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Wumms: Daniel Jositsch

Der SP-Mann wäre ein guter Bundesrat. Aber …

Er ist intelligent. Er ist Rechtsprofessor. Er ist Ständerat. er hat eine lange Politkarriere hinter sich. Er ist mehrheitsfähig. Er will unbedingt Bundesrat werden. Er ist 58 Jahre alt, das beste Alter für den Einstieg in diesen Job.

All das spricht für ihn. Allerdings hat er einen gravierenden Nachteil, ein Manko, einen Makel. Den könnte er zwar heutzutage mit einem einfachen Gang auf das Zivilstandsamt ändern. Aber auch das würde ihm nicht wirklich helfen. Denn er ist mit diesem Makel geboren, er begleitet ihn durchs ganze Leben bis ins Grab.

Er ist ein Mann.

So pervers sind die Zeiten geworden, dass das in der Partei, die für gleiche Rechte für alle kämpft, ein fast unüberwindbares Hindernis geworden ist. Markus Somm prognostiziert, dass Daniel Jositsch keine Chance habe. Das könnte man als Lichtblick nehmen, denn wann hat Somm schon mal recht.

Aber im Ernst. Als sich Jositsch als Nachfolger für Simonetta Sommaruga präsentierte, wurde er ausgebuht. Denn die SP hatte sich diskriminierend entschlossen, nur ein Frauenticket zuzulassen; eine Bundesrätin brauche nicht den besten Kandidaten als Nachfolger, sondern einen mit dem richtigen Geschlecht.

Dann fiel noch die Favoritin auf die Schnauze, aber das war nur ein Treppenwitz. Viel schlimmer für die kämpferische Frauenbrigade in der SP war, dass sich Jositsch trotz falschem Geschlecht zur Wahl stellte. Noch schlimmer war, dass er sogar zweistellig Stimmen erhielt.

Nun geht es allerdings um die Nachfolge für einen männlichen Bundesrat. Da könnte man der Logik halber meinen, dass nur männliche Kandidaten zugelassen sein müssten. Aber Frauen und Logik …

Neben Jositsch will zum Beispiel Tamara Funiciello sich ernsthaft eine Kandidatur überlegen. Sie ist zwar unwählbar, aber eine Frau. Und überhaupt, für die Nachfolge von Alain Berset (wie er deutlich unter Beweis stellte: ein ganzer Mann) dürfen sich selbstverständlich Männer und Frauen bewerben, stellte die Co-Fraktionschefin Samira Marti klar.

Vielleicht wird gnadenhalber ein Doppelticket aufgestellt, auf dem dann auch ein Quotenmann figuriert. Der selbstverständlich alles dafür tun müsste, nicht gewählt zu werden.

Das bedeutet, dass Jositsch hier wieder schlechte Karten hat, denn er will weder als Alibi-Mann antreten, noch höflich einer unqualifizierten Frau den Vortritt lassen.

Schon haben sich die ersten Heckenschützinnen in Stellung gebracht und rümpfen öffentlich die Nase über diese neuerliche Frechheit von Jositsch. Wie kann er nur. Er wäre zwar der ideale Kandidat. Aber er hat schon mal gegen Frauen kandidiert. Pfui. Und er ist weiterhin ein Mann. Doppelpfui.

Meint jemand, ausserhalb von kampffeministischen Kreisen in der SP, dass das irgendwer versteht?

Ach, und wieso darf Jositsch das nicht tun, was Cédric Wermuth schon tat, eine Frau verdrängen? Gibt es dafür rationale Gründe? Oder liegt es daran, dass Wermuth ein paar Haare mehr hat? Wäre das die Logik, wäre Jositsch doch der ideale Kandidat für die kahle Knutschkugel Berset. Denn wieso soll man nicht Haupthaar als Kriterium nehmen? Ist doch auch nicht blöder als Geschlecht.

Vielleicht sollte sich die SP auf einen Schweizer Kompromiss verständigen. Weder Funiciello noch Jositsch. Dafür Fabian Molina. Damit wäre dann die Lachnummer komplett.

Wollen wir das sehen?

Steckt darunter ein kluger Kopf?

Bundespräsident Alain Berset zeichnet sich durch eine gewisse Wurstigkeit aus. Seit er seinen Rücktritt per Ende Amtszeit verkündete, trägt er die Haltung vor sich her: mir kann keiner.

Beim Staatsbesuch in Kolumbien zeigt er sich zwar mit ehemaligen Mitgliedern der Narco-Guerilla FARC, aber die dortigen Projekte der Hilfsorganisation Swissaid sind ihm egal.

Dann nutzt er die Sommerpause im Politbetrieb in Bern dazu aus, sich an der Zürcher Street Parade zu zeigen. Als erster Bundesrat überhaupt. Zur Erklärung lässt er einen launigen Artikel in der «SonntagsZeitung» erscheinen, womit er seinem Hoforgan SoBli und seinem Kumpel mit ehemaliger Standleitung Marc Walder eine lange Nase dreht. Nach der Devise: Euch brauch ich auch nicht mehr, im Fall.

An der Street Parade scheut sich Berset nicht, auch in schlechter Gesellschaft zu tanzen. So steht neben ihm zeitenweise SP-Nationalrat Fabian Molina, der Möchtegern-Co-Präsident von Swissaid und Freund unbewilligter Demonstrationen gegen den «Nazis» in Zürich.

Während sich Berset allerdings mit pinker Federboa, Panamahut und Zigarre im Rhythmus wiegte, widerfuhr ihm Ungemach. Zack, da flog die Bierdose und landete punktgenau auf dem Hut. Shit happens, sagte sich Bundesrat Luftikus, schüttelte sich kurz und tanzte weiter.

Es erhebt sich aber doch die Frage: wollen wir solche Bilder von unserem Bundespräsidenten sehen? Würde des Amtes? Während sich der Inhalt der Bierdose auf Hutkrempe und Federboa ergoss, stellt sich die Frage, was denn eigentlich unter dem Hut noch funktioniert.

Wie sehr allerdings die öffentliche Debatte immer mehr entgleist, zeigen die Leserkommentare bei der entsprechenden Meldung in der «Weltwoche». Meinungspluralismus und liberale Haltung hin oder her, solche anonymen Schmierereien gehen nicht: «Wenn 5 kräftige Männer auf Berset einschlagen, geht ihr helfen oder sagt ihr euch; 5 Mann sind genug?» Immerhin: nach Intervention wurde dieser Rülpser gelöscht. Aber auch diese pseudolustige Witzelei geht nicht: «Ein sauberer Wurf! Gratulation dem Schützen, der stellvertretend für viele handelte

Die gleichen anonymen Feiglinge hätten Bierschaum vor dem Mund, würde das einem Exponenten ihrer politischen Meinung passieren. Die «Weltwoche» tut sich keinen Gefallen, solchen Rüpeleien eine Plattform zu bieten, statt die Autoren via IP-Adresse zur Verantwortung zu ziehen.

Hart austeilen und einstecken können, ist das eine. Die Kommentarspalte versumpfen zu lassen, Krakeelern und Hirnis mit dem IQ einer Bierdose eine Plattform bieten, ist das andere, Schlechte und Schale.

SoZ schwankt

Zwischen grossartig und banal.

Wenn eine SonntagsZeitung den Speisezettel von Schulmensen in den Ferien untersucht, dann wäre die Alternative «weisses Papier» gar nicht so schlecht gewesen:

Daneben der Versuch eines klassischen Aufregers. Die «Grünen» fordern irgend einen Unsinn, andere regen sich darüber auf. Gähn. Aber die ersten drei Seiten sind durch, uff.

Dann sorgt Rico Bandle dafür, dass sich der langsam hyperventilierende Thomas Bucheli, der dringend ein Abkühlung bräuchte, weiter ins Elend quatscht. Denn die SoZ wandelt auf den Spuren der «Weltwoche» und hat ihrerseits stichprobenartig Prognosen von SRF Meteo mit der Wirklichkeit und mit BBC verglichen. Ernüchterndes Resultat: weiterhin Abweichungen bei SRF nach oben, bis zu sechs Grad. Dabei habe sich doch das ganze Team «reingekniet» und eine «neue Version des Algorithmus implementiert».

Widerspruch: die Prognosen sollen doch fixfertig von einem anderen «Wetterbüro» eingekauft werden. Nun scheint aber Buchelis «Team» die Vorhersagen selbst aufgrund von eingekauften Daten zu berechnen. Wieso denn SRF Meteo nicht einfach die fertigen Prognosen einkaufe, fragt Brandle dann. Ohne netterweise zu erwähnen, dass der Intimfeind von Bucheli mit Kachelmannwetter eine Möglichkeit wäre.

Aber nein, schmettert Bucheli zurück: «Auch Zeitungen schreiben selber Artikel, obschon sie die Beiträge auch einkaufen können.» Das hat natürlich was, und einkaufen wäre auch hier häufig besser. Dennoch ist der Vergleich schön schräg, wenn ein Einkaufen auf einen Schlag die Prognosen und die Qualität deutlich verbessern würde. Was bei Tamedia bei der Übernahme von Artikeln der «Süddeutschen Zeitung» nicht unbedingt der Fall ist.

Dann zeigt die SoZ, das ist wenigstens lustig, der «Blick»-Familie den Stinkefinger. Denn statt in seinem Hoforgan SoBli erklärt Bundespräsident Alain Berset hier, wieso er an der Street Parade teilnahm. So viel sei hier verraten: nicht, weil es dort so viele leichtbekleidete Weiber hat … Abgesehen davon, dass er diesen Beitrag garantiert nicht selbst verfasst hat.

Ein bedenklicher gedanklicher Tiefflug ist die Kolumne von Markus Somm. Er lobt Sergio Ermotti und Karin Keller-Sutterthis is not a bail-out», der potenzielle 16-Milliarden-Satz) dermassen über den grünen Klee, dass man sich fragen muss, ob er sich irgendwelche Hilfe für sein absaufendes Projekt «Nebelspalter» erwartet. Peinlich.

Aber nun kommen wir zum erwarteten Höhepunkt:

Nachdem sich Arthur Rutishauser in der ersten Folge den Versagerrat Urs Rohner vorgeknöpft hatte, kommen nun die letzten Führungsfiguren dran:

«Mit Tidjane Thiam und António Horta-Osório setzte der Verwaltungsrat der Credit Suisse gleich zwei Männer an die Spitze der Bank, die schwere charakterliche Schwächen aufwiesen. Beide konnten nicht rechtzeitig gefeuert werden, da der Verwaltungsrat geschwächt und die Bank in der Krise war. Das trug massgeblich zum Ruin der Bank bei. Ob die beiden strafrechtlich belangt werden können, muss sich noch weisen. Ihr Spesengehabe könnte Anlass geben zu einer Klage wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung.»

Das sind mal wieder beglückend klare Worte, bei denen es den Hausjuristen noch wärmer geworden sein dürfte, als die Aussentemperaturen vermuten liessen. Denn Rutishauser zieht wirklich vom Leder: «Thiam nützte Rohners Schwäche gnadenlos aus und machte, was er wollte … Thiam war fast ständig unterwegs, in Paris und auch in Hongkong, wo seine neue Freundin arbeitete.»

Auch der designierte Nachfolger von Rohner war ein Flop: «Doch auch bei Horta-Osório kamen die charakterlichen Schwächen rasch zum Vorschein. So fiel im Verwaltungsrat bald auf, dass er ausserordentlich hohe Spesen verursachte. Er flog fast jedes Wochenende mit dem Privatjet der Credit Suisse nach Portugal, was Millionenkosten verursachte. Horta-Osório liess die Maschine in Portugal jeweils tagelang auf dem Flughafen warten.»

Das Ende der zweiten Folge macht den Mund wässrig für die dritte: «Axel Lehmann war der letzte Mann, der Anfang 2022 verfügbar war, sofort das Präsidium zu übernehmen. Wie ungeeignet er dafür war, das zeigte sich ein Jahr später.»

Ob man Gleiches dann auch mal von der neuen Oberchefredaktorin von Tamedia sagen wird?

 

 

 

Prioritäten setzen

Nirgendwo versagen die modernen Medien so wie hier.

Ihr freiwilliger Beitrag für ZACKBUM

Überthemen werden zum Selbstläufer. Keine Redaktionskonferenz seit mehr als einem Jahr, an der nicht gefragt wird: und was haben wir heute zur Ukraine? Das ist und bleibt die absolute Artikelschleuder.

Dann gibt es die Hoch-und-runter-Themen. Rammstein ist so eins. Bad News sind immer good news («Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen»). Good News sind no news; Staatsanwaltschaft hat Untersuchung eingestellt. Auch hier wird ein ganzer Teppich von Kollateralartikeln ausgerollt. Was sagen Groupies? Was sagen Experten über Groupies? Was sagt uns die Existenz von Groupies? Sind die Herrinnen ihres Willens? Ist ein Ja ein Nein? Oder umgekehrt? Wieso beisst Til Lindemann in einen Apfel? Was hatte Chris von Rohr im Schweizerhof zu suchen?

Auch hier beginnt alles mit der täglichen Frage: was haben wir heute zu Rammstein? Aber das vergeht. So wie die Frage: was haben wir heute zum U-Boot?, inzwischen untergegangen ist. Noch etwas Nachbearbeitung, wer ist dran schuld, wer warnte schon früh, Milliardäre und ihre Sucht nach Gefahr, aber auch das geht vorbei.

Alain Berset, perfekte Gelegenheit, auf der Glatze Locken zu drehen. Mann und Werk, was hat er vollbracht, wo ist er gescheitert, was macht sein Liebesleben, lernt er nun ernsthaft fliegen, wer wird sein Nachfolger, was macht er eigentlich mit dem Rest seines Lebens? Aber auch das vergeht und verweht.

Aber nichts kommt an das Überthema heran, unter dem Stichwort «Ukraine» findet man in den letzten sechs Monaten in der SMD über 100’000 Treffer.

Es gibt aber auch Überthemen, die sehr stiefmütterlich behandelt werden, obwohl sie für die Schweiz von herausragender Bedeutung sind. Beispiel? Über die Credit Suisse sind in den letzten sechs Monaten etwas mehr als 27’000 Artikel erschienen, rund ein Viertel des Ausstosses bei der Ukraine.

Obwohl das einige behaupten, sind die Interessen der Schweiz durch den Ukrainekrieg nicht zentral berührt. Bleibt der Krieg lokal, sowieso. Wird er nuklear, ist es sowieso egal.

Aber selbst das Grounding der Swissair war Peanuts gegen das Schlamassel bei der CS. Selbst die Staatsrettung der UBS war im Vergleich harmlos – und gewinnbringend. Aber durch den Ausverkauf der CS zum Schnäppchenpreis an den Überdinosaurier UBS sind die Interessen der Schweiz zentral berührt. Selbst das Parlament hat das gemerkt und  eine PUK einberufen, das schärfste Instrument zur Aufklärung.

Insgesamt stehen 275 Milliarden an Staatsgarantien im Feuer, ungeheuerlich. Aber die Journaille verfolgt das nur mit mässigem Interesse. Das liegt einerseits an mangelnder Kompetenz. Wer sich erst durch die «Financial Times» darüber aufklären lässt, dass die Liquidierung von 16 Milliarden AT1-Anleihen per Federstrich der Bankenaufsicht FINMA international bei den Geprellten ein Riesengebrüll auslöst, sollte sich umschulen lassen. Wer sich ständig vom Einzelkämpfer Lukas Hässig abtrocknen lässt, hat seinen Beruf verfehlt.

Diese Fusion zu verstehen, ist sicherlich schwieriger, als sich gegen ein gesponsertes Abendessen auszusprechen. Aber mehr als drei Monate nach der Ankündigung der Fusion sind die meisten Fragen offen, haben die Schweizer Medien kaum etwas Eignes gebacken gekriegt, immer mit der löblichen Ausnahme Hässig und sein IP.

Seit wann bereitete sich die UBS auf die Übernahme vor? Welche (klägliche) Rolle spielen Bundesrat, Nationalbank und Bankenaufsicht? Wieso übernimmt der Steuerzahler Risiko ohne Entgelt? Wie hoch sind die Kollateralschäden durch diesen schwerwiegenden Eingriff in die Eigentumsgarantie? Wie kann es sein, dass der letzte CEO der CS zuerst von der UBS zur Konkurrenzbank wechselte, an der letzten GV der Bank abgewatscht und um sein Gehalt gebracht wird – um dann wieder ein warmes Plätzchen bei der UBS zu finden?

Das ist nur eine kleine Auswahl von Fragen, auf die die Schweizer Medien keine Antwort gefunden haben. Da zurzeit das Interesse von FT, «Wall Street Journal» und anderen ernstzunehmenden Wirtschaftsmedien nicht gerade riesig ist, macht eigentlich nur Hässig auf IP damit weiter, unangenehme Zusammenhänge auszuleuchten und unangenehme Fragen zu stellen.

Selbst die NZZ scheint mehr mit sich selbst und mit den Wirren um eine Nachfolge des Ex-Chefredaktors der NZZaS beschäftigt zu sein, als dass die Schreibkräfte sich auf das Thema «275 Milliarden im Feuer, na und?» kümmern würden.

Natürlich ist ein implodiertes U-Boot spannender als eine implodierte Bank. Natürlich kann man im gegendarstellungsfreien Raum der Ukraine immer wieder angeblich Neues behaupten. Natürlich ist eine Prozessbeobachtung bei Trump ergiebiger, weil man da problemlos von den US-Medien abschreiben kann. Aber eigentlich wären die Umstände, wie die CS verscherbelt wurde, für den Schweizer Leser und Steuerzahler entschieden interessanter. Wenn man sie ihm darbieten würde.

Rafi reimt sich

auf Reinfall. Schon als Stellvertreter konnte er es nicht.

Gieri Cavelty war ein armes Schwein. Als Häuptling fast ohne Indianer musste er jeden Sonntag einen Schatten des alten «SonntagsBlick» herstellen. Dabei jede Menge Vorgaben berücksichtigen. Feminismus, links, SVP pfui, Impfungen gut, Berset, Walder, Heimgartner, und dazu auch noch ein freundliches Gesicht machen.

Das hält man im Kopf nicht aus, also ergriff Cavelty offiziell die Chance, im Leben noch mal was Neues zu machen, nämlich Lehrer. Das ist der zweitoriginellste Abgang, seit Daniel Meier seinen Posten bei der NZZamSonntag gegen eine Lehre als Velomech vertauschte.

Ganze 31 Mal musste ZACKBUM sich mit Cavelty befassen, aber Abgegangenen wollen wir nichts Böses nachrufen. Immerhin auf 19 Erwähnungen bringt es Reza Rafi, davon 17 vor seiner Zeit als Chefdarsteller. Als Stellvertreter musste er natürlich noch beflissener das abliefern, was man höheren Ortes erwartete. Er kam damals nicht weiter als bis zur Wohnungsklingel, schrieb aber dennoch eine «Reportage» über «Das stille Netzwerk der Freiheitstrychler». ZACKBUM schrieb: «Wenn Journalisten zu Mietmäulern werden, ersäuft der Beruf in der Schmiere der verborgenen Parteilichkeit.»

So bediente er und diente er. Verdienter Lohn: jetzt ist er Chef geworden. Aber, leider, leider, schon in seinem ersten grösseren Artikel in dieser Eigenschaft zeigte er bedenkliche Kenntnislücken, was die Rahmenbedingungen für eine Schweizer C-Niederlassung betrifft.

Da geht doch noch was, dachte sich Rafi – und produzierte gleich den nächsten Reinfall. Unterstützt von der interimistischen Oberchefredaktorin Steffi Buchli versuchte er, Marco Rima zu interviewen. Bei solchen komplexen journalistischen Unterfangen gibt es drei mögliche Ausgänge.

Das Interview erscheint. Das Interview erscheint nicht. Plus die Rafi-Variante: das Interview erscheint nicht, aber es wird nachgetreten. Normalerweise passiert das, wenn eine Kommunikationsstelle das Gesagte völlig umschreibt, inklusive neue Fragen, die gar nicht gestellt wurden. So ein Interview erscheint einfach stillschweigend nicht – oder die Redaktion legt offen, was da alles rumgeschraubt wurde.

Die Rafi-Variante: das Interview erscheint nicht, weil rumgeschraubt worden sein soll. Jeglichen Beweis dafür (so sah unsere Variante aus, das wollte Rima) bleibt er allerdings schuldig.Woraus man bei der Glaubwürdigkeit und dem Vertrauen, das der SoBli geniesst, klar schliessen darf: da trat jemand auf die Bremse. Und der (oder die) hiess nicht Rafi. Und auch nicht Buchli.

Oder: mit Alain Berset wäre das nicht passiert.

 

Klatsch, Klatsch, Klatsch

Ein ernstes Thema, dessen sich die NZZ annimmt.

««Prinz William: Schock zum 38. Geburtstag: Wird er seine Lieben nie wiedersehen?», fragte «Das Neue» vor drei Jahren auf der Titelseite. Was war passiert? Die Antwort ist ebenso banal wie enttäuschend, sofern man ein echtes Drama erwartet hatte: Prinz William muss Brille tragen, zumindest manchmal.»

Ist das grenzwertig, gaga, unverkäuflich? Zumindest Letzteres nicht. Die NZZ konstatiert: «Insgesamt bringt es die Klatschpresse in Deutschland Woche für Woche auf rund drei Millionen Hefte und Magazine – das ist mehr als «Der Spiegel», «Die Zeit», «Focus» und «Stern» zusammen.»

«Haarscharf an Fake News vorbei», so nennt das ein Kenner der Klatschpresse. Und die NZZ versucht, das Ganze auf eine intellektuell höhere Ebene zu hieven: «Klatsch ist ein sozialer Akt. Er zeigt auf, welches Verhalten erwünscht ist, welches geächtet, wer wo steht in der Gesellschaft. Die Reichen, Schönen und Mächtigen müssen als Korrektiv herhalten.»

Dann kommt noch – unvermeidlich – das «Schumacher-«Interview». Die «Aktuelle» machte das Unmögliche möglich: «Michael Schumacher: das erste Interview!». Dem Kleingedruckten konnte der Leser dann entnehmen, dass die Antworten von einer KI stammten. Das gab dann ein Riesengebrüll, der Herausgeber entschuldigte sich zerknirscht, die Chefredaktorin wurde entlassen.

Dabei war die Idee gar nicht schlecht; die Antworten von Schumacher waren wahrscheinlich intelligenter als die, die er selbst gegeben hätte, wäre er dazu in der Lage gewesen.

Eine Liga für sich sind auch andere erfundene Interview, zum Beispiel eine ganze Serie mit dem Hollywood-Star Sandra Bullock. 50’000 Euro Strafe kosteten die gefakten Interviews, tragbar angesichts der Auflagen in den Hunderttausenden.

Auch in der Schweiz fielen schon Redaktionen auf die Fake-Interviews von Tom Kummer herein, der dieses Genre zu einer eigentlichen Kunstform entwickelte. Was ihm im Übrigen nicht wirklich schadete. Er wurde immer mal wieder in Schimpf und Schande vom Hof gejagt – um dann doch wieder aufzutauchen, inzwischen in der zweiten Ehrenrunde in der «Weltwoche». Bis er auch dort zum dritten Mal rausfliegen wird, um zum vierten Mal irgendwo aufzutauchen.

Denn das Phänomen von solchen gefälschten Klatsch-Storys ist immer mehr: wodurch genau unterscheiden sie sich beispielsweise von der Kriegsberichterstattung aus der Ukraine? Auch hier verschwimmt doch Lüge und Wahrheit immer mehr. Ist nun Bachmut von russischen Truppen zurückerobert? Ist die ukrainische Offensive gestartet? Haben die USA, hat Russland selbst, hat die Ukraine die Pipeline North Stream in die Luft gejagt? Man weiss nichts Genaues.

Hat sich nun König Charles III. bereits von seiner Camilla getrennt oder hängt nur der Haussegen schief? Wen interessiert’s eigentlich, ob das wahr oder erfunden ist? Solange die Story gut erzählt ist und ans Herz geht, eigentlich niemanden.

Diesen naheliegenden Schritt von der Analyse der deutschen Klatschheftchen zur Analyse der sogenannten Qualitätsmedien tut die NZZ leider nicht. Dabei würde es genau hier wirklich interessant werden. Dass es in der Schweiz mit der «GlücksPost» und der «Schweizer Illustrierten» zwei vergleichsweise seriöse Klatschheftchen gibt, dieser Hinweis hilft auch nicht weiter. Beide dümpeln bei je 100’000 verkauften Exemplaren herum, weit entfernt von glorreichen Zeiten, also die SI noch bei über 300’000 lag. Das heisst also, dass hier nicht in erster Linie seriöser gearbeitet wird, weil Klatschgeschichten à la «das erste Interview mit Tina Turner aus dem Jenseits» nicht erscheinen. Sondern dass die Schweizermacher nicht so gut wie ihre deutschen Kollegen sind, nicht nur Grenzbereiche der Wahrheit auszuloten, sondern auch ans Herz gehende Geschichten zu verkaufen.

Das gilt auch für den «Blick», der ja nur ein glattgefönter, enteierter, verweiblichter Abklatsch einer «Bild»-Zeitung ist. Tamedia ist nicht einmal der «Süddeutschen» gewachsen, von der «Welt» ganz zu schweigen. Nur die NZZ, das muss man ihr lassen, wird immer mehr zur ernstzunehmenden Konkurrenz der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung», die nach dem viel zu frühen Tod ihres Mitherausgebers Frank Schirrmacher schwer an Niveau verloren hat.

Wie man’s auch dreht und wendet, eine saftige Story wie die über unseren Bundesrat auf Abwegen mit Orientierungsproblemen beim Pilotieren, das hätten sich deutsche Blätter nicht entgehen lassen. Was stattdessen in der Schweiz erschien, reichte nicht mal für den überfälligen Rücktritt.

Bildcollagen: Screenshots NZZ.

 

«Blick» weiss Rat

Unermüdliches Arbeiten in der Hölle des Newsrooms.

Was kommt heraus, wenn man eingepfercht in Verrichtungsboxen ohne Trennwände Journalismus betreiben sollte? Handelte es sich um Hühner, wäre schon längst der Tierschutz eingeschritten. Aber so …

Hier werden auch Eier gelegt, Info-Eier. Zum Beispiel das hier:

Das ist nun ein starkes Stück. Denn zuvor verfolgte der «Blick» jede Nonsens-Aktion der Nationalrätin von ganz nah. So ihre peinliche Reise in die Ukraine. Zu verdanken hatte Irène Kälin diese Hofberichterstattung ihrem Gatten und Kindsvater Werner de Schepper. Den hatte sie schon einmal mit dem Kind alleine gelassen, als sie sich zur Selbstfindung nach Bern zurückzog.

Aber nun scheint’s ernst zu sein: «Gemeinsam mit ihrem Ex-Partner, Werner De Schepper (57), habe Kälin bekannt gegeben: «Wir haben uns schon länger getrennt. Und jetzt ziehe ich von Oberflachs nach Aarau.»»

Habe? Ist das also nicht erhärtet? Oder Hörensagen? Oder weiss der «Blick» auch nicht mehr, wann man Konjunktiv anwendet und wann nicht? Auf jeden Fall: Wenn das so wäre, ist’s gemein. Denn inzwischen hat de Schepper auch noch sein Gnadenbrot als Co-Chefredaktor von «Interview by Ringier» verloren. Was das ist? Ach, so ein Flop, damit sich Marc Walder mit Alain Berset bei der Vernissage des neuen Magazins zeigen konnte. Aber auch das ist ja, aber das würde hier zu weit führen.

Gleich neben dem Liebes-Aus im Hause Kälin-de-Schepper platziert der «Blick» diese Meldung:

Wir wollen nicht wissen, was die Equality-Beauftragte und die Fraktion für korrektes Gendern dazu sagen. Die Forderung «mehr Frauen in leitenden Stellungen» kann hier wohl nicht gemeint sein.

Dann ein paar Beiträge aus der Serie «das wollen wir gar nicht wissen»:

Wobei bei den letzten Beiträgen «Publi Reportage» oder «Paid Content» fehlt …

Jetzt wird’s aber einen Moment lang interessant:

Der «Redaktor Wirtschaft» Nicola Imfeld ist voller Lob und Hudel:

«Karin Keller-Sutter, Kurzname KKS, war in diesem Monat als Finanzministerin in einem Mass gefordert, wie es Bundesräte nur selten sind. … Sie ist zu einem Ergebnis gekommen, das sich angesichts der Umstände sehen lässt … Brilliert hat KKS bei der Pressekonferenz vor zwei Wochen nicht. Doch war sie die einzige am langen Tisch, die einen souveränen Eindruck hinterlassen hat.»

Nicht brilliert, das aber souverän? Wie geht denn das? Item, Imfeld schwingt sich zum Schluss-Tremolo auf:

«Anders als andere Exponenten am Tisch ist sie in der Folge nicht auf Tauchstation gegangen. KKS stand ihre Frau, kommunizierte in den Medien offen und selbstbewusst. So geht Krisenkommunikation. So schafft man Vertrauen.»

Dann gibt er aber vielleicht etwas zu viel Gas: «Hätten die CS-Verantwortlichen in den vergangenen Jahren ähnlich kommuniziert, wäre es kaum zu einem solchen Vertrauensverlust für die Bank gekommen.» Die CS hätte sich ein Beispiel an KKS nehmen sollen? An einer Finanzministerin, der es an jeglichem finanztechnischen Wissen fehlt? Interessante Behauptung.

Auf jeden Fall muss einer dieses Ranschmeisse-Lob mit grosser Beunruhigung lesen. Denn Alain Berset muss daraus zu Recht schliessen, dass er offensichtlich nicht mehr die Knutschkugel des «Blick» ist. «So sad», würde Donald Trump sagen.

Das würde er allerdings auch zum «Blick» sagen. Denn das waren noch Zeiten:

Da war Trump noch US-Präsident. Und Christian Dorer «Blick»-Oberchefredaktor. Aber nichts bleibt ewig, wie es ist …

 

Wer hat welchen Beruf verfehlt?

In der aktuellen Groteske kann man nur mit Humor überleben.

Als das Fernsehen noch schwarzweiss und deutlich besser war, gab es die Sendung «Was bin ich?», das heitere Beruferaten mit Robert Lembke.

In dieser Tradition will sich ZACKBUM der Frage widmen, wer welchen Beruf verpasst hat. Zum Beispiel Alain Berset wäre sicherlich als Schauspieler auf den Spuren von Yul Brynner erfolgreicher als im Bundesrat gewesen. Von dem Applaus weiblicher Fans ganz zu schweigen.

Urs Rohner, der Versagerrat der Credit Suisse mit weisser Weste, hätte sich viel besser als Lehrer für Moral und Ethik an einer katholischen Hochschule bewährt. Wer da einwendet, dass ihm doch dafür sämtliche Voraussetzungen fehlen: na und, das ist doch auch bei seiner Tätigkeit als Legal Counsel oder als VR-Präsident so gewesen. Aber der strenge Blick durch die schwarzumrahmte Brille, der hätte für einen Lehrer wenigstens gepasst.

Bei Sergio Ermotti kann nur empfohlen werden, als Model für Golden Ager massig Geld zu schaufeln. Gut, das tut er als Stehaufmännchen bei der UBS auch. Aber vom schnurgeraden Seitenscheitel über die graumelierten Haare, den leicht gebräunten Teint, die auf Körper geschnittenen Anzüge und die edel manikürten Hände, plus dieses Flair des Südländers, dazu die glutvoll-dunklen Augen: wird James Bond in seiner Wiederauferstehung nicht mit einem Schwarzen besetzt, würde in dieser Rolle Ermotti ein Zeichen für ältere, aber immer noch dynamische Männer setzen. Schliesslich waren auch schon Roger Moore und Pierce Brosnan lediglich Dressmen.

Bevor ZACKBUM Männerlastigkeit vorgeworfen wird: Karin Keller-Sutter wäre ideal als Gouvernante. Sie bringt dafür den strengen Blick, gute Umgangsformen und den verkniffenen Mundausdruck mit, den es bei erzieherischen Aufgaben dringend braucht. Besonders geeignet wäre sie als ausgebildete Dolmetscherin in mehrsprachigen Haushalten, wo sie für Erziehung, Disziplin und einen Schuss Multikulti sorgen könnte.

Axel P. Lehmann, der bald arbeitslose CS-VR-Präsident, Markenzeichen randlose Brille und leicht verschreckter Gesichtsausdruck, könnte problemlos die Lücke ausfüllen, die Paul Spahn hinterlassen hat. Ältere Semester erinnern sich; Spahn war die seriöse Ausgabe von Leon Huber als Tagesschau-Sprecher. Wenn sich Spahn am Ende der Ausgabe die Brille von den Ohren häkelte und leicht melancholisch in die Kamera blickte, ob all des Leids, das er wieder mal verkünden musste, dann wusste der Zuschauer, dass er der amtlichen Verlesung der korrekten News beigewohnt hatte. Auch wenn Lehmann dieser Eindruck bei der CS nicht gelang, an dieser Stelle würde er aufblühen und zur Vertrauensfigur einer ganzen Nation emporwachsen.

Cédric Wermuth, auch darin unstreitig begabter als sein Nachahmer Fabio Molina, könnte sogar internationale Bedeutung erlangen. Als eines der gefragtesten Bart-Models der Welt. Auch das übrige Styling passt bereits; immer das gleiche schwarze Jacket, weises Hemd mit oder ohne Pullover, perfekt, es zählt der Wiedererkennungswert. Aus diesem Grund entschied sich Wermuth, sein zuerst bartloses, dann unrasiertes Gesicht mit einem auf Kante geschnittenen Vollbart zu verzieren. Die Wangen sauber ausrasiert, der Kinnsteg zur Unterlippe, der nahtlose Übergang vom dichten Haupthaar zur feingetrimmten Bartkotelette, das zeugt von Hingabe, Pflege und Eitelkeit. Ein weiterer Vorteil für viele wäre, dass man als Bart-Model nicht viel sagen muss.

Sanija Ameti, Pardon, Patrizia Laeri, nein, das hier soll ja eine ernsthafte Satire sein, Christian Dorer, der beurlaubte «Blick»-Oberchefredaktor, überlegt sich garantiert auch, ob er nicht besser Buschauffeur geblieben wäre. Aber auch dieser Beruf würde ihn nicht vollständig ausfüllen; Dorer eignete sich ideal als Anpreiser für Dauerwerbesendungen. Mit diesem vertrautenerweckend-unschuldigen Gesicht, dazu seiner Sprachfertigkeit, seinem Durchhaltevermögen würde er es spielend schaffen, Fitnessgeräte, Abmagerungsdiäten, glitzernde Uhren und Schmuck, sogar Gemüseraffeln und Wisch-und-Weg-Putzmittel so an den Mann und die Frau zu bringen, dass er sich damit eine ganze Mannschaft von jungen Matrosen mieten könnte, um mit ihnen in den Sonnenuntergang zu schippern.

Die Nachtreter

Die Medien überschlagen sich im CS-Bashing. Post festum.

Im Nachhinein besserwissen, das ist die einfachste Übung der Welt. Man braucht nur eine gewisse Schamlosigkeit und die Hoffnung auf das Kurzzeitgedächtnis der Leser.

Ausgerechnet eine Isabell Strassheim zählt im «Tages-Anzeiger» die «Haupt­verantwortlichen im Drama der Credit Suisse» auf. Es ist ziemlich genau zwei Jahre her, da sorgte Strassheim für eine der dicksten Enten, die jemals durch den Tagi watschelte.

«Bund wollte keine eigene Impfproduktion», behauptete sie kühn. Mitsamt Karikatur auf der Frontseite, bissigem Kommentar und seitenfüllend. Kurz darauf musste der Tagi zähneknirschend eine «Korrektur» abdrucken; «neue Recherchen» hätten ein etwas anderes Bild ergeben. Die Berichterstattung über diesen Megaflop übernahmen dann andere, Strassheim pausierte ein Weilchen.

Nun ist die angebliche Pharma-Spezialistin als Bankendrescherin wiederauferstanden. Das Gefühl von Peinlichkeit oder Scham ist ihr offenbar völlig fremd.

Das geht allerdings nicht nur ihr so. Legion die Artikel, die einen neuen CEO, einen neuen VR-Präsidenten bei der CS enthusiastisch begrüssten. Unvergesslich die schleimige Lobeshymne im «SonntagsBlick» auf den Gewaltstypen aus Portugal. Als unschöne Gerüchte aufkamen, dass es zwischen dem damaligen Traumpaar CEO Thomas Gottstein und VR-Präsident Ontario Horta-Osório zu Friktionen gekommen sei, eilte der SoBli herbei, um den beiden in einem Doppelinterview Gelegenheit zu geben, Sauglattismus zu versprühen:

«Frage: Sie sind ein sehr guter Tennis-Spieler, Herr Gottstein ein begnadeter Golfer …
Horta-Osório: Moment! Ich bin okay. Aber Thomas spielt besser Golf als ich Tennis.
Gottstein: Da bin ich mir nicht so sicher.
Horta-Osório: Du hast am letzten Sonntag beim Golfen unentschieden gespielt, ich habe meine Tennispartie verloren. Das ist Beweis genug. (lacht)»

Nur das zum Artikel gestellte Foto von Plisch und Plum sprach allerdings Bände. So fanden die Gazetten immer wieder lobende Worte für neue und alte Versager auf der Kommandobrücke der CS. Lediglich Arthur Rutishauser, das muss man ihm lassen, wich kaum von seiner kritischen Linie ab.

Aber bei Tamedia zahlt sich Kompetenz schon lange nicht mehr aus. Damit steht man dem wenig kompetenten Big Boss Pietro Supino in der Sonne. Also musste Rutishauser ins Glied zurücktreten, als Bauernopfer, weil die Geschäftsleitung von Tx Group die Affäre Roshani kommunikativ völlig in den Sand gesetzt hatte. Aber das wäre die Geschichte eines anderen Versagens.

Auch Ringier weicht inzwischen von seinem Schmusekurs gegenüber der Knutschkugel Alain Berset ab und setzt deutliche Fragezeichen hinter die misslungene Rettungsoperation des Bundesrats. Zu offenkundig wurde, dass weder Berset noch die frischgebackene Finanzministerin Karin Keller-Sutter die geringste Ahnung vom Inhalt dessen hatten, was sie ungelenk bei der Sonntagspressekonferenz vom Blatt lasen.

Nur die NZZ bleibt sich und ihrem Wackelkurs gegenüber der ehemaligen FDP-Bankenburg CS treu. Zu jung sind noch die engen Verzahnungen, die es zwischen der Falkenstrasse und dem Paradeplatz gab, wo Mehrfachversager Mehrfach-VR-Mandate innehatten und die CS die Hausbank der alten Tante war. Nun schimpft sie zwar fleissig mit im Chor, weist aber immer noch andere scharf zu recht: «Boni zurückfordern oder ganz verbieten – das ist Polittheater

Denn wenn nichts mehr hilft, dann hilft das Evozieren des Allheilmittels: «In einer Marktwirtschaft braucht es andere Instrumente, um Manager zur Rechenschaft zu ziehen.» Was die NZZ geflissentlich übersieht: eine Bank, die «too big to fail» ist, hat nichts mit Marktwirtschaft zu tun. Absurde Gehälter und hemmungsloses Greifen in Bonustöpfe für das Produzieren von Milliardenverluste, das hat ebenfalls nichts mit Marktwirtschaft zu tun. Sondern mit Politikversagen, genauer mit dem Versagen der FDP-Politik.

Es ist verblüffend, wie sich die Schlagzeilen während der Finanzkrise eins im Jahr 2008 und heute gleichen. Sie gleichen sich auch deswegen, weil weder die Medien noch die Politik – und erst recht nicht die Banker – das Geringste aus dem damaligen Systemversagen gelernt hätten.

Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass ja auch die Medienkonzerne irgendwo ihren Finanzhaushalt regulieren müssen. Und das tun sie nicht bei der Alternativen Bank oder dem Sparhafen. Sondern bei einer der Grossbanken in der Schweiz. Dort werden die Konzerne auch für Kredite vorstellig, nehmen gerne Sponsoring von Anlässen entgegen – das alles bremst dann doch etwas das Verlangen, kritisch über die eigene Hausbank zu berichten.

Dann nicht nur im Sport fragt man sich bang, was dieses Schlucken der vorletzten international tätigen Grossbank durch die allerletzte für das Sponsoring bedeuten wird. Steht nun einfach UBS drauf, wo früher Credit Suisse stand? Und wo beide Kohle liegen liessen, wir da nun ein Teil eingespart?

Bedeutende Fragen, die natürlich unbeantwortet bleiben. Deshalb lässt man gerne die zweite Garnitur ans Gerät. Wenn dabei auch noch das Geschlecht stimmt, umso besser. Wobei wahrscheinlich so die journalistische Vorhölle aussieht: eine Raphaela Birrer beauftragt eine Isabell Strassheim, ein paar strenge Worte über die CS zu verlieren. Man ist fast versucht zu sagen: also das hat die Bank nicht verdient, etwas mehr Respekt vor einer Leiche.

 

 

Pokerface Berset

Wie hier schon angekündigt, geht er «all in».

Hat er’s gewusst oder nicht? Das ist zur zentralen Frage in der Affäre Alain Berset geworden. Hat der Bundesrat gewusst, dass sein Pressesprecher sozusagen eine Standleitung zum Ringier-CEO Marc Walder unterhielt und den wohl auch mit dem Amtsgeheimnis unterliegenden Informationen fütterte?

Das ist eine banal-binäre Frage, mit lediglich zwei Varianten. Ja, er wusste es. Nein, er wusste es nicht. Der Beweis dafür, dass er es nicht wusste, ist naturgemäss nicht zu führen. Der Beweis, dass er es wusste, das wäre eruierbar.

Hat Bersets Ex-Sprecher Peter Lauener Vertrauliches durchgestochen? Sollten damit Bundesratsentscheide beeinflusst werden? Stimmt die dünne Behauptung der «Blick»-Leitung, dass man aus eigenen Kräften und keineswegs vom CEO munitioniert, Primeurs rausgehauen habe?

Das alles sind sozusagen ephemere Fragen. Die Frage aller Fragen ist: wusste er, wusste er nicht. Bislang vermied es Berset, darauf eine klare Antwort zu geben; er verurteilte lediglich das Durchstechen, sollte es eines gegeben haben.

Aber seit der jüngsten Pressekonferenz ist das anders. Da verlas der Bundesratssprecher André Simonazzi eine Erklärung in leicht gewundenem Beamtendeutsch:

«Gestützt auf die Angaben des Bundespräsidenten, der versichert hat, von solchen Indiskretionen keine Kenntnis gehabt zu haben, wird der Bundesrat die Geschäfte auf der Grundlage des wiederhergestellten Vertrauens weiterführen.»

Das nennt man beim Pokern all in. Also der Spieler schiebt alle seine Chips in die Spielwette. Verliert er, ist er all out, nämlich pleite. Gewinnt er, bekommt er das Doppelte seines Einsatzes zurück. Wer als Poker Player all in geht, tut das aus zwei Gründen. Er ist sich verdammt sicher, dass er das beste Blatt hat. Oder er blufft und will das seine Mitspieler glauben machen.

Indem Berset klar sagen lässt, dass er von allfälligen Indiskretionen nichts gewusst habe, geht er all in. Im Gegensatz zum Pokern lässt er damit seinen langjährigen Pressesprecher Lauener im Regen stehen. Der habe also auf eigene Faust, ohne Wissen seines Chefs Informationen an Walder weitergegeben.

Dafür landete Lauener schon vier Tage im Knast und wurde kürzlich unter nicht geklärten Umständen von seinem bewunderten Chef getrennt. War das schon ein Bauernopfer? Auf jeden Fall fiel Lauener weich. Ihn gegen das anhaltende Schweigegelübde eines ehemaligen Chefbeamten verstossen zu lassen, das bräuchte wohl einen so grossen Batzen Geld, wie ihn kein Schweizer Medium aufwerfen will.

Und für ein rachsüchtiges «jetzt rede ich» ist Lauener wohl zu schlau; er ist ja noch ein paar Jährchen von der Pensionierung entfernt.

Von da droht Berset also keine Gefahr. Ausser, Lauener spielt über die Bande und lässt das eine oder andere aus seinem Giftschrank heraustropfen, ohne Absender, versteht sich.

Aber: was man früher den Paper Trail nannte, die Papierspur, ist heute ein digitales Meer. Wer war schon so blöd (nicht mal allzu wenige), heikle Themen schriftlich festzuhalten. Ein Gespräch im Park war immer das Mittel der Wahl.

Aber heutzutage benützt jeder SMS, WhatsApp, Threema, Instagram, Facebook, dazu E-Mail und sogar Videobotschaften. Nun kann Berset nur darauf hoffen, dass niemand in diesem Meer eine Aussage von ihm findet, aus der klar hervorgeht, dass er doch von diesen Indiskretionen wusste. Natürlich gibt es da Interpretationsspielraum, aber wenn es eine mehr oder minder klare Aussage dazu von Berset gibt:

Dann ist er nicht mehr haltbar. Muss, schnell oder langsam, zurücktreten. Was gerade im Wahljahr nicht wirklich gut ist. Aber besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende – ein Berset, der um sein Amt kämpft und mit aller Rabulistik trotz klaren Belegen und Indizien weiter abstreitet.

Zumindest sieht es schwer danach aus, dass ein Bündnispartner auf Distanz geht. Statt des Lobes voll zu sein über den Riesenstaatsmann Berset, mopst der «Blick» nach der Pressekonferenz:

«Berset liess die Journalistenfragen jedoch an sich abprallen. Selbst auf die Frage, weshalb er zur Medienkonferenz antrete, wenn er den Journalisten doch nichts sage, sagte er nichts. Dafür gibt in Bundesbern schon zu reden, dass Berset sich nun demonstrativ von seinem über Jahren treusten Mitarbeiter distanziert. «Typisch Berset, das war ja so klar, dass er das macht», sagen solche, die den Freiburger Bundesrat lange kennen

Überdeutlich: dort wird er nicht mehr geliebt. Und obwohl der Oberchefredaktor Christian Dorer behauptet, dass niemand Einfluss nehme: eine solche Klatsche kommt nur ins Blatt, wenn ganz oben Einverständnis signalisiert wurde.

Man möchte nicht in der Haut seines besten Vertrauten stecken, der nun all diesen Schriftverkehr durchforsten muss. Und sich eventuell sogar strafbar macht, wenn er verräterische Sequenzen löscht. Wobei man im Internet nie weiss, wo was noch zusätzlich gespeichert ist …