Schlagwortarchiv für: Alexandra Kedves

Am Krankenlager des Tagi

Wie ist der Krankheitsverlauf? Gibt es Hoffnung auf Heilung?

ZACKBUM fühlt einfühlsam den Puls der verunstalteten Webseite des Tagi. Wir versuchen, uns von der Form zu lösen und auf den Inhalt zu konzentrieren.

Als Aufmacher haben wir einen Hammer, der das ganz breite Publikum interessiert:

Denn die Schweizer sind bekanntlich ein Volk von Untermietern. Äh, Mietern, aber ist das nicht das Gleiche?

Whatever, sagt Alexandra Kedves, «Redaktorin Ressort Leben». Sie hat ein breites Themenspektrum: «Comics und animierte Filme» sowie «allgemein gesellschaftspolitische Themen wie Armut, Mittelstand, Einsamkeit, Resilienz, Generationsgräben, Bildung, Flüchtlingswesen und dergleichen».

Trotz diesem grossen Feld sind ihre Arbeitseinsätze spärlich. Ihrer besonderen Aufmerksamkeit erfreut sich der US-Wahlkampf, über den sie in aller gebotenen Neutralität berichtet:

Nun hat sich bei einer Wahlkampfveranstaltung Trumps ein drittklassiger Komiker vergaloppiert. Seine geschmacklosen Witze trafen auf mässiges Amüsement des Publikums und auf scharfe Ablehnung aller Orten, selbst von Trump. Aber das kann eine Kedves nicht daran hindern, nochmal auf Tony Hinchcliffe rumzutrampeln. Allerdings ist Kedves so angewidert, dass sie dem Leser nur Bruchstücke überliefern kann:

««Ich begrüsse Einwanderer mit offenen Armen, und mit ‹offenen Armen› meine ich» – Hinchcliffe hob die Arme, wedelte heftig ablehnend mit den Händen und murmelte: «Geht zurück!» Zotig fuhr er fort: «Diese Latinos machen ja auch so gern Kinder. Die ziehen nicht raus. They come inside just like they did to our country.» (Bitte selbst übersetzen.)»

Der Tagi lässt seine Leser gerne vieles selber machen, wozu ist Qualitätsjournalismus sonst da, wenn es nicht gratis ein Do-it-yourself-Englischprogramm gibt. So mäandert sich Kedves lähmend lang durch das Thema, um dann in die Schlusspointe einzubiegen: «Auf seinem Kantengang zwischen moderat republikanisch und extrem rechtspopulistisch neigt sich Donald Trump oft der brutaleren Seite zu. Seine eingefleischten Fans gehen mit.»

Eigentlich hätte Kedves sich (und dem Leser) diese Suada ersparen können. Ein Satz hätte gereicht: Trump sucks. (Bitte selbst übersetzen). Oder wie die Demokraten dagegen niveauvoll Zeichen setzen: Trump sei ein Faschist, behauptet Kamala Harris aus heiterem Himmel und angesichts schwindender Wahlsiegaussichten.

Ach, und inzwischen hat offensichtlich die Woke-Fraktion im Tagi gegen den Rempler auf Rot-Grün protestiert; neue, noch mehr faszinierende Startstory:

Das ist mal ein Knaller, aber hallo.

Aber wieso nur im Lokalen verweilen, weltweit gibt es doch so viele interessante Storys:

Eine Nepalesin hat alle Achttausender bestiegen und hält Eingedenken, wie hätte der Tagi-Leser durch den Tag gehen können, ohne das zu wissen.

Aber es gibt noch mehr welterschütternde Ereignisse, die sogar eine eigene Rubrik verdienen:

Tagis Beitrag zum US-Kulturimperialismus.

Die Zeitumstellung war in der Nacht von Samstag auf Sonntag, aber der Tagi ist immer noch nicht aufgewacht:

Zurück in die grosse, weite Welt. Da gibt es Erstaunliches aus China und Getickertes von der Ukrainefront zu vermelden:

Wozu hält sich Tamedia eigentlich noch eine Auslandredaktion? Damit Christof Münger gelegentlich die Welt mit wirren Kommentaren erschrecken darf? Ukraine ist Schnipsel-Ticker, der reichste Chinese ist DPA, der Bericht über das Verbot der UNRWA in Israel ist auch DPA, und der vierte Beitrag unter «International» ist ein als Artikel verkleidetes Inserat für das Weinschiff in Zürich (!); nein bereits ausgewechselt mit dem hier:

Würde eigentlich in die Rubrik «Wirtschaft» passen. Da gibt es allerdings ein Problem: sie existiert nicht. Einfach weg. Stört, überflüssig, gespült.

Dafür gibt es das hier gleich zweimal:

Und weil’s so schön ist und man zum Thema ja nicht genug sagen kann, hätten wir noch den hier:

Man beachte den grossen Unterschied: «US-Wahl» und «US-Wahlen». Ist ja nicht das Gleiche. Wenn das die neue Digitalstrategie ist, dann gute Nacht. Oder sagten wir das schon?

So ab unteres Drittel wird die Webseite dann zum Gerümpelturnier der übelsten Sorte. Zuerst gibt’s was auf die Ohren:

Dann kommt der Teil Nutzwert, Nutzwert, Nutzwert:

Sozusagen ewige Werte werden hier verkündet; der Aufmacher-Artikel ist vom 23. Oktober. Aber dafür hat inzwischen die Auftaktstory oben schon wieder gewechselt; endlich ein Thema, das die breite Leserschaft interessiert:

Zurück in die Niederungen ganz unten. Der «Crime-Podcast», Videos (nochmals reingewürgt: «Elif – Das waren die Highlights unserer Kochserie», dabei war doch das einzige Highlight ihr Ende). Und wem die Highlights nicht genügen, bitte sehr:

Aber aufgepasst, wer meint, mit dem Rätsel sei dann Ende Gelände, irrt. Es folgt noch das «Magazin» und «US-Wahl» Part II, reloaded oder was auch immer.

Was soll man dazu sagen? Statt vieler Worte verleiht ZACKBUM das erste Mal Punkte nach der Bärtschi-Peinlichkeitsskala an ein Gefäss. Schliesslich muss das die publizistische Leiter nach unten verantworten. Dafür steigert er sich selbst von einer stabilen 10 auf eine noch stabilere 15. Und der Online-Auf- und Abtritt des Tagi kriegt eine 20.

Nein, eine 19. Denn alle Abo-Artikel sind weiterhin gratis lesbar, weil die grossartigen Schweizer Medienhäuser ihr gemeinsames Login immer noch nicht im Griff haben. Das ist aber mal nicht peinlich für Tamedia, sondern für Ringier.

Gibt es Hoffnung auf Heilung? Der Patient ist komatös, aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

Mehr Qualität

Im Sinne von «Prawda»-Bärtschi steigert der Tagi stetig seine Qualität.

Es ist eine tägliche Freude, zusehen zu dürfen, wie die Zeitung das Geschwurbel ihrer publizistischen Leiter nach unten  tagtäglich befolgt und umsetzt: «Die Qualität steht für uns zuoberst.»

Aber nicht nur das. «Glaubwürdigkeit, Relevanz, Wahrhaftigkeit und Fairness sind die Pfeiler unserer Publizistik.» Zu dieser verlangten und eingelösten Relevanz gehört sicher dieser Artikel, für den sich Angela Barandum zu höchster Qualität aufschwang:

«Mia erzählt», verspricht der Lead. Allerdings: «Mia möchte Mutter werden. Weil sie fürchtet, in der Kulturbranche keine Stelle mehr zu finden, sobald ihr Kinderwunsch bekannt wird, bleibt sie anonym.» Und dafür musste der Fotograf Jonathan Labusch (hohe Qualität eben) ran, um ein verschwommenes Porträt zu machen, auf dem man die Dame mit wenigen Handgriffen im Photoshop kenntlich machen könnte.

Auch die Tagi-Kultur gibt alles, denn genauso wie die Kampagne über sich in der Frauenbadi Zürich begafft fühlende Frauen (4 in den letzten 11 Jahren) bleibt Qualitätsjournalist Andreas Tobler einem kulturellen Randphänomen, um es sehr höflich auszudrücken, gnadenlos auf der Spur:

Wobei er zu erwähnen vergisst, dass er selbst seinen Beitrag zu dieser «Reality-Doku» geleistet hat, indem er schon mal darüber berichtete. Und so etwas läuft unter «TA Kultur». Da gackern die Hühner und der Hahn wälzt sich vor Lachen.

Da geht noch einer drüber, sagt sich Qualitätsjournalistin Alexandra Kedves mit ihrem kulturell hochstehenden Beitrag:

Vielleicht für die Leser, die sich nicht auf dieser kulturellen Hochebene bewegen: Ralf Schumacher war vor vielen Jahren mal Formel-1-Fahrer. Und hat sich vor vielen Jahren vom Erotik-Model Cora Schumacher getrennt. Er machte in der Yellow Press etwas Schlagzeilen, indem er sich als homosexuell outete. Daraus machte Cora Schumacher (berühmt aus «Promi Big Brother 2018» und Ähnlichem) auch Schlagzeilen.

Bis vor Kurzem konnte man freizügige Fotos des «Erotik-Models» auf «Only Fans» gegen Bezahlung anschauen. Aber durch ihr Gejammer hat sie es sogar zu einem Interview im auch qualitativ hochstehenden «Spiegel» geschafft.

Kann man aus dieser trüben Boulevardkiste aus der untersten Schublade noch etwas herausmelken, was selbst die Klatschblätter inzwischen aufgegeben haben, weil das Publikum immer lautere Gähngeräusche von sich gab? Natürlich, mit dem qualitativ urältesten Nachzugs-Trick: «Paartherapeutin Monika Röder erklärt, wie belastend ein Coming-out des Ex-Partners sein kann. Und gibt einen Tipp

Das ist natürlich wunderbar für die Paartherapeutin, dass sie so zu Gratiswerbung und einem eigenen Kästchen im Artikel kommt:

Allerdings hat es hier, im Gegensatz zum verschwommenen Foto von Mia, nicht für den Einsatz eines Fotografen gereicht, das Bild ist von Xing kopiert.

Welche tiefschürfenden und qualitativ hochstehenden Erklärungen teilt Röder mit dem Leser? «Auch das Vertrauen in Beziehungen, in Menschen dieses Geschlechts oder ins Leben kann dadurch tief erschüttert werden.» Wow, schön, dass wir das nun wissen. Und was ist denn der versprochene Tipp? «Mit welcher Entscheidung könnte ich im Rückblick auf mein Leben, etwa mit 80 Jahren, am besten leben

Also, abwarten, Tee trinken und sich dann vor einem Outing überlegen, mit welcher Entscheidung man mit 80 leben könnte. Hört sich realistisch und praktikabel an.

Aber: haben diese drei aktuellen Artikel irgend etwas mit dem Geschwurbel von Bärtschi zu tun? Wenn nein, wieso hat er als journalistischer Leiter nicht eingegriffen? Wieso taten das vor ihm nicht die beiden leitenden Damen in der Redaktion? Oder wollen Raphaela Birrer und die fürs digitale Storytelling zuständige Kerstin Hasse etwa sagen, dass das drei herausragende Qualitätsartikel seien?

Gut, Hasse kümmert sich um Fragen wie die, ob Frauen oben ohne herumlaufen sollten oder nicht. Und Birrer schreibt Kommentare, mit denen sie mindestens die Hälfte der Leserschaft stocksauer macht. Da kann man sich dann auch nicht um alles kümmern, in diesem Saftladen, der einstmals eine ernstzunehmende und qualitativ hochstehende Zeitung war.

 

Vermisst: die Kultur bei Tamedia

Sag mir, wo ist sie gebliehiben?

Immerhin 7 Fachkräfte umfasst das «Team Kultur» im Abfall-, Pardon, Sammelgefäss «Leben». Da gibt es auch das «Team Gesellschaft», dem auch wieder der eigentlich gefeuerte Jean-Martin Büttner angehört. Offenbar hat er sich die Rückkehr durch unerschrockene Peino-Artikel erschrieben.

Darüber thronen zwei Co-Leiter, ein «Content-Manager», ein Autor und eine Lisa Füllemann einfach so. Nochmals darüber gibt es die «Chefredaktion Tages-Anzeiger» (4 Nasen) und die «Redaktionelle Steuerung» (13 Nasen), wobei es teilweise zu Funktionsüberschneidungen kommt. So ist Kerstin Hasse hier in der «Tagesleitung», gleichzeitig aber auch in der Chefredaktion. An beiden Orten bleibt sie, nun, eher unauffällig

Aber was schafft denn diese geballte Kompetenz mit gewaltiger Führungscrew in Sachen Kultur; nicht ganz unwichtig für ein sogenanntes Qualitätsmedium mit unzähligen Kopfblättern? Nehmen wir die «Literaturchefin» Nora Zukker. Deren Ausstoss im letzten Monat bestand aus vier Wortmeldungen. Vielleicht will sie sich damit für eine Mitarbeit bei der «Republik» bewerben. Und bei genauerer Betrachtung waren das ein Sammel-Buchtipp (darunter Kim de l’Horizon, Claudia Schumacher und Martin Suter, also untere Etage) mitsamt launigen Bemerkungen (Rezept für selbstgemachte Glace) und dem Ratschlag, nicht «1000 Seiten Hardcover auf dem Rücken liegend» zu lesen.

Der Rest waren Interviews, die billigste Art von Journalismus, ohne Aufwand, ohne nix. Oder nehmen wir Alexandra Kedves (Ladies first). Sie schaffte in einem Monat ein Interview mit einer «legendären Feministin», etwas zum Theater Spektakel in Zürich und ein Sprachquiz.

Ebenfalls auf drei Werke brachte es Christoph Heim. Caspar David Friedrich in Winterthur, Käthe Kollwitz in Zürich und Fotografien aus Südafrika. Ein abendfüllendes Programm. Richtig im Schreibstau steckte Martin Ebel, ein einziges Werk in einem Monat.

Kein Wunder, muss man auf der Homepage weit, sehr weit nach unten scrollen, bis nach den Blogs endlich die Kultur kommt. Und was für eine:

Das ist durchaus repräsentativ. Der ewig laufende «News-Ticker Kultur», das Abfall-, Pardon, Sammelgefäss für alle Arten von Tickermeldungen. Die «besten Bücher des Monats» August verweilen hier bis zum allerletzten Tag des Monats. Dann noch «Unsere Streaming-Tipps im August» und schliesslich noch der lustige Leserwettbewerb «Stimmen Sie ab».

Mit Verlaub, das ist kein Kulturteil, das ist Leserverarsche. Immerhin traut sich Tamedia schon lange nicht mehr, das Ganze «Feuilleton» zu nennen. Das hier ist aber einfach erbärmlich. Hier gibt es gewaltiges Sparpotenzial nicht nur bei Andreas Tobler, der eigentlich nie in Kulturellem unterwegs ist, sondern die Bührle-Sammlung, die Band Rammstein und die ganze Welt mit seinen Ratschlägen, Forderungen und unqualifizierten Kommentaren belästigt.

7 Fachkräfte, die kosten im Monat mit allem Drum und Dran und Spesen und überhaupt so um die 100’000 Franken. Um auch hier fast alles von der «Süddeutschen Zeitung» zu übernehmen, bräuchte es eigentlich höchstens eine Fachkraft, die ß in ss verwandelt, ein paar Germanismen durch Helvetizismen ersetzt und gelegentlich mal ein Interview macht.

Der Qualität täte das keinen Abbruch, im Gegenteil. Umso schneller Nicht-Literaten, Möchtegerns, Eintagsfliegen und kampffeministische Autoren wieder verschwinden, desto grösser die Chance, dass bei Tamedia wieder so etwas wie ein Kulturteil wahrgenommen wird.

 

Die Plattmacherin

Alles nur geträumt? Eine Archäologie am Berg.

Sibylle Berg hat ein bedeutendes Oeuvre geschaffen. Immer getragen von finsterer Weltsicht und artistisch dekorierter Depression.

Ob sie ihre eigene Biographie aufgehübscht, fiktionalisiert oder schlichtweg erfunden hat, ist eine lässliche Sünde. Wenn Journalisten ihr das alles abgenommen haben, ohne auf Widersprüchlichkeiten oder mangelnde Belege aufmerksam zu werden, wohlan. Lucien Scherrer von der NZZ hat die verdienstvolle Knochenarbeit geleistet, nachzugrübeln – um zum Ergebnis zu kommen, dass für vieles, für allzu vieles jeglicher Beleg fehlt; vom schweren Unfall über den Selbstmord der Mutter bis zur Dissidenz in der DDR.

Selbst über Geburtsdatum oder den Ort, wo Berg aufgewachsen sein will, gibt es verschiedene Angaben – von ihr selbst. Daher ist es absurd, sie damit verteidigen zu wollen, dass ihre Biographie privat sei und niemanden etwas angehe. Dahinter versteckt sie sich selbst, lässt das ihren Anwalt sagen – und nur rudimentär gebildete Journalistinnen wie Alexandra Kedves versuchen, das mit untauglichen Beispielen zu verteidigen: «Bezüglich ihres Privatlebens darf sie sich bedeckt halten, so wie das eine Menge Autorinnen und Autoren vor ihr taten.»

Kedves sollte es bei backfischartigen Schwärmereien «Kehle-Zuschnür-Momente, die hier für diese so gespaltene, so wunde Nation geschaffen wurden» in wackligem Deutsch bewenden lassen und nicht Grössen wie Thomas Pynchon für untaugliche Vergleiche missbrauchen.

Nun ist es unbezweifelbar so: in ihrem literarischen Werk, selbst in ihrer Biographie darf Berg Dichtung und Wahrheit vermischen, wie es ihr drum ist. Schreibt sie als Journalistin, sieht das ganz anders aus. Da gibt es nur die Wahrhaftigkeit – oder den Missbrauch des Vertrauens des Lesers, der ja dem Autor glauben muss, dass der gesehen, erlebt und recherchiert hat, was er schreibt.

Schauen wir uns die drei von Scherrer erwähnten Artikel von Berg einmal genauer an. Da wäre zum ersten «Der Totmacher», im November 1996 in ehemaligen Nachrichtenmagazin «Facts» erschienen. Copyright beim «Zeit Magazin», wir kommen darauf zurück. Fast 15’000 Anschläge über den polnischen Massenmörder Leszek Pekalski, der 57 Menschen umgebracht haben soll.

Berg verwendet einleitend diesen pseudo-literarischen Sound der Verdichtung, der guten «New Journalism» ausmacht, aber sehr schal wird, wenn er nicht gekonnt ist:

«Der Ort liegt da wie besoffen, wie im Koma liegt er da, in der Mittagshitze. Ein Nest in Polen. Eine staubige Strasse und Regen drauf, ganz offen, das Dorf zu säubern von versautem Leben. Eine ausgehöhlte Fabrik. Bekloppte Hunde kläffen, als gäbs da was zu bewachen. Links und rechts als Häuser getarnte Ruinen, als Menschen verkleidete Säufer. Wanken am Strassenrand, zum Kiosk, zum Saufen, die Beine nur von Gummistiefeln am Boden gehalten.»

Man weiss es ja, die Polen sind Säufer, die Lage ist hoffnungslos. So beginnt auch angeblich das Leben des Mörders: «Hier wird 1966 Leszek Pekalski geboren. Sein Vater ein debiler Traktorist, seine Mutter eine Magd, die Zeugungsnacht eine Vergewaltigung. Dreck, vom ersten Tag an.»

Dann kriecht sie in das Leben von Pekalski, als sei sie dabei gewesen: «Sitzt er in diesem Zimmer, auf dem Bett, und weiss die Feinde draussen, die Leere draussen. Und drinnen. Und wartet, dass die Zeit vergeht. Vergeht nicht, die Scheisszeit. So gern hätte er etwas für sich, das die Langeweile wegmachen würde. Fasst er sich an und weiss auf einmal, was ihm helfen würde.»

Aber Polen ist halt trostlos: «Kommt die Nacht, ist Polen verlassen. Alle sitzen in ihren Häusern, trinken.» Vielleicht ist Polen nicht verloren, aber verlassen und versoffen.

Dann überfällt Pekalski im Wald eine Frau, auch hier ist Berg dabei, sozusagen in ihm: «Endlich hat Leszek etwas, was ihm gehört. Er zieht sie aus, er untersucht die Frau. Sie wehrt sich nicht. Fein. Eine warme, weiche Frau. Das tut gut. Das riecht gut. Frauenhaar, Frauenkörper. Auf ihr liegen. Neben ihr. Bewegt sich nicht, kann er alles in sie stecken, kann er stark sein, Mann sein

Wenn es widerlich wird, ist Berg in ihrem Element, die Beschreibung der Vergewaltigung einer 13-Jährigen: «Sie lebt noch, als Leszek sie vergewaltigt. Sie lebt, trotz des Blutes, das aus ihrem Kopf kommt, trotz der Knochen, die im Hirn stecken. In ihrem Schmerz, ihrer Angst bis zum Wahnsinn, zerbeisst das Mädchen sich die Finger, bis das Weisse rausschaut.»

Dann fabuliert Berg ihre eigene Begegnung mit dem Mörder im Gefängnis: «Journalisten empfängt er nur, wenn sie ihm seine Wünsche erfüllen. Tüten voll Pornohefte, Schokolade, Kekse. Journalisten kommen viele, weil jeder gerne Mörder guckt. Ist ein gutes Grauen, dem Leszek gegenüberzusitzen, auf Armlänge, die Bewacher im Nebenraum.»

Auch sie habe seine Wünsche erfüllt: «Da schaut er lieber in die Tüte, wo die Schokolade drin ist und die Pornohefte.»

Nun gibt es hier ein paar Probleme. Berg will zum Beispiel auch wissen, wie es im Haus des Onkels des Mörders roch und aussah, als Pekalski dort einzog: «In einem heruntergekommenen Haus steht er, der Leszek, der versagt hat, in einem dunklen Flur, der stinkt, nach Moder, nach verfaulten Abfällen. In der guten Stube werden die Wände zusammengehalten von Heiligenbildern und Kruzifixen, und zu reden gibt es nichts. Der Onkel zeigt ihm ein Zimmer. Eine Stiege hoch, in den ersten Stock. Zwölf Quadratmeter gross. Tapete wellt von den Wänden. Pappe im Fenster, statt Scheiben. Ein Bett.»

Frage: Woher weiss Berg das? Ist sie dort gewesen? Hat’s Jahre später immer noch gestunken? Der Prozess war nur in kleinen Teilen öffentlich. Und da gibt es den Autor Jaques Buval, der aufgrund von Interviews mit Pekalski im Gefängnis (zu denen er ihm Schokolade und Pornohefte mitbrachte) später ein Buch über den Fall schrieb.

Diese mit Video aufgezeichneten Interviews spielten eine bedeutende Rolle im Prozess. Nun hat schon Truman Capote in seinem (im Übrigen furchtbar mäandernden) Werk «Kaltblütig» mit äusserster Genauigkeit die Morde (und die Mörder) einer vierköpfigen Farmerfamilie beschrieben. Allerdings als Rekonstruktion aufgrund von Akten, Zeugenaussagen und Gesprächen mit den Mördern.

Er erweckte dabei niemals den Eindruck, er sei selbst dabei gewesen; sozusagen als unsichtbarer Zuschauer oder versteckt im Hirn der Täter. Das ist in einer Reportage auf jeden Fall unstatthaft.

Die Beschreibung der Polen und Polens als hemmungslose Säufer in einem trostlosen Land ist an Rassismus und Diskriminierung schwer zu überbieten. In einer literarischen Verdichtung einer Reportage muss der Leser immer wissen, was faktisch unterlegt und was Ausdruck der literarischen Fantasie des Autors ist. Wer mit schalen und wohlfeilen Metaphern arbeitet, erweckt Misstrauen:

«Polen ist überall, der Sozialismus ist überall, und Stumpfheit liegt auf dem Land wie grauer Schmier

Diese Grenzen überschreitet Berg in ihrer «Reportage» mehrfach. Der Sound ihres Artikels ähnelt fatal den Werken von Tom Kummer oder von Claas Relotius. Diese zwei Serientäter haben mit ihren erfundenen oder fabulierten Geschichten dem Ansehen des Journalismus im Allgemeinen und des «Zeit Magazin» sowie des «Spiegel» im Speziellen schweren Schaden zugefügt. In beiden Fällen hatte die Aufdeckung ihrer Lügenstorys personelle Konsequenzen.

Wie heisst es doch heutzutage immer so schön: Im Fall von Sibylle Berg gilt die Unschuldsvermutung … Sie wird Gelegenheit bekommen, zu den hier aufgeworfenen Fragen (und zu einigen weiteren zu weiteren Artikeln) Stellung zu nehmen.

Weiss Berg, was in diesem Kopf vorgeht?

 

 

 

Hat sie alles erfunden?

Die NZZ versucht, nicht nur den biographischen Geschichten auf den Grund zu gehen.

Und scheitert, wie Autor Lucien Scherrer unumwunden zugibt. Er hat umfangreich versucht, all die vielen romanhaft wirkenden Anekdoten aus dem Leben der Schriftstellerin Sibylle Berg zu verifizieren – oder zu falsifizieren.

Herausgekommen ist ein interessantes Feuilletonstück über die neue Fluidität, nicht nur, was die sexuelle Ausrichtung betrifft, sondern auch die eigene Biographie.

Einleitend beschreibt Scherrer die wichtigsten Eckpunkte dieser Biographie. Der schwere Autounfall: «Das Scharnier des Cabriodachs bohrt sich in ihren Kopf, bleibt kurz vor der Hirnhaut stecken. Klinisch tot wird Berg geborgen. Ihre Stirnhöhle ist seither weg, ihr Gleichgewichtssinn ebenfalls. Sie muss 19-mal, 20-mal oder auch 22-mal operiert werden, man muss ihr Plastikteile unter das Gesicht ziehen.»

Der Selbstmord der Mutter, Bergs Ausreiseantrag, direkt an den damaligen Staatschef Erich Honecker. Ihr Geburtsdatum im Jahr 1952, 1962, 1966 oder 1968. Zu all dem finden sich Angaben, oftmals von Berg selbst. Die handkehrum zugibt, dass sie das mit dem Brief an Honecker erfunden habe.

Weder für den Autounfall, noch für den Selbstmord der Mutter, noch für viele weitere biographische Anekdoten lassen sich Belege finden. Was nicht beweise, dass es nicht so gewesen sei, relativiert Scherrer vorsichtig.

Allerdings: «Belege für ihre Selbstdarstellung als DDR-Dissidentin gibt es bis jetzt keine.» Da fängt dann das Schräge an. Scherrer fährt fort: «Wer einen schweren Unfall erlebt hat, weiss in der Regel das Datum und die Uhrzeit, weil es ein Leben davor und eines danach gibt. Es gäbe Untersuchungsakten der Justiz, Polizeiberichte, Fotos, in spektakulären Fällen auch Medienberichte. Im Fall von Sibylle Berg gibt es bis dato: nichts, nicht einmal eine eindeutige Jahresangabe.»

Nun darf eine Schriftstellerin auch ihr Leben zur fiktionalen Erzählung machen, warum nicht. Als Scherrer aber Nachfragen stellt, hat Berg zunächst keine Zeit für Antworten. Als er insistiert, meldet sich ein Anwalt:

«Dieser wertet die Fragen der NZZ – gibt es Dokumente zu ihrem Unfall?, hat sie ihre Kindheit nun in Rangsdorf oder Constanta verbracht?, kann jemand ihre DDR-Biografie bestätigen? – als «verstörenden Vorstoss in die intimsten Bereiche eines Menschen» und droht mit juristischen Schritten.»

Sehr schräg wird es, wenn es um den Inhalt von Reportagen geht, die Berg geschrieben hat. 1996 ein Bericht für das damalige Magazin «Facts» über einen polnischen Massenmörder. «Der Text, den Berg schreibt, nennt alle Details aus Pekalskis Leben. Sie weiss, wie es in seinem Haus gerochen hat, was seine Opfer gedacht haben und was er beim Morden gefühlt hat und dass er sich einst eine Gummipuppe gewünscht hat. … Ein Jahr später ist Sibylle Berg für das «Zeit»-Magazin in Kambodscha, dem «Land der frohen Mörder». Zufällig sitzt sie im Strandrestaurant neben einem Anführer der Roten Khmer, der drei Touristen aus einem Zug kidnappen und hinrichten liess. Der Mörder sieht nett aus und hübsch, während des Gesprächs zermalmt er mit einer Hand ganz langsam ein grosses Insekt. … 2016 ist Sibylle Berg zufällig vor Ort, als ein islamistischer Attentäter in Tel Aviv zwei Menschen erschiesst und zehn verletzt. Sie sitzt, so schreibt sie in einem Augenzeugenbericht in der «Welt» und im «Bund», in ihrer Wohnung an der Diezengoffstrasse, rennt auf den Balkon und sieht schreiende Menschen.»

Schliesslich kam sie neulich in die Schlagzeilen, als sie sich beklagte, dass sie vergeblich 62 Wohnungsbewerbungen geschrieben habe, ein Opfer der Zürcher Wohnungsnot. «Ob es die 62 Bewerbungen wirklich gibt? Und wie gross ist die Not einer Schriftstellerin, die bestens im Zürcher Bürgertum vernetzt ist, nach eigenen Aussagen eine Wohnung im Tessin hat und von einer weiteren Wohnung in Tel Aviv schreibt?», merkt Scherrer spitz an.

Allerdings gerät Berg zumindest unter Relotius-Verdacht, was den Wahrheitsgehalt ihrer Reportagen betrifft. Sind es literarische Fiktionen, handelt es sich um Etikettenschwindel.

Aber auch dieses Thema steht natürlich unter Sexismusverdacht. Also eilt Alexandra Kedves von Tamedia der Autorin zu Hilfe:

Bei Tamedia ist man für kleine Werke niemals um grosse Begriffe verlegen. Das sei eine «Analyse», sei der NZZ-Bericht «ein Aufreger? Wir ordnen ein». Kedves, also «wir», ist ansonsten nicht so für Einordnung, eher für backfischartiges Schwärmen. So sülzte sie über die Amtseinführung von Joe Biden: «Zum Heulen schön: Was für eine Biden-Show!» – «Kehle-Zuschnür-Momente, die hier für diese so gespaltene, so wunde Nation geschaffen wurden.» – «Das rote Haarband der schwarzen Poetin und Aktivistin Amanda Gorman – der jüngsten Dichterin, die je zur Vereidigung eines US-Präsidenten auftrat

Also hat auch Kedves etwas Mühe, zwischen Realität und Schwärmerei zu unterscheiden. In ihrem grossen Berg-Verteidigungsartikel zählt sie zuerst die literarischen Meriten auf, die von niemandem bestritten werden. Dann repetiert sie auszugsweise die Ergebnisse der Recherche der NZZ. Dann geht Kedves zur freihändigen Verteidigung des nächsten Idols über: «Bezüglich ihres Privatlebens darf sie sich bedeckt halten, so wie das eine Menge Autorinnen und Autoren vor ihr taten.» Das wäre richtig, wenn nicht fast alle dieser widersprüchlichen Erzählungen über das Privatleben der Schriftstellerin – von Berg selbst stammen würden.

Dann lässt Kedves ein wenig Bildung aufblitzen. Allerdings mit ausnahmslos falschen Vergleichen. Der Verleger von «Gullivers Reisen» habe die Identität des Autors nicht gekannt. Dass es 1726 nicht sehr ratsam war, selbst romanhaft verkleidet scharfe satirische Spitzen gegen die herrschende englische Klasse zu schreiben, mag wohl auch Kedves einsichtig erscheinen. Wenn sie es denn wüsste. Dann führt sie noch die Brontë-Schwestern an, die unter Pseudonym geschrieben haben. Das hat aber nichts damit zu tun, dass sie sich bezüglich ihres Privatlebens «bedeckt halten wollten». Und schliesslich noch «der amerikanische literarische Superstar Thomas Pynchon», der sich den Medien «fast komplett» verweigere. Das ist richtig, damit steht er aber in scharfem Gegensatz zu Berg, die sich niemals den Medien verweigert.

Ausser, wenn sie mit kritischen Fragen konfrontiert wird. Dagegen urteilt Kedves nassforsch: «Die Lesenden haben kein Anrecht auf ihre private Geschichte.» Das mag stimmen, beantwortet aber nicht die Frage, ob und warum Berg bei den vielen Erzählungen über ihre Biographie geflunkert, erfunden, dazugedichtet, umgedichtet hat.

Das mag noch angehen. Sollte das auch bei ihren non-fiktionalen Reportagen der Fall gewesen sein – hier trippelt dann Kedves auf den Zehenspitzen: «Dass da eine Claas-Relotius-hafte Imaginationskraft mitgeschrieben hat, will der NZZ-Journalist nicht ausschliessen» –, gibt es ein gröberes Problem mit Sibylle Berg. Ein Problem der Glaubwürdigkeit.

Denn bei aller Liebe zum Fluiden: Claas Relotius und Tom Kummer sind eine Schande ihres Berufs, da nützt auch keine noch so verschwurbelte Erklärung oder gar Rechtfertigung etwas. Denn was sie betrieben (oder noch betreiben), ist Leserverarschung. Ein Anschlag auf die sowieso schon erschütterte Glaubwürdigkeit der Medien. Mit einem Wort: eine Schweinerei.

 

Das letzte Lagerfeuer

50 Jahre Tatort und eine Vorschau auf den neusten Schweizer Dreh.

Am 29. November 1970 strahlte die ARD die erste Tator-Folge aus: «Taxi nach Leipzig».  Ein Toter auf einem Rastplatz der Transitautobahn in die DDR. Kalter Krieg, Volkspolizisten, 61 Prozent Einschaltquote. Der Erfolg begann sofort. Die Schweiz beteiligte sich erst ab 1990 an den Produktionen, mit einer Pause zwischen 2001 und 2011. Die Schweizer Tatorte hatten leider oft tiefe Einschaltquoten und nicht die besten Kritiken. Nun versucht SRF einen Neustart. Die Handlung ist statt in Luzern in Zürich angesiedelt, ein weibliches Duo ermittelt.

Interessieren Rückblenden auf die Zürcher Unruhen?

Am kommenden 18. Oktober kommt der erste, 2019 abgedrehte Schweizer Tatort auf die Sender ARD, ORF und SRF. Er heisst: «Züri brännt». Der Titel ist eher Insidern ein Begriff. Er nimmt Bezug auf einen gleichnamigen, systemkritischen Film von 1981. Dabei will der Tatort-Krimi die Opernhauskrawalle von 1980 mit der Gegenwart verbinden und «dem Tatort Tiefenschärfe geben». So zumindest beschreibt Alexandra Kedves das Konzept im Tages-Anzeiger. Wird es eine Art Platzspitz-Baby? Im Film soll eine heutige Staatsanwältin 1980 durch die Flucht vor dem Tränengas fast schon traumatisiert worden sein. Eine blutige Abrechnung mit dem damalige Establishment ist weniger zu erwarten, auch wenn da und dort sicher noch Wut vor jener Staatsgewalt da ist. Aber ob sich vor allem das deutsche Millionenpublikum von so einer lokalen Begebenheit beeindrucken lassen? Strassenschlachten gab es in Frankfurt oder Hamburg Schlimmere.

Euphorie ist anders

Immerhin spielen mit Carole Schuler und mit Anna Pieri Zürcher zwei Frauen die Ermittlerhauptrollen. «Sie haben das Herz am rechten Fleck und eine Kratzbürstigkeit mit Sympathiepotenzial», urteilt Alexandra Kedves. Potenzial ist wichtig. Denn die Schweizer Tatorte kamen in den letzten Jahren selten gut weg. Experimentelle Episoden «Die Musik stirbt zuletzt» von Regisseur Dani Levy bestätigten die Regel.

Alexandra Kedves hat den neuen Tatort schon gesehen. Ihr Urteil: «Nobody’s perfect. Aber man darf auf die kommenden Folgen gespannt sein». Also durchgefallen. Sind es die Erinnerungsclips, mit denen der Film laut «TA» intensiv arbeitet. Ist es der Mehrwert, «dass der Film darunter manchmal schier schlappzumachen droht?».

Das Rezept vom Tatort-Erfinder

Kürzlich hat die Deutsche Presseagentur die 50 Jahre Tatort gewürdigt. Der 2018 verstorbene Tatort-Erfinder Gunther Witte vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) soll folgendes «Rezept» gehabt haben: «Keine Kunstkino-Storys, keine komplizierten Vorschauen und Rückblenden, in den ersten Minuten ein Toter oder eine Tote und dann die Ermittlung: Wer war es – und warum.»

Dieses Rezept verspricht keinen besonders guten Erfolg für «Züri brännt».

Anzunehmen ist, dass SRF die politischen Aussagen schön ausgewogen platziert hat in den Handlungssträngen. Denn alle haben Angst vor neuen Volks-Initiativen, welche SRF beschneiden wollen. Und vor parlamentarischen Vorstössen und öffentlichen Streitereien mindestens so sehr. Schon 2011 wurde laut der «NZZ am Sonntag» eine Schweizer Tatort-Folge überarbeitet. Grund: Nicht die zu komplizierte Geschichte oder der fehlende Lokalkolorit. Sondern eine unsympathische Figur, die ein SVP-Mitglied sein könnte. Laut SRF wurden Szenen geändert, weil man karikierende, überspitzte Politikerdarstellungen vermeiden wollte. Die damals verantwortliche SRF-Kulturchefin: Die heutige SRF-Chefin Nathalie Wappler. A propos karikierend und überspitzt. Im Tagi-Artikel von Alexandra Kedves sagt Urs Fitze, Leiter Fiktion von SRF, man habe im neusten Tatort nicht in erster Linie Realismus gesucht. «Wir wollen dem fiktionalen Erzählen viel Platz geben. Eine lustvolle Überhöhung soll den Tatort aus Zürich prägen».

Wie sich die Zeiten ändern können. Man darf also gespannt sein, wie die Zürcher Unruhen «lustvoll überhöht werden».

Die NZZ hält nichts von Spoilerwarnungen

Wer vor der Ausstrahlung am Sonntag, 18. Oktober, noch unschlüssig ist, ob er zugucken will, kann die Wochenend-Ausgabe der «NZZ» tags zuvor konsultieren. Dort wird jeweils der kommende Tatort in einer ganze Zeitungsspalte besprochen – komischerweise ohne jede Spoilerwarnung.

Auf der Website daserste.de sind übrigens viele Tatortfolgen anzuschauen. Angefangen bei Folge 1 vom 29.11.1970 «Taxi nach Leipzig» bis zu «Howalds Fall» mit Matthias Gnädinger und  Andrea Zogg von 1990. Zudem findet man viel Wissenswertes – zumindest für Tatortfans.