgegangen, nämlich schweigend. Das Verhalten eines Starreporters, der Umgang mit Beschwerden darüber, der Umgang mit dem Reporter selbst, wo die «Republik» vom Gericht gezwungen werden musste, ihre Verstösse gegen das Arbeitsrecht zu korrigieren – nur eine zähneknirschende Mitteilung, dass man sich geeinigt hatte, was auch nur die halbe Wahrheit war.

Die unzähligen Flops angeblicher Enthüllungen und Skandale, wo die «Republik» nur nach erbitterter Gegenwehr das tat, was im anständigen Journalismus normal wäre: Gegendarstellungen zuzulassen. Einzugestehen, dass diese Soufflees alle in der kalten Luft der Wirklichkeit zusammenfielen, niemals. Das erratische Verhalten des letzten überlebenden Starschreibers, der in tiefes Schweigen versinkt oder in epische Schwätzereien über den Faschismus in den USA, ein konstruktives Wort dazu? Never and beyond.

Am übelsten ist aber das tiefe Schweigen der schreibenden Schmachtlocke, des Co-Chefredaktors Daniel Binswanger, als es um die Anschuldigungen einer frustrierten und gefeuerten Mitarbeiterin des «Magazins» gegen ihren ehemaligen Chef ging. Den hatte Anuschka Roshani zwar erfolgreich weggemobbt, aber ihr Traumziel, auf seinen Stuhl zu klettern, erreichte sie trotz Initiativbewerbung nicht. Behauptete aber, dieser Chef habe sie coram publico verbal fertiggemacht und sexistische Sprüche gerissen.

Wenn das so war, hätte Binswanger als damaliger Mitarbeiter das hören müssen. Also hätte er, nicht mehr im Angestelltenverhältnis von Tamedia, nur schon aus Anstand sagen müssen, was er als Ohrenzeuge weiss. Ob das so war oder nicht. Stattdessen schwieg er feige. Wenn dieser neue Code of Conduct etwas wert wäre, müsste Binswanger wegen schweren Verstössen sofort zurücktreten …

All das macht diesen Code of Conduct zu einem Witzpapier, zur Lachnummer, zur brüllend komischen Peinlichkeit.

Das ist der richtige Moment, um amtlich festzuhalten: ZACKBUM hatte noch nie einen Code of Conduct und wird auch nie einen haben. Hier gelten bloss die Regeln von Anstand und Höflichkeit, sowie die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Zudem hat ZACKBUM leider (schnief) nicht 50 Kolleginnen, mit denen wir so einen Quatsch ausarbeiten könnten.

Kann Roshani absahnen?

Gleichstellung ist etwas Schönes. Für Gleichgestellte.

Eigentlich wollten wir von dieser Schmierenkomödie nie mehr etwas hören. Aber das muss nun sein, denn die NZZ vermeldet Erstaunliches bis Befremdliches.

Anuschka Roshani hatte im Februar 2023 im «Spiegel» eine Breitseite gegen ihren langjährigen Chefredaktor abgefeuert. Sie beschuldigte ihn, er habe sie gemobbt und mit sexualisierter Sprache erniedrigt. Wieso sie es dennoch viele Jahre unter ihm ausgehalten hat, konnte sie aber nicht erklären.

Zudem stellte sich heraus, dass Roshani selbst auf den Stuhl des Chefredaktors klettern wollte und stattdessen gekündigt wurde. Der Racheartikel im «Spiegel» strotzte zudem von unbelegten oder gar falschen Anschuldigungen. Aber diese öffentliche Hinrichtung ihres Ex-Chefs, dessen Kündigung sie zwar erreichte, dessen Posten sie aber nicht bekam, war nur ein Teil von Roshanis Rachefeldzug.

Gleichzeitig reichte sie eine Beschwerde wegen einer angeblichen Rachekündigung ein. Was viele nicht wissen: da gibt es den Normalfall und den absonderlichen Fall, wie Marcel Gyr in der NZZ ausbeinelt. Der Normalfall ist, dass selbst bei einer missbräuchlichen Kündigung der Arbeitgeber maximal 6 Monatslöhne Schadenersatz zu leisten hat.

Der Abnormalfall ist: wird die Kündigung im Umfeld einer Beschwerde nach dem Gleichstellungsgesetz ausgesprochen, ist die Lohnfortzahlung nach oben offen. Noch absurder:

«Ob die Vorwürfe zutreffend sind, musste das Gericht nicht prüfen – allein die Geltendmachung in Form einer schriftlichen Beschwerde genügt, um eine Klägerin unter den Schutzschirm des Gleichstellungsgesetzes zu stellen. Das bedeutet, dass eine Klägerin bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens – und sechs Monate darüber hinaus – von einem Kündigungsschutz profitiert. Nachzulesen ist dies in Artikel 10 Absatz 2 des Gleichstellungsgesetzes. Im Fall von Anuschka Roshani wurde der Kündigungsschutz sogar verdoppelt, indem sie am 12. Mai 2022 ein Schlichtungsgesuch beim Friedensrichteramt eingereicht hatte. Nachdem dort keine Einigung hatte erzielt werden können, gelangte der Fall ans Arbeitsgericht.»

Tamedia dagegen ist es nicht gelungen zu beweisen, dass es sich nicht um eine Rachekündigung gehandelt habe. Das bedeutet, folgt man der gerade veröffentlichten Urteilsbegründung des Arbeitsgerichts, dass Roshani aktuell Anspruch auf mindestens – Achtung – 33 Monatslöhne hat.

Man kann sich der Vermutung nicht erwehren, dass das Ganze von Roshani wohlüberlegt als Rachefeldzug geplant war. Zum einen wollte sie ihren ehemaligen Chef öffentlich blossstellen. Zum anderen wollte sie sich an Tamedia rächen. Der Konzern hatte ihr nicht nur die nach der Kündigung des Chefredaktors sicher geglaubte Ernennung zur Chefredaktorin verweigert, sondern ihr zudem gekündigt, weil ihr Verhalten nicht geduldet werden konnte.

Hier mit dem Gleichstellungsgesetz zu operieren, das ist schon ein kleines juristisches Kunststück, dem die Tamedia-Rechtsabteilung offensichtlich nicht gewachsen ist. Allerdings will der Medienkonzern den Fall weiterziehen. Mit solchen Aktionen, wie auf ganz andere Art der Fall Hirschmann beweist, hat Tamedia nicht unbedingt Erfolg; es wird vielmehr noch teurer.

Roger Schawinski hat in seinem sorgfältig recherchierten Buch «Anuschka und Finn» eigentlich alles zu der Affäre gesagt. Er tat das, was damals wieder einmal alle sogenannten Qualitätsmedien unterliessen: Er näherte sich dem Thema mit den klassischen journalistischen Fragen: Was stimmt an den Vorwürfen? Was lässt sich belegen? Was stimmt nachweislich nicht, wer hat hier gelogen, geschwiegen, bewusst die Unwahrheit gesagt, bewusst nicht die Wahrheit gesagt?

Seine Schlussfolgerung war damals richtig, im Licht es Urteils des Arbeitsgerichts wird sie noch richtiger, wenn sich das steigern liesse:

«Entweder ist sie eine in der Wolle gefärbte Masochistin. Oder dann handelt es sich um eine wenig glaubwürdige, boshafte Lügengeschichte, mit der sie in einem furiosen Rundumschlag an prominentester Stelle das ihr Widerfahrene der ganzen Welt mitteilen möchte, und um gleichzeitig von ihrem ehemaligen Arbeitgeber eine grosse materielle Entschädigung herauskitzeln zu können. Die zweite Antwort ist wohl die richtige.»