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«20min» – Tamedia: 7:0

Der Nahvergleich einer Gratis-Postille mit einem Bezahlblatt.

Das «Classic Plus»-Abo des «Tages-Anzeiger» kostet (inkl. «SonntagsZeitung», E-Paper und digitalem Zugang) 838 Franken im Jahr.

«20 Minuten» kostet (inkl. Papier bis Ende Jahr) 0 Franken.

Der Tagi bietet dafür hinter der Bezahlschranke Artikel wie «So stark nehmen Hitze­tage in Schweizer Städten zu – und das ist erst der Anfang», ««Es soll unmöglich aussehen», sagt der Mann, der am Zürichsee Steine balanciert», «Was bringt ein Social-Media-Verbot für Kinder wirklich?», copy/paste von der SZ, «Sie steht für Sex und Subversion», Debbie Harry zum 80., übernommen aus der SZ, oder «Frau Wiederkehr (94) aus Zürich trainiert täglich für die Seeüberquerung», Eigenleistung.

«20 Minuten» bietet «Trinkgeld-«Nötigung»: US-Verhältnisse an Schweizer Theken?», «300 Entlassungen drohen: Wird Impfstofffabrik dichtgemacht?», «Hickhack um UKW: Nationalräte wollen Radio doch nicht abschalten», «Das sind die sechs umstrittensten Punkte in den EU-Verträgen», dazu Sondergefässe wie «Faktenchecks», «AI» oder «Donald Trump». Ergänzt durch eine breite lokale Berichterstattung.

Was völlig fehlt ist das, was bei Tamedia Unmengen von Platz beansprucht: Meinung, Kommentar, gute oder weniger gute Ratschläge an alle Führer der Welt, per copy/paste übernommene Inhalte aus einer Münchner Zeitung, die hinter Bezahlschranke dem Leser verkauft werden.

Formal ist das Layout von «20 Minuten» dicht, der Platz wird konsequent ausgenützt, die Headlines sind optimiert für Clicks des modernen Lesers.

Nach dem letzten, verunglückten Redesign (der Schuldige machte sich anschliessend schnell vom Acker) lähmt bei Tamedia links grosser Weissraum, angefüllt mit ellenlangen Titeln, rechts jeweils ein herbeigeprügeltes Symbolbild, dazu Rubriken wie «Beliebteste Artikel», «Podcast», natürlich «Meinungen» oder, für eifrige Scroller, weit unten «Neuste Artikel».

Eine Lachnummer ist das, was von «Kultur» übrigblieb.

Tamedia beschäftigt (inklusive Westschweiz) rund 1400 Mitarbeiter. Noch. «20 Minuten» hat rund 300 Nasen auf der Payroll. Noch.

Frage: wenn es 300 Werktätigen gelingt, ein besseres Blatt zu machen, das zudem gratis angeboten wird, wieso braucht es dann 1400 Angestellte (ja, generisches Maskulin), die Minderwertiges herstellen,  und dafür wird erst noch ein exorbitanter Preis verlangt?

Zweite Frage: wie viele überbezahlte Verlagsmanager braucht es, um daraus nahelegende Schlussfolgerungen zu ziehen?

Bei beiden Blättern geht die Printauflage fast senkrecht das Loch runter. «20 Minuten» hat die Konsequenz gezogen und stellt per Ende Jahr auf rein digital um. Von Tamedia ist nichts Vergleichbares zu hören. «20 Minuten» lebt ausschliesslich von Werbeeinnahmen, Tamedia weitgehend, knöpft seinen Lesern aber kräftig Geld ab, um sie mit mageren Eigenleistungen und vielem aus Fremdquellen (SZ, SDA, etc.) zu ärgern.

«20 Minuten» war und ist so erfolgreich, dass es vom geschickten Oberboss Pietro Supino in ein eigenes Profitcenter ausgelagert wurde, damit der Gewinn nicht im Kopfblattsalat der übrigen Blätter versickert.

Nachdem er den «Stellenanzeiger» und alle Anzeiger dem «Tages-Anzeiger» amputierte, der sie gross gemacht hatte und dem nun schmerzlich diese Einnahmen fehlen.

Letzte Frage: Wie kann man die Dummheit dieser Verlagsmanager messen, und wie kann man sie beschreiben, ohne in Rechtshändel verwickelt zu werden?

Kann man nicht, man kann nur den Totengräbern bei der Arbeit zuschauen.