Westentaschen-Philosophin
Barbara Bleisch ist nicht wegzudenken.
ZACKBUM hatte sich zu früh gefreut. Als Bleisch die letzte Kolumne für Tamedia verfasste. Überheblich, wie wir sind, dachten wir, dass das nicht zuletzt an unseren unermüdlichen Versuchen lag, uns durch die Stolpertexte zu quälen und das Ergebnis unseren Lesern mitzuteilen.
Aber wie auch immer, die Dame ist zäh. Und sie weiss weiterhin, aus jedem Pipifax ein philosophisches Elaborat zu verbrechen. Wenn das jemand wie Peter Sloterdijk macht, ist’s wenigstens unterhaltsam. Der könnte über das Kochen eines Eis ein kleines Feuerwerk philosophischer Aperçus giessen.
Bleisch hat’s immer einige Nummern kleiner. Und persönlicher. Denn, Publikum, staune und raune, sie ist 50 geworden, sogar 51. Dazu möchte man gratulieren, wenn sie diese banale Tatsache, die den meisten Menschen früher oder später widerfährt, nicht zu einer «Philosophie der besten Jahre» aufgepumpt hätte; 272 Seiten, zum Fenster hinausgeschmissene Fr. 35.90.
Aber es geht auch billiger, wenn man das Interview mit Bleisch in der NZZ liest. Zu lesen versucht, denn schon die erste Antwort schreckt doch ab:
«Ich stehe selber in der Mitte des Lebens und fand es immer interessanter, mich den philosophischen Fragen zuzuwenden, die mich persönlich beschäftigen. In der Philosophie ist die Mitte des Lebens ein unerforschtes Gebiet im Gegensatz zur Kindheit und Jugend oder zum Alter und Sterben.»
Und was hat ihr Gründeln in den philosophischen Tiefen der Lebensmitte ergeben?
«Die Enttabuisierung der Menopause war überfällig … Wenn Frauen befürchten, dass sie verblühen, meinen sie wohl vor allem ihr Äusseres, weil weibliche Schönheit oft nur mit Jugendlichkeit assoziiert wird … Man kann die Krise aber auch philosophisch verstehen, etwa im Sinne von Karl Jaspers: als Moment der Existenzerhellung … Auf dem Hochplateau gleichen viele ihre Ziele mit dem Gewordenen ab und ziehen Bilanz … Ich stehe vor diesen riesigen, uralten Gesteinsmassen und fühle mich winzig klein. Das hat etwas Beklemmendes, aber gleichzeitig Erhebendes, weil mein kleines Ich nicht mehr zählt und ich mich als Teil eines grösseren Ganzen erlebe.»
Menopause, Verblühen, Karl Jaspers, Beklemmendes und Erhebendes. Das ist dieses Pseudo-Geschwurbel, das alle Äusserungen von Bleisch ungeniessbar macht. Das ist nicht erhaben, nicht mal lächerlich. Es ist einfach flach.
Auf sie trifft nicht einmal der Satz zu: si tacuisses, philosophus mansisses. Denn selbst wenn sie geschwiegen hätte, wäre sie keine Philosophin. Obwohl sie das immer so furchtbar in den Vordergrund schiebt und es in keinem Text auslässt, irgend einen Philosophen zu erwähnen. Das ist dann immer «im Sinne von Kant, Foucault, Derrida, Blabla», was einem Schwulst Denktiefe verleihen soll.
Das lateinische Zitat ist frei vom römischen Gelehrten Boethius abgeleitet. In einem Dialog sagt ein Möchtegern-Philosoph, nachdem er eine wichtige Rede schwang: «Erkennst du nun, dass ich ein Philosoph bin?» Darauf antwortet der richtige Philosoph: «Ich hätte es erkannt, wenn du geschwiegen hättest.» Bei Bleisch müsste man sagen: Ich hätte es nicht einmal erkannt, wenn sie geschwiegen hätte.