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Die Verpeilten

Nix dabei? Das Berset-Walder-Päckli wird schöngeschrieben.

Es gibt etwas sehr Unangenehmes an Intellektuellen. Sie können eigentlich alles so oder so sehen. Besonders, wenn sie dann noch originell sein wollen, wird’s aschgrau. Hubert Mooser von der «Weltwoche» will ganz originell sein.

Also haut er mal einen raus, den man nur als Rohrkrepierer bezeichnen kann. Schon der Titel sagt alles: «Bersets Corona-Leaks: Wenn Journalisten Indiskretionen anprangern, sägen sie am Ast, auf dem sie selber sitzen».

Wenn Intellektuelle zu eiern beginnen, merkt man das zuerst am ungenauen Sprachgebrauch. Handelt es sich hier um «Corona-Leaks»? Werden hier «Indiskretionen» kritisiert? Mooser wird noch deutlicher: Der ehemaligen Kommunikationschef von Bundesrat Berset habe «nichts getan, was im Umfeld der Bundesräte nicht seit Jahren praktiziert wird. Aber an ihm soll jetzt ein Exempel statuiert werden, um alle anderen zu disziplinieren».

Mooser hat gleich noch einen schlechten Rat für seine Kollegen zur Hand: «Journalisten sollten sich deshalb nicht zu willfährigen Helfern der bundesbernischen Informations-Verhinderer degradieren lassen. Damit schaden sich nämlich die Medien nur selber.»

Mooser war bereits Diener vieler Herrn. Tagi, «Blick», «20 Minuten», RTL, «SonntagsZeitung», «Basler Zeitung». In all den Jahren ist er nie durch einen Primeur aufgefallen, durch die Veröffentlichung einer brandheissen Eigenrecherche. Will er also die Hoffnung darauf nicht aufgeben? Wenn’s so einfach wäre.

Niemand prangert hier «Indiskretionen» an. Noch viel weniger handelt es sich um «Corona-Leaks». Verpeilte Sprache, verpeiltes Denken. Hat Lauener wirklich nur das praktiziert, was alle schon seit Jahren tun?

Ist also das Departement Cassis in ständigem Kontakt mit NZZ-Chefredaktor Eric Gujer? Profitierte die «Weltwoche» von Indiskretionen aus dem Hause Maurer? Unterhielt Sommaruga einen pfleglichen Informationsaustausch mit Tamedia? Liessen sich diese Organe dann als Gegenleistung zu einer liebedienerischen Publizistik hinreissen?

Oder einfach: Hat Mooser Anlass und Stossrichtung der Kritik nicht verstanden – oder will er sie nicht verstehen? Wir hoffen für ihn – Letzteres.

Dass ein Politiker, ein Regierender dafür sorgt, dass ihm genehme, aber vertrauliche Informationen an die Medien durchsickern, ist tatsächlich nicht aussergewöhnlich. Allerdings stellt sich dabei immer die Frage der Strafbarkeit, denn für etwas gibt es scheint’s das Amtsgeheimnis.

Was Bersets Departement und Walder hier veranstaltet haben, spricht aber allen hehren Lobgesängen auf journalistische Unabhängigkeit, Kontrollfunktion, Vierte Gewalt und redaktioneller Unabhängigkeit Hohn.

Alle Medienclans haben ihre politischen Überzeugungen und Haltungen. Das gilt auch für die NZZ als clanunabhängiges Medium. Niemals käme es einem Redaktor – ausser er sei lebensmüde – in den Sinn, dagegen anschreiben zu wollen. So wird man in der «Weltwoche» niemals einen positiven Artikel über Widmer-Schlumpf lesen. Das sind die Kleiderordnungen, an die sich auch ein Mooser hält.

Dass aber ein CEO und Mitbesitzer eines Medienimperiums eine Stallorder herausgibt, wie über ein Thema und seinen Exponenten zu berichten sei, das ist aschgrau. Damit sägt Walder am journalistischen Ast, auf dem seine Redaktion sitzt. Eine solche Nähe zwischen einem mächtigen Medienmann und einem Politiker ist unappetitlich. Kritik an dem, was daraus entstanden ist, ist dringlichst geboten.

Mooser möchte vielleicht der Maxime seines Hauses frönen, im Zweifelsfall das Gegenteil zu schreiben, was der Mainstream schreibt. Das kann manchmal interessant, manchmal sogar richtig, manchmal zumindest amüsant-anregend sein. Oder schlichtweg bescheuert. So wie hier.