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Doppelwumms: Finn Canonica, Salome Müller

Wie es sich für ein Soap gehört: «Jetzt rede ich.»

Nach ein paar Tagen des Schweigens hat sich nun auch Finn Canonica mit einem «Brief an meine Freunde» zu Wort gemeldet, den er dann an die Medien verteilen liess.

Zunächst der Hinweis auf sein eigenes Schicksal: «Ich werde in anonymen Mails beschimpft, meine Kinder trauen sich kaum mehr auf die Strasse

Dann die Selbstverteidigung: sein «ganzes Team» habe einen Brief geschrieben, in dem es die Vorwürfe von Roshani als «absurd» bezeichnet habe. Dann legt er nach und berichtet von seiner Einvernahme durch die externe Anwaltskanzlei: «Mir wurden absurde Dinge vorgelesen, von denen Roshani behauptet habe, ich hätte sie gesagt. Es waren schlicht Lügen. Die Befragungen meiner Kolleginnen und Kollegen bestätigten meine Verneinungen. Alle sagten, sie hätten mich niemals solche oder ähnliche Dinge sagen hören.»

Schliesslich sei er durch diesen Bericht von allen Vorwürfen entlastet worden. Das ist eine gute Story. Allerdings gibt es nun für ihn und für eine Journalistin je ein gravierendes Problem. Denn wenn das so wäre, wieso ist er dann von Tamedia gefeuert worden? Wieso getraut sich kein Einziger von seinem «Team», ihm auch öffentlich den Rücken zu stärken?

Mit dieser Stellungnahme hat sich Canonica sicherlich keinen Gefallen getan.

Ein noch gröberes Problem hat nun Salome Müller. Die Initiantin des Protestbriefs von 78 erregten Tamedia-Frauen, die unerträglichen Sexismus, verbale Übergriffe und eine frauenefeindliche Atmosphäre beklagten und das mit ausschliesslich anonymisierten, bis heute nicht verifizierten Anschuldigungen unterstrichen, hat in der «Zeit» einen länglichen Artikel zu den Vorkommnissen beim «Magazin» veröffentlicht.

Schon einleitend heisst es apodiktisch: «Eine Redakteurin des Schweizer «Tages-Anzeiger»-Magazins wird jahrelang vom Chef gemobbt, am Ende wird ihr gekündigt. Der Fall zeigt die Machokultur in der Medienbranche.» Kein Konjunktiv, kein einschränkendes «nach ihrer Darstellung». Dafür Indikativ, weil diese Darstellung ins ewige Narrativ von Müller passt.

Dann kommt es knüppeldick: «Fünf ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Tagi-Magi bestätigten der ZEIT, was Roshani in ihrem Dossier beschrieben hat.» Es hätten unerträgliche Zustände auch auf der Redaktion des «Magazin» geherrscht. Fiel einer in Ungnade, sei Folgendes passiert: «Canonica habe dann auf keine Mail reagiert, erzählten mehrere ehemalige Magazin-Mitarbeitende. Eine der Personen sagte: «Es war Psychoterror.»»

Hier haben wir nun eine klare und einfache Situation: entweder stimmt das nicht, was Canonica (und Tamedia) behaupten. Oder Müller hat zum zweiten Mal mit anonymen Behauptungen von nicht identifizierten Quellen gearbeitet – was nun auch beim Qualitätsorgan «Zeit» Konsequenzen haben müsste.