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NZZ: Es darf gelacht werden

Das Blatt verliert Mass und Mitte und macht sich lächerlich.

Ob die von allen einmal angehimmelte Greta Thunberg, die grosse Ikone der Klimabewegung, gut beraten war, sich in den Nahost-Konflikt einzumischen («Stand with Gaza») ist tatsächlich eine berechtigte Frage.

Dass «Fridays for Future International» ihr Kernthema verlässt und gerne scharfe Israelkritik äussert, ist auch bedenklich. Ob das schon antisemitismuskeulenwürdig sei, ist die Frage. Entsprechende Posts haben sicherlich Anklänge an Verschwörungstheorien und sind etwas wirr: «The western media is capitalizing the sh*t out of the ongoing genOzide in gaza

Nun greift Alexander Kissler, Redaktor der NZZ in Berlin, zum verbalen Zweihänder; damit inzwischen in bester Tradition seines Blatts. Er fordert die führende deutsche Klimaaktivistin ultimativ auf: «Luisa Neubauer muss sich im Namen ihrer deutschen Mitstreiter von der Dachorganisation lossagen.»

Denn: ««Fridays for Future International» ist eine linksextremistische Organisation geworden, die den Klimaschutz als Hebel benutzt, um gegen den Westen, gegen die Marktwirtschaft und gegen Israel hetzen zu können. Da genügt es nicht, wenn sich die deutsche Organisation in ermüdender Vorhersehbarkeit abgrenzt.»

Vielleicht sollte Kissler erst mal sich selbst gegen eigene frühere Aussagen abgrenzen. So schrieb er 2014 in der Politpostille «Cicero»: «Die Kommentatoren sind sich einig: Sibylle Lewitscharoff habe in Dresden eine menschenverachtende Polemik gehalten. Nein, es war eine poetische Rede nach allen Regeln der Kunst.»

In dieser «poetischen Rede» geriet die inzwischen verstorbene Lewitscharoff völlig von der Rolle, wird aber von Kissler zustimmend zitiert: «Horror sah sie bei den „Methoden, auf künstlichen Wegen eine Schwangerschaft zustande zu bringen“, ja „abscheulich“ seien diese. Weil ihre Abscheu in solchen Fällen größer sei als ihre Vernunft, nannte sie Menschen, die auf solche Weise im Labor entstanden sind, „zweifelhafte Geschöpfe, halb Mensch, halb künstliches Weißnichtwas“ ». Das habe sie dann später zurückgezogen, kommentiert Kissler fast bedauernd.

Dass sich die irrlichternde Dame auch für ein «Onanieverbot» ausgesprochen hatte, das waren alles Mosaiksteine, um diese Rede als geistige Entgleisung zu verurteilen, nicht als «allen Regeln der Kunst» entsprechend zu lobhudeln. Auch den absurden Prunk des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz, der zu dessen Entbindung von seiner Position führte, interpretierte Kissler als «Hatz auf Tebartz», die obszönen Kosten eines von Tebartz errichteten sakralen Baus war für Kissler lediglich eine «Provinzposse».

Und so jemand fordert nun von Neubauer ultimativ nicht nur klare Worte, sondern auch eine Abspaltung des deutschen Ablegers von «Fridays for Future International». Auch zu Thunberg selbst findet Kissler klare Worte: «Thunbergs fahrlässige Identifikation mit der «Free Palestine»-Bewegung, auf einem von ihr geteilten Foto zudem unter Verwendung einer als antisemitisch deutbaren Krake, lässt die Bewegung implodieren.»

Antisemitisch deutbare Krake? Der Mann hat doch – mit Verlaub – einen an der Waffel. Um in seinem altestamentarischen Duktus zu bleiben: er sieht den Splitter im Auge des anderen, aber den Balken im eigenen nicht. Dabei müsste er sich doch nur an seinen eigenen Satz gegen Schluss dieses masslosen Sirachens halten: «Jeder Diskurs ist immer so gut wie die Menge an begründeten Gegenmeinungen, die er einbindet

Gute Formulierung. Messen wir sein Geschreibsel daran. Begründete Gegenmeinungen in seinem Diskurs? Null. Wert: null. Eigentlich unter null. Denn er polemisiert nicht nur, sondern versteigt sich zu harschen Befehlen, was andere tun und lassen sollte.

So weit würde ZACKBUM nie gehen. Aber sagen wir mal so: die NZZ wäre gut beraten, solche kreischigen Kommentatoren mit dubioser Vergangenheit etwas zurückzubinden. Sie muss sich ja nicht gleich von ihnen distanzieren …

 

 

 

Wumms: Alexander Kissler

Es gibt auch Lichtblicke im Elendsjournalismus.

Der NZZ-Redaktor Alexander Kissler gehört dazu. Während die WoZ sauer wäffelt, die NZZ würde sich der AfD andienen, ist ihr Erfolg in Deutschland mehr der Tatsache geschuldet, dass sie sich immer mehr als Stimme der Vernunft etabliert. Was man von der «Süddeutschen Zeitung» nicht wirklich sagen kann.

Kissler zieht gleich am Anfang blank: «Wer zur Jagd bläst, sollte nicht nur über einen Kompass verfügen, sondern auch über die richtige Munition.» Was motiviert ihn zu diesem kriegerischen Vergleich? «Das Münchner Blatt wollte am Freitag den stellvertretenden bayrischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger als notorischen Rechtsradikalen entlarven. Nach Lage der Dinge ist der Versuch einer politischen Hinrichtung gescheitert.»

Unternommen wurde er von einer fünfköpfige Crew, die dem Politiker vorwerfen wollte, er solle vor 35 Jahren (!) als Schüler eine «Hetzschrift» mit «antisemitischen Fantasien» verfasst haben. Würde das zutreffen, wäre er in Deutschland, selbst in Bayern, erledigt. Nur: das Pamphlet der SZ «markiert eine Bankrotterklärung, was handwerkliche, presserechtliche und medienethische Grundsätze betrifft».

Hoppla. Kissler beschreibt hier etwas, was auch in der Schweiz inzwischen ein immer grösseres Problem darstellt: «Es wäre die Aufgabe der Chefredaktion gewesen, einen solchen publizistischen Offenbarungseid zu verhindern. Gerade die Monstrosität der Vorwürfe verlangt nach einer Berichterstattung, die nicht eigene Abneigungen ausbreitet, sondern belastbare Fakten zusammenträgt.»

Auch das kommt einem in den Mainstreammedien mehr als bekannt vor: «Relativierende Formulierungen – «wenn das alles stimmt», «es wäre ungeheuerlich» – ändern nichts an der perfiden Grundmelodie.» Gesinnungsjournalismus übersteuert die eigentliche Aufgabe eines Newsorgans. Berichten, was sich in der Wirklichkeit abspielt, das mit Fakten untermauern, anschliessend und getrennt davon analysieren, einordnen, kommentieren.

Auch der letzte Satz müsste vielen Schweizer Journalisten, von Surber abwärts (und aufwärts) zu denken geben; dieses Machwerk der SZ zeige, «in welchen Abgründen ein Journalismus landen kann, der sich von der eigenen Weltanschauung die Sinne benebeln lässt».

Nun übernimmt Tamedia nicht nur eine Unzahl von Artikeln aus der SZ, sondern leider auch genau diese Geisteshaltung. Ein solcher Journalismus schaufelt sich das eigene Grab, denn die Gesinnungsblase, die davon angesprochen wird, ist nie gross genug, um wirtschaftlich eine tragbare Basis zu bilden. Wer’s nicht glaubt, sollte mal die «Republik» fragen.