Patient Presserat

Der Schweizer Presserat ist im Dauerstress

Dem Patienten geht es gar nicht gut. Finanziell, aber auch physisch. 126 neue Beschwerden hat er 2019 erhalten, Ende Dezember waren immer noch 84 hängig. Seit fünf Jahren hat er keinen einzigen Fall selber aufgenommen. Vielleicht schafft es ja dieser Text hier. Seit fünf Jahren jammert er auch, dass ihm bald das Geld ausgeht: «Die finanzielle Lage des Schweizer Presserates bleibt (…) angespannt» (Jahresbericht 2020); «Die Stiftung leidet unter einem strukturellen Defizit.» (2019); «(Es) muss hervorgehoben werden, dass die Geschäftsstelle viele andere Aufgaben zu erledigen hatte, insbesondere die Suche nach finanziellen Mitteln» (2016).

Der Presserat wurde mit der Suchaktion fündig: Seit 2018 müssen Privatperson oder Organisation, die sich durch einen Anwalt vertreten lassen, 1000 Franken (vorab) bezahlen.

Dass die Geschäftsstelle Geld sucht, ist verständlich; sie kassiert einen mehr als anständigen Lohn. Die Geschäftsstelle besteht aus zwei Personen: Ursina Wey, die Leiterin, Stephanie Zürcher, eine Mitarbeiterin. Die Chefin arbeitet 100%, Frau Zürcher 40%. Die beiden erhalten für ihre Arbeit 170’000 Franken, wie sie auf Anfrage mitteilten. Dieser Lohn frisst mehr als die Hälfte der Einnahmen (2019: 320’000 Franken). «Einnahmen», das sind beim Presserat: Spenden. Zum Beispiel von Ringier (30’000 Franken) oder SRG (36’000 Franken).

Ruhm für Tölpel?

Im Unterschied zur Geschäftsleitung werden die Mitglieder des Presserats und des Stiftungsrats nicht reich durch ihre Arbeit beim Presserat. Die 18 Mitglieder des Stiftungsrats haben letztes Jahr durchschnittlich je 213 Franken erhalten, die 21 Mitglieder des Presserates immerhin 1590 Franken.

Dafür winkt etwas Ruhm. Zum Beispiel für Dennis Bühler, der auf Twitter und Facebook stolz darauf hinweist, dass er Mitglied des Presserates ist («Mitglied der 1. Kammer»).

Der Presserat bezeichnet sich gern als «Wächter» der Medien. Schon die Burgherren im Mittelalter wussten: Für Gotteslohn schützt niemand die Burg, ausser vielleicht ein paar Tölpel.

ZACKBUM.ch startet: Die Rückkehr der Medienkritik

Die neue Plattform für alle Medienfragen. Recherche, Analyse und Meinung

Unzensiert, ungeschminkt und voll auf die Drei: ZACKBUM.ch.

Medien sind die vierte Gewalt im Staate. Medien sollen kontrollieren, informieren, aufdecken. Dazu analysieren und einordnen. Sie sollen die Welt und das Lokale den Lesern, Hörern, Zuschauern und Usern so vermitteln, dass die sich ein Bild von der Welt machen können.

Medien sollen nicht nur informieren, sondern auch Missstände aufdecken, Missbrauch anprangern, Politiker, Beamte, Mächtige kontrollieren. Aber wer kontrolliert die Medien? Wer kommentiert sie, wer macht sich Gedanken über ihre Zukunft?

Wer kann das machen, ohne Rücksichten auf Befindlichkeiten, ohne Abhängigkeiten, ohne Gefälligkeiten, ohne mit Geld und Beziehungskorruption zugedeckten blinden Flecken?

Wir drei natürlich. Lorenz Steinmann ist ein erfahrener Journalist. Beni Frenkel ist ein erfahrener Journalist. Beide legen Wert auf die Feststellung, dass sie ab Frühling 2021 zackbum ihre Mitarbeit eingestellt haben.

René Zeyer ist ein erfahrener Journalist.

Wichtiger noch: Er nimmt nicht einmal bei einer Blattkritik ein Blatt vor den Mund.

Anstatt in das Gejammer über den sich zu Tode sparenden Journalismus, über Mainstream-Medien, über Thesen-Journalismus und Nachplapper-Artikel einzustimmen, machten wir selber ein Fass auf. Genauer: eine Plattform. Seit Frühling 2021 ist sie eine One-Man-Show mit freien Mitarbeitern.

Der Name ist Programm: ZACKBUM. Die Medien-Show. Fundiert recherchiert, süffig präsentiert. News, Analysen, Klatsch und Meinungen. Alles, was den modernen Medienschaffenden interessiert.

Guter Journalismus ist ganz einfach. Klare Trennung von Meinung und Fakten. Gehör den Abgehandelten. Lob und Tadel. Also alles, nur nicht lauwarm.

Weil das bislang viele Kollegen interessierte: Wer das bezahlt? Ganz einfach: wir. Was ist unsere Position, sind wir links, rechts, oben oder unten? Ganz einfach: Wo wir sind, ist vorne. Gibt es Pflichtthemen, was ist der Publikationsrhythmus, welche Gefässe pflegen wir, was sind unsere Absichten? Ganz einfach: Wir wollen aufklären und unterhalten. Oder noch einfacher: Wir wollen Spass. Schreibspass und Lesespass.

 

Ab heute hat die kritische Begleitung der Medienarbeit wieder ein Heim. Es heisst ZACKBUM.©

Wer hilft der «Zeit» mit einer guten Story?

Die «Zeit» mit ihrer Schweizer Ausgabe hat eine ähnlich grosse Leserschaft wie das Online-Portal Republik. Doch die «Zeit» will ihre Leser stärker einbinden. Kann das gut gehen? 

Die Gesamtauflage der «Zeit» liegt in der Schweiz bei 17’000. Abonnenten gibt es 10’000. Das ist eine ähnlich grosse Leserschaft, wie die «Republik» für sich proklamiert. Für diesen beachtlichen Erfolg steht Matthias Daum, Chefredaktor der Schweizer Ausgabe, oder wie die «Zeit» die Stelle beschreibt: «Büroleiter».

Seit über sechs Jahren ist Daum der Leiter. Sein Büro befand sich früher in Baden (AG). Heute residiert man an der noblen Zürcher Dreikönigsstrasse, keine 100 Meter vom See entfernt.

Der Umzug nach Zürich hat eine Stadtflucht in den Köpfen der Redaktion ausgelöst. Seit Mitte Juni 2020 steht die Schweizer Ausgabe unter dem Motto «Alles ausser Zürich». Also nur noch Texte ausserhalb der Zürich-Blase. Diese Idee, so Daum zu Zackbum.ch, sei bei einem Redaktionsbesuch von «Freunden der Zeit» entstanden.

Normalerweise landen Ideen wie diese in den grossen Abfalleimer neben dem Drucker. Anders die «Zeit». «Die enge Bindung unserer Leserinnen und Leser», so Daum, «ist eines der Erfolgsrezepte der Zeit.»

Das Problem bei leckeren Rezepten sind leider die Nahrungsmittel. Die muss man mühsam zusammentragen. Wer Geschichten ausserhalb der Grossstadt Zürich haben will, wohnt darum am besten nicht in der Grossstadt Zürich. Zum Beispiel in Baden. Oder er durchforstet jeden Tag mindestens eine Stunde lang sämtliche Zeitungen der Schweiz. Früher, ja früher, hat es auf den Redaktionen so etwas noch gegeben.

Appell an die Leser

Daum, nicht dumm, wandte sich darum gleich an die Verfasser des tollen Rezepts. In der «Zeit» (2020/29) stand der dringende Appell an die Leserinnen und Leser, der Redaktion spannende Geschichten aus der Restschweiz zu schicken.

Wie viele Geschichten in die Redaktionsstube reinflattern, ist nicht bekannt. Noch effizienter wäre es aber, die Leserinnen und Leser gleich selber die Texte schreiben zu lassen.