Wussten Sie das nicht?
Vielleicht ist der Zugang von Andrea Fopp doch keine gute Idee.
Die Journalistin dilettierte einige Jahre beim Serbel-Projekt «bajour», das von Hansi Voigt lediglich mithilfe der tiefen Taschen einer Basler Pharmaerbin über Wasser gehalten wird. Sozusagen im Wachkoma an eine Geldtransfusion angeschlossen.
Dann wechselte Fopp im Januar 2024 als Bundeshausredaktorin zur NZZ. Und senkt nun dort das Niveau. Ihr neuster Streich: Die Schweiz sei längst im Krieg, behauptet sie so kühn wie überraschend. Wie das? «Wladimir Putins Bomben sind weit weg. Gegen die Eidgenossenschaft setzt er subtile Waffen ein. Mit verdrehten Wahrheiten versucht er, die freiheitliche Demokratie zu schwächen.»
Wow, Eidgenossen ergreift die Hellebarden und Morgensterne, bezieht das Alpenréduit, der Russe kommt. Fopp hat ihn bereits erspäht. Sie reitet nochmals auf dem Ausrutscher des Nachrichtenportals RT rum, das im Juni behauptet hatte: «Die Schweiz will russische Städte bombardieren lassen». Die SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf habe gesagt: Die Schweiz müsse «so schnell wie möglich in den Konflikt einbezogen werden», um Russland «die militärische Stärke des Landes zu demonstrieren».
Das war natürlich Schwachsinn, hergeleitet von ihrem Vorstoss als Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, dass die Schweiz eine indirekte Weitergabe von Kriegsmaterial, bspw. via Deutschland, erlauben solle. Obwohl das das gültige Kriegsmaterialexportgesetz klar verbietet.
Daraus schliesst Fopp messerscharf: «Die Strategie ist perfid. Desinformation ist häufig schwer erkennbar, da sie auf Tatsachen basiert.» Auf dieses Beispiel trifft das allerdings gerade nicht zu, wie der tiefen Denkerin nicht auffällt.
Aber daraus zieht sie gleich den nächsten Fehlschluss:
«Die Episode zeigt: Die Schweiz befindet sich längst im Krieg. Russland greift zwar nicht mit Panzern und Lenkwaffen an, aber mit Falschinformationen, verdrehten Tatsachen, Lüge. Währenddessen streitet das Parlament in Bern darüber, ob sich die Milliarden für die Verteidigungsfähigkeit der Armee lohnen.»
Defätisten in Bern, während die Schweiz bereits voll unter russischem Dauerfeuer liegt. Aber damit ist Fopp noch nicht am Ende des Märchenlateins. «Die Desinformation ist ein klassisches Mittel der hybriden Kriegsführung. Sie geht zurück auf den chinesischen Militärstrategen Sunzi.» Dessen «Kunst des Krieges» darf in keinem pseudogelehrten Abriss fehlen.
Aber Fopp hat noch mehr historische Erkenntnisse auf Lager: «Kriegstreiber orientieren sich bis heute daran. Die Kommunistische Partei der Sowjetunion betrieb in den 1920er Jahren eine «Abteilung für Agitation und Propaganda» (Agitprop). Sie diente Joseph Goebbels, Propagandaminister von Nazideutschland, später als Vorbild. Seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 hat auch Putin seine Propaganda verstärkt.»
Sowjetischer Agitprop (die damals kein Kriegstreiber, sondern Opfer imperialistischer Invasionen war, aber wozu historische Genauigkeit), Goebbels, Putin, et voilà.
Das ist nun lustig, weil völlig einäugig. Schon mal was von der Atlantik-Brücke gehört, von all den Journalisten im Westen, die auf der Payroll von US-Agenturen sind (so wie es andere gibt, die sich von Russland bezahlen lassen)? Von den brutalen Eingriffen der USA in Twitter und Facebook? Propaganda, seit Edward Bernays den Begriff als Kampfmittel definiert hat (aber den kennt Fopp wohl nicht), spielt seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine immer wichtigere Rolle in militärischen Auseinandersetzungen. Man denke auch nur an die Massenvernichtungswaffen- oder Brutkastenlüge der USA; ihre Lüge, um in Vietnam einzufallen.
Aber für Fopp steht der Propagandist und Russlandversteher ganz woanders. Genau, da muss man nicht lange raten: «Der «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel und ehemalige SVP-Nationalrat inszeniert den russischen Präsidenten gerne als vom Westen missverstandenen Machthaber, der sich gegen einen «Kreuzzug» gegen den Osten wehren müsse. Und sogar der angesehene Mitte-Politiker Peter Hegglin gab der Ukraine im Ständerat die Mitschuld am Krieg.»
Die Ukraine habe eine Mitschuld am Krieg? War da was mit Bombardierungen des Donbass und Tausenden von Toten vor der russischen Invasion? Ach nein, das sind sicherlich auch nur so Propagandalügen.
Aber Fopp muss mahnen und warnen: «Solche Wortmeldungen nützen nicht nur Putin, sie schaden auch der Schweiz.» Dann gründelt sie ganz, ganz tief: «Die Lüge ist eine anthropologische Grundkonstante. Gelogen wird überall und andauernd, im Privatleben, in der Wirtschaft, in der Politik.» Anthropologische Grundkonstante, aber hallo. Die Wahrheit hier ist: solche Tiefflieger-Kommentare nützen niemandem, schaden aber der NZZ.
Wie weiter, wie mit Lügen und Köppel umgehen? Da fährt Fopp Slalom: «Gefragt ist die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit. Die Freiheit der Rede, der Wettstreit der Meinungen sind Grundvoraussetzungen für die Freiheit jedes Einzelnen. Doch wo die Lüge überhandnimmt, funktioniert der politische Wettstreit nicht mehr.»
Tja, einerseits darf gestritten (und gelogen) werden. Andererseits ist das dann doch nicht so gut. Besteht denn ernsthaft die Gefahr, dass die Lüge in der Schweiz «überhandnimmt»? Da sind die Frauen und Männer draussen im Lande und auch in den Schweizer Städten gefordert: «Jede Bürgerin, jeder Bürger muss erkennen, dass Lüge und Desinformation den Staat unterhöhlen und damit letztlich Freiheit und Wohlstand bedrohen. Die kritische Auseinandersetzung mit Informationen liegt in der Verantwortung jedes einzelnen Mitglieds der Gesellschaft.»
Also übernehmt endlich Verantwortung; das gilt auch für ZACKBUM-Leser. Setzt euch kritisch mit diesem einäugigen, einseitigen, pseudogelehrten Kommentar von Fopp auseinander, dieser Fortsetzung der Kriegsgurgel Georg Häsler mit anderen Mitteln. Und lernt was draus.
Und merkt euch: der politische Wettstreit wird beschädigt, wenn das Denkerblatt NZZ solche unreflektierte, unrichtige Flachheiten veröffentlicht. Die sich mit der (meist) unbeholfenen und ungeschickten russischen Propaganda beschäftigen. Und die wirkliche Gefahr, die inzwischen mehrfach aufgedeckten Zensur- und Beeinflussungsmassnahmen westlicher Propagandainsitute aussen vor lässt.
Elon Musk veröffentlichte die Twitter-Files, Mark Zuckerberg gestand unlängst ein, dass er sich kräftiger gegen Zensurmassnahmen seitens der US-Regierung hätte zur Wehr setzen sollen. Dazu die Belege, wie während der Pandemie Regierungen die öffentliche Meinung steuerten und beeinflussten. Oder wie steht es um das Schweigekartell vor den letzten US-Wahlen, das bis heute andauert, über den üblen Inhalt des Computers des Biden-Sprösslings Hunter Biden?
Wer (zu recht) russische (und chinesische und nordkoreanische) Propaganda kritisiert, ist völlig unglaubwürdig, wenn er das nicht durch eine Kritik an westlicher Propaganda ergänzt. Gegen Propaganda aus fernen Staaten lässt sich wenig unternehmen. Aber hier bei uns, da könnte kritische Auseinandersetzung mit Information gefragt sein. Nur nicht für Fopp.