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Neues von der Abraumhalde

Tamedia als Werkhof für Rezykliertes.

Ihr freiwilliger Beitrag für ZACKBUM

Dieser Artikel warf keinerlei Wellen in der «Süddeutschen Zeitung»:

Die «begeisterte Tennisspielerin, Langstreckenläuferin und Snowboarderin» Anna Dreher interviewte in der «Süddeutschen Zeitung» diese Grinsbacke. Seine Qualifikation dafür: «Big-Wave-Surfer Sebastian Steudtner raste eine mehr als 26 Meter hohe Welle hinunter: Weltrekord

Wer das tut, weiss natürlich auch genügend Lebensweisheiten, die eng mit seiner Tätigkeit zu tun haben «es gibt noch viel größere Wellen» und sich problemlos auf alle wichtigen Themen des Lebens («Geld») anwenden lassen.

Am 13. Oktober 2022 durften sich die Leser der SZ gemessene 9 Minuten lang langweilen und sich fragen, womit sie das verdient hatten. Aber immerhin, Steudtner ist Deutscher (und Österreicher), wuchs in Nürnberg auf und kann somit zu dem weiteren Einzugsbereich Bayerns gezählt werden.

Lässt sich mit dieser längst vergangenen Welle noch etwas anstellen? Aber sicher, sagt sich Tamedia, hier können wir den guten Satz, dass man niemals in die gleiche Welle nochmals steigen kann, Lügen strafen.

Denn feinsäuberlich hinter der Bezahlschranke verborgen, lässt es Tamedia am 5. November 2022, immerhin diesmal mehr als drei Wochen nach der Erstveröffentlichung, nochmals plätschern:

Was ist in all den Tagen geschehen? Nun, es wurden brecherhohe Veränderungen am Inhalt durchgeführt. Was sofort auffällt: aus «größere Wellen» wurden «hohe Wellen». Womit elegant das Problem des ß umsurft wurde.

Dann heisst es statt «Reden wir über Geld» als Spitzmarke «Interview mit Extremsportler». Damit war aber die Sport-Redaktion von Tamedia, offenbar alle ungedopt, erschöpft; der Lead wurde eins zu eins übernommen, nach der Einleitung folgt auch bei Tamedia: «Ein Gespräch über zähe Jahre ohne Sponsoren, Entwicklungsarbeit im Windkanal und seine Suche nach noch gewaltigeren Brechern.»

Tamedia wiederholt sich, jedes Mal schlimmer. ZACKBUM wiederholt sich: Dafür Geld zu verlangen, ist eine Frechheit. Ein Trauerspiel des Journalismus. Eine Leserverarschung. Eine Aufforderung an die wenigen verbliebenen Abonnenten: verpisst euch – oder lest doch einfach die Süddeutsche, dann wisst ihr schon vorher, was bei Tamedia erscheinen wird.

Ex-Press XLIV: Fütter, Futter, anfüttern

Blasen aus dem Mediensumpf. Für Enthüllungen gibt es nur noch eine Quelle: zugespieltes Material.

Der «Tages-Anzeiger» sonnt sich in einer aufregenden Enthüllung: «Schweizer Polizisten testeten verbotene Gesichtserkennungs-App». Immerhin ist das Blatt so aufrecht, dem voranzustellen: «Enthüllung eines US-Magazins».

Die NZZaS sonnt sich in einer Enthüllung: «Wie Raiffeisen den Millionenlohn von Vincenz kaschierte». Stolz publiziert es eine Seite aus dem Bericht der Untersuchungs-Task-Force, den Raiffeisen auf Anweisung der Strafverfolgungsbehörden anfertigte. Darauf basierend kann das Blatt enthüllen, dass der sich immer so bescheiden gebende Gutbanker Pierin Vincenz auf verschlungenen Wegen bis zu 14 Millionen Franken kassierte – pro Jahr.

Der «SonntagsBlick» vermeldet schadenfroh, dass die TX Group, zu der Tamedia gehört, ein kitzliges Problem hat: «Medienhaus TX droht Namensverlust». Denn das Kürzel wurde bereits von einem Anwalt ins Markenregister eingetragen, als TX zwar den neuen Namen herausgepustet hatte, diese Formalie aber verschnarchte. Der SoBli kam sicherlich nicht von selbst auf die Idee, mal die Einträge im Handelsregister zu überprüfen.

«Gedanken zum Secondo August», so war ein ganzseitiges Inserat überschrieben, in dem ein vom «Beobachter» wegen seiner Geschäftspraktiken Kritisierter  mit professioneller Unterstützung Gegensteuer gab. Für Die SoZ (und andere) gleich Anlass, ihm einseitig Plattformen für die Darstellung seiner Sicht der Dinge zu liefern.

Im Kleinen wie im Grossen: Abfüttern ist gross in Mode

Im grossen Massstab hat ein internationaler Zusammenschluss von Medien immer wieder ganze Datenbanken ausgeschlachtet, die ihm von unbekannten Quellen zugespielt wurden. Und als «Papers» oder «Leaks» veröffentlicht, was man Skandalöses darin gefunden haben wollte. Medien als Untersuchungsbehörde, Ankläger und Richter in einer Person. Um sich den Wind nicht aus den Segeln nehmen zu lassen, wurde konsequent darauf verzichtet, die Beute mit den Strafverfolgungsbehörden zu teilen.

Die Affäre Vincenz ist von Anfang bis zum nahenden Ende ein Skandal. Wegen seines Verhaltens sicherlich auch, denn mit dieser neuen Enthüllung ist auch noch sein Image als Gutbanker, der die Lohnexzesse bei den beiden Grossbanken kritisiert, dahin.

Aber vor allem, weil wohl noch nie mit der Unschuldsvermutung und dem Untersuchungs- sowie Amtsgeheimnis so ein Schindluder getrieben wurde. Mit dem Bankgeheimnis übrigens auch, denn angestossen wurde die Affäre durch eine Enthüllung des Finanzblogs «Inside Paradeplatz», der mit konkreten Kontoinformationen aus einer Bank heraus angefüttert worden war.

Als das anfänglich keine Wirkung erzielte, wurde Arthur Rutishauser, Oberchefredaktor bei Tamedia, zum willfährigen Empfänger immer neuer Dokumente, Unterlagen und Informationen, die er sofort und brühwarm mit der Öffentlichkeit teilte. Während die Staatsanwaltschaft den Verfahrensbeteiligten einen Maulkorb verpasste.

Anschliessend wurde über Jahre Intimes und Internes und als krönender Höhepunkt zum Schluss sogar der Inhalt der 368 Seiten umfassenden Anklageschrift der Öffentlichkeit serviert. Die war sogar schneller als die Betroffenen informiert, da solche Werke heutzutage immer noch per Post auf den Weg gebracht werden.

Aber wenn sich jemand die Mühe macht, das schnell zu digitalisieren und enthüllungshungrigen Medien zuzuspielen …

Auch die Jagdszenen in der Nähe der Bahnhofstrasse, die am Schluss zum Rücktritt des CEO der Credit Suisse führten, kamen nicht als Ergebnis einer knallharten Recherche ans Tageslicht.

Damit soll natürlich nichts gegen das Verwenden zugespielter Informationen gesagt werden. Auch ZACKBUM profitiert davon, wenn beispielsweise abfällige Bemerkungen der redaktionellen Leiter nach unten von CH Media von Ohrenzeugen berichtet werden. Nach denen hatte Pascal Hollenstein seine zahlende Printleserschaft übel beschimpft, als Milchkühe abgestempelt.

Aber von den Leaks abwärts gilt es immer abzuwägen, welche Absichten die anonyme Quelle verfolgt, die gerne streng vertrauliche Informationen gratis und ohne Rücksichten auf strafrechtliche Folgen an die Öffentlichkeit bringen möchte. Das weiss der Lautsprecher nicht, also die Plattform, die den «primeur» rausposaunt. Das weiss die Leserschaft noch viel weniger.

In diesem Sinne ist das einleitende Beispiel von Tamedia noch relativ harmlos. Die haben einfach die US-Blog «BuzzFeed» aufmerksam gelesen und die Ergebnisse von deren Recherche ausgeschlachtet. Ist ja erlaubt, aber die Eigenleistung, die entsprechenden Polizeidienststellen nochmals mit den gleichen Frage zu belästigen, die bereits BuzzFeed stellte, ist eher überschaubar.