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Faktenferne Faktenprüferin

«20 Minuten» rüstet auf mit einer spezialisierten Faktencheck-Taskforce. Die oberste Hüterin der Wahrheit ist allerdings selbst sehr affin für puren Unsinn.

Von Stefan Millius

«Wem sein Penis lieb ist, der sollte sich besser gegen Covid-19 impfen lassen.»

«Gegen Covid-19 geimpfte Frauen schützen ihr Baby über die Muttermilch»

«Mann leidet nach Covid-19-Erkrankung unter ‹analem Unbehagen›»

«Forschende wollen Coronavirus mittels Schweiss nachweisen»

Diese Schlagzeilen klingen, als hätte sich der Praktikant eines schmierigen US-Tabloid-Blatts in der Kaffeepause mit einer Ladung flüssigem Klebstoff im WC eingeschlossen. Sie stammen aber aus «20 Minuten», konkret von einer Dame mit dem poetischen Namen Fee Anabelle Riebeling.

Die Wissenschaftsredaktorin genoss mit ihrer aufgeregten Stimmlage während der Coronazeit in den sozialen Medien grosse Verbreitung. Der erste Impuls als Leser war stets: «Geil, ein neuer Satireaccount, den muss ich gleich dem Heinz schicken!» Hatte man die Wahrheit dann mal erkannt («Ach, das ist ernst gemeint und die Frau gibt es wirklich!»), teilte man den Beitrag dennoch. Das ist wie beim Unfall auf der Autobahn: Man will nicht, aber man muss hinsehen.

Drum prüfe, wer publiziere

Nun übernimmt Riebeling die Leitung der neuen «interdisziplinären Faktencheck- und Video-Verifikations-Taskforce» von «20 Minuten». Meldung an den internen Einkauf: Bitte grossformatige Visitenkarten bestellen. Ihr Team, das noch im Aufbau ist, will noch mehr als bisher darauf achten, dass nur «geprüfte Informationen» publiziert werden.

Wie immer bei Faktencheckern ist es natürlich deren Geschmack überlassen, was das Prädikat «geprüft» erhält oder nicht. Unterm Strich müsste die Taskforce wohl einfach dafür sorgen, dass das, was in der Zeitung steht, stimmt. Früher war das eine Grundaufgabe von Journalisten, nun braucht es dafür eine Elitebrigade.

Aufjaulender Menschenverstand

Laut Fee Anabelle Riebeling setze man bei der Arbeit auf technische Onlinetools, aber mehr als das: «Wir setzen unseren Menschenverstand ein.» Das klingt bei ihr schon fast wie eine Drohung. Denn wie es herauskommt, wenn Riebeling ihren Menschenverstand abruft, sieht man, wenn man die Liste oben durchgeht.

– Ein Corona-Schweisstest wurde von thailändischen Forschern einst ins Spiel gebracht, danach hörte man schnell nichts mehr davon, und in der Apotheke sollte man eher nicht danach fragen. Bei Riebeling klang es wie der grosse Durchbruch.

– Muttermilch ist eine gesunde Sache, aber von einem Effekt der Impfung berichteten nur einzelne Ministudien wie beispielsweise der University of Massachusetts (30 Teilnehmerinnen). Als allgemein akzeptierte Erkenntnis setzte sich das nie durch. Aber Riebeling berichtet im «Es ist so»-Stil.

– Dasselbe gilt für die These, dass man aufgrund von Covid-19 unter akuter Schlaffheit im Lendenbereich leiden kann. Ein wissenschaftlicher Beweis fehlt, der einzige Anhaltspunkt sind Männer, die bei Untersuchungen angaben, vor der Coronaerkrankung wilde Hengste gewesen zu sein und bei denen danach die Manneskraft schwächelte. Der weitaus häufigste Grund für Erektionsstörungen, psychische Probleme, wurde offenbar der Einfachheit halber ausgeschlossen.

– Das mit dem «analen Unbehagen» schenken wir uns, das spricht für sich.

Literatur + Kultur = Wissenschaft

Die Chefin der neuen Faktenchecker-Taskforce von «20 Minuten» geht also selbst sehr freihändig mit Informationen um. Stimmen sie in ihr Weltbild, verkauft sie diese auch bei dünnster Beweislage als unumstössliche Wahrheit. Entsprechen sie nicht ihrer Meinung, sind es natürlich «Fake News» – muss man gar nicht erst gross prüfen.

Nebenbei: Fee Anabelle Riebeling hat Angewandte Literatur- und Kulturwissenschaften, Journalismus und Soziologie studiert. Danach war sie an der Hamburg Media School und am MAZ. Nur falls jemand wissen will, was es braucht, um «Wissenschaftsredaktorin» bei «20 Minuten» zu werden und eine Taskforce zu leiten.

Als die Bilder laufen lernten

Die Mainstream-Medien entdecken das Bewegtbild. Sogar in Farbe.

Tamedia setzt auf skelettierte Redaktionen und Videos zwecks Bespassung der immer kleineren Leserschar. Allerdings ist das Anschauen meistens reine Zeitverschwendung. So führt Tamedia stolz ein Video vor, das angeblich die angebliche Jacht von Präsident Putin zeigen soll, die in einem italienischen Hafen beschlagnahmt wurde.

Das informative und unterhaltsame Video zeigt – die Jacht. Aus verschiedenen Perspektiven. Von der Seite. Von vorne. Nochmals von der Seite. Von nahe, so weit halt ein Tele heranzoomen kann. Man sollte diese Minute verschwendeter Lebenszeit dem Konzern in Rechnung stellen.

Das Gleiche gilt auch für den Videobericht über die Explosion in Havanna, bei der das Hotel Saratoga schwer beschädigt wurde. Es muss mit Dutzenden von Todesopfern und Verletzten gerechnet werden. In dieser Minute sieht man – die rauchenden Trümmer der Hotels. Aus verschiedenen Perspektiven. Nochmals eine Minute Lebenszeit geklaut.

Ringier setzt bekanntlich auf «Blick TV», eine Art Nachrichtenshow. Zwar zuletzt runtergespart bis zum Gehtnichtmehr, aber immerhin mit eigenen Reportern vor Ort. So zum Beispiel auf dem Friedhof bei Riehen, wo traditionell eine Gedenkfeier anlässlich des sowjetischen Sieges über Hitlerdeutschland stattfindet. Da schaltet «Blick» live zum Reporter vor Ort. Leider nur zu spät, denn der kann nur berichten, dass gerade eigentlich nichts los sei, was eine einsame Person im Hintergrund stumm bestätigt.

Aber wozu gibt es den Rückblick; zuvor sei etwas los gewesen, berichtet er. Da hätten sich doch zwei Frauen in ukrainischen Farben vor den Gedenkstein gestellt, worauf Russen (und Russinnen, wir sind bei Korrekt-TV) «das Gespräch» gesucht hätten, anschliessend seien die beiden Frauen davongelaufen. Einblick in Einfalt-TV.

Wie es sich gehört, setzt das Blatt für die besseren Stände natürlich nicht auf Videoschnipsel, sondern produziert unter dem passenden Namen «NZZ Format» eigene Dokumentationen, über interessante und manchmal auch weniger interessante Themen.

CH Media, der Konzern mit den meisten eigenen Privat-TV-Stationen und jeder Menge Dudelfunk, hat allerdings noch nie etwas von Synergien gehört. Der Web-Auftritt seiner Unzahl von Kopfblättern ist völlig frei von Bewegtbild und -ton. Vielleicht muss da technologisch noch aufgerüstet werden.

Dafür setzt einer der drei Auslandredaktoren, die sich der Konzern leistet, seine Serie der Blödel-Alliterationen fort. Putin, Potemkin, Parade, wer kann da schon widerstehen. Auch wenn auf dem Roten Platz keine Holzfassaden vorbeigetragen wurden.

«20Minuten» zeigt auch in diesem Bereich, wieso es weiterhin alle Bezahlzeitungen in seiner Reichweite abtrocknet. Gleich eine ganze Videogalerie nimmt auf die Sehgewohnheiten auch der jüngeren Leserschaft Rücksicht.

«watson» hingegen, Überraschung, bemüht sich auch in der Abteilung Video, das Niveau unermüdlich tieferzulegen. Mit Erfolg:

Und wie steht es denn mit der «Republik»? 50 Nasen, Millionenbudget, sollten da zur Rettung der Demokratie nicht auch Videos eingesetzt werden? Beschallt wird der Leser ja mit Podcasts, aber zum Bewegtbild hat’s noch nicht gereicht. Wahrscheinlich braucht es dafür zunächst eine neue Bettelrunde unter der Leserschaft.

Freie Presse

Kommentar? Kommentar fast überflüssig. Die neue Rubrik.

Wir widmen uns wieder mal dem, was übrigbleibt, wenn das Überthema Ukraine wegfällt. Fangen wir mit dem Auflageking an, «20 Minuten»:

Chli stinke muess es, aber nicht hier.

Zeitpunkt verpasst.

Wir spazieren zum Mutterhaus Tamedia:

Links, subventioniert, pleite. Der ewige Dreiklang.

Alles, einfach alles ist problematisch in der Welt des Tagi.

 

Was bietet CH Media an klarer Kante?

Hat aber nichts mit den Privatradios des Wanner-Konzerns zu tun.

Wir brauchen was Leichtes, sagte der Tagesverantwortliche …

Nun zum Blatt der gebildeten Stände und des differenzierten Nachdenkens. Richtig geraten, «Blick»:

Das ist mal politisch korrekt, keine Namensnennung.

Pierin Vincenz im «Blick», mit namentlich genannter Dame an seiner Seite.

Sag beim Abschied leise Ma-ma-maske.

Könnte das irgendwie rassistisch sein?

Auf jeden Fall ist es die passende Überleitung zum zweiten Intelligenzblatt. Genau, die NZZ:

Was dem einen sein Sauerkraut, ist dem anderen sein Sauerteig.

Immerhin ein Wort der Vernunft.

Das passende Stichwort – für «watson», claro.

Wer hier lacht, sollte sich untersuchen lassen. Ernsthaft.

Wir wollen am Schluss versöhnlich sein (oder auch nicht).

Wo lag Auschwitz?

Geschichte wird immer wieder neu umgegraben.

Das Vergangene ist nicht tot. Es ist nicht einmal vergangen. Einen Beitrag zu dieser Erkenntnis leistet aktuell «20 Minuten». Denn das Gratis-Blatt veröffentlichte diese «Berichtigung»:

Dahinter steht, wie meist, eine komplexere Wahrheit. Es gibt wohl keinen anderen Begriff, der so symbolisch für das Jahrhundertverbrechen der Judenvernichtung steht wie Auschwitz. Das Wort steht für die Hölle auf Erden, für unvorstellbare Skrupellosigkeit und für die Ermordung von vermutlich 1,5 Millionen Menschen; in der überwiegenden Mehrzahl Juden.

Nun liegt Auschwitz heute unbestreitbar in Polen, heisst Oświęcim. Daher wird häufig der Begriff «polnisches KZ» verwendet, um es geographisch zu lokalisieren.

Unbestreitbar wurde das Lager von deutschen Besatzungstruppen errichtet und unter deutscher Leitung betrieben, im Generalgouvernement Polen. Das bestreitet – ausser ein paar unverbesserlichen Holocaust-Leugnern – niemand. Natürlich haben sich hier die Deutschen Schuld aufgeladen, die auch in der historischen Distanz nicht kleiner wird. Als die Rote Armee das KZ am 27. Januar 1945 befreite, traf sie auf noch 7000 Überlebende, von denen viele trotz medizinischer Hilfe in den folgenden Tagen verstarben.

Im Rahmen einer Geschichtsrevision gibt es in einigen europäischen Ländern den Versuch, die Beteiligung der eigenen Bevölkerung an der Judenverfolgung kleinzuschreiben. Denn in keinem anderen Land wurde diese dunkelschwarze Etappe der Geschichte so umfangreich aufgearbeitet wie in Deutschland.

Geschichtsklitterung in vielen europäischen Ländern

In Frankreich wiegt man sich bis heute noch in der Illusion, dass eigentlich fast jeder Franzose in der «Résistance», also im Widerstand war. Alle historischen Fakten und Tatsachen, die dieser Geschichtslüge widersprechen, werden gerne ausgeblendet.

Polen ist sogar einen Schritt weiter gegangen. Es hat Gesetze erlassen, die es untersagen, der polnischen Nation auch nur eine Mitverantwortung für den Holocaust zu geben. Wer das tut, muss mit einer Gefängnisstrafe rechnen.

Dennoch gibt es aktuelle Untersuchungen wie die Studie «Judenjagd» von Jan Grabowski, der aufgrund historischer Forschungen in Archiven und erhaltenen Akten zum Schluss kommt, dass Polen am Tod von bis zu 200’000 Juden mitverantwortlich waren, dass es auch polnische Judenhatz gab, Stichwort «Blaue Polizei».

Damit soll die unbestreitbare Hauptschuld der Deutschen in keiner Form relativiert werden. Es ist auch eine deutsche Schuld, die Schuld einer ganzen Nation, in der sich nach dem Zweiten Weltkrieg allzu viele damit herausreden wollten, dass sie von nichts gewusst hätten. Was eine kollektive Lüge ist.

Aber gesetzlich festzulegen, was über Geschichte gesagt werden darf und was nicht, das ist von Übel. Damit wird Vergangenheit nicht bewältigt, sondern beschönigt. Das ist Ausdruck eines übersteigerten Nationalismus, eine Schuldabweisung, die den historischen Tatsachen nicht entspricht.

Polen will sich seiner Vergangenheit nicht stellen

Gegen die Verwendung des Begriffs «polnisches KZ» für Auschwitz wehrt sich insbesondere der Verein «Patria Nostra», der schon im Titel auf seiner Webseite klarstellt: «Auschwitz war deutsch». Das ist so unbestreitbar wie die geographische Tatsache, dass Auschwitz in Polen liegt.

Genauso unbestreitbar wie die Tatsache, dass es nicht nur in Polen, sondern auch in der Ukraine und anderen von Hitler-Deutschland besetzten Gebieten im Osten eine mehr oder minder ausgeprägte Bereitschaft gab, sich an der Judenhatz zu beteiligen. Denn Antisemitismus war keine Geisteskrankheit, die erst von den Deutschen mitgebracht wurde. Sie grassierte in Ungarn, Rumänien, Bulgarien und selbst in der UdSSR.

Es ist genauso unbestreitbar, dass fast alle KZ von Deutschen errichtet und geleitet und betrieben wurden. Es gibt hier die Ausnahme des KZ Jasenovac in Kroatien, ebenfalls ein Vernichtungslager, das aber von den Kroaten in eigener Regie betrieben wurde. Daran möchte sich das heutige Kroatien nicht gerne erinnern lassen.

Es gibt den türkischen Völkermord an Armeniern, die Vernichtung der Kulakenklasse in der UdSSR. Ohne die Singularität des Holocaust damit relativieren zu wollen: in all diesen Fällen ist ein Weisswaschen im Nachhinein, gar Verbote, gewisse Begriffe zu verwenden, das Führen von Prozessen zum Beispiel in Deutschland gegen die Verwendung der Formulierung «polnisches KZ Auschwitz» sicherlich der falsche Weg einer Vergangenheitsbewältigung.

Eine Berichtigung, die eine Verfälschung ist

Dass, um zum Anlass zurückzukommen, «20 Minuten» sich zu einer «Berichtigung» veranlasst sah, die die falsche Tatsachenbehauptung enthält, dass Auschwitz Teil des Deutschen Reichs gewesen sei, zeugt von allgemeiner Geschichtsvergessenheit.

Denn das stimmt einfach nicht. Das Generalgouvernement Polen wurde eben gerade nicht dem Deutschen Reich einverleibt. Die Berichtigung, Auschwitz sei in Deutschland gelegen, ist deshalb schlichtweg falsch.

Wieso «20 Minuten» eine «Berichtigung» einrücken musste, die nicht berichtigt, sondern verfälscht, das wäre die interessante Frage, bzw. Antwort. Offenbar gibt es dort keinen Mitarbeiter, der über historische Kenntnisse verfügt.

Auschwitz war und ist ein deutsches Verbrechen, das KZ lag im deutsch besetzten Teil Polens. Das ist keine Haarspalterei, sondern der Versuch, komplexe historische Verhältnisse in ihrer Komplexität abzubilden. Denn nur so hilft das Verstehen von Vergangenem, Wiederholungen zukünftig zu vermeiden. Gesetze und Verbote sind untaugliche Mittel dafür.

Wenn man bedenkt, dass nur schon dieser Artikel in Polen Gefahr liefe, dem Autor eine Gefängnisstrafe einzubrocken …

 

 

Kleine Medien-Show

Man gönnt sich ja nix: Wie reagieren die Medien auf die Walder-Bombe?

Eine grosse Münze in der Journalistenwährung ist der sogenannte Primeur. Schlichtweg: ich hab’s zuerst publiziert. Die neue Haarfarbe eines Popsternchens, das erste Foto eines neuen Autos – oder eine wirkliche Bombe.

Die Reaktion der Kollegen ist immer die gleiche: mit langen Zähnen und knirschend nachziehen. Aber zuerst abwarten, ob das wirklich die Runde macht.

Das war so, als die «Weltwoche» eine aussereheliche Affäre unseres Gesundheitsministers publik machte. Da herrschte zunächst tiefes Schweigen, bis dann die meisten Medien eine SDA-Meldung übernahmen. Versehen mit kritischen Kommentaren; Parteipolitik, Privatleben, unanständig, typisch Mörgeli halt.

Nun hat es einen viel näheren Einschlag gegeben. Ringier-CEO Marc Walder hat sich auf Video aufnehmen lassen, während er klarstellt, dass auf seinen Befehl hin Ringier-Medien weltweit die jeweiligen Regierungen bei ihrer Corona-Bekämpfung unterstützten.

Das ist im Fall Ungarns beispielsweise ausgesprochen putzig. Nun ist hier der Enthüller ein ehemaliger WeWo-Mann, federführend im Komitee gegen das Mediensubventionsgesetz, über das in etwas mehr als einem Monat abgestimmt wird.

Zudem hat er eine Kommunikationsagentur, arbeitet aber weiterhin als Journalist. Das sind natürlich alles kleine Hebelchen, um zwar über den Skandal berichten zu müssen, aber durchaus an Bote und Botschaft herumzumeckern.

Das tut beispielsweise der ehemalige NZZ-Medienjournalist Rainer Stadler: «Philipp Gut, der für den «Nebelspalter» und lokale Websites Marc Walders Aussagen skandalisierte, tritt als Journalist auf und betreibt gleichzeitigen Kommunikationsagentur. Er ist zudem Geschäftsführer eines Abstimmungskomitees gegen das Medienpaket. Der «Nebelspalter» verschweigt das. Solche Doppel- und Mehrfachrollen passen nicht zu einem unabhängigen Journalismus. Zumindest müssten sie offengelegt werden.»

Auch Tamedia setzt einen schrägen Ton

Das nennt man fokussieren auf das Wichtige. Tamedia setzt den Ton so: «Geleaktes Video: Ringier-Chef trimmte seine Medien auf Regierungskurs». Auch das befindet sich im Streubereich der Wahrheit. Das Video ist laut Aussage von Philipp Gut nicht geleakt, sondern war im Internet auffindbar. «Der Knaller ist ein Spätzünder», fährt Thomas Knellwolf fort, damit insinuierend, dass es bewusst kurz vor der Abstimmung über das Milliardensubventionspaket lanciert wurde.

Auch Knellwolf beschreibt weitere Zusammenhänge: «Nun beginnt die heisse Phase im Abstimmungskampf. Gut ist Geschäftsführer des Nein-Komitees. Zu den Mitgliedern des Komitees, das gegen mehr staatliche Unterstützung für die Verlage ist, gehören die Herausgeber von «Nebelspalter» und «Die Ostschweiz». Sie haben Guts Text in identischer Form wie auf der Komitee-Webseite veröffentlicht.»

Na und, kann man da nur sagen, na und? Knellwolf arbeitet für einen Konzern, der das Medienpaket lauthals unterstützt, weil er davon profitieren würde. Sein Text erschien in identischer Form in allen Tamedia-Kopfblättern.

«20 Minuten» referiert tapfer den Inhalt des Videos, um dann – Überraschung – Fachleute zu befragen. Zum Beispiel den «stellvertretenden Forschungsleiter am Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich». Hinter dem umständlichen Titel verbirgt sich ein Institut mit schwerer politischer Schlagseite.

Daher sagt der Stellvertreter auch: «Das Video alleine reiche als Beweis für einen solchen Eingriff jedoch nicht aus. Dafür müsste man etwa abklären, ob die angebliche Weisung Walders Einfluss auf die Chefredaktion und den redaktionellen Alltag gehabt habe.»

Dann stellt er noch eine kühne Vermutung in den Raum:

«Wenn kurz vor der Abstimmung zum Mediengesetz ein solches Video geleakt wird, könnte es sich auch um Abstimmungspropaganda handeln.»

Na und, kann man auch hier nur sagen.

Nau.ch schreibt hingegen ganz auf der vorsichtigen Seite: «Das Video hat bereits nach drei Tagen mit Abstand die meisten «Views» auf dem YouTube-Kanal des Referendumskomitees. Geschäftsführer des Komitees ist der Kommunikationsberater und Journalist Philipp Gut, der gemäss «Tagesanzeiger» das Video veröffentlicht haben soll.»

Nun, Gut hat als Autor in seinen Beiträgen das Video tatsächlich veröffentlicht, das ist kein Ergebnis einer tiefen Recherche von Tamedia.

Was machen CH Media und NZZ, die zwei anderen letzten Mitspieler im Tageszeitungsgeschäft? Nichts. Einfach mal nichts.* Die zumindest bestfinanzierte Mediengruppe in der Schweiz? Auch SRF schweigt.

Nur «Inside Paradeplatz», obwohl das ja nicht das zentrale Thema ist, nimmt kein Blatt vor den Mund:

«Die Medien nicht als Gegengewicht und letzte Kontrollinstanz der Befehlshaber einer Gesellschaft, sondern als Assistenten und Ermöglicher – so Walders Interpretation seiner Rolle.»

Dass die mediale Behandlung des Mediensubventionsgesetzes schwierig würde, weil sich ausser der NZZ-Redaktion alle grossen Medienhäuser dafür ausgesprochen haben und davon profitieren würden, war klar.

Aber was hier in der Berichterstattung über den Walder-Skandal passiert, übertrifft die kühnsten Befürchtungen.

Ist diese verhaltene, teilweise fiese Reaktion einfach auf Futterneid zurückzuführen? Ist es denkbar, dass so zurückhaltend und kritisch berichtet wird, weil CH Media und Tamedia klare Befürworter der zusätzlichen Milliardensubvention sind?

Oder aber, das könnte es sein, man hat in diesen Verlagshäusern Schiss, dass auch mal ein Video auftauchen könnte, auf dem Tamedia-Boss Pietro Supino oder CH-Media-Clanchef Peter Wanner in aller Deutlichkeit sagen würden, dass es gar nicht gelitten wäre, wenn in ihrem Einflussbereich kritisch über die Steuermilliarde berichtet würde.

Diese Videos sind nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Bislang. Für den Fall: ZACKBUM ist auch in der Lage, Bewegtbilder in seine Webseite einzubinden

 

*Die NZZ hat inzwischen zum Zweihänder gegriffen auch CH Media und SRF berichteten. ZACKBUM liefert nach …

Es darf gelacht werden

Aufgabenstellung: Artikel, sinnlos oder unnütz. Es folgt die Qual der Wahl.

Vielleicht hätte ZACKBUM das Gegenteil als Kriterium verwenden sollen. Das wäre dann aber ziemlich schwierig geworden. So mussten wir uns in der Qual der Wahl für jeweils ein Beispiel aus dem überlebenden Mediensumpf entscheiden. Dafür kamen «watson», «20 Minuten», «Blick», Tamedia, CH Media, nau.ch, die NZZ und das glaubwürdigste Organ der Schweiz in die Kränze.

Ach, Rätselfrage? Also wirklich, bei dem Organ handelt es sich natürlich um die «Republik».

Der erste kaum schlagbare Knaller aus dem Hause «watson»:

Gleich zum ersten Beispiel im familientauglichen Quiz:

Die richtige Antwort ist natürlich C (Ich will ihn heiraten! Lebt er noch?). Haben wir gelacht, dass Stalin als «gut aussehender Hipster, äh Diktator» angepriesen wird. Zu solchen Geschmacklosigkeiten ist nur «watson» in der Lage, in der Tradition seiner Kulturjournalistin des Jahres Simone MeierJuden canceln»).

Hier kommt die Konkurrenz «20 Minuten»:

Ja, gut, es handelt sich um einen «Paid Post», was immer das sein mag, denn mehr als die Hälfte der Leser erkennt das nicht mal als Reklame. Dennoch hat dieser als Artikel verkleidete Werbetext irgendwie die Aura von strahlender Dummheit.

Wir holen den Dritten im Bunde des Trio infernal an Bord; den «Blick».

Eigentlich ist gegen die Tätigkeit der finnischen Lehrerin nichts einzuwenden. Nicht mal, dass sie schon längst beendet ist. Dennoch sei die schüchterne Frage gestattet, welchen Sinn es macht, eine ellenlange Story über eine Finnin ins Blatt zu heben, die in Syrien IS-Kinder unterrichtet. Aber vielleicht wollte der «Blick» seinen Lesern näherbringend, dass Finnisch sauschwer zu lernen ist. Als nicht indogermanische Sprache. Ach so, das kann man googeln.

Weiter geradeaus im Flachland, nau.ch:

Gemein, und niemand lacht über das zu knappe Decolleté von Carmen «Roooobert» Geiss. Auch ein Artikel, ohne den man sich nicht gut informiert fühlte.

Nun müsste es eigentlich senkrecht nach oben gehen, wir kommen zu Tamedia. Fürs Gegenteil sorgt allerdings der meinungsstarke Sandro Benini, auch bekannt als Ressorthopper:

Man darf ja die Namen Immanuel Kant oder John Stuart Mill verwenden, um sich einen gelehrten Anstrich zu geben. Man darf sich auch in semantischer Auslegung des Wortes «versehrt» versuchen. Aber wenn man andere Polemiker so in den Senkel stellt, obwohl man selbst mit dem Morgenstern unterwegs ist, wird’s sinnlos: wer Vergleiche zum Totalitarismus ziehe, sei «historischer Ignorant oder ein Brandstifter». Sagt Feuermann Benini.

Drüben bei CH Media schwingt Bruder Francesco Benini die Kommentarkeule:

Leider wird auch diese Meinung, was die Schweiz tun und lassen sollte, weder die Schweizer Regierung, noch Peking wahnsinnig interessieren; also verpufft sie völlig klang- und belanglos im Nichts. Aber schön, hat Don Francesco es allen gegeigt. Schade, dass er nicht NZZaS-Chef werden durfte.

Nun aber auf in die Höhe, wo noch tief über Inhalte und Titel nachgedacht wird, also zur NZZ:

Man könnte nun den Ausdruck Pferdefuss für einen Börsengang noch knapp durchgehen lassen. Aber für einen IPO-Boom? Man stelle sich einen Boom vor, und dann bastle man einen Pferdefuss dran. Dann gibt man auf und befördert den Titel ins Reich des Sinnlosen.

Aber, nun wird die Luft dünn und eisig in der intellektuellen Höhe, last and least die «Republik» in ihrer schönsten Form:

Schwurbler ist eigentlich ein abwertender Begriff für alle, die mit der offiziellen Corona-Politik nicht so einverstanden sind. Aber wir zitieren nur vier Sätze der schreibenden Schmachtlocke, die diesen Begriff auf eine neue Ebene heben:

«Das Haupt­beispiel ist der unsinnige Begriff der «Eigen­verantwortung», der zum Mantra des offiziellen Covid-Diskurses geworden ist. Jedes Vorschul­kind begreift, dass er unbrauchbar ist, um die realen Dilemmata der Epidemie­bekämpfung zu erfassen.» – «Die Selbstapologetik zeigt sich auch in der verblüffenden Einseitigkeit der ethischen Bedenken, die nun allenthalben ins Spiel gebracht werden.» – «Wir reden von Triage, aber wir legitimieren unsere Passivität.»

Wer das versteht, ist offenbar auch in irrealen Lamettata, äh, dilemmatisch in Dilemmata zu Hause. Tata, tatä.

Ex-Press XLIX: ganz unten

Blüten aus dem Mediensumpf.

ZACKBUM gibt zu: Wir sind nicht stark genug. Oder zu schwach. Nein, Fisherman’s Friend kriegen wir in jeder Geschmacksrichtung runter. Wenn’s sein muss, sogar in der hier:

Aber eigentlich wollten wir diesen Reigen hier, Ehre wem Ehre gebührt, mit «watson» beginnen.

Aber dann begannen wir, uns hier durchzuklicken:

Trotz der Einnahme von Fisherman’s Original wurde uns übel. Dann machten wir den Fehler, bei der Kulturjournalistin des Jahres Erbauung zu suchen:

Aber auch hier kamen wir nicht weiter als bis zu diesem Kotzbrocken:

«Romina war mein Lichtblick. Ich steh auf multipel operierte Gesichter. Erst da kommt nämlich der Mensch hinter dem eigentlichen Gesicht so richtig zum Vorschein

Es mag uns als Schwäche ausgelegt werden, aber wir haben beschlossen: nie mehr ein Text von Simone Meier. Nicht auf leeren Magen und erst recht nicht auf gefüllten.

Tastende Schritte nach oben

Wir wollen uns nun vorsichtig nach oben arbeiten. Als nächster Tritt auf der Leiter soll «20 Minuten» dienen. Da werden wir doch glatt schon ganz am Anfang in Versuchung geführt:

Aber, schluchz, die Winterhilfe hat dann doch keinen Franken gekriegt. Dafür haben wir eine frohe Botschaft für unsere Portugiesisch sprechenden Leser:

ZACKBUM denkt scharf darüber nach, diesen Service auch anzubieten. ZACKBUM durum cogitat de hoc quoque ministerio oblatum. Genau, wenn schon, dann natürlich gleich auf Latein. Wir nähern uns nun aber bereits dem ersten journalistischen Höhepunkt:

Kopf in Brot, Werbung und Werbung.

Da weiss man wenigstens, wieso man für «20 Minuten» nix zahlt. Nun aber endlich mal ein Beitrag mit Tiefgang und Zukunft:

Hoppla, das ist ja ein «Paid Post». Das steht ja scheint’s für Werbung, aber so, dass es mehr als die Hälfte der Leser nicht merkt. Gibt es denn gar keine journalistische Eigenleistung, einen Mehrwert? Doch:

Hoffentlich setzt sich der Trend nicht im Tamedia-Glashaus durch …

Aber manchmal schaffen es selbst im Titel nicht alle Buchstaben ins Netz:

Kan doc i de Hekti ma passiere.

Nun, aber «nau.ch» wird doch sicherlich das Niveau höher legen.

Oh je, zwei Werbeartikel und daneben ein für 99,9 Prozent aller Leser völlig uninteressanter Beitrag über Bitcoin.

Aber gehen wir doch zu ernsthaften Themen über, zum Beispiel die Wirtschaft:

Hm, also das nennt man gemischte Nachrichten. Nur ist der Leser verwirrt: geht’s nun in Asien rauf oder runter? Lassen die Sorgen nach oder steigen die Befürchtungen? Das kann man halt so oder so sehen.

Wir klettern in die Höhe der Qualitätsmedien

Einer geht noch? Also gut, wir klettern in die Höhe der seriösen Berichterstattung, die unbedingt mit einer zusätzliche Milliarde Steuergelder subventioniert werden muss.

Beim Blatt mit dem Abflussrohr im Logo stimmen wenigstens Gewichtung und Mischung:

Nein, Moment, so ist’s noch besser:

Apropos Medienmilliarde, es geht doch nichts über eine objektive, ausgewogene und unabhängige Berichterstattung:

Werfen wir auch hier einen Blick (ha, wir Scherzkekse) in die Wirtschaft:

Kalter Kaffee, zwei dem Leser an einem gewissen Körperteil vorbeigehende Artikel plus Werbung.

Übrigens, kommt die Medienmilliarde, dann kann sich die Bildredaktion beim Bilderblatt «Blick» auch wieder ein aktuelles Foto eines Schweizer Kassenzettels leisten. Statt einer Aufnahme aus dem Euro-Raum und vom Jahr 2015:

 

Wir haben fertig. Und brauchen einen Kaffee fertig. Den wir durch die Maske schlürfen werden.

Hilfe, mein Papagei onaniert

Heute zum Thema: Prioritäten setzen, aber richtig.

Bilder sagen doch mehr als tausend Worte. Also mal wieder die beliebte Fotoromanza.

Denn die Tageszeitungen müssen täglich das Wunder vollbringen, die ganze Welt auf immer weniger Seiten abzubilden. Das geht nur unter Anspannung der letzten verbliebenen Kräfte – und mit rigidem Setzen von Prioritäten, dem Trennen von Wichtigem und Unwichtigem, dem umsichtigen Zuweisen von Platz und Bedeutung.

Erstes Beispiel, geradezu exemplarisch, aus dem «Tages-Anzeiger». Also aus dem Zürich-Teil, wo zwei Co-Chefredaktoren zusammen mit Tagesverantwortlichem, Blattmacher und vielen Bedenkenträgern zeigen können, was Qualitätsjournalismus ist:

Ein alter Wirt in neuem Lokal, so etwa 10’000 Demonstranten im Umzug. 

Wer war schon nicht mal im legendären Lokal «Turm» von Tony Navarro mitten in der Zürcher Altstadt. Vorbei. Nun hat Navarro in Schlieren ein neues Lokal eröffnet. Das ist schön für ihn und seine Gäste. Aber dafür eine Dreiviertelseite mit üppigem Bildanteil, neben einem Inserat reingerutscht ein Bericht über eine ziemlich grosse Corona-Demo in Zürich, ohne Bild? Dafür mit Erwähnung einer klitzekleinen Gegendemo und der Tatsache, dass die Grossdemo bewilligt war und keinerlei Sachschaden anrichtete.

Ach, und dann seien auch noch Reden geschwungen worden, vor dem buntgemischten Publikum.

Prioritätenranking: ungenügend, setzen, üben.

 

Aus dem gleichen Haus, noch prioritärer.

Ein Fragetitel ist immer gut. Da kann sich der Leser die Antwort selber ausdenken. Weil Behörden langsam sind? Weil sie nicht schneller können? Oder wollen? Oder dürfen? Oder weil sie in Bern zu Hause sind? Nun, zumindest beim seitenfüllenden Bild wird eine klare Ansage gemacht. Wobei, auch hier will man sich nicht festlegen: «soll sein», das heisst: kann sein, muss nicht sein. Wobei: who the heck is Joy?

Prioritätenranking: unterirdisch, schämen, aufgeben.

 

Früher war Seite eins ein Ehrenplatz. Heute Abklingbecken für billige Scherze.

Nochmal das Hoforgan der Qualitätsberichterstattung. Damit eine Stimmung kippen kann, muss sie vorher anders gewesen sein. Nur fragt man sich hier: wie denn anders? Aber gut, noch prominenter prangt eine Karikatur auf Seite eins. ein bescheuerter Freiheitstrychler belastet das Gesundheitssystem. Sicher krank geworden, weil er nicht geimpft ist, der Depp. Und dann will er auch noch, Scherz lass nach, Blutkonserven von Ungeimpften. Haben wir gelacht.

Prioritätenranking: scherzschmerz, schamfrei, hoffnungslos.

 

Wir sind immer unsicher: Regen- oder Abflussrohr im Titel?

Es geht doch nichts über ein Filmtitelzitat. «The Good, the Bad and the Ugly». Immerhin ist hier der Hässliche ein «Rebell». Gleichzeitig soll das der Auftakt einer Serie sein, «Mein Corona-Herbst». Immerhin in der zweiten Hälfte November hat der «Blick» gemerkt, dass es herbstet. Bravo. Dann noch, was man halt so nennt, ein «Aufreger». Sondersteuer für Ungeimpfte, warum nicht. Haben sowieso immer weniger Gelegenheit, ihr Geld auszugeben. Ach, in der Schweiz und in der Welt ist noch so dies und das Geschehen? Na und?

Prioritätenranking: weder gut, noch schlau. Dafür monothematisch, viel Luft nach oben im Rohr.

 

Geht doch, meint die NZZ.

Die Zeiten, als man noch hitzig diskutierte, ob es auf der Front der NZZ überhaupt ein Foto geben dürfe, gar in Farbe, sind längst vorbei. Die alte Tante pflegt eine gewählte Bildsprache, um ein Thema zu illustrieren. Hier die Debatte, ob sich Europa umzäunen soll oder nicht. Darunter zwar das ewige Thema dieser Tage, aber immerhin mit einer Info und keiner hingeprügelten Schlagzeile. Kann man so machen.

Prioritätenranking: gepflegt, durchdacht, fällt angenehm auf (was kein Kunststück ist).

Ex-Press XLVI: Gaga und Gugus

Blasen aus dem Mediensumpf. Heute: alles gaga oder was.

Die Versuchsanordnung ist diesmal einfach. Das Organ gibt seine Spitzenwerke gratis ab, und sie zeichnen sich durch einen höheren Newswert aus. Oder anders formuliert: sie sind gaga, gugus oder beides.

Wenn davon die Rede ist, vielleicht gab’s schon Entzugserscheinungen, muss natürlich sofort «watson» kommen, kein Zweifel. Um uns dem Niveau anzunähern, erzählen wir dieses Ex-Press wieder als Fotoromanza, als Bildergeschichte.

Beim Bericht über den Gotthard-Fahrer kommt «watson» schriftlich ins Stammeln.

«watsons» Beitrag zu: das will man sicher nicht wissen.

Philipp Löpfe hat mal wieder die NYT gelesen – und nicht ganz verstanden.

 

So eingestimmt und tiefergelegt schreiten wir zu «20 Minuten».

Bekannt? Na und, die Medienmitteilung der Urne Polizei kann halt jeder abschreiben ..

Erklärungen würden hier zu weit führen. Es hat aber nichts mit Hellsehen zu tun. 

Das ist für ZACKBUM die News des Tages, ohne Zweifel.

Für alle, die noch nicht auf dem Zahnfleisch gehen, wir schreiten zu «blue News».

Die Message der Werbung versteht man noch, aber den Rest?

Nochmal der Tunnel? Aber sicher, das Fitessen kommt dann auch nochmal …

Sowohl gaga links wie gugus rechts haben wir nicht erfunden.

Einer geht noch, das stehen wir gemeinsam durch; eine solche Reihe wäre unvollständig ohne «Blick».

Wir hatten gewarnt, das Eingeklemmte wird uns verfolgen.

Wir widersprechen einem Hirnforscher nur ungern. Aber das Hirn in der Hand scheint schlauer zu sein als der Kopf dahinter.

Wen das nicht mit der Newslage, der Queen und dem Leben versöhnt, ist ein Unmensch.

20min will sauber kommentieren

Überraschung. Vor dem Kommentieren steht nun das Registrieren.

Eine Ansage von der reichweitenstärksten Zeitung der Schweiz: «Kommentieren geht nur noch mit Login». Damit solle Schluss sein mit «anonymen, deplatzierten Aussagen».

Ansage mit Werbefilmchen für Vollblöde.

Wunderbar, schon ist das Internet wieder ein Stück sauberer und anständiger geworden. Oder nicht? Wohl eher nicht. Vor Kurzem erst versuchte die schreibende Sparmassnahmen der NZZaS, «20 Minuten» über die dortigen Kommentare an den Karren zu fahren. Pensionär Felix E. Müller holte die Faschismus-Keule hervor. Bei der Konkurrenz hätten sich mal wieder in den Kommentarspalten die Nazi-Vergleiche gehäuft; verwendet vor allem von Kritikern der Corona-Politik.

Schliesslich habe sich der Chefredaktor von «20 Minuten» veranlasst gesehen, dazu «Stellung zu nehmen», fabuliert Müller. Das sei aber gründlich in die Hose gegangen. Stimmte zwar nicht, und «20 Minuten»-Chefredaktor Gaudenz Looser holte im Dialog mit einem Vertreter der jüdischen Gemeinde in der Schweiz weit aus, um Notwendigkeit und Grenzen eines lebhaften Austauschs in den Kommentarspalten zu verteidigen:

«Wir machen das Kommentar-Management heute viel besser und aufwändiger als früher, wir haben ein geschultes Freischalterteam, das von einem eigenen Ressort eng betreut wird.»

Aber trotz all diesem Pipapoh scheinen die rund 10’000 Kommentare, die täglich einlaufen, das Freischalterteam zu überfordern. So wurde geradezu zackbum mit Wirkung sofort bekannt gegeben: «Die Einführung der Login-Pflicht für Kommentare hat zum Ziel, einen angeregten Austausch zwischen den Kommentarschreibenden in anständiger Tonalität zu ermöglichen.»

Endlich anständige Debatten in den Kommentaren?

Wenn das das Ziel sein soll, logischer Umkehrschluss, war das bis anhin nicht möglich. Nun muss man als mildernden Umstand anführen, dass das Kontrollieren von massenhaft Kommentaren zu den unappetitlicheren Aufgaben im Internet gehört. Je nach Thema und Stimmungslage müssen bis zur Hälfte aller Einsendungen in den Orkus befördert werden.

Denn früher musste sich der Kommentarschreiber die Mühe machen, ein Blatt Papier in die Schreibmaschine einzuspannen, darauf zu tippen: «Sie rechts-/linksradikales Arschloch, Sie haben doch keine Ahnung, Sie verdammter Trottel, wir werden Ihnen eins in die Fresse hauen; ein besorgter Bürger», das anschliessend eintüten, frankieren, adressieren und auf den Weg zu bringen, wobei es unweigerlich im Abfall landete.

Heutzutage kann sich der gleiche Amok eine Gratis-E-Mail zulegen und lospoltern. Verstösst er dabei gegen Regeln des Anstands oder des Strafgesetzbuchs, muss er normalerweise nicht viel befürchten, wenn er auch nur über rudimentäre Kenntnisse verfügt, die IP-Adresse seines Computers zu verschleiern.

Anpreisungen wie früher auf einer Kaffeefahrt.

Dementsprechend tiefergelegt sind viele Debatten, die Kommentatoren verbeissen sich schnell ineinander, führen Privatfehden, kommen meilenweit vom Thema ab und unweigerlich hagelt es Nazi-Vergleiche, früher oder später. Amoks krähen schnell «Zensur», pochen auf Meinungsfreiheit, und häufig gleicht eine Kommentarspalte einer Wirtshausschlägerei zu vorangeschrittener Nachtstunde, inklusive Lallen und Beschädigung des Inventars.

Nach 576 Kommentaren wurde hier abgeklemmt; geschlossen.

Hört sich toll an, ist es aber weniger

Allerdings lässt diese Massnahme von «20 Minuten» doch einige Fragen offen. Wir haben spasseshalber den Anmeldungsprozess durchexerziert. Wer in der Lage ist, eine neue Hotmail-Adresse zu generieren, ist als Peter Meier, Nickname Poltergeist, weiterhin problemlos dabei. Was könnte ihn neuerdings daran hindern, weiterhin zu rempeln: «Die Versager im Bundesrat sollten alle verhaftet werden»?

Kein Problem, dann weiter im Text …

Nicht mehr und nicht weniger, als ihn vorher daran hinderte, hindert nun. Also muss man die Massnahme wohl so verstehen, dass schon eine gewisse Prozentzahl von «20Min»-Lesern an der Hürde des Registrierprozesses scheitern wird. Ein anderer Prozentsatz wird vielleicht kurz zusammenzucken, ob «du blödes Arschloch», gekeift aus dem sicheren Schutz der Anonymität, nun auf ihn zurückfallen könnte.

Chefredaktor Looser nimmt exklusiv Stellung

Looser verteidigt die Massnahme auf Anfrage von ZACKBUM: «Algorithmen und Kontrolle sind nie perfekt und werden es auch künftig nie sein. Aber die Loginpflicht ist eines von vielen Elementen in unserer Qualitätssicherungsoffensive.» Die Massnahme sei schon Anfang dieses Jahres geplant gewesen, aber «es gab dann technische Issues mit der Login-Verknüpfung».

Wieso soll denn ein solches Registrieren mehr Anstand bewirken? «Weil den Kommentierenden bewusster ist, dass sie nicht anonym sind. Unangebrachte Inhalte können so auch leichter juristische Folgen haben.» Und möglicherweise weniger Traffic? «Das nehmen wir in Kauf.

Eine tiefere Anzahl Kommentare erlaubt uns eine bessere Kontrolle. Der Anteil der Kommentare, die wegen Kapazitätsgrenzen nicht manuell freigeschaltet werden können, dürfte damit sinken.»

Wie aber bspw. der Amok-Journalist Reda El Arbi beweist, muss man kein Halbanalphabet und Volltrottel sein, um mit Kommentaren in den strafrechtlichen Bereich zu gelangen.

Abschreckendes Beispiel? Reda El Arbi.

Es gibt wohl eine Grenze, an der alle Versuche scheitern, etwas Anstand und Benehmen in die Welt der Kommentare und der Social Media zu bringen. Aber beim zunehmenden Sittenzerfall ist jede Massnahme zu begrüssen.