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«Granma» oder «Süddeutsche»: besser das Original

Die «Grossmutter» ist die Parteizeitung auf Kuba. Wäre für den Tagi eine Alternative zur SZ.

Der Riesenkonzern Tamedia mit seinen vielen Kopfblättern kann sich bekanntlich kaum mehr eine eigene Auslandberichterstattung leisten. Daher übernimmt er fast alles von der «Süddeutschen Zeitung». Das ist keine gute Idee.

Das Hassobjekt Trump ist zwar etwas in den Hintergrund getreten, aber jetzt zeigen die Korrespondenten der SZ, dass sie auch sonst nicht viel Ahnung, dafür umso mehr Meinung haben. Während sie gerne Ferndiagnosen Richtung Kuba stellen, beschäftigt sich nun Thorsten Denkler, ihr «politischer US-Korrespondent in New York», mit der amerikanischen Politik gegenüber der letzten Insel des Sozialismus.

Das wird auch dem armen Tamedia-Leser brühwarm durchgereicht, mit dem Lead:

«Für US-Präsident Joe Biden wird der Umgang mit den Protesten im Karibikstaat zum innenpolitischen Dilemma. Er unterstützt die Revolte, erwähnt aber nicht, dass die USA am Leid der Kubaner einen nicht unerheblichen Anteil haben.»

Diesen wahren Satz könnte er allerdings von Haiti über Nicaragua, von Puerto Rico über El Salvador, von Mexiko bis Guatemala zu eigentlich jedem karibischen oder zentralamerikanischen Staat äussern.

Wir könnten nun die gesammelten Wissenslücken von Denkler aufdecken, aber wozu, dazulernen wird er sowieso nicht. Daher haben wir einen richtigen Knallervorschlag für Tamedia. Der muss eigentlich reinhauen. Denn: zuallererst und am wichtigsten: er ist gratis. Damit schafft er es sicherlich schon mal auf den Schreibtisch von Pietro Supino.

Er ist zudem originell, das muss ja auch nicht dagegen sprechen. Er kommt von ZACKBUM; das ist ein gewisser Nachteil, aber vielleicht können wir inhaltlich mit der Begründung überzeugen.

Ein Leuchtturm der alternativen Berichterstattung 

Trommelwirbel, der Vorschlag lautet: wieso übernimmt Tamedia statt der Trümmel-Berichterstattung der Süddeutschen nicht die mediale Begleitung der Ereignisse durch das Organ, das nun zweifellos am nächsten dran ist und immer noch über mehr Mitarbeiter verfügt als zum Beispiel der Tagi? Dazu aktuell, es könnten auch Tickermeldungen und  eine ganze Varietät von Meinungen und Einschätzungen abgesaugt werden.

Natürlich, die Rede ist von der Tageszeitung «Granma», von der Nachrichtenagentur prensa latina und von der Plattform cubadebate. Gut, es gibt eine kleine Hürde: ist alles auf Spanisch. Genauer gesagt: falls gerade auch die Kosten für ein anständiges Übersetzungsprogramm eingespart wurden, es gibt auch eine deutsche Ausgabe.

Es geht ohne Spanisch – das beherrschen die meisten Kuba-Kenner auch nicht.

Die ist allerdings nicht so aktuell wie die spanische, hilft aber durchaus bei ersten Einschätzungen. Nehmen wir mal zwei Artikel der spanischen Ausgabe vom 14. Juli. Da ruft der Präsident Kubas dazu auf, dass unter Kubanern die Einheit, der Respekt und die Lebensfreude niemals fehlen dürfen. Ist doch rührend und wurde nirgends vermeldet. Dabei sind das Sätze, die zu Herzen gehen:

«Entledigen wir uns jedes Hassgefühls, jeder Vulgarität, jedes unanständigen Verhaltens. Sondern fordern wir die Regeln der Disziplin ein, die Regeln, die die soziale Ruhe in unserer Gesellschaft garantieren.»

Versöhnliche Worte hinter Mundschutz: Präsident Díaz Canel.

 

Die USA, wen wundert es, sind eigentlich an allem schuld

Der Aussenminister Bruno Rodríguez Parilla legt hingegen Beweise vor, dass die USA direkt in die «Ereignisse» vom 11. Juli verwickelt seien und daher dafür verantwortlich. Als Beleg dafür prangert das Mitglied des Politbüros an,

«dass das umstrittene Label #SOSCuba nicht auf den Großen Antillen entstanden sei, sondern seit letztem Juni in New York ins Leben gerufen wurde, um zu versuchen, die Erklärung der Generalversammlung der Vereinten Nationen gegen die Blockade zu verhindern. Er gab an, dass diese Operation Millionärsressourcen, Labore und technologische Plattformen mit Mitteln der US-Regierung» verwende, berichtet «Granma».

Das alles sei von der US-Firma «ProActiva Miami» organisiert worden, die natürlich rein zufällig gleichzeitig die Berechtigung erhielt, staatliche Unterstützung zu empfangen. Diese Anklage wird ergänzt mit weiteren Berichten aus dem kubanischen Alltag; die staatliche Gewerkschaftszentrale spricht sich gegen jegliche Störung der öffentlichen Ordnung aus. Der kubanische Premierminister drückt sein «völliges Vertrauen in das Volk und die Zukunft» aus; optimistisch stimmen auch Berichte über den Kampf gegen Covid-19, und schliesslich kann Kuba eine breite internationale Unterstützung vermelden, vor diesen «Versuchen der Destabilisierung».

Eine Fülle weiterer interessanter Nachrichten aus Kuba.

Man kann sagen, was man will: all diese Nachrichten haben Sie sicherlich noch nirgendwo sonst gelesen. Wäre doch zumindest was anderes als der in der Ferne gequirlte Meinungsbrei der übrigen Medien.

Ach, das sei doch alles parteiisch, Regierungspropaganda, gefiltert, nicht überprüfbar, fragwürdig? Also bitte, wo soll da der Unterschied zur Berichterstattung der Schweizer Medien sein? Vielleicht abgesehen von der Regierungspropaganda, die ist bei diesem Thema, im Gegensatz zu anderen, nicht erkennbar. Alle anderen Qualifikationen treffen aber auch auf die Berichterstattung der SZ, damit von Tamedia, aber auch von CH Media oder NZZ oder Ringier zu.

Also, braucht nur ein wenig Mut; aber wer sich der Debatte um das Gendersternchen, Sexismus und Diskriminierung so tapfer stellte, der wird auch hier nicht einknicken, wenn es Kritik geben sollte. Der Leser würde es danken; endlich mal eine andere Perspektive.