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Opfergang einer Journalistin

Eine «Blick»Redaktorin hat Unfassbares durchgemacht.

Für unsere Leser, die mit diesem Begriff vielleicht nicht vertraut sind:

«Catcalling – das können sexuell anzügliche Bemerkungen, Pfeif- oder Kussgeräusche, aufdringliche Blicke, obszöne Gesten oder Kommentare über das Äußere einer Person sein. Catcalling ist eine Form sexueller Belästigung im öffentlichen Raum.»

Das haben wir natürlich den italienischen Bauarbeitern zu verdanken, die mit dieser Unsitte in der Schweiz anfingen, unter der heute noch Hunderttausende von Frauen leiden. Darunter auch Gina Sergi. Sie hat es auf sich genommen, ihren schrecklichen Alltag für den «Blick» und zur Abschreckung dokumentarisch festzuhalten.

Es ist eine Reportage des Grauens geworden. «Fast jeden Tag werde ich und ein ganzer Haufen weiterer Frauen in diesem Land verbal sexuell belästigt. Ein Nachpfeifen oder ein Nachrufen auf der Strasse, das nennt man Catcalling.»

Erster Tatort, der Hauptbahnhof Zürich. da sitzt Sergi harmlos vor einem Drink und fummelt am Handy. Kommt ein Catcaller. Der fragt sie doch (auf Englisch), warum sie jemand so lange warten lasse, sie sei doch zu schön dafür. Als sie ihn abserviert, sie warte halt einfach, sagt er höflich, dass sie dann ihren Drink geniessen solle und wunderschön sei.

Furchtbar; es spricht für die Stabilität von Sergi, dass sie nach diesem Catcalling keine psychologische Betreuung brauchte, sondern einfach weitermachte im Spiessrutenlauf. Sie geht zu einem Gleis, um dort zu warten. «Hier erlebe ich den Klassiker», kündigt sie unheilschwanger an. Eine Gruppe von Männern nähere sich. Nun passiert das Unsägliche: «Es wird gepfiffen und mir ein «Hey, Perle» an den Kopf geworfen.» Und dann? Muss sie Pfefferspray zum Einsatz bringen? Nein, das war’s schon mit dem Catcalling.

Dann die Langstrasse, die Sündenmeile von Zürich. Zwei Männer heften sich an ihre Fersen und sagen «hey, Schönheit». Sie reagiere nicht, trotzdem laufen die beiden ihr noch anderthalb Minuten nach. Unerträglich.

Kaum ist sie diesem Übergriff entronnen, sagt doch ein anderer Herr im Vorbeilaufen «Eh, ciao, bella!». Wahnsinn, trotzdem zieht sie weiter in eine Bar. Schon der Türsteher, der ihr einen Stempel auf die Hand drückt, vergleiche sie «absurderweise» damit: «Schön wie du.» Wie erträgt sie das nur? Beim Weglaufen sieht sie mit ihren Augen im Hinterkopf, dass man ihr auch noch «auf den Arsch» schaue. Un-ver-schämt, un-er-träglich.

Aber sie bleibt tapfer und begibt sich an die Bar. Überraschung, nach nicht einmal einer Minute komme schon «der erste Typ». Schon wieder auf Englisch fragt der: «Was kann ich dir zu trinken bringen?» Sie lehnt dankend ab, schon wieder ein Catcalling überlebt. Aber nun kommt es knüppelhart. Sie zieht ihre Jacke aus, und es dauert nicht mal zwei Minuten, «da habe ich einfach eine Hand an der Hüfte». Aber dabei scheint es zu bleiben, denn der erste Mann meldet sich nochmal mit der lustigen Anmache, ob es ihr wohler wäre, wenn sie wüsste, «dass er ein Neurochirurg» sei. Eigentlich sagt er, er sei Neurowissenschaftler, aber Englisch ist Glücksache. Auf ihr dezidiertes «Nein» hin zieht er sich mit der leicht beleidigten Bemerkung, dass sie zu wählerisch sei, höflich zurück.

Und so weiter, und so fort. Als sie dann in der nächsten Bar einer sogar noch kurz am Oberarm berührt, ist die Schmerzschwelle für Sergi erreicht, sie «bricht das Experiment ab». Nun zur psychologischen Betreuung? Fast, in solchen Fällen hat die selbsternannte Agota Lavoyer ihren Auftritt. Sie ist bekannt dafür, sich selbstbewusst lächerlich zu machen. Als «Autorin und Fachexpertin für sexualisierte Gewalt». Wie sie von Sergi erlebt, erlitten, erduldet wurde. Weil Sergi ja erschüttert aufgab, werden nun noch Videoschnipsel von Catcalling worldwide eingespielt. Lavoyer ist bekannt für Absurd-Aussagen wie: «Es sei nicht zuletzt der fehlenden Gleichberechtigung geschuldet, dass sexualisierte und häusliche Gewalt an Frauen in der Schweiz noch immer so verbreitet seien». Sie ist sozusagen die weibliche Ausgabe von Marko Kovic. Apropos, wo ist der eigentlich abgeblieben?

Leider muss ZACKBUM zusammenfassen: wenn das alles ist, was einer Frau im Bahnhof oder an der Langstrasse oder in Bars passiert, dann kann sie den Pfefferspray ruhig zuhause lassen. Und das betroffene, ernste Gesicht auch.

Denn dass Männer mehr oder minder geschickt versuchen, mit einer Frau zu flirten, das ist nur für fanatische Woke-Anhängerinnen, die sich auch beim Anblick eines Mohrenkopfs spontan unwohl fühlen, ein Problem. Worauf wir allerdings immer noch vergeblich warten: Frauen, die sich darüber beschweren, dass sie diskriminiert werden. Indem sie niemand anflirtet.

 

Wie SRF News eine Welle bastelt

Manchmal hilft es, journalistische Leistungen mit etwas Distanz zu betrachten.

Am 8. Februar 2023 waltete «SRF News» seines Amtes und berichtete in mediengemässen 3.55 Minuten über die Erzählungen von Anushka Roshani im «Spiegel». Deren Inhalt war soweit durch, also musste natürlich weitergedreht werden. Ein wenig Drama am Anfang kann nicht schaden, sagte sich die seriöse Nachrichtenredaktion und unterlegte den Opener «Sexismus in der Medienbranche – ein systematisches Problem» mit Bildern einer Männerhand, die auf einem behosten Oberschenkel liegt. Statt sich diese Mühe zu machen, hätte SRF vielleicht eher den Unterschied zwischen systematisch und systemisch gelernt …

Dann wird es abstrus. Eine «Redaktionssitzung» von «ElleXX» wird gefilmt. Hier berichten völlig unbekannte Pseudo-Journalistinnen wie Miriam Suter oder Samantha Olivia Taylor von «krassen Beispielen» wie dass ein Chef gesagt haben soll, als junge Anfängerin solle man demütig sein oder dass es ein Mail gegeben habe solle, das eine anzügliche Bemerkung enthielt. Kleiner Formfehler: natürlich sind das zeitlich nicht genauer bestimmte angebliche Ereignisse mit unbekannten Teilnehmern und völlig ohne Beleg.

Patrizia Laeri behauptet dann, auf ihr Outing, dass vor mehr als 20 Jahren ein SRF-Mitarbeiter sie zu küssen versucht habe, hätten sich mehr als hundert Frauen bei ihr gemeldet, die auch «mit ihrem Namen hinstehen» würden. Kleiner Formfehler: das haben sie bislang nur bei Laeri gemacht. Angeblich.

Fehlt noch etwas? Natürlich, die «Fachexpertin». Auftritt Agota Lavoyer, die selbsternannte «Expertin für sexualisierte Gewalt» mit eher kleinem Fachausweis. Wenn die Postfinance ein etwas schräges Stelleninserat macht, wenn ein Gerichtsurteil in einem Vergewaltigungsprozess zu kritisieren ist – Lavoyer ist zur Stelle. Und lässt sich mit schräge Sachen wie dieser zitieren: «Es sei nicht zuletzt der fehlenden Gleichberechtigung geschuldet, dass sexualisierte und häusliche Gewalt an Frauen in der Schweiz noch immer so verbreitet seien». Sie ist sozusagen die weibliche Ausgabe eines Marko Kovic.

Und kommt auch bei dieser journalistischen Spitzenleistung von «SRF News» zum Handkuss (wenn man das noch sagen darf). Überrraschungsfrei meint sie: «Wir haben in der Schweiz ein Sexismusproblem.» Dazu «Machtasymmetrien, sexistische Kulturen, Blabla». Schlussfolgerung von «SRF News»: «Und Sexismus in der Medienbranche ist offenbar verbreitet.» Beweis? Die Behauptung von Laeri, bei ihr hätten sich über 100 Frauen gemeldet.

Dann folgt noch die lahme erste Stellungnahme von Tamedia «nehmen die Vorwürfe sehr ernst», etwas Selbstgeisselung (Skandal beim Westschweizer Staats-TV!) und tschüss.

Betrachtet man diese knapp vier Minuten journalistisches Versagen mit etwas Distanz, muss man konstatieren: Aufhänger nicht hinterfragt, aus dem Einzelfall Roshani mit untauglichen Mitteln eine Welle gemacht, eine untaugliche «Expertin» befragt, unfundierte Schlussfolgerungen gezogen. Dazu Gratiswerbung für «ElleXX».In jedem Anfängerkurs «wie mache ich einen Vierminüter nicht» könnte das als Paradebeispiel für Ausbildungszwecke verwendet werden. Stattdessen wurde es ausgestrahlt.

Man muss hier den Machern eine gewisse Schamlosigkeit in der Inkompetenz zubilligen.

Zahlen für Schrott

Auch bei CH Media gibt es eine Bezahlschranke. Leistung, Qualität. Ätsch, reingefallen.

Der Autor Stefan Ehrbar hat sich vom Sachbearbeiter Zahlungsverkehr zum freien Journalisten und schliesslich zum Journalist «Vollzeit» bei CH Media hochgearbeitet. Das ist eine Karriere. Bei CH Media wird alles – ausser dem Lokalen – von einer Zentralredaktion in Aarau abgefüllt. Daher prangte bei sämtlichen Kopfblättern online zuoberst ein Werk des Vollzeitjournalisten: «Sexismus? Postfinance sucht Leute, die Arbeitszeit «nicht dem Kampf für Gleichberechtigung» widmen – und will es gut gemeint haben.»

Diesen Titelbandwurm versteht nun nicht jeder Leser. Aber der zahlende kann hinter der Aboschranke auf Aufklärung hoffen. Ist Ehrbar hier einem Skandal auf der Spur? Werden ausgerechnet bei der Postfinance Frauen gemobbt, sexuell belästigt, marginalisiert, abgewertet, ignoriert?

Zunächst hat Ehrbar nix zu meckern: «Die Post-Finanztochter Postfinance hat theoretisch alles richtig gemacht für ein gendergerechtes Stelleninserat: Sie sucht nach «Softwareentwickler:innen».» Das mag zwar gendergerecht erscheinen, ist aber schlichtweg eine Vergewaltigung der deutschen Sprache. Das lobt Ehrbar, tadeln muss er hingegen den Inseratetext auf Linkedin. Er beginnt launig damit, dass die gesuchte Person (darf auch männlich sein) sich mehr für den binären Unterschied zwischen 0 und 1 als für den genetischen zwischen XX und XY interessieren sollte.

Sollten lesende Blondinen (Achtung, Sexismus) das nicht kapieren, wird es noch ausgedeutscht: «Wir suchen Softwareentwickler:innen, die Ihre Arbeitszeit dem Banking der Zukunft und nicht dem Kampf für Gleichberechtigung widmen wollen.»

Das ist nun eigentlich ein verständlicher Wunsch eines Arbeitgebers, dass der nicht für Genderdebatten, sondern für die Herstellung von Software bezahlen will. Aber in den heutigen Zeiten sind für einige Marktteilnehmer Genderdebatten entschieden wichtiger: «Ihr solltet den Unterschied zwischen misogynem Mist und unbedarftem LinkedIn-Post herausarbeiten.» Leider verzichtet der Nutzer auf eine Erklärung, wie das die Postfinance anstellen sollte. Mit dem Fremdwort misogyn (für frauenfeindlich) ist er wohl an seine Grenzen gestossen.

Die überschreitet dann aber Agota Lavoyer, «Expertin für sexualisierte Gewalt», problemlos. Damit werte die Postfinance den Kampf um Gleichberechtigung massiv ab, will sie wissen. Aber es wird noch viel schlimmer: «Es sei nicht zuletzt der fehlenden Gleichberechtigung geschuldet, dass sexualisierte und häusliche Gewalt an Frauen in der Schweiz noch immer so verbreitet seien», zitiert Ehrbar die Expertin. Und versetzt Postfinance sozusagen noch den Todesstoss:

«Frauen würden auch alleine deswegen getötet, weil sie Frauen sind.»

Angesichts all dieser Weiterungen muss man geradezu von Milde sprechen, dass Lavoyer nur eine «unsäglich miserable Leistung» von Postfinance kritisiert. Die wehrt sich – natürlich mit untauglichen Argumenten: «Die Botschaft dieses Werbemittels ist, dass Gleichberechtigung bei Postfinance in der Kultur fest verankert und so normal ist, dass die Mitarbeiter:innen keine Zeit im Job dafür aufwenden müssen.»

Aber das Finanzhaus gelobt Besserung; es weiss, wie schnell es in einen Shitstorm geraten kann, auch ohne den geringsten nachvollziehbaren Anlass. Bleibt vielleicht noch die Frage, welche Qualifikationen eigentlich diese «Expertin für sexualisierte Gewalt» mitbringt. Auf ihrer Webseite, jetzt wird’s natürlich ganz heikel für einen männlichen Autor, verzichtet sie auf jede Angabe zu Aus- oder Weiterbildung. Ausser: «Als Opferhilfeberaterin habe ich in den letzten Jahren hunderte Opfer sexualisierter Gewalt begleitet.»

Damit hat sie sich dann offenbar einen festen Platz im Adressverzeichnis von Journalisten erobert: «Ich berate, rede, schreibe über gesellschaftspolitische Aspekte sexualisierter Gewalt, Opferberatung und Opferhilfe.» Damit hat sie es schon als «Studiogast» in den «Kassensturz» geschafft oder in die Spalten des Weltblatts «Hauptstadt». Ausserdem erscheine im Juni ihr «erstes Buch». Das sei ein «Kinderfachbuch zur Prävention sexualisierter Gewalt.» Das Wort «Buch» ist dehnbar; das Bändchen umfasst ganze 73 Seiten, für die stolze 23 € fällig sind.

Nun kann sich jeder (und jede) zum «Experten» für irgendwas ernennen, sei es auch nur durch Praxiserfahrung. Also eine Hausfrau ist sicherlich Expertin für den Haushalt. Ein Müllmann Experte für Müll.

Wieso aber ein Journalist eines angeblichen Qualitätsmediums hinter der Bezahlschranke einer solchen «Expertin» unwidersprochen das Wort erteilt und nicht merkt, dass sie ein launiges, aber sicher nicht sexistisches Inserat zu einem Skandal aufblasen will, der in letzter Konsequenz zur Ermordung von Frauen führe, das ist ziemlich niveaulos.

Genau wie sein eigener besserwisserischer Hinweis am Schluss des Artikels: «Möglicherweise kann die Post-Tochter aus der Episode etwas lernen: A/B-Testing, also das Ausprobieren zweier Versionen, ist nicht nur in der Softwareentwicklung nützlich – auch die Marketingverantwortlichen könnten sich damit künftig einigen Ärger ersparen.»

Allerdings ist er offensichtlich kein Experte für Software. Dort gibt es nämlich A/B-Testing nicht. Und wie soll das bei einem Stelleninserat gehen? Sexistische Variante A, politisch und gendermässig völlig korrekte Version B? Also ev. mit Ansprache der rund 164 verschiedenen sexuellen Orientierungen und dem Hinweis, dass Postfinance als Arbeitgeberin besonderen Wert auf Engagement im Kampf für Gleichberechtigung legt und kein Problem damit hat, wenn darunter die Softwareentwicklung leidet?

Oder einfach gefragt: wie frech muss man sein, um für so etwas auch noch Geld zu verlangen? Wie vernagelt muss man sein, wenn man sich wundert, wieso immer weniger Leser bereit sind, für einen solchen Schrott etwas zu bezahlen? Zugegeben, das sind sicherlich schrecklich sexistische Fragen eines Mannes, der eine oder einen Softwareentwickler garantiert nur nach seinen Kompetenzen einstellen würde, während ihm seine Einstellung zum Kampf um Gleichberechtigung eher egal wäre. Dem er/sie sich mit voller Energie widmen dürfte – nach Ablieferung einer dem Gehalt entsprechenden Leistung.