Schlagwortarchiv für: Anuschka Roshani

Männer vergehen

Flugzeiten im Journalismus. Was steckt dahinter?

In letzter Zeit, so viel Klage muss sein, trifft es immer Männer im Journalismus. Manchmal tut ihm das gut, zweifellos. So war die Entfernung der journalistischen Leiter nach unten Pascal Hollenstein bei CH Media zwar ein schwerer Schlag für eine hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet, denn sie verlor damit ihren Büttel und Lautsprecher. Aber eine sehr gute Nachricht für den Journalismus im Hause CH Media war’s.

Bei Finn Canonica war die offizielle Begründung eher schmalbrüstig. Er wolle sich nochmal einer neuen Herausforderung stellen, hiess es bei seiner Absetzung. Erst durch die Affäre Roshani kam heraus, dass Canonica in Wirklichkeit gefeuert worden war.

Als nächsten erwischte es Arthur Rutishauser. Der war einige Jahre der Capo di tutti i capi bei Tamedia. Irgendwie schaffte er es, rund 12 Blätter im Griff zu behalten und parallel dazu einen schreiberischen Output zu leisten, bei dem es jedem Schnarch-Journi der «Republik» ganz anders würde. Und zack, in einer natürlich schon ganz lange geplanten Umstellung wurde er als Bauernopfer zum SoZ-Chefredaktor geschrumpft.

Zwei weitere Mitglieder der Chefredaktion, wie der Name schon sagt Männer, wurden gleich vollständig entsorgt, ohne dass ein Hahn danach krähte. Erschwerend kommt hier hinzu, dass die Nachfolgerin von Rutishauser deutlich klarstellt, was das Zeitungskonglomerat dem Coninx-Clan noch bedeutet. Nahezu nichts.

Und nun hat es auch noch Werner De Schepper erwischt. Das Ringier-Urgestein war schon in unzähligen Chefposten tätig, musste vor ein paar Jahren auch eine aus anonymen und nie belegten Anschuldigungen bestehende Schlammschlacht wegen angeblichen Übergriffigkeiten über sich ergehen lassen. Dann meinte man, mit der Co-Chefredaktion des Ringier-Flops «Interview» habe er nun sein wohlverdientes Gnadenbrot erhalten.

Und zack, weg ist er. Bei ihm macht man sich nicht einmal die Mühe, seinen Rausschmiss zu ummanteln. Warum er allerdings gefeuert wurde, das liegt zurzeit genauso im Dunkeln wie damals bei Canonica. An seiner Stelle übernimmt nun Susanne Walder, zuvor mit ihm Co-Chefredaktorin. Ja, das ist die Frau vom Chef Marc Walder, allerdings hat sich das Paar schon vor einiger Zeit getrennt. Das kann nun also nicht der Grund für die «unterschiedlichen Auffassungen» über die Führungspersönlichkeit De Schepper sein.

Man könnte nun eine männliche Verschwörungstheorie daraus basteln, dass in all diesen Fällen eine Frau profitierte. Gut, bei Canonica nicht, obwohl Anuschka Roshani schon mal eine Blindbewerbung auf seinen Posten eingereicht hatte, als Canonica noch Chefredaktor war. Muss dann irgendwie Künstlerpech gewesen sein. Schlussendlich schaffte es Roshani, Canonica abzusägen (oder absägen zu lassen). Aber ihre Freude währte nur kurze Zeit. Drei Monate lang nach Canonicas Rausschmiss konnte sich Roshani Hoffnungen machen, nun doch endlich noch Chefredaktorin zu werden. Aber dann wurde sie auch gefeuert.

Hollenstein hinterliess eine Lücke, die ihn vollständig ersetzt, also war es da nicht nötig, ein Gendersternchen an seine Stelle zu setzen. Aber bei Rutishauser und De Schlepper rücken nun Frauen nach, deren Qualifikation für den Posten schon sehr eng mit dem Wort Quote verbunden ist.

Ob wir herausfinden werden, was De Schepper den Kopf gekostet hat? Das ist auch so ein Merkmal des aktuellen Elendsjournalismus: Transparenz einfordern ist gut, aber nur bei anderen. Selbst gibt man sich verschlossen wie eine Auster.

Nur Fragen bleiben

Wie war’s denn nun im Fall Roshani?

Man kann der NZZ nur zustimmen: «wie Medien im Fall Canonica mit Lügen und Übertreibungen ihre Glaubwürdigkeit verspielten». Noch glaubwürdiger wäre die alte Tante gewesen, wenn sie auch ein Mü Selbstkritik geübt hätte. Denn auch sie hatte bei diesem Drecksspiel mitgemacht. Kritisiert aber alle anderen harsch: «Sein Fall zeigt aber auch, wie unseriös und manipulativ führende deutschsprachige Medien zu Werke gehen, wenn es darum geht, einen Skandal zu vermarkten.»

Sogar in ihrem branchenkritischen Artikel verteilt sie noch unqualifizierte Betragensnoten: Der gefeuerte «Magazin«-Chefredaktor sei «ein Beispiel dafür, wie weit es verbal übergriffige und charakterlich ungeeignete Personen in der Medienbranche bringen können, weil sie von Kollegen protegiert werden und Firmenverantwortliche wegschauen».

Keine der Behauptungen hier ist auch nur ansatzweise belegt. Und bevor man jemanden die charakterliche Eignung für eine Führungsposition abspricht, bevor man behauptet, dass Firmenverantwortliche weggeschaut hätten, müsste man dafür vielleicht den Hauch eines Beweises vorzeigen.

Aber doch nicht im heutigen Elendsjournalismus, der zunehmend aus Vermutungen, gespeist von anonymen Quellen (ob echt oder erfunden), dem Indikativ statt Konjunktiv («Die Zeit»), Gesinnungen, Meinungen, Mutmassungen und Konzernhaltungen besteht.

Dass Querdenken zu einem Schimpfwort geworden ist, zum Bestandteil des Framings, des Narrativs, dass jegliche abweichende Denkleistung von vornherein abzulehnen ist, damit man sich nicht inhaltlich mit ihr auseinandersetzen muss – welch jämmerliches Armutszeugnis.

Der Fall Roshani ist ein Paradebeispiel dafür, allerdings muss man noch viel weiter gehen als die NZZ. Es ist nun fast einen Monat her, dass Anuschka Roshani im «Spiegel» eine Breitseite gegen Finn Canonica und Tamedia abfeuerte.

Seither ergibt die Stichwortsuche nach Roshani über 300 Treffer in der Mediendatenbank SMD. Nur: fast alle Fragen sind weiterhin unbeantwortet.

Zunächst: welche der Vorwürfe von Roshani sind aktuell und treffen zu, welche sind erfunden, aufgebauscht, uralt? Dazu gibt es sogar einen ausführliche Untersuchungsbericht, der aber bislang detailliert nur von Roger Schawinski veröffentlicht wurde, der damit nach eigener Aussage auf ein «Schweigekartell» der übrigen Medien stiess. Weil die sich allesamt in einer Hetzjagd auf Canonica zusammengefunden hatten und nicht eingestehen wollen, dass sie wohl mal wieder wie Lemminge über die Klippe gehopst sind.

Aber auch sonst ist noch alles unklar. Da der Bericht Canonica weitgehend entlastet: wieso wurde er dann gefeuert? Wie genau kam es dazu, dass der Verwaltungsrat von Tamedia eine vertiefte Untersuchung in Auftrag gab? Spielt da die Connection Roshani – Haag – Richter eine Rolle, und wenn ja, welche?

Welche Rolle spielt der Denunziant Mathias Ninck genau, wie viele Medien verwendeten seine Behauptungen als Quelle für ihre «anonym bleiben wollende ehemalige Mitarbeiter»? Wie kann es sein, dass der «Spiegel» behauptet, er verfüge über Dokumente, die Roshanis Aussagen belegten und habe zudem mit diversen «Magazin»-Mitarbeitern gesprochen, während der «Schweizer Journalist» glaubhaft versichert, alle acht von ihm kontaktierten «Magazin»-Mitarbeiter seien nie vom «Spiegel» angefragt worden?

Ist es vielleicht so, dass es sich hier um eine späte Rache der 2015 gefeuerten oder gegangenen «Magazin»-Mitarbeiter handelt, die Roshani als nützliche Idiotin instrumentalisierten?

Was ist überhaupt von den Motiven Roshanis zu halten? Sie will sich seit 2007 beschwert haben, korrigierte das dann auf 2015. Als HR von Tamedia dazu keine Unterlagen finden konnte, behauptete sie, sie habe sich nur mündlich beschwert. Eine Journalistin beschwert sich über Jahre lediglich mündlich?

Dann soll sich Roshani in einer Blindbewerbung, als Canonica noch diese Position bekleidete, für die Chefredaktion des «Magazin» ins Spiel gebracht haben. Sie will die Ergebnisse der Untersuchung nicht gekannt haben, musste aber annehmen, dass Canonica von ihren Anwürfen freigesprochen wurde. Dann aber kam es doch zu seiner Entlassung. Roshani hingegen wurde erst drei Monate später gefeuert. Sie wartete noch den Ablauf ihrer Kündigungsfrist ab und legte dann im «Spiegel» los. Ist das eine ideale Kronzeugin?

Wieso wurden die beiden überhaupt entlassen? Was passierte in den drei Monaten zwischen Canonicas Kündigung und ihrer? Versuchte sie, nun endlich sein Nachfolger zu werden und scheiterte? Woran? Was gab den Ausschlag, dass Canonica rausgeschmissen wurde? Fand ihr Rausschmiss nur deswegen zeitversetzt statt, weil es nicht zu viel Aufsehen erregen sollte? Welche Position nahmen nun die aktuellen «Magazin»-Redaktoren ein? Welche Rolle spielten all die ehemaligen Mitarbeiter, die inzwischen bei der «Republik», bei der NZZ und anderswo arbeiten?

Wer sind die «anonymen Quellen», gab es sie überhaupt im Plural? Werden unfähige und unflätige Journalisten wie Salome Müller und andere wenigstens sanktioniert? Stellen all die Medien, die kübelweise Dreck über Canonica ausleerten und auf die Unschuldsvermutung schissen, wenigstens richtig?

All diese Fragen (und noch einige mehr) bleiben bislang unbeantwortet, dazu sind die grossartigen Recherchierjournalisten nicht in der Lage.

Apropos Antworten. Auch die beiden Autoren des NZZ-Artikels, Nadine Brügger und Lucien Scherrer, haben nicht mal den Anstand im Leib, auf einige Fragen von ZACKBUM zu reagieren. Schliesslich haben sie nicht nur Falschinformationen verbreitet, sondern auch unqualifizierte Angriffe auf Konkurrenzorgane oder Personen geführt. So behaupten sie, Canonica und Roshani hätten bis 2021 beim «Magazin» gearbeitet und Daniel Binswanger sei dort stellvertretender Chefredaktor gewesen. Ein einfacher Faktencheck hätte ihnen diese Peinlichkeiten erspart. Benimmregeln wie die, dass man auf eine Anfrage wenigstens antwortet, die haben sich selbst bei der NZZ in dicke Luft aufgelöst. Wie sagt Roger ganz richtig: sackschwach.

 

Gegendarstellungsfrei

Die Schweiz schweigt. München berichtet.

«Um den Fall Roshani/Canonica werden sich demnächst die Gerichte kümmern. … Am Mittwoch wurde mehr aus dem angeblich 100 Seiten langen Untersuchungsbericht bekannt, den Tamedia-Verleger Pietro Supino bei einer Anwaltkanzlei Ende 2021 in Auftrag gegeben hatte.»

So berichtet die «Süddeutsche Zeitung» am Freitag über Innerschweizer Angelegenheiten. In den Schweizer Tageszeitungen wurde breit vermeldet, dass die ehemalige «Magazin»-Redaktorin Anuschka Roshani im «Spiegel» eine Breitseite gegen den ehemaligen Chefredaktor Finn Canonica und ihren ehemaligen Arbeitgeber Tamedia abgefeuert hatte.

Sexismus, Mobbing, toxische Atmosphäre, frauenfeindliche Sprüche. Das Narrativ entspricht dem Zeitgeist, bis hinunter zur «Republik» wurde wiedergekäut, gewäffelt und verurteilt. Dass Canonica die Vorwürfe als grösstenteils erlogen scharf zurückwies, dass Tamedia eine Zusammenfassung eines Untersuchungsberichts veröffentlichte, der die Sache in einem ganz anderen Licht erscheinen liess: kurze Randbemerkung.

Am Mittwoch veröffentlichte Roger Schawinski auf seinem Radio 1 neue, brisante Auszüge aus diesem Bericht. Danach verdichtet sich der Verdacht, dass Roshani, teilweise in Abstimmung mit dem ehemaligen «Magazin»-Redaktor Mathias Ninck oder Michèle Roten, aufgebauscht und erfunden habe.

Zudem veröffentlichte der «Schweizer Journalist» eine akkurate Recherche zur Frage, ob es wirklich so war, wie Roshani darstellt. Resultat: laut Aussagen von 8 aktuellen und ehemaligen «Magazin»-Mitarbeitern: nein.

Über diese neuen Enthüllungen, die nicht so in den Zeitgeist passen, berichtete ansatzweise persönlich.com und ausführlich ZACKBUM.

Und sonst niemand.

Schweigen im Blätterwald. All die Gazetten in der Schweiz – und sogar die deutsche «Zeit» – die aufgrund anonymer Heckenschützen sich darin überschlugen, dass es alles noch viel schlimmer gewesen sei, schweigen verkniffen. Die NZZ, der «Blick», CH Media, die sogar schon eine Entschuldigung in Richtung Tamedia-Boss Pietro Supino rausquetschen mussten – alle halten die Füsse still.

Vielleicht wäre mal eine Entschuldigung Richtung Canonica fällig. Aber das werden wir nicht erleben, dass das freiwillig geschieht.

Welch ein Elendsjournalismus, aufgrund ausschliesslich anonymer Frustrierter loszugaloppieren. Die «Zeit» verwendete sogar den Indikativ, als sei es erwiesen, dass die Behauptungen von Roshani zuträfen.

Nach der wilden Hatz aufgrund trüber Quellen muss man nun in der SZ lesen, was eigentlich in der Schweiz überall erscheinen müsste:

«Der Bericht ergebe ein «ein überraschendes Bild, das radikal von dem abweicht«, das Roshani im Spiegel gezeichnet hatte. Er entlaste Canonica in vielen Punkten. Auch das Branchenmagazin Schweizer Journalist:in hat sich gerade mit dem Fall befasst und in der Redaktion von Das Magazin recherchiert. Die Story zeichnet kein gutes Bild von Finn Canonica als Führungspersönlichkeit. Sie findet aber auch keine Zeugen für ein toxisches Klima in der Redaktion.»

Nur die amtierenden Mitarbeiter – oder der langjährige Kolumnist Daniel Binswanger, inzwischen Chefredaktor a.i. des Gutmenschenblatts «Republik» – haben ein Schweigegelübde abgelegt.

Normalerweise übernimmt ja Tamedia – bis hin zu Katzengeschichten eines ehemaligen Münchner Bürgermeisters – fast alles, was aus der bayerischen Hauptstadt kommt, ausser vielleicht das Kinoprogramm. Wetten, dass dieser Artikel nicht dazugehören wird?

PS: Der Gerechtigkeit halber sei angemerkt, dass immerhin «20 Minuten» die neuen Enthüllungen aufnimmt. Immerhin, weil das Gratisblatt auch zu Tamedia gehört.

Pein, peinlich, Roshani

Ein Desaster für den Lemminge-Journalismus. Ein Scheissspiel.

«Unseren Informationen aus der «Magazin»-Redaktion zufolge weiss niemand von einer «Spiegel»-Recherche.» Das schreibt der «Schweizer Journalist» (SJ) in seiner Titelstory über die Roshani-Affäre. Das Branchenblatt, von ZACKBUM bereits abgeschrieben, glänzt mit einer Top-Recherche über die Hintergründe der Vorwürfe gegen den ehemaligen «Magazin»-Chefredaktor Finn Canonica.

Es tun  sich Abgründe auf.

Abgrund eins:

«Uns liegen Aussagen sowohl ehemaliger sowie aktueller Mitglieder des «Magazin»-Teams vor, die die Beschreibungen von Anuschka Roshani stützen», behauptet dem gegenüber die «Spiegel»-Pressestelle. In seiner Untersuchung hat der SJ mit «vier Frauen und vier Männern» gesprochen, «alle entweder noch oder bis vor Kurzem noch auf der «Magazin»-Redaktion tätig. Auch sie waren nicht bereit, mit Namen hinter ihre Aussagen zu stehen». Aber es ist doch bemerkenswert, dass alle unisono eine  Tätigkeit unter Canonica im «Magazin» als empfehlenswert bezeichnen. Noch deutlicher:

«Alle Gesprächspartner verneinen unabhängig voneinander und mit unterschiedlichsten Darstellungen, dass sie selbst die Atmosphäre in den vergangenen Jahren als belastend, sexistisch oder toxisch empfunden hätten.»

Es ist theoretisch denkbar, dass der Autor Marcus Hebein ausgerechnet und ausschliesslich mit einer Fraktion gesprochen hat, die das so sieht, während andere Mitarbeiter, die nicht mit ihm sprechen wollten, die Behauptungen von Roshani stützen würden. Aber wahrscheinlich ist das nicht.

Auch die «Zeit», deren Autorin Salome Müller im Indikativ behauptet, dass Roshani Opfer der sexistischen Machokultur im Journalismus geworden sei, sieht auf Anfrage von ZACKBUM auch im Licht der von Roger Schawinski publizierten Ergebnisse des Untersuchungsberichts keinen Anlass, diese journalistische Fehlleistung zu korrigieren: «Wir verfolgen die Berichte natürlich aufmerksam, sehen aber derzeit keinen Anlass für Berichtigungen oder Ähnliches.»

Selbst renommierte Presseorgane wie «Spiegel» oder «Zeit» sind offensichtlich ohne Hintergrundrecherchen oder aufgrund vorgefasster Narrative auf die Darstellung von Roshani reingefallen. Und bislang nicht bereit, diese Fehlleistung einzugestehen.

Abgrund zwei:

Auch der renommierte «Beobachter» illustriert seinen Bericht über die Affäre «Magazin» mit einer männlichen Hand auf einem weiblichen Oberschenkel. Denn angeblich soll Canonica Praktikantinnen gegenüber besonders anzüglich gewesen sein. Dazu Redaktionsmitglieder im SJ: «Absoluter Bullshit», «kam nie vor», «ganz im Gegenteil. Canonica pflegte ein eher gutes und eher professionelles Verhältnis zu Praktikantinnen». Von denen wurden im Verlauf der Untersuchung durch eine externe Kanzlei sogar «Entlastungsschreiben» verfasst und an die Unternehmensleitung geschickt. Abgrund zwei: wie ist es möglich, dass renommierte Organe dermassen einseitig, einäugig und ohne banalste Grundlagen der Recherche anzuwenden, dem Narrativ auf den Leim krochen, dass hier wieder einmal eine Frau sexistisch misshandelt, gemobbt und unterdrückt worden sei? Wohl deswegen, weil Narrative, Haltungen, Voreingenommenheit, lemmingeartiges Nachplappern und Abschreiben wichtiger geworden ist als das journalistische Handwerk.

Abgrund drei:

«Nach dieser Erfahrung glaube ich Berichten in den Schweizer Medien kein Wort mehr, solange ich sie nicht selbst geschrieben und recherchiert habe.

Das sagt nicht etwa eine Verschwörungstheoretikerin, sondern eine langjährige, erfahrene «Magazin»-Journalistin, die ob der Berichterstattung der vergangenen Wochen verzweifelte», schreibt der «Schweizer Journalist». Abgrund drei: Wenn die Journalisten der Schweizer Medien bei einer solch vergleichsweise einfachen Aufgabe – herausfinden, ob die Behauptungen von Roshani der Wahrheit entsprechen oder nicht – dermassen versagen, welches Vertrauen darf man dann noch in ihre Fähigkeit haben, komplexe oder weltumspannende Zusammenhänge zu durchdringen?

Abgrund vier:

«Aber irgendwie habe ich das Gefühl, da ist mehr mangelnde Erfahrung mit Recherchierjournalismus als Böswilligkeit der Autoren.» Das twittert Benjamin von Wyl, der noch nie in seinem Leben mit einer Recherche aufgefallen wäre. Er twittert es deswegen, weil die Recherche des SJ nicht in sein Weltbild passt. Und wenn etwas da nicht hineinpasst, dann ist’s natürlich falsch. «Wer diesen Grad an Paranoia erlangt, sollte sich wohl aus den «Schweizer Medien» zurückziehen», holpert von Wyl noch über den Stossseufzer einer erfahrenen «Magazin«-Journalistin. Von Wyl ist ein kleines Würstchen, aber mit seiner Haltung repräsentativ für ach so viele seiner Kollegen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: wenn solche Frettchen wie von Wyl den Beruf wechseln würden, ginge es den Schweizer Medien ein Mü besser. Die «Republik» trompetet: «Am vergangenen Samstag berichtete die Republik ausführlich über strukturelle Probleme mit Mobbing und Sexismus beim Medien­verlag Tamedia und beleuchtete dabei erstmals die Rolle des «Super-Chef­redaktors» Arthur Rutishauser. Nun wird der 57-Jährige degradiert.»

Als ob das Gewäffel der abserbelnden «Republik» damit etwas zu tun hätte. Als ob die «Republik» nicht besser erklären würde, wieso ihr Chefredaktor a.i. Daniel Binswanger, der jahrelang beim «Magazin» arbeitete und eng mit Canonica war, noch kein Sterbenswörtchen zur Affäre Roshani gesagt hat. Abgrund vier: auch hier zeigt sich, dass Selbstbespiegelung, die Pflege von Narrativen und die Betonung der eigenen Wichtigkeit vielen Journalisten wichtiger ist als die Ausübung ihrer eigentlichen Tätigkeit: schreiben, was ist.

Abgrund fünf:

Eine besonders zwielichtige Rolle spielt der ehemalige «Magazin»-Redaktor Mathias Ninck. Schon 2014 erwiesen sich Behauptungen von ihm aufgrund einer externen Untersuchungen als haltlos und aus der Luft gegriffen. Diesmal warf er als inzwischen enttarnte «anonyme» Quelle in die Runde, dass Canonica bei Einstellungsgesprächen anzüglich mit einer weiblichen Brust aus Plastik gespielt haben solle, die auf seinem Schreibtisch gelegen habe. Diese Schmiere wurde von Roshani aufgegriffen.

Wie die von Schawinski veröffentlichte Untersuchung belegt, ist das frei erfunden und widerlegt. Inzwischen ist Ninck aus dem Journalismus ausgestiegen, was eine gute Nachricht ist. Schon in seinen Zeiten vor dem «Magazin», zum Beispiel beim «Blick», fiel er nicht gerade durch aufrichtige Wahrheitsliebe auf. Inzwischen ist er aber Kommunikationsleiter im Sicherheitsdepartement der Stadt Zürich. Nicht gerade eine Idealbesetzung bei dieser Vorgeschichte.

Er ist immerhin namentlich enttarnt. Wie steht es aber mit all den anonymen Quellen, die von Ringier, sogar der NZZ, CH Media, «Der Zeit» und dem «Spiegel» zitiert werden, die mutig aus dem Hinterhalt behaupteten, es sei alles noch viel schlimmer gewesen als von Roshani dargestellt, es habe ein wahrer «Psycho-Terror» geherrscht? Abgrund fünf: noch nie hat sich das Elend des modernen Journalismus, mit für den Leser nicht überprüfbaren anonymen Quellen zu arbeiten, deutlicher gezeigt als hier. Wer sind sie, wie vertrauenswürdig sind sie, existieren sie überhaupt oder wurden sie schlichtweg erfunden?

Wir erinnern uns: kein einziger der anonymisierten Vorwürfe der erregten 78 Tamedia-Mitarbeiterinnen in ihrem Protestbrief konnte bis heute verifiziert werden. Natürlich arbeitet auch der SJ mit anonymen Zeugen. Aber entweder heben sich dann die Aussagen auf – oder alle von den Mainstream-Medien angeführten Quellen lügen. Das ist bei den im SJ wiedergegebenen Aussagen unwahrscheinlich, weil sie sich mit den Ergebnissen der externen Untersuchung decken.

Abgrund sechs:

Wieso geht niemand den wirklich interessanten Hintergründen und Zusammenhängen nach? Die ranken sich um einen Namen, der bislang nur nebenbei erwähnt wurde: Peter Haag. Er ist einerseits Ehemann von Anuschka Roshani. Andererseits Gründer und Besitzer der Aktienmehrheit des Verlags «Kein & Aber». Und? Nun, wenn man sich die Autorenliste des Verlags anschaut, findet man beispielsweise Mikael Krogerus. Genau, «Magazin»-Redaktor und Partner der «feministischen Aktivistin» Franziska Schutzbach, die die Vorgänge um Roshani ganz furchtbar findet. Oder Nina Kunz, Kolumnistin des «Magazin». Oder Max Küng, ewiger Kolumnist des «Magazin». Oder Konstantin Richter.

Die interessante Story hier: Haag hat bekanntlich die «Dokumentation» über angeblich erlittenes Unrecht seiner Frau an die Verwaltungsrätin Pascale Bruderer der Tx Group übergeben, die die SP-Genossin dann dort einreichte, worauf eine neuerliche Untersuchung der Vorfälle angeleiert wurde. Das ist die eine Version. Aber auch Konstantin Richter ist Mitglied des VR der Tx Group, als Vertreter der Coninx-Sippe. Und zudem nicht wirklich erfolgreicher Autor bei Haag. Es könnte also auch sein, dass Verleger Haag seinem Autoren Richter die Klageschrift in die Hand drückte, nachdem alles Geklage seiner Gattin bei Tamedia nichts nutzte.

Dass dann «Magazin»-Redaktoren, die ihre Schriftwerke bei Haag veröffentlichen dürfen, nicht wirklich motiviert sind, öffentlich und mit Namen bekannt zu geben, dass Roshanis Behauptungen im Wesentlichen ihrer Fantasie entspringen: menschlich verständlich, charakterlich zweifelhaft. Abgrund sechs: keiner der famosen Recherchierjournalisten weist auf solche naheliegenden Zusammenhänge hin.

Abgrund sieben:

Die Hinweise verdichten sich, dass der «Spiegel» einer ehemaligen Mitarbeiterin eine Plattform geboten hat, aus naheliegenden Gründen über ihren ehemaligen Chef und ihren ehemaligen Arbeitgeber herzuziehen. Die Massivität ihrer Vorwürfe und die Reichweite des «Spiegel» hätten es unabdingbar gemacht, diesen Vorwürfen nicht nur als Behauptung, sondern real und recherchierend nachzugehen.

Vor allem, da ihre Motive mehr als zweifelhaft sein könnten: ihre Blindbewerbung als Chefredaktorin, als noch Canonica dieses Amt ausübte, nutzte nichts. Es gelang ihr zwar, ihn zu erledigen, aber auch ihr wurde gekündigt.

Aufgrund der Erkenntnisse in der umfangreichen Untersuchung der Anwaltskanzlei, aufgrund der Recherchen des «Schweizer Journalist» erhält die Version des ehemaligen Chefredaktors Canonica zunehmend Plausibilität, dass es sich bei Roshanis Vorwürfen grösstenteils um Lügen und Unterstellungen und Übertreibungen handle.

Natürlich steht bei allem, was sich zwischen den beiden unter vier Ohren abspielte, Aussage gegen Aussage. Aber hier zeigt sich wieder einmal die Grundproblematik der modernen Definition von Sexismus: er ist nicht dann gegeben, wenn objektive Kriterien erfüllt sind, sondern wenn eine betroffene Person ein Verhalten oder eine Bemerkung so empfunden haben will. Das öffnet diesem Opfergestus Tür und Tor. Der eine sagt, ich habe das doch nicht sexistisch gemeint, der andere sagt: ich habe das aber so empfunden. Der Empfindende gewinnt. Scheissspiel.

Aber neben subjektiven und nicht überprüfbaren Vorkommnissen gibt es hier offensichtlich eine ganze Reihe von Behauptungen Roshanis, die von niemandem bestätigt werden. Ausser von in Konkurrenzorganen zitierten anonymen Quellen, denen der Untersuchungsbericht und die Quellen des SJ gegenüberstehen. Abgrund sieben: mangelhafte Recherche, unausgewogene und einseitige Berichterstattung, Gesinnungsjournalismus, Vorverurteilung, Missachtung der Unschuldsvermutung, schlichtweg Unfähigkeit bei der Berufsausübung. Ein Trauerspiel.

Schlussfolgerung:

Wenn diese Affäre repräsentativ für die handwerkliche Qualität von Organen wie «Spiegel» «Zeit» ist – und allen, die darunter liegen –, dann Gnade Gott der Zukunft des Journalismus.

Schlussbemerkungen:

Fast 300 Treffer ergibt die Suche nach dem Stichwort Roshani im Medienarchiv. Die Enthüllung von Schawinski wurde bislang von persönlich.com – und von ZACKBUM aufgenommen. Sonst herrscht verkniffenes Schweigen bei allen, die Selbstkritik üben müssten.

Eigentlich müsste Tx Group den «Spiegel» und Roshani und Ninck und einige andere einklagen. Auf der anderen Seite ist Tamedia mit dem «Spiegel» in Recherchiergemeinschaft verbunden und verbandelt. Das bedeutet, dass höchstwahrscheinlich alle Beteiligten an einem Rufmord, einer Geschäftsschädigung, einer Ehrverletzung, einer öffentlichen Hinrichtung haftungsfrei davonkommen werden. Scheissspiel.

 

Roshani im Zwielicht

Sind ihre Anschuldigungen haltlos und erfunden?

Schlechte Nachricht für alle, die bereits losgaloppiert sind. In erster Linie die «Zeit»-Mitarbeiterin Salome Müller, die «feministische Aktivistin» Franziska Schutzbach und alle die vielen Journalisten, die sich freudig sabbernd auf die Anschuldigungen der ehemaligen «Magazin»-Redaktorin Anuschka Roshani geworfen haben.

Völlig bescheuert wirkt in diesem Zusammenhang nun das Verwenden von anonymen Quellen, die mutig aus der Dunkelheit «es war alles noch viel schlimmer» gerufen haben sollen (wenn sie nicht schlichtweg erfunden wurden). Mit ziemlich abgesägten Hosen steht auch mal wieder der «Spiegel» da, der seiner ehemaligen Mitarbeiterin die grosse Bühne freimachte und eine vierseitige Klageschrift von ihr veröffentlichte. Deren Inhalt angeblich gnadenlos verifiziert worden sei.

Das alles steht nun in einem schiefen Licht, seit es Roger Schawinski gelungen ist, Einblick in den Untersuchungsbericht der Anwaltskanzlei Rudin Cantieni zu nehmen. Der Bericht über die Vorfälle im «Magazin» war schon von Tamedia als Zusammenfassung publiziert worden. In ihr hatten beide Protagonisten dieser Affäre kräftig eins über die Rübe bekommen.

Finn Canonica waren inakzeptable Verhaltensweisen vorgeworfen worden, Anuschka Roshanis Anschuldigungen hätten sich aber grösstenteils nicht erhärten lassen, zudem habe sie die weitere Zusammenarbeit mit der Kanzlei verweigert.

Beide Angestellten waren im Anschluss entlassen worden; zuerst der «Magazin»-Chefredaktor Canonica, dann die Anklägerin und Redaktorin Roshani.

Was Schawinski nun auf seinem Radio 1 aus dem ihm offenbar vorliegenden Gesamtbericht zitiert, ist starker Tobak:

«Zusammenfassend ergibt sich, dass auch die meisten Vorwürfe gegenüber Finn Canonica verneint werden mussten…Bossing gegenüber Anuschka Roshani scheidet aus, da es an der Zielgerichtetheit und Systematik über längere Zeit fehlt und gerade sie auch Privilegien genoss, die andere nicht hatten… Die Sonderbehandlung eines bezahlten Sabbaticals stellt eine Bevorzugung gegenüber anderen dar und schliesst ein gleichzeitiges Bossing gegenüber Anuschka Roshani eigentlich aus.»

Und: «Nicht bestätigt wurde (von Redaktionsmitgliedern) die Aussage, dass Finn Canonica bösartige höchst verächtliche Aussagen über Anuschka Roshani machte.» Dafür rückt nun ein weiterer Ex-Mitarbeiter ins Zentrum der Affäre: «Nachdem Prof. Dr. Peter Nobels Untersuchung im 2014 eine basale Lüge von Mathias Ninck zeigt, vorliegend Mathias Nincks Angaben nachweislich nicht stimmen, kann er nicht als glaubwürdige Quelle eingestuft werden.»

Ninck habe behauptet, Canonica habe eine Affäre mit einer Angestellten gehabt; diese Story wurde auch von Roshani im «Spiegel» erzählt und noch ausgeschmückt. Dazu der Bericht:

«Die Überprüfung von Mathias Nincks Angaben zeigen, dass schon die äusseren Eckpunkte seiner Schilderung nicht stimmen können.»

Der Bericht merkt weiter an: «Anuschka Roshani baut ihre Versionen ihrerseits stetig aus. Anreicherungen können Hinweise auf bewusste Lügen oder aber auf suggestive Einflüsse sein. Vorliegend fand mutmasslich eine Absprache von Mathias Ninck und eine Angleichung an seine Version statt.» Anscheinend soll Roshani solche Kontakte zuerst verneint, dann eingeräumt haben, um sich dann weiteren Antworten zu entziehen.

Auch in einem anderen Punkt bekommt Ninck gröbere Probleme: «Mathias Nincks Vorwurf, Finn Canonica habe eine Frauenbrust mit nach oben gerichteter Brustwarze auf dem Pult gehabt und diese jeweils – begleitet von zweideutigen Aussagen – vor weiblichen Bewerberinnen gestreichelt, geht ins Leere. Der fragliche plastische Chirurg bestätigte schriftlich, dass er Finn Canonica erst im 2018 – nach Matthias Nincks Zeit – ein Brustimplantat schenkte. Implantate sind nicht als Brust zu erkennen und haben insbesondere keine Brustwarzen.»

Und dann der Hammer:

«Die Untersuchungspersonen gehen nach dem Gesagten von Absprachen zwischen Anuschka Roshani und Mathias Ninck aus.»

Wenn sich das erhärten lässt, kann das für beide Beteiligten ohne Weiteres strafrechtliche Konsequenzen haben.

Ein weiterer schwerer Vorwurf gegen Roshani: Diverse Beweismittel, welche Untersuchungspersonen angefordert hatten, wurden nicht eingereicht. Zum Vorwurf, Canonica habe Roshani die «Ungefickte» genannt, steht im Bericht: «Ins Auge springt vorab die Verwendung der Terminologie. So äusserte Michèle Roten ursprünglich, Finn Canonica habe die «Untervögelte» gesagt. Anuschka Roshani sprach später von die «Ungefickte», worauf Michèle Roten, die als Einzige den Ausdruck hörte, ebenfalls auf «die Ungefickte» umschwenkte. Unbestritten ist, dass Michèle Roten und Anuschka Roshani sich austauschten.»

Eine Parallele zwischen Ninck und Roshani scheint darin zu bestehen, dass beide entlassen, bzw. freigestellt wurden. Ninck kündigte dann 2015 von sich aus, nachdem der damalige Untersuchungsbericht der Kanzlei Nobel seine Anschuldigungen in der Luft zerrissen hatte. Ein weiteres pikantes Detail aus dem Bericht ist die Verbandlung zwischen dem Chefredaktor der «Schweizer Familie» Daniel Dunkel als VR des Verlags «Kein & Aber», dessen Gründer, Besitzer und Geschäftsführer Peter Haag ist, der Ehemann von Roshani. Haag wiederum soll die Tamedia-Verwaltungsrätin Pascale Bruderer mit einem von seiner Frau zusammengestellten Dossier über Canonica versorgt haben, das sie in den VR trug.

Auch die Behauptung von Roshani, sich seit 2007 bei zuständigen Stellen gemeldet und beschwert zu haben, ist laut Bericht nicht belegbar. Mündlich korrigierte sie dann, dass die Meldungen zwischen 2012 bis 2015 stattgefunden haben sollen, allerdings telefonisch. Dem HR von Tamedia liegen dazu aber keine Unterlagen vor.

Wohlgemerkt wurde dieser Bericht vor den Entlassungen von Canonica und Roshani abgeschlossen. Laut Tamedia soll er ihr zur Kenntnis gebracht worden sein, sie bestreitet das.

Wenn man es als belegt erachtet, dass sich Roshani in einer Blindbewerbung um die von Canonica besetzte Stelle des «Magazin»-Chefredaktors bewarb, sich ab März 2022 krank meldete («ohne ärztliches Attest», wie der Bericht anmerkt), schliesslich mit Kündigungsfrist bis Ende 2022 entlassen wurde, um dann im «Spiegel» die ganz grosse Keule hervorzunehmen, kommt der nicht voreingenommene Betrachter zu einer klaren Schlussfolgerung.

Es hat im Verhalten von Canonica offensichtlich schwere Schnitzer gegeben, die auf jeden Fall geahndet werden mussten, wie das auch der Bericht vorschlägt. Allerdings spricht er von Coaching und Abmahnung, nicht von Entlassung.

Nochmals in einem ganz schrägen Licht erscheint das Schweigen der Männer, also der übrigen «Magazin»-Redaktoren. Sie waren und sind offenbar zu feige, sich zwischen einer Bestätigung der Vorwürfe von Roshani und einem Dementi zu entscheiden. Entweder hätten sie sexuelle Ausfälligkeiten ihres Chefredaktors geduldet – oder sie müssten einer Frau widersprechen, die das Narrativ der sexistischen Machokultur bei Tamedia bedient. Herausragend feige ist dabei Daniel Binswanger, früher eng mit Canonica und als Chefredaktor a.i. der «Republik» nicht mehr Lohnabhängiger von Tamedia.

Aber auch er schweigt, wohl um sich die Aussicht auf ein warmes Plätzchen nach dem möglichen Untergang seines jetzigen Brötchengebers nicht zu verscherzen. Was für ein Charakter.

Was allerdings Roshanis Anschuldigungen betrifft, kann ZACKBUM nur wiederholen: sollten sie sich als übertrieben, erfunden herausstellen, als Rache für gescheiterte Karrierepläne und eine Entlassung, dann ist die Dame als Journalistin erledigt und hätte der «Spiegel» neuerlich einen kleinen Fall Relotius an der Backe.

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PS: Die Ereignisse überschlagen sich mal wieder. Wie abzusehen war, wurde nach dem Prinzip «Ene, mene, muh» ein Sündenbock bestimmt. Supino kann’s nicht sein, die beiden Geschäftsführer retteten auch ihre Haut. Also wurde der arme Arthur Rutishauser degradiert und auf den Posten des Chefredaktors der «SonntagsZeitung» runtergstuhlt.

Gleichzeitig wurden die beiden Co-Chefredaktoren des «Tages-Anzeigers» gespült. Von deren Existenz merkte sowieso niemand gross was. Nun ist Marco Stäuble neu «Inlandchef». Also ist dieses Ressort von abnehmender Bedeutung. Priska Amstutz kommt ins Abklingbecken «neues Projekt».

Das ist noch nicht so schlimm (ausser für Arthur). Aber jetzt kommt’s: Raphaela Birrer wird die neue Quotenfrau-Chefredaktorin. Die «ausgebildete Lehrerin» auf Primarschulstufe fiel in der Vergangenheit mehrfach durch so unqualifizierte wie rechthaberische Kommentare auf, sonst aber durch nichts. Offenbar ist Tamedia die Mantelredaktion auch zunehmend schnurz. Denn auch Kerstin Hasse, die unsichtbare Frau mit Blödel-Tweets und starkem feministischem Einschlag, ist ebenfalls in dieser Chefredaktion.

ZACKBUM drückt allen verbleibenden Redaktionsmitgliedern sein Mitgefühl aus. Ihr Trost kann nur sein: die nächste Sparrunde kommt bestimmt. Vorher wird das aber auf die Leber gehen!

 

 

Wumms: Daniel Binswanger

Neues Schmierenstück aus der «Republik».

Wie kann man nur so Journalismus betreiben? Dennis Bühler und Boas Ruh verschwenden 9000 A auf die Zustände im Hause Tamedia. Zur Beschreibung verwenden sie ausschliesslich anonyme Quellen. Behaupten dies und das. Was mutige anonyme Heckenschützen halt so erzählen, wenn der Tag lang ist. Zum Beispiel, dass Finn Canonica die Chefredaktion der «SonntagsZeitung» angeboten worden sei, der aber abgelehnt habe.

Dann verbreiten sie die Fake News, dass ein Lokaljournalist wegen eines kritischen Berichts über eine Stiftung auf Geheiss von Supino entlassen worden sei. Das ist anders gelaufen und hatte mit einem sehr verunglückten Porträt einer jüdischen Politikerin zu tun. Das weiss eigentlich jeder, ausser den beiden Recherchier-Genies.

Aber es ist noch schlimmer. Einleitend schreiben sie: «Zur Transparenz. Zwei Personen der Republik haben mehrere Jahre beim «Magazin» des «Tages-Anzeigers» gearbeitet: Daniel Binswanger – er ist derzeit Co-Chefredaktor ad interim – und Daniel Ryser, er ist Reporter.»

Damit hört dann die Transparenz auch schon auf. Was sagt denn Binswanger, der jahrelang im «Magazin» publizierte und mit Canonica eng war, was sagt denn diese namentlich bekannte Quelle? Was sagt denn die schreibende Schmachtlocke, die jede Woche mit erhobenem Zeigefinger und getränkt mit Moralinsäure, Arroganz und Rechthaberei, der Welt erklärt, wie sie zu sein hat?

Wäre doch die Chance für Binswanger gewesen, kostenfrei Zivilcourage zu beweisen. Was könnte ihm Tamedia schon anhaben, als Chefredaktor der «Republik» a.i.? Er kommt aber namentlich zitiert ihn den 9000 A kein einziges Mal vor. Stammen vielleicht anonyme Zitate von ihm? Man weiss es nicht …

Binswanger schweigt verbissen. Warum? Ganz einfach. Würde er sagen, dass ihm keinerlei verbale Übergriffigkeiten von Canonica aufgefallen wären, dann würde er die Anklägerin Anuschka Rushani desavouieren. Würde er aber einräumen, dass Canonica häufig Ferkeleien von sich gab, dann müsste sich Binswanger die Frage gefallen lassen, wieso er als Feminist und Gutmensch geschwiegen habe.

Blöde Lage, in der sich auch der Partner der «feministischen Aktivistin» Franziska Schutzbach befindet. Aber der ist noch angestellt beim «Magazin».

Beim feigen Heuchler Binswanger gibt es wohl noch einen weiteren Grund: Als Chefredaktor weiss er sehr genau, dass die Tage der «Republik» wohl gezählt sind. Und dann braucht er ja wieder ein warmes Plätzchen

Tick, tack, tick, tack

Was ist das? Das ist die Skandal-Uhr.

Nicht nur wegen den asozialen Medien gibt es im Aufmerksamkeit-Management zwei klar unterschiedliche Zustände. Geradezu binäre: voll Strom, kein Strom.

Die «Magazin»-Affäre ist ein perfektes Beispiel dafür. Sie löste die Affäre um die Buchveröffentlichung über eine lange zurückliegende Zuger Landammann-Feier ab, bei der sich zwei Politiker mithilfe von Flüssigem sehr nahe kamen.

Dann kam ein Donnerschlag im «Spiegel», Anuschka Roshani als Opfer, Finn Canonica als Bösewicht, die «Magazin»-Redaktion als Versammlung feiger Heuchler. Dann mischte sich Tamedia ein, auch Canonica holte zum Gegenschlag aus, Feministen und Kampffeministen krakeelten rein und setzten unbewiesene Behauptungen in die Welt, gerne auch im Indikativ, so beispielsweise Salome Müller.

Der Kommentator wusste es wie meist besser und opinierte, räsonierte, widersprach, schimpfte, verteilte Betragensnoten, verurteilte und war höchlichst erregt und aufgeregt. Dann amteten Anwälte, allzu forsche Behauptungen aufgrund anonymer Quellen mussten gelöscht werden. CH Media musste sich sogar zu einer zerknirschten «Entschuldigung» verstehen.

Dann griff noch der Big Boss von Tamedia persönlich ein; mit anderen Worten: Pietro Supino fuhr die Affäre gegen die Wand. Mal schauen, ob der Satz so stehenbleiben darf; das geneigte Publikum ist gebeten, einen Screenshot anzufertigen.

Natürlich umschwirrten schnell Gerüchte aus anonymen, trüben Quellen die Affäre wie Schmeissfliegen. Es sei alles noch viel schlimmer gewesen. Canonica sei ein ganz Schlimmer. Es sei alles furchtbar aufgeplustert, Roshani sei eine ganz Hinterlistige. Es gebe dann im Fall noch weitere Fälle im Hause Tamedia.

Und dann, und jetzt? Erschöpfte Pause. Man hört nichts. Ausser dem leisen Ticken der Skandal-Uhr. Aber das nächste Wochenende kommt bestimmt. Sollte es da kein neues Erdbeben oder keine neue Schlacht in der Ukraine geben, nun, die Chancen stehen gut, dass dann das Gelärme weitergeht.

Die Schlinge zieht sich zu

Affären folgen immer der gleichen Logik.

So geht Affäre. Vorher war da nix. Dann macht es wumms, und plötzlich ist sie da, die Affäre. Gerne wird ihr dann das Wort -gate hintendran gehängt, aber nur von bemerkenswert fantasielosen Journalisten.

Bis vorletzten Freitag waren die Zustände bei der Edelgutmenschen-Postille «Das Magazin» nur Insidern bekannt. Es wurden auch nur hinter vorgehaltener Hand Begründungen herumgeboten, wieso der Chefredaktor Finn Canonica im Sommer letzten Jahres plötzlich eine «neue Herausforderung» annehmen wollte und mit Jubelarien verabschiedet wurde.

Dass dann im September Anuschka Roshani gekündigt wurde, genau wie zuvor Canonica, wurde überhaupt nicht bekannt. Vier Seiten im «Spiegel» änderten das schlagartig. Dem staunenden deutschen Leser wurde ein abgründiges Bild der Zustände beim Schweizer Magazin des «Tages-Anzeiger» gemalt. Gar nicht putzig, diese Schweizer.

Am Anfang einer Affäre steht immer eine Anschuldigung. Einblick in einen Abgrund. Täter und Opfer. Versagen aller Orten. Besonders saftig ist die Affäre, wenn es um Sexualität geht, um verbale Übergriffe, um einen Vorgesetzten im Machtrausch. Um ein männliches Schwein, das zudem von seinen (männlichen) Vorgesetzten geschützt und gestützt wird.

Das ist sozusagen der Aufschlag. Nach einer mehr oder minder langen Schrecksekunde kommt dann der Return. Vorhersehbar. An den Anschuldigungen sei (fast) nichts dran, alles kalter Kaffee, aber leider, leider, der Persönlichkeitsschutz ermögliche es dem Arbeitgeber nicht, Genaueres zu sagen.

Anschliessend gerät das Spiel meistens völlig ausser Kontrolle. Der eigentlich Angegriffene geht auf Tauchstation. Sein Ex-Arbeitgeber beginnt zu eiern. Ein Tag nach dem Persönlichkeitsschutz ist’s damit schon vorbei, es wird genüsslich aus einem Untersuchungsbericht zitiert. Ohne die beiden davon Betroffenen um Einverständnis zu fragen (Persönlichkeitsschutz, scheiss drauf), werden sie genüsslich abgewatscht. Der eine habe sich einer «fäkalisierten» Sprache mit «unangemessenen» sexuellen Anspielungen bedient. Die andere habe Vorwürfe erhoben, die sich (fast) alle «nicht erhärten» liessen.

Schnell bleibt das Publikum nicht mehr stumm. Es wird gejohlt, kommentiert, hineingekräht. Also nicht vom breiten Publikum, dem sind solche Selbstbespiegelungen von Medien eigentlich ziemlich egal. Aber die Konkurrenz betreibt nun Erregungsbewirtschaftung, gräbt dieses und jenes aus. Anonyme Heckenschützen («war alles noch viel schlimmer») kommen aus den Löchern.

Statt mit einem Ball geht’s dann mit Geballer weiter. Der Angeklagte meldet sich zu Wort («alles gelogen», bereut aber einiges, was er heute natürlich nicht mehr so formulieren würde). Jede Menge Feministinnen haben es schon immer gewusst und beklagen lautstark diese frauenverachtende, männerbeherrschte Missstimmung bei Tamedia. Wobei nicht alle richtig Gas geben: die «feministische Aktivistin» Franziska Schutzbach arbeitet mit Schalldämpfer. Denn ihr Partner ist lange Jahre Redaktor beim «Magazin», er hat nie etwas über die angeblich frauenverachtenden, mobbenden Zustände verlauten lassen …

Besonders peinlich ist – wie meist bei Affären, wenn Medienhäuser involviert sind – die offizielle Reaktion von Tamedia. Big Boss Pietro Supino will, Überraschung, erst vor Kurzem von dem Schlamassel erfahren haben, der im Übrigen völlig korrekt abgeräumt worden sei. Was jetzt stattfinde, sei sozusagen ein Drecksspiel der Konkurrenz.

Damit begibt er sich allerdings selbst in Teufels Küche, denn es gibt doch gelinde Zweifel daran, ob er erst 2021 (was ja auch ein Weilchen zurückliegt) von den Vorwürfen erfahren habe. Denn anscheinend gab es 2014 schon eine erste Protestwelle gegen den dann letztes Jahr gefeuerten Chefredaktor.

Noch schlimmer: es wird gemunkelt, dass es noch weitere Problemchefs gebe. Einen weiblichen, der aber nicht mehr im Amt sei. Und einen männlichen. Es darf geraten werden.

Zwischenbilanz: die meisten Beteiligten haben sich bereits ins Elend geredet oder geschrieben. Die Konkurrenz trieft vor Häme, die ansonsten sofort mit strengen Urteilen, Kritiken und entrüstet in den Himmel gestreckten Zeigefinger zur Stelle befindlichen Journalisten aus dem betroffenen Hause haben kollektiv ein Schweigegelübde abgelegt. Wer will sich auch daran die Finger verbrennen.

Stimmen die Vorwürfe, haben sich alle Mitwisser, vor allem auf der Tagimagi-Redaktion, als charakterschwache Heuchler entpuppt. Stimmen die Vorwürfe, hat die gesamte Führungscrew, der Oberchefredaktor, die GL und der Big Boss, versagt.

Stimmen sie nicht, hat das Krisenmanagement versagt. Inzwischen dürfte sich die interne Diskussion in erster Linie darum drehen, ob es einen Sündenbock braucht, und wenn ja, wer den spielen muss. Denn die Schlinge zieht sich zu.

 

Es gilt die Unschuldsvermutung

Und morgen erzählen wir ein anderes Märchen.

Die Verluderung des Journalismus kennt keine Grenzen mehr:

Was ist an dieser «Blick»-Einschenke falsch? Genau; Laeri mache öffentlich, dass «sie während ihres Praktikums beim Schweizer Fernsehen sexuell belästigt wurde». Der Indikativ hier zeigt die Grenze zwischen gutem und seriösem Journalismus und Verluderung auf.

Das gilt inzwischen leider sogar für die «Zeit»: «Eine Redakteurin des Schweizer «Tages-Anzeiger»-Magazins wird jahrelang vom Chef gemobbt, am Ende wird ihr gekündigt. Der Fall zeigt die Machokultur in der Medienbranche.» Hier zeigt ein fehlendes «laut ihren Aussagen», dass die Autorin Salome Müller nicht an einer seriösen Berichterstattung interessiert ist, sondern ihr eigenes Narrativ für die Realität hält.

Schon bei dem Protestschreiben der erregten 78 Tamedia-Frauen zeigten sich diese Probleme. Zum Beleg für ihre Anklagen, dass auf den Redaktionen eine sexistische, frauenfeindliche und demotivierende Stimmung herrsche, führten sie ausnahmslos anonymisierte Beispiele an. Ort, Zeit, Beteiligte, mögliche Zeugen: alle Hilfsmittel, um diese Behauptungen allenfalls zu verifizieren – oder zu falsifizieren –, fehlten.

Erschwerend kam hinzu, dass so im Prinzip alle männlichen Mitarbeiter in Sippenhaft genommen wurden, da schliesslich jedes männliche Wesen diese sexistischen Sprüche gemacht haben könnte. Erschwerend kam ebenfalls hinzu, dass nicht klargestellt wurde, wann es zu diesen Vorfällen gekommen sein soll. Und ob alle Beispiele tatsächlich stattgefunden hatten – oder Erfindungen oder Übernahmen von Standard-Blödsprüchen («ist das Kind von mir, das da im Hintergrund schreit?») waren.

Ein weiteres Problem sind die Trittbrettfahrerinnen. Was drei Mitarbeiterinnen einer mässig erfolgreichen Anlageplattform gerade zum Besten geben, schadet den Anliegen der Frauen mehr, als dass es ihnen nützt. Ihr Aushängeschild Patrizia Laeri behauptet, dass ein heute in «leitender Funktion» tätiger SRF-Mitarbeiter versucht habe, sie zu küssen, als sie dort Praktikantin war. Laeri ist heute 45 Jahre alt; falls sie nicht spätberufen war, ist das also wohl rund 20 Jahre her.

Da sie keinerlei Angaben macht, wann, wo, in welchem Zusammenhang dieser Übergriff stattgefunden haben soll, wird die angekündigte Untersuchung wohl wie das Hornberger Schiessen ausgehen. Es ist unsäglich: das Denunzieren, Verfolgen und Bestrafen von männlichen Übergriffen (wie auch weiblichen) ist gut und richtig. Was aber all diese spätberufenen Opfer und Denunziantinnen aufführen, zieht berechtigte Anklagen ins Lächerliche.

Es entsteht eine ungute Gemengelage. Will sich Roshani nur für ihre Kündigung rächen? Will Müller nachtreten, nachdem sie mit ihrer Kampagne bei Tamedia nur kurz ihre fünf Minuten Ruhm abholen konnte?

Was ist von einer Franziska Schutzbach zu halten, die sofort losgaloppiert: «Die von der Journalistin Anuschka Roshani öffentlich gemachten Erfahrungen bei Tamedia verweisen auf erschütternde Weise erneut auf Missstände wie Sexismus, Machtmissbrauch und fehlenden Opferschutz in der Medienbranche. Dies gilt es mit allen Mitteln zu bekämpfen und aufzuarbeiten.»

Andererseits wäre ihre Partner Mikael Krogerus als langjähriger «Magazin»-Redaktor prädestiniert, an dieser Aufarbeitung, an diesem Kampf in vorderster Linie mitzuwirken. Doch stattdessen: «Gleichzeitig möchte ich an dieser Stelle transparent machen, dass mein Partner Mikael Krogerus beim Magazin/Tamedia als Redaktor angestellt ist, aus diesem Grund ist meine Familie von den Ereignissen direkt betroffen. Ich werde nicht alle Presseanfragen beantworten. Mit Dank für das Verständnis

Nein, ZACKBUM hat keinerlei Verständnis dafür, dass Schutzbach auf eine Anfrage nicht reagierte. Wieso soll «meine Familie … direkt betroffen» sein? Wurde denn auch Krogerus Opfer von Mobbing und Sexismus?

Wer mit dem Hashtag arbeitet «#smashpatriarchy» und stinklangweilige Bücher veröffentlicht, sollte hier entschieden weniger verschlossen sein.

Vorschnell mit dem Urteil zur Hand sein, aber dann sich feige weggucken, was für eine Zivilcourage zeigen hier wieder allzu viele. «Ich kann nicht länger schweigen», mit dieser Ausrede zerren nun Adabeis uralte Storys aus der Mottenkiste, bis zur Lächerlichkeit gespreizt bei elleXX.

Ähnlich wie im Fall Spiess-Hegglin gibt es bei sexuellen Kontakten jeglicher Art ein gravierendes Problem, wenn über die Einverständigkeit im Nachhinein keine Einigkeit herrscht. Hier besteht immer die Gefahr, dass die Anschuldigung eines Übergriffs (vor allem lediglich verbaler Art) als Waffe verwendet werden kann. Das ist widerlich, weil damit wirkliche Opfer verhöhnt werden und es zunehmend schwerer haben, gehört zu werden.

Man kann ein ganzes Geschäftsmodell darauf aufbauen oder sich zumindest kurzzeitig im Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit sonnen. Aber der Hinweis auf längst verjährte, nicht mehr nachweisbare, angebliche Übergriffe bekommt so immer mehr einen Haut-goût.

Angesichts diesen medialen Entwicklungen geraten selbst die Anschuldigungen von Roshani in ein schiefes Licht. Der von ihr Angeklagte ist einerseits medial bereits vorverurteilt und hingerichtet worden. Seine Verteidigungslinie («alles gelogen, aus dem Zusammenhang gerissen, die Redaktion steht hinter mir») hat ebenfalls ihre Schwachpunkte.

Allerdings sollte es in diesem Fall – im Gegensatz zu all den anonymen und weit zurückliegenden Denunziationen – möglich sein, einiges zu überprüfen. Wieso das allerdings Tamedia in vielen, vielen Monaten nicht oder nur unzulänglich gelungen ist – damit macht sich die Verlagsleitung mitschuldig an diesem Schlamassel.

Es scheint, dass oftmals in solchen Fällen die schlechtesten menschlichen Eigenschaften zum Vorschein kommen. Feigheit, Rachegelüste, Lügen, unbeweisbare Behauptungen, Missbrauch der Waffe «sexueller Übergriff», rabulistische Verteidigungen.

Zumindest eines sollte klar sein: alle Journalisten, Journalistinnen, die hier mit anonymen Quellen arbeiten, die dies und das behaupten sollen, müssen dafür endlich einmal zur Rechenschaft gezogen werden. Denn entweder gibt es eine ganze Reihe von ehemaligen oder aktuellen «Magazin»-Mitarbeitern, die bezeugen, dass dort unerträgliche Zustände herrschten. Oder es gibt die einhellige Meinung der Redaktion, dass niemand niemals Zeuge der von Roshani behaupteten öffentlichen Äusserungen von Canonica war.

Falls Recherche, Quellenüberprüfung, Logik und das Bilden von Indizienketten im Journalismus noch angewendet wird – statt des Kolportierens von anonymem Hörensagen – müsste das doch feststellbar sein. Einer, eine (oder mehrere) lügt hier. Eine oder mehrere Journalistinnen arbeiten unseriös und müssten deswegen entlassen werden. Trittbrettfahrerinnen müssten entlarvt und zur Rechenschaft gezogen werden. Die feige schweigenden aktuellen und ehemaligen «Magazin»-Redaktoren müssten einen Funken Anstand, Ehre und Zivilcourage zeigen.

Oder sind das alles Forderungen aus einer Märchenwelt wie 1001-Nacht?

… aus den Löchern, Part II

Es war einmal, vor langer Zeit …

Der ewige Barde Bob Dylan dürfte wohl Rekordhalter sein. Er wurde vor zwei Jahren eingeklagt, dass er ein 12-jähriges Mädchen sexuell missbraucht haben soll. Vor inzwischen – 58 Jahren! Leider habe das vermeintliche Opfer solange gebraucht, um damit an die Öffentlichkeit gehen zu können.

Er löste damit Dustin Hofman ab, dem 2017 ebenfalls sexueller Missbrauch vorgeworfen wurde. Der habe in den 1970er-Jahren stattgefunden.

Angesichts des Canonica-Skandals bei Tamedia sehen sich nun auch diverse Frauen genötigt, sich als Opfer sexueller Übergriffe zu outen. Teilweise mit Ansage. So twitterte Patrizia Laeri schon mal drohend: «Nun bricht nach diesem Text aber gerade so viel auf, dass ich nicht mehr verdrängen kann und will.»

Was kann und will sie nicht mehr verdrängen? Der «Financial Feminist» hat Schröckliches erlebt:

Nun hat das Qualitätsmedium «watson» bei Laeri nachgefragt, was denn dann passiert sei: «Gemeldet habe sie den Vorfall nie bei SRF, erzählt Laeri. «Ich war in Schockstarre und wusste nicht, an wen ich mich hätte wenden sollen.» Am nächsten Tag habe der Redaktor so getan, als sei nie etwas passiert.»

Aber es ist noch mehr Schlimmes passiert:

Damit immer noch nicht genug, die gesamte Frauschaft bei elleXX (nur echt mit 2 X) eruptiert lange verdrängte Traumata. So hat auch Samatha Taylor Krasses erdulden müssen:

Ganz schlimm ist es auch der elleXX Nadine Jürgensen ergangen:

Welch ein Unmensch, ein Macho, ein Sexist von Chef. Wie konnte er nur, und erst noch auf Englisch. Allerdings berührt diese neuentdeckte Sensibilität von Jürgensen doch etwas merkwürdig. An diesen nun wahrlich nicht sonderlich sexistischen Ausspruch erinnert sie sich, als regelmässige Kolumnistin im «Magazin» ist ihr aber niemals die «fäkalisierte» und sexistische Sprache des abartigen Ex-Chefredaktors aufgefallen?

All diese Denunziationen lange im Nachhinein haben etwas gemeinsam: sie erfolgen gegen anonymisierte Übeltäter. Welcher «Redaktor in Leitungsfunktionen» war’s wohl? Da dürfen sich nun einige Mitarbeiter von SRF als denunzierte Schweine vorkommen. Und welche «Redaktionsleiter» sollen denn angeblich etwas von «erschlafen» gebrabbelt haben?

Das zeichnete auch die mehr als 60 angeblichen Beispiele der erregten Tamedia-Frauen aus, die sie ihrem Protestbrief beifügten. Der zuerst intern an Geschäftsleitung und Chefredaktion gehen sollte, dann aber via Spiess-Hegglin an die Medien durchgestochen wurde. Alle Beispiele waren anonymisiert; jeder männliche Tamedia-Mitarbeiter stand unter Generalverdacht. Bis heute ist nicht bekannt, ob auch nur ein einziges Beispiel eines verbalen Übergriffs verifiziert werden konnte.

Eine der Initiantinnen, Salome Müller, bleibt sich treu und schreibt in der «Zeit» über den Fall Canonica – unter Verwendung anonymer Quellen. Wieso dieses Qualitätsorgan das trotz schreiendem Interessenkonflikt der Autorin zulässt, ist ein Rätsel.

Aber immerhin, wir haben diese Kolumnistin schon mehrfach scharf wegen eines unseligen Nazi-Vergleichs kritisiert, hier zeigt sie Haltung:

Auch Simone Meier stellt unbelegte Behauptungen auf, will sich aber nicht als Opfer outen, sondern schreibt cool, dass sie das kaum wahrgenommen habe.

Als in den USA die «#metoo»-Bewegung Fahrt aufnahm, gab es neben wahren und erschütternden Fällen von männlichen sexuellen Übergriffen auch jede Menge Trittbrettfahrerinnen, die mit erfundenen oder nicht verifizierbaren Behauptungen ein Stück öffentliche Aufmerksamkeit abschneiden wollten.

Das sei hier niemandem unterstellt. Aber lange her, nicht verortet, nach so langer Zeit auch nicht mehr überprüfbar, damals nicht gemeldet, das hat schon mehr als ein Geschmäckle.

Genauso interessant wie die nun an die Öffentlichkeit drängenden Opfer sind Stimmen, die schweigen. In erster Linie die Edelfedern und Bannerträger im Kampf gegen Sexismus, Diskriminierung, Männerherrschaft und üble Machos.

Dazu gehört die gesamte aktuelle und ehemalige Redaktion vom «Magazin». Zu mehr als anonymem Gewäffel reicht die Zivilcourage nicht: ««Es war alles noch viel schlimmer. Was nun publik wurde, ist lediglich die Spitze des Eisbergs», sagt ein ehemaliger «Magazin»-Journalist, der nicht namentlich genannt werden will

Was für elende Feiglinge. ZACKBUM bat unter anderen den Journalisten des Jahres Christof Gertsch, des Lobes voll über das «Magazin», Nina Kunz, Kampffeminist Philipp Loser, den langjährigen Kolumnisten und jetzigen Chefredaktor a.i. der «Republik» Daniel Binswanger um Stellungnahme zu naheliegenden Fragen. Aber kein einziges Mitglied dieser ehrenwerten Gesellschaft mochte etwas sagen.

Lediglich der nachgerutschte Chefredaktor Bruno Ziauddin verwies mailwendend auf die Medienstelle von Tamedia, die sich dann mit dem damals gültigen Stehsatz meldete.

Natürlich wäre eine Bestätigung der Vorwürfe Roshanis potenziell stellengefährdend, wenn einer mit Namen und konkreten Beispielen hinstehen würde. Aber könnte man das nicht von diesen Maulhelden in Sachen Kampf gegen Sexismus erwarten?

Es ist so, dass Anuschka Roshani sich von all diesen übrigen Denunziantinnen dadurch unterscheidet, dass sie konkret wird. Beispiele nennt und diese auch belegt. Dazu sagt, dass Finn Canonica sich auch coram publico einer «fäkalisierten» und sexualisierten Sprache bedient habe, auch andere Redaktionsmitglieder mit eigenen und fremden sexuellen Storys belästigt habe.

Entweder ist Roshani selbst reif für die Couch und erfindet das alles. Oder aber, sie sagt die Wahrheit. Was ganz besonders peinlich für Mikael Krogerus sein muss. Auch er schweigt verkniffen. Das Gleiche tut seine Lebensgefährtin Franziska Schutzbach. Diese «feministische Aktivistin» ist sonst immer zuvorderst und lautstark dabei, wenn es darum geht, unerträgliche sexistische und frauenverachtende Zustände zu kritisieren.

Hat ihr denn ihr Herzallerliebster niemals etwas von den Zuständen auf der «Magazin»-Redaktion erzählt? Hat sie ihn denn niemals nachdrücklich aufgefordert, das nicht länger zu dulden? Kam es ihr niemals selbst in den Sinn, hier öffentlich Anklage zu erheben? Auch Schutzbach wurde natürlich Gelegenheit gegeben, sich zu diesen Fragen zu äussern. Sie antwortete mit tiefem Schweigen.

Wenn es wahr ist, was Roshani beschreibt, ist es eine verdammte Schweinerei, was ihr geschah. Wenn es wahr ist, was Roshani als Reaktion der Führungscrew von Tamedia beschreibt, ist es eine verdammte Schweinerei, die personelle Konsequenzen haben sollte.

Unverständlich bleibt allerdings, wieso Roshani dieses gestörte Verhalten ihres Chefredaktors so viele Jahre erduldete. Unverständlich ist auch das Verhalten der übrigen Mitwisser. Ihnen war der Schoggi-Job, der für Schweizer Verhältnisse privilegierte Arbeitsplatz mit grossen Freiheiten wichtiger als Zivilcourage. Wenn es stimmt, was Roshani und inzwischen weitere anonyme Zeugen behaupten, zeigten diese Schwächlinge wohlfeil Maulaffen absonderndes Gutmenschentum, wenn es um die Kritik an angeblichen unerträglich sexistischen Zuständen anderswo ging.

Da wurden Seite um Seite im «Magazin», in der SoZ und überall gefüllt, um mit grösster Sensibilität die Männersprache zu denunzieren, Inklusion zu fordern, den Genderstern durchzustieren, weibliche Gleichberechtigung einzufordern. Man stelle sich nur vor: und diese gleichen Typen sassen stumm am Redaktionstisch, während der Chefredaktor seine Gummifrauenbrust massierte, übelste Sprüche abliess, primitivste sexuelle Anspielungen machte, über künstliche Befruchtung, kleine Schwänze, sexuelle Orientierungen, dazu mit eigenen Erlebnissen prahlte?

Das kann man sich eigentlich nicht vorstellen, dürfte aber so gewesen sein. Ist das ein widerliches, opportunistisches, heuchlerisches Pack. Wie die sich morgens im Spiegel anschauen können, ohne tieferot zu werden, ist ihr schmutziges Geheimnis.

Oder aber, es ist so wie der Ex-Chefredaktor behauptet. Alles gelogen von Roshani, die Redaktion sei wie eine Eins hinter ihm gestanden. Nur: wieso bezeugt das dann keiner von diesen Helden öffentlich?

Wie sagte schon Voltaire so richtig: «Écrasez l’infâme.» Es macht aber keinen Sinn, das zu übersetzen. Diese Typen verstehen das in keiner Sprache.