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Armer Knellwolf

Das ist bitter. Trotz Gratis-PR wird’s kein Bestseller.

Schon seit Wochen belämmert Tamedia seine Leser mit einem «Spionage-Podcast». Insgesamt 6 Folgen, bereits abgenudelt. Aber immer noch ein weiteres Bleigewicht auf der verunglückten Homepage. Gratis-Werbung satt für das neuste Werk von Thomas Knellwolf: «Enttarnt».

Sein vorheriges Enthüllungsbuch «Die Akte Kachelmann» steht inzwischen bei Amazon auf Platz 580’189 der verkauften Bücher. Zeit, einen neuen Bestseller loszuschicken. Aber leider, leider, «Enttarnt» hat es auch nur bis auf Platz 78’931 geschafft.

Und in der Schweizer Bestsellerliste Sachbücher ist es kurzzeitig bis auf Platz 4 gestiegen, aber inzwischen schon wieder auf dem Weg nach unten (Platz 12). Dazu muss man wissen, dass man bei Sachbüchern in der Schweiz mit ein paar Hundert Verkauften auf Platz eins vorstösst.

Das ist besonders bitter, weil Tamedia auch noch eine Podiumsveranstaltung organisierte und seinem Autor auch sonst jede Menge Möglichkeiten bot, Werbung in eigener Sache zu machen. Mit entschieden weniger Aufwand schaffte es selbst die Westentaschenphilosophin Barbara Bleisch mit ihrer «Mitte des Lebens» in die vordersten Ränge der Schweizer Bestsellerliste. Und bei Amazon ist sie immerhin auf Platz 1239 – Welten vor Knellwolf.

Dabei ist er doch «Bundeshaus-Korrespondent, mit Schwerpunkt Justiz und Nachrichtendienst». Als abgebrühter Kenner der Nachrichtendienste gibt er auch noch seine Threema-Adresse für Kontakte an. Falls ihm jemand ein Staatsgeheimnis flüstern möchte oder so.

Ganz bitter ist es zudem seinem Thriller «Lockdown: Wie Corona die Schweiz zum Stillstand brachte – Schicksale, Heldinnen und ein Bundesrat im Krisenmodus» ergangen. Ob es am überlangen Titel liegt? Als Taschenbuch ist es bereits im nicht mehr messbaren Verkaufsbereich angelangt, als Kindle liegt es auf Platz 996’471. Von wahrscheinlich 996’472 Angeboten.

Aus all dem darf man eins schliessen. Es sieht ganz so aus, als ob Knellwolf eine Karriere als Bestsellerautor verwehrt bliebe. Das wiederum bedeutet, dass er Tamedia weiterhin erhalten bleibt. Vorausgesetzt, Tamedia will das auch.

Dann müsste Knellwolf allerdings ein paar Synergien schaffen. Da würde sich ein Zusammenspiel mit Elif, der Kochfee von Tamedia, aufdrängen. Nach der Devise: minus mal minus gibt plus. Oder, naheliegend, der «Crime-Podcast» braucht auch dringlich Blutauffrischung. Die «Tages-Anzeigerin» eignet sich, Geschlechterdiskriminierung, weniger. Allerdings ist hier die Frage, ob die nach dem Abgang von Kerstin Hasse überhaupt noch weitergeführt wird und die Hörer mit brandheissen, aktuellen und originellen Beiträgen weiter erfreut:

Denn es gab doch tatsächlich Hexenverfolgungen in Europa, und wer kennt schon die Geschichte von Anna Göldi, nicht wahr.

«Alles klar, Amerika?» das ginge schon eher. Denn Nichtwissen ist bei Tamedia immer eine ideale Voraussetzung zum Mitmachen.

Aber genug der Gratis-Ratschläge; einem Berater würde Tamedia dafür schon mal mindestens so viel zahlen wie Bundesrätin Amherd ihrer pensionierten Beraterin. Da sagt ZACKBUM doch locker: bitte Angebote aufs Mail legen, wir sind diskret und käuflich.

 

Wenn Zwerge wachsen wollen

Zusammenschluss der grossen Marktplätze in der Schweiz: zu spät, zu klein, zu wenig innovativ.

Es war ja überfällig, nun ist’s raus: TX Group, Ringier und Mobiliar werfen ihre Marktplätze zusammen. Also Homegate, Ricardo, Scout24, Tutti usw.

Dazu wurde noch General Atlantic ins Aktionariat geholt. Also ein Finanzinvestor, der rund 35 Milliarden US$ Assets under Management hält und rund um den Globus in einem Gemischtwarenladen Minderheitsanteile hält. Neben vielem anderen auch bei Airbnb, Uber oder der deutschen Flixbus. Daher soll wohl seine «langjährige internationale Expertise im Bereich der digitalen Marktplätze» kommen, was den Schweizer Betreibern offensichtlich abgeht.

«Bündeln, vorantreiben, Vorreiter, Expertise, Wachstum», und selbstverständlich: Die gesamthaft 1000 Angestellten der Marktplätze würden alle vom neuen Unternehmen übernommen, sagte die TX Sprecherin auf Anfrage.

Grosse Zahlen und kleine Zahlen

Lassen wir doch mal einfach ein paar Zahlen sprechen. Amazon hat einen Jahresumsatz von 386 Milliarden $. Alphabet, der Mutterkonzern von Google & Co., liegt bei 182,5 Milliarden. Alibaba dreht jährlich 109 Milliarden um, hat bereits eine eigene Währung, ist auch Zahlungsdienstleister, Warenhaus und wohl die grösste Gefahr für alle Mitbewerber.

Ricardo zum Beispiel stemmt einen Jahresumsatz, Achtung, Trommelwirbel – von 660 Millionen. Gut harte CHF, immerhin. Aber anderseits: 500 mal weniger als Amazon. Man muss noch hinzufügen, dass die meisten der «Schweizer» Marktportale von neuen oder ausländischen Firmen auf den Markt geworfen und dann für teures Geld von diesen Schweizer Konzernen aufgekauft wurden.

Nun machen also die Schweizer Zwerge eine kleine akrobatische Übung. Sie stellen sich aufeinander und meinen, so könnte dann ein Riese entstehen. Ein Scheinriese allerdings. Ein verspäteter, verschlafener, sich erst noch sortieren müssender Riese.

Das wird nix, kann man jetzt schon prognostizieren. Wer sich alleine von Google und Facebook & Co. 90 Prozent des Online-Marketing vom Brot nehmen lässt, dem ist sowieso nicht zu helfen. So schaut’s im Online-Werbekuchen aus. Brosamen für die Schweizer Multimediahäuser, fast der ganze Kuchen für die anderen.

The winner takes it all

Schon längst ist bekannt, dass auch Facebook, Google und Amazon den Schweizer Markt entdeckt haben. Zwar relativ klein und sprachdivers, aber mit einem ausnehmend zahlungskräftigen Publikum.

Also alles eine Frage der Logistik für Warenlieferungen und eine Frage des Aufwands für einen kräftigen Markteintritt, was die üblichen Plattformen betrifft.

Tauschen und Krimskrams, Produktekauf aus breitem Angebot, Wohnungen und Häuser, Autos und andere Fahrzeuge plus alles, was zur neuen Sharing-Ökonomie à la Airbnb oder Uber gehört.

Aber da gilt im Internet noch brutaler als in der Realwirtschaft: the winner takes it all. Beziehungsweise: der Platzhirsch vertreibt alle anderen. Denn wer etwas handeln möchte, kaufen oder verkaufen, der geht nicht auf die kleinste Handelsplattform. Auch nicht auf die zweitgrösste. Sondern auf die grösste, logisch. Denn dort erwartet er die grösste Auswahl oder das grösste potenzielle Publikum.

Besonders brutal hat sich das bereits bei den Suchmaschinen gezeigt. Als Google 1997 online ging, war das ein Anbieter unter anderen. Heutzutage ist Google im Westen Fast-Monopolist. Amazon machte am Anfang einen wöchentlichen Umsatz von 20’000 Dollar, ausschliesslich mit dem Verkauf von Büchern.

Auch bei sozialen Plattformen gab es ein wildes Durcheinander diverser Anbieter, bis es dann nur noch Facebook als Überplattform gab.

Wenn Zwerge auf Augenhöhe von Riesen klettern wollen

Was also die Schweizer Zwerge versuchen, ist eigentlich Folgendes. Es gibt bei den Brausen Coca-Cola. Zuvor wurden in der Schweiz ein paar Mini-Colas hergestellt. Marktanteil, im Vergleich zu Coca-Cola: nicht wirklich messbar. Also beschlossen die Mini-Hersteller, sich zusammenzuschliessen, um endlich Coca-Cola auf Augenhöhe begegnen zu können.

Nur: selbst wenn sich Coca-Cola auf den Bauch legen würde und die Schweizer Cola-Zwerge noch eine Leiter kriegten: es wäre immer noch nicht Augenhöhe.

Was wird geschehen? Das ist, wie das meiste in der Zukunft, unvorhersehbar. Aber: eine sichere Prognose gibt’s. Ende dieses Jahr werden es nicht mehr 1000 Angestellte beim neuen Anbieter sein. Das ist so wahr wie dass aus drei Digital-Zwergen kein «Digitalriese» entsteht.