Realitätsflucht

Wenn man trotz Medienmacht und Kohle satt verliert.

Es ist eine krachende und bittere Niederlage. Die Verlegerclans hatten das Medienpaket schlank durchs Parlament geschaukelt. Kein Wunder, die Parlamentarier sind auf Öffentlichkeit angewiesen. Sie werden nur dann öffentlich, wenn die Medien sie wahr- und aufnehmen.Das hilft bei der Wiederwahl.

Aber wie erklärt man der Bevölkerung, dass milliardenschwere Medienclans, die auch in den letzten Jahren satt verdienten, eine Steuermilliarde brauchen? Für ein zu Tode gespartes Angebot?

Schwierig; mit einem Willi Tell, der mit einer Zeitung eine Mauer niedermacht, sicher nicht. Wie jammert man sich das Resultat zurecht? Herausragend der Anführer der sieben Zwerge, die die Chefredaktion der «Blick-Gruppe» bestücken.

Oberchefredaktor Christian Dorer im O-Ton:

«aggressive Nein-Kampagne … rechtsbürgerliche Kleinverleger … vertrauen die meisten Menschen nicht kruden Quellen … grosses Kompliment … eine Niederlage, aber kein Misstrauensvotum.»

Die Bevölkerung wird gebeten, einen Chefredaktor mit grossen Augen hinter grosser Brille vorsichtig anzuhalten, wenn sie ihm begegnet. Er ist an der Dufourstrasse 23 in Zürich abzugeben, dort kümmert man sich dann um ihn.

Wobei es interessant wäre zu erfahren, wie man ihn an die Realität heranführt. Die Ja-Kampagne mit Tell, Meinungsfreiheit, Demokratie und unverzichtbar war aggressiv, aber nutzlos. Wer waren genau die rechtsbürgerlichen Kleinverleger? Schon mal einen Blick auf die Mitglieder des Referendumskomitees geworfen? Die meisten Menschen vertrauen genau nicht kruden Quellen wie dem «Blick» bei diesem Thema. Die Klatsche ist kein Kompliment, sondern eine Klatsche. Und zu hundert Prozent ein Misstrauensvotum. Was denn sonst, lieber Herr Dorer.

Kriegsspiele aus dem Sandkasten

Abklingende Pandemie, Platz für Kriegsgeschrei.

Tamedia macht sich schon Sorgen um die Versorgung der Bevölkerung mit Notvorrat. Der «Blick» befürchtet eine neuerliche WC-Papier-Krise. Stefan Schmid, der eigentlich überflüssige Chefredaktor des St. Galler «Tagblatt», macht sich strategische Gedanken um den möglichen Einsatz der Schweizer Luftwaffe.

Das hört sich dann so an, wenn ein Spielzeug-General in die Tasten greift:

«Dass die Schweiz als eines der reichsten Länder Europas mithilft, die Sicherheit auf dem Kontinent zu garantieren, ist richtig. Angesichts der angespannten geopolitischen Lage in Osteuropa sind solche Überlegungen wichtiger denn je

Man spürt, wie aus jeder Zeile ernste, angestrengte Bedeutsamkeit tropft. Endlich hat die Journaille ein Thema gefasst, das Platz gibt für die volle Orgel, das ganze Klavier, sogar für Pauken und Trompeten.

Denn es geht doch um alles. Um Krieg und Frieden. Leben und Tod. Verantwortung und Mut. Endlich kann man sich wieder in Schwarzweissdenken suhlen, das Schachbrettmuster einfacher Gedanken und Begrifflichkeiten über die Welt werfen.

Eigentlich ist die Lage doch ganz einfach

Ist doch einfach. Da steht wieder mal der böse Russe, wie weiland im Kalten Krieg. Der ist zwar nicht mehr rot, aber immer noch ein Bär. Zuoberst ist kein Kommunist mehr, aber fast, so ein ehemaliger KGB-Agent, das reicht doch auch als Feindbild.

Dann haben wir das unschuldige Opfer. Die Ukraine, ein Land voll lupenreiner Demokraten, fleissig, westlich orientiert, mutig, unserer Sympathie und Unterstützung würdig. Da gab es doch auch mal so eine Heldin mit blondem, geflochtenem Haarkranz, und einen Helden mit leicht entstelltem Gesicht, weil der einen Giftanschlag überlebte. Wie hiessen die nur?

Der Präsident des Landes, wie heisst der schon wieder, war anscheinend ein Komiker. Vielleicht ist er’s noch. Dann ist da noch irgendwas mit Erdgas, und wo liegt die Ukraine schon wieder genau? An welche Länder grenzt sie? Was ist ihre Geschichte?

Ach, das würde ja alles zu weit führen. So kann man sich doch nicht richtig auf Krieg oder Frieden vorbereiten. Schliesslich müssen wir alle mithelfen, die Sicherheit auf dem Kontinent zu garantieren. Das sind wir Europa schuldig, reich, wie wir sind.

ZACKBUM bietet dazu Hand; wir geben eine Garantieerklärung für die Sicherheit auf dem Kontinent ab. Nimm das, du russischer Bär, und troll dich.

Nach der Intensivstation nun der War Room

Offensichtlich ist den meisten Medien ihre in der Pandemie entdeckte staatspolitische Bedeutsamkeit in den Kopf gestiegen. So wie sich eigentlich jeder Redaktor in einen Epidemiologen, Virologen und Seuchenspezialisten verwandelte, muss man sich das nun so vorstellen, dass die wenigen überlebenden Kindersoldaten im Newsroom sich in einem War Room fühlen, vor sich ein virtuelles Schlachtfeld mit den Blauen (unsere, die Guten) und den Roten (die anderen, die Bösen).

All die Virenkenner verwandeln sich nun in Spezialisten der Kriegskunst. Panzer, Artillerie, Luftwaffe, Seestreitkräfte nicht vergessen. Ach, Raketen natürlich, und am Schluss entscheidet immer die Infanterie.

Wie steht es eigentlich im näheren Umfeld der Schweiz? Im letzten grossen Krieg waren ja eigentlich alle gegen uns, wollten sich aber die Verkehrswege nicht kaputtmachen, und so ein neutraler Handelsplatz mitten in Europa war ja auch nicht schlecht.

Und heute? Wenn wir Kriegsstrategen nach Norden blicken, müssen wir erschrecken. Was ist aus dem deutschen Landser geworden? Überhaupt aus der Armee? Die Teutonen senden 350 Soldaten in den Osten und rund 6000 Helme. Das ist alles? Was macht Frankreich? Mit wem verbündet sich Italien? Das ist wichtig zu wissen, denn wer Italien an seiner Seite hat, verliert eigentlich immer. Österreich? Ach, die sind ja auch neutral, müssen uns wieder alles nachmachen.

So viele offene Fragen, so wenig Antworten

Sind wir eigentlich auch mental auf einen Krieg vorbereitet? Wird er uns wieder verschonen? Können wir uns mit den guten Diensten retten? Und bei allem Spass an neuen Fliegern, wie steht’s mit Cyberwar? Heutzutage muss Infrastruktur nicht mehr bombardiert werden, ein paar Computerviren erledigen das viel effizienter.

Wie steht es mit der Fünften Kolonne, dem Feind im Inneren? Gibt’s den überhaupt, und wenn ja, woran erkennt man ihn? Wem muss man zurufen: «Moskau einfach»?

Da gibt es noch so viel jungfräuliches Terrain zu beackern, so viele Fragen sind noch offen. Wir müssen den Journalisten aber noch etwas Zeit lassen, Betriebstemperatur zu erreichen. Ist schliesslich nicht so einfach, den Geschlechterkampf, die Durchsetzung des Gendersterns, den Kampf gegen Rassismus, Sklaverei, Mohrenköpfe und Männersprache mit echtem Kriegshandwerk zu ersetzen.

Sagen wir so: wenn Corona-Kreische Marc Brupbacher nicht mehr Viren zählt, sondern Panzer und Bodentruppen, dann wissen wir, dass der Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Ehrlich gesagt ist Kriegsgeschrei zwar genauso nervig wie die ewigen Warnungen vor dem Massensterben durch ein Virus. Aber es ist immerhin eine Abwechslung.

Die Macht des Tabus

Im «Tagblatt» verrutschen die Massstäbe. «Wir dürfen weiter Hitler grüssen», schreibt eine Kolumnistin.

Es gibt Tabuthemen und es gibt Verbote. Wenn eine Freiheit grenzenlos ist, herrschen Willkür und Faustrecht und Barbarei. Also muss jeder Form von Freiheit Grenzen gesetzt werden, damit sie möglichst unbegrenzt benützt werden kann.

Diese Grenzen sind nicht physikalisch messbar, sondern entstehen aus Konventionen, Traditionen und lokalen Besonderheiten. Sie gelten auch nicht universell. Was in einem fundamentalistisch beherrschten Staat ein todeswürdiges Verbrechen ist, gehört in aufgeklärten europäischen Ländern zur erlaubten Ausübung von Meinungsfreiheit.

Die Freiheit, möglichst unbeschränkt alles kritisieren zu dürfen, sich über den Staat, die Regierung, über Religionen, Sitten und Gebräuche lustig machen zu dürfen, das bildet das Fundament von Aufklärung und Fortschritt.

Umso enger die Grenzen gesetzt sind, umso restriktiver Verstösse bestraft werden, desto stärker leidet die Gesellschaft, stockt der Fortschritt, legt sich das Leichentuch von Fanatismus, nicht hinterfragbaren Dogmen und angeblich unbestreitbaren Wahrheiten über die Gesellschaft.

Sollen Symbole und Insignien verboten werden?

Es gibt monströse Verbrechen in der Geschichte, die nachwirken und immer wieder Reaktionen auslösen. Die verächtliche und widerliche besteht darin, sich als Provokation Symbolen zu bedienen, die für solche Verbrechen stehen. Die andere besteht darin, die Verwendung solcher Symbole zu verbieten.

Dahinter steht die Befürchtung, dass eine ungehemmte Zurschaustellung, ein unreflektierter, aus anhaltender Überzeugung oder als primitive Provokation gedachter Tabubruch diese Verbrechen wiederholbar machen könnte. Wie Bertolt Brecht dichtete: «Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.»

Der Faschismus, der Holocaust, die planmässige und industrielle Ermordung von sechs Millionen Juden ist ein singuläres Jahrhundertverbrechen. Solche Barbarei ist auch nicht relativierbar, indem man zum Beispiel anführt, dass die Sowjetunion einen Blutzoll von mehr als 20 Millionen Menschenleben leisten musste, um Hitler-Deutschland zu besiegen.

Ausserhalb Europas gäbe es in der Geschichte noch weitere Abscheulichkeiten, die sich dem menschlichen Verstand entziehen. Aber sie sind geografisch oder zeitlich weit von uns weg. Die braune Brut gibt’s aber immer noch unter uns. Vernagelte, Depravierte, Provokateure oder Idioten, die entweder dummdreist auffallen wollen, oder tatsächlich aus innerer Überzeugung Nazisymbolik verwenden. Als Ideologie, als Denkschablone und auch durch das Herzeigen von Hakenkreuz und Judenstern.

Hier konkretisiert sich immer wieder die Debatte: muss das im Rahmen der Meinungsfreiheit toleriert werden – oder sollte es verboten und sanktioniert sein? Dass sich die Benützer solcher Symbolik verächtlich machen und ausserhalb jedes vernünftigen Diskurses stellen, ist die eine Sache. Ob diesen Schwachköpfen durch Verbote ein Riegel geschoben wird, die grosse Frage.

Was bringen Ausfälle und Überzeichnungen?

Darin liegt die kleine Frage, ob mit solchen Ausfällen der guten Sache in irgendeiner Form gedient ist: «Wir dürfen zwar nicht «Saujude» schimpfen, aber wir dürfen «Saujude» quasi symbolisch öffentlich darstellen. Wir dürfen nicht «erschiesst sie doch alle, während sie in einer Reihe stehen» rufen, aber wir dürfen diese Forderung als Symbol öffentlich zur Schau stellen. Offiziell erlaubt von unserer Landesregierung.»

Die freie Journalistin Joëlle Weil fährt im St. Galler «Tagblatt» fort:

«Nazis existieren und der Bundesrat hat ihnen ein weiteres Mal den Weg geebnet. Nationalsozialistisches Gedankengut ist Menschen- und Demokratieverachtend. Es stellt für viele Bürger dieses Landes eine potenzielle Lebensbedrohung und ein Sicherheitsrisiko dar.»

 

Das darf sie selbstverständlich im Rahmen der Meinungsfreiheit publizieren.

Sie darf auch den Entscheid des Bundesrats, Nazisymbole nicht zu verbieten, so anrempeln: «Nun frage ich mich, ob der Bundesrat plant, mit «Juden sind auch nur Menschen»-Transparenten und der Nummer einer Selbsthilfe-Hotline beim nächsten Nazi-Aufmarsch an der Seite zu stehen. Oder Präventionswerbung auf «www.ichbineinscheissnazi.ch» zu schalten.»

Sie darf auch übersehen, dass es nicht nur in der Antirassismus-Strafnorm juristische Sanktionierungsmöglichkeiten gegen menschenverachtende oder hetzerische oder diskriminierende Äusserungen und Verhaltensweisen gibt. Nicht nur gegen Juden.

Die interessante Frage ist nun, ob diese Meinung von Weil als falsch, unsinnig, provokativ und unanständig kritisiert werden darf, ohne dass man gleich mit der Nazikeule erschlagen wird.

Tabuthemen sind schwierig zu diskutieren

Sobald ein Thema zum Tabu wird, ist eine vernünftige Diskussion zumindest erschwert. Das ist kein Plädoyer für «alles erlaubt». Es ist öffentliches Nachdenken, ob diese Position von Weil sinnvoll, richtig, zumindest verständlich sei. Ist «Tanz den Adolf Hitler» eine bestrafungswürdige Provokation? So überschrieb 2007 ein Redaktor der linken deutschen Tageszeitung taz eine Kolumne. Natürlich alles andere als ein Nazi, der damit auch solches Gedankengut keinesfalls propagieren wollte. Wäre etwas geholfen, wenn das verboten wäre?

Wäre etwas geholfen, wenn das Tragen eines Judensterns mit der Inschrift «ungeimpft» verboten würde? Oder ist es besser, dass sich der Träger dadurch als geschichtsvergessener, geschmackloser Idiot outet und ausschliesst? War es besser, in Deutschland den Nachdruck von Hitlers «Mein Kampf» zu verbieten oder ihn nun mit ausführlichen Kommentaren zu erlauben?

Ich neige dazu, die Grenzen der Meinungsfreiheit sehr weit zu ziehen und Verbote als letztes Mittel zu sehen, nicht als gesellschaftliches Erziehungsprogramm.

Ich neige auch dazu, die Grundregeln von Kausalität und Logik einzufordern. Dass die Nichtbestrafung von Gesten oder der Zurschaustellung von Symbolen (Hakenkreuzfahnen etc.) zu Rassismus führe bzw. diesen fördere, ist die unbewiesene und unbeweisbare Meinung von Weil, die zudem eine Gleichsetzung macht: Wer etwas nicht bestraft, ist zugleich dafür. Das ist fehlende Differenzierung, das ist Verstoss gegen die Gesetze der Logik, das ist eben platte Demagogie, die nicht deshalb zulässig ist, weil sie von Juden für die eigene Sache bzw. ihr Grundanliegen gemacht wird.

Symbol und Handlung sind nicht das Gleiche

Den Hitlergruss nicht zu bestrafen, heisst eben nicht, dass man ihn fördere oder gutheisse, sondern einfach nicht für strafwürdig hält. Und deshalb beruht die Weil’sche Kritik auf dem unverzeihlichen Denkfehler, zwei Dinge zu verbinden, die man trennen kann und muss: Das Symbol, und die angeblichen tatsächlichen Handlungen, die mit dem Symbol verbunden sind. Kein einziger Jude fällt deshalb tot um, weil Fritz Meier den Hitlergruss auf dem Marktplatz macht. Seine tatsächliche Handlung (Heben des Arms in bestimmter Weise) ist ohne jede konkrete Auswirkung auf andere Menschen.

Dass sich Meier damit als geschichtsvergessener Idiot, Provokateur und verächtlicher Mensch demaskiert: das ist alles, was es dazu zu sagen gibt. Wer mag, kann ihm das auch verbal oder physisch klarmachen, im Rahmen des gesetzlich Erlaubten.

Wer das verbieten will und meint, damit etwas Gutes zu wollen, liegt falsch. Wer das nicht verbieten will, bezeugt damit nicht sein Einverständnis mit dieser abscheulichen Geste.  Daher ist der Aufruf zu Rassenhass, zur Ermordung von Mitbürgern aufgrund ihrer Hautfarbe oder religiösen Überzeugung in der Schweiz verboten. Daher ist es richtig, die Verwendung von Nazisymbolen im öffentlichen Raum nicht zu verbieten.

Wumms: Aleksandra Hiltmann

Die Tamedia-Redaktorin versteht keinen Spass und massregelt streng.

Sie war mit Salome Müller die Rädelsführerin eines Protestbriefs, unterzeichnet von 78 über sexistische, demotivierende, unerträgliche Zustande bei Tamedia erregten Frauen.

War vor fast einem Jahr, war gespickt mit anonymen Beispielen von üblem männlichem Verhalten. Führte zu tiefer Zerknirschung in der Chefetage – und weiter nix. Kein einziger der Vorwürfe konnte bislang erhärtet werden.

Aber offensichtlich ist Hiltmann immer noch auf der Pirsch, männlich-sexistisches Verhalten zu denunzieren. Dabei ist ihr jede Kampfgenossin recht. Die «Komikerin» Patti Basler habe sich zu recht an einem Busengrapscherwitz gestossen und werde nun als humorlos kritsiert.

Da sieht Hiltmann das grosse Ganze:

«Finden Frauen einen Witz sexistisch, hören sie oft, sie seien humorlos. Das hat System – und das ist bedenklich.»

Wirklich bedenklich ist allerdings dies: genau diese «Komikerin» fand eine Verballhornung auf primitivster Ebene saukomisch: «Penissimo». Als sie dafür kritisiert wurde, keifte sie völlig humorlos: «Wer dies missversteht, handelt entweder ignorant oder bewusst hetzerisch. Schade, dass du als Journalist hier zynische Satire betreibst und ich als Satirikerin die Fakten erklären muss

Das ist sexistisch und humorlos. Aber von Basler.

Wirklich bedenklich ist, dass Hiltmann sich seit dem damaligen Medienerfolg nie mehr zum Thema Sexismus bei Tamedia geäussert hat.

Wirklich bedenklich ist, dass man sich bei Hiltmann nur an Nonsens-Artikel erinnert wie über die Gefahr, die von der Verwendung des Wortes Zigeunerschnitzel ausgeht (kein Witz). Dafür aber die «beinahe unwirkliche Schönheit der Angelina Jolie» wie ein Backfisch anhimmelt, anlässlich eines schwer behandelten Fotos, das eine Frau zeigt, bei der man Magersucht vermuten müsste, wenn man nicht wüsste, dass da ein Deep Fake hingekünstelt wurde.

Schon damals mussten wir sie streng rügen, dass sie eine Frau, pfuibäh, nach Äusserlichkeiten beurteilt:

«Statt auf die erschreckende Magerkeit (man schaue sich nur Arme und Beine an) hinzuweisen und Jugendliche vor Nachahmung und Bulimie zu warnen, statt eine Philippika gegen die unbelehrbare Modeindustrie mit ihren unerreichbaren Schlankmodels vom Stapel zu lassen: «unfassbar schön»

Das mag nun humorlos erscheinen, aber an Hiltmann finden wir überhaupt nichts komisch.

Wumms: Matthias Matussek

Die «Weltwoche» als Abklingbecken für ausgebrannte Journalisten.

Matussek hatte mal eine Karriere. «Stern», «Spiegel», dort sogar Leiter des Kulturressorts. Dann 2015 als Kolumnist der «Welt» entlassen.

Das verstärkte offenbar beim Zögling des von Jesuiten geführten Aloisiuskolleg das Gottvertrauen, dem er als bekennender Katholik auch öffentlich nachlebt. Seine Bemerkung, dass der liebe Gott das Klima mache, könnte man noch als Ironie abtun. Dass für ihn Homosexualität ein «Fehler der Natur» sei, ist schon anrüchiger.

Wie jeder Renegat neigt er zu Militanz: «Ich bin so leidenschaftlich katholisch, wie ich vor vierzig Jahren Marxist war. Warum? Weil mein Verein angegriffen wird.»

Schon immer eher Rechtsausleger, hatte er in den letzten Jahren zunehmend weniger Berührungssängste mit rechten Rändern, als selbsterklärter «Sympathisant der Identitären». Vom Satiremagazin «Titanic» wurde er vorgeführt, als er sich an einer fiktiv angebotenen Mitarbeit im US-Rechts-Magazin Breitbart interessiert zeigte.

In der «Weltwoche» hat er’s allerdings auch nicht leicht:

Dass er sich in der Kurzpolemik gegen die FAZ (was dem Schweizer Leser schwer an einem gewissen Körperteil vorbeigeht) gegen jegliche Reform in der Katholikenkirche ausspricht, wohlan.

Aber liebe Bildredaktion, das mit einem Foto einer evangelischen Kirche zu illustrieren, ist schon Realsatire. Dass es im Hintergrund Pace-Fahnen hat, ist noch nicht mal das Sahnehäubchen. Offenbar handelt es sich um die Trauung eines lesbischen Paares – der Katholik Matussek ist strikt gegen gleichgeschlechtliche Ehen.

Gottseibeiuns, das nennt man eine Bild-Text-Schere. Oder handelt es sich bei der WeWo-Bildredaktion um eine gottlose Veranstaltung?

Möglicher Spendenbetrug?

Jammern, austeilen, ruppig werden. Auf berechtigte Fragen antworten? Niemals.

Was ist von einer Staatsbürgerin zu halten, die zu Bundesrichtern, die ein völlig korrektes, aber ihr nicht passendes Urteil gefällt haben, speuzt: «Was die inhaliert haben, habe ich mich gefragt.»

Was soll man von einer Ratgeberin (und vor allem von ihrer Anwältin!) halten, da beide Damen nicht in der Lage sind, zwischen dem Gewähren einer aufschiebenden Wirkung und dem Eintreten auf eine Beschwerde zu unterscheiden? Auch das ist eine trivial banale Rechtsfrage, die eigentlich im ersten Semester Jus gelehrt wird. Es ist schlichtweg Unsinn, dass das Bundesgericht zuerst auf die Beschwerde eingetreten sein soll, um dann nicht darauf einzutreten, wie Jolanda Spiess-Hegglin sich im Chor mit Rena Zulauf beschwert.

Wir wiederholen uns, schliesslich haben wir hier einen Lehrauftrag gefasst: Die Begriffe «eintreten» und «aufschiebende Wirkung» zu vermischen, das ist für einen Anwalt unverzeihlich. Was JSH und ihre Anwältin dabei inhaliert haben, das sollten sie sich selbst fragen.

Was soll man noch zu einer angeblich «geschicktesten Medienanwältin» der Schweiz sagen, die letzthin jeden Prozess für ihre Mandantin krachend verliert? Deren einziger Vorteil darin besteht, dass nach Ausfall des Claqueurs Pascal Hollenstein nun Rafaela Roth mit einem Jubelartikel das Image der NZZaS ramponierte.

Merkwürdiges Spendenwesen

Was soll man zu einer Kämpferin gegen Hass und Hetze im Internet sagen, die ein ihr missliebiges Buch, ohne dass sie seinen Inhalt kennen würde, als «Justizporno» abqualifiziert? Und was ist von einer Organisation zu halten, die sich angeblich für «fairen Journalismus» einsetzt, aber unter dem Stichwort «Team Jolanda» ein Crowdfunding unterhält, mit dem Spendengelder gesammelt werden, «damit sie weiter gegen Ringier kämpfen kann»?

Das ist nun von der Homepage von «Fairmedia» verschwunden und diskret auf Seite 3 unter «Aktuell» platziert, wobei hier der Spendenlink nicht mehr in Betrieb ist. Aber JSH verwendet «Fairmedia» weiter ungeniert, um Spenden zu erbetteln, mit denen die angeblich «horrenden» Zahlungen «an Tamedia» beglichen werden sollten. Die nur in ihrer Fantasie existieren.

Dafür wurde offensichtlich ein neuer Link gebastelt, der nicht mehr auf den Kampf gegen Ringier verweist, sondern nur ganz allgemein den «Kampf» anpreist.

Es gibt nun beim Einwerben von Spenden gewisse Vorschriften, die höchstwahrscheinlich von JSH auch als störend, unanständig, bizarr oder schlichtweg falsch empfunden werden.

Vielleicht darf man daran erinnern, dass keine der von JSH gegründeten oder betriebenen Organisationen das ZEWO-Gütesiegel erhalten hat, was eigentlich in der Schweiz die Benchmark für seriöses Spendensammeln darstellt.

Zudem hat der Spendenempfänger die Verpflichtung, den Spendern gegenüber Rechenschaft über die Verwendung des Geldes abzulegen, also zu welchem Zweck wird es genau ausgegeben.

Was ist von einer Zweckbestimmung zu halten, die da lautet:

«Weiterkämpfen»? Wogegen denn?  Nochmals eine Klatsche abholen? Warum denn? Wie sieht es eigentlich steuerlich mit diesen Spenden aus? Sind das Schenkungen? Einkommen aus Erwerbstätigkeit (berufsmässiges Prozessieren)? Die Eidgenössische Steuerverwaltung ist angefragt. JSH selbst behauptet, sie brauche Geld, um irgend etwas an Tamedia zu bezahlen. Beim «Fairmedia»-Spendenaufruf steht nur etwas von «juristisch weiterkämpfen». Also zukunftsgerichtet. Alles mehr als dubios.

Interessante Aspekte, die nicht nur allfällige Spender, sondern auch die Öffentlichkeit interessieren würden. Deshalb hat ZACKBUM der Autorin des Spendenaufrufs und dem Betreiber des Sammelgefässes «Fairmedia» Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.

Leider in beiden Fällen – und nicht das erste Mal – vergeblich. Man bleibt sich konsequent treu: halsen, ausrufen, jammern, holzen, hasserfüllt anrempeln, mit Schlötterlingen um sich werfen.

Auf höflich gestellte Fragen antworten? Ach was. Damit haben wir hoffentlich ein letztes Mal dieses Schlammbad durchmessen. Bleibt noch die Berichterstattung über den sich abzeichnenden Flop, aus Ringier Hunderttausende «Gewinnherausgabe» herausprozessieren zu wollen. Stattdessen wird’s Peanuts geben, denn Millionengewinne existieren nur in der Fantasie des «Gutachters» und Geldverrösters Hansi Voigt.

Zwischenzeitlich gehen wir duschen und kümmern uns um wichtigere Dinge.

«Tippinpoint» legt los

Diskret, unaufgeregt, kompetent: eine neue Stimme in der Finanzberichterstattung.

Man kann  auf die Trommel schlagen, grosse Sprüche machen, unglaublich wichtig tun. Oder man kann die Kunst des Understatements pflegen. Dem hat sich «Tippinpoint» aus dem Hause Beat Schmid verschrieben.

Ein diskreter Hinweis, dass man jetzt online sei. Nun der erste Newsletter, dass man sich eine Woche nach Start «für die vielen aufmunternden Reaktionen» bedanke. Und mit dem Gefäss «Unorthodox» setzt «tippinpoint» gleich neue Massstäbe.

Eine unaufgeregte, brutale Analyse der Probleme der Credit Suisse – mitsamt Lösungsvorschlägen. Dazu hat man eine «Sum of the parts Valuation» gemacht. Konkret, man ist der Frage nachgegangen, wieso die CS an der Börse für die Hälfte des Buchwerts gehandelt wird, was eigentlich ein Riesenskandal ist.

Bei diesem Modell werden die einzelnen Teile der Bank mit einem Aktienwert versehen und daraus die Summe gebildet. Logische Schlussfolgerung: der Verkauf der Investmentbank, selbst für einen symbolischen Franken, könnte sich heilsam auf den Aktienkurs auswirken. Um die Cost-Income-Ratio auf ein vernünftiges Mass zu senken, wäre eine Reduktion der Saläre um 20 bis 30 Prozent empfehlenswert. Dann läge das Verhältnis, wie viel Geld man ausgeben muss, um Geld zu verdienen, wieder unterhalb von turmhohen 83 Prozent.

Schliesslich empfiehlt «Tippinpoint», die unselige, wieder aufgewärmte Verzweiflungstat von «Cash-Boni» wieder abzuschaffen. Heutzutage werden Boni immer häufiger in Form von Anteilsscheinen am Unternehmen bezahlt. Damit hat der Bonusempfänger «skin in the game», wie man im Fachjargon sagt. Sein Gewinn hängt von der Entwicklung des Aktienkurses ab, mit Sperren ist er zudem verpflichtet, seine Aktien eine hübsche Zeitlang zu halten.

Cash-Bonus heisst hingegen: Geld her und weg. Nach der Auszahlung gibt es keinen zusätzlichen Grund für den Banker, sich anzustrengen oder an Bord zu bleiben.

Ergänzt wird die Kolumne «Unorthodox» um eine Analyse des gestörten Verhältnisses zwischen Aktionären und der Bankführung.

Eine neue, bereichernde Stimme in der Wüste

Die Medienlandschaft der Finanzberichterstattung ist um eine Oase erweitert worden. Wir haben die wenigen überlebenden Finanzblätter wie «F&W» oder «Handelszeitung». Wir haben den Dampfer NZZ, wir haben die bis zur Lächerlichkeit kaputtgesparten Wirtschaftsredaktionen von Tamedia, CH Media und «Blick». Wir haben den Einzelkämpfer Lukas Hässig, der mit seinem «Inside Paradeplatz» im Alleingang mehr Skandale aufgedeckt hat als die versammelte Schnarchpresse.

Der pflegt dabei die Kunst des Zweihänders, den er gelegentlich auch mit dem Morgenstern ersetzt. Schmids «Tippinpoint» hat sich dagegen dem Florett verschrieben, mit dem aber nicht gefuchtelt wird, sondern feine, aber tödliche Stiche versetzt werden.

Alles gut? Fast. An den Titel muss man sich wohl zuerst noch gewöhnen, da hätte längeres Nachdenken vielleicht noch Besseres zutage gefördert. Überhaupt ist ein gewisser Hang zu Anglizismen unverkennbar. Das ist im Banglish-Gequatsche so, muss aber nicht unbedingt übernommen werden.

«Sum of the Parts», «sophistiziert», «Back-of-the-Envelope-Berechnung», «Cost-Income-Ratio», «Ownership», «skin in the game»,

das muss doch alles nicht sein. Dass hier Könner für Kenner schreiben, das kann man auch auf Deutsch unter Beweis stellen.

 

 

Wumms: Arthur Rutishauser

In den Treibsand kommentiert.

Der Oberchefredaktor von Tamedia ist im Herzen Wirtschaftsjournalist geblieben. Aber das Herz schlägt nur noch leise unter dicken Schichten von Management, Vincenz-Bashing und Entschuldigungen schreiben.

Natürlich muss Rutishauser auch etwas zum unaufhaltsamen Niedergang der Credit Suisse sagen. Das hätte er besser gelassen: «Die Credit Suisse ist eine Übernahmekandidatin». Eine Reaktion auf den Milliardenverlust im Jahr 2021, auf anhaltende Probleme, Skandale, Rechtsfälle. Rutishauser schliesst: «Bleibt abzuwarten, wer zuschlagen will.»

Ernste Miene zu schlimmem Spiel: Thomas Gottstein.

Nein, da können wir lange warten; die CS ist definitiv keine Übernahmekandidatin. Da sie «too big to fail» ist, also systemrelevant, würde hier die Schweizer Regierung ein gewichtiges Wörtchen mitreden, was die Bank zu einer sehr unattraktiven Braut macht. Dazu kommt: eine Bank wird nicht umsonst an der Börse nur mit der Hälfte ihres Buchwerts gehandelt.

Das hat zwei Gründe. Das Investment-Banking performt unterirdisch schlecht und hat ein Value at Risk von 875 Milliarden Franken, also eine beeindruckende Risiko-Blase, aufgepumpt.

Der zweite Grund ist die Mitgift, die von der CS in eine Fusion eingebracht würde. Wobei das Wort Gift zutrifft. Selbst die genauste Due Diligence könnte nicht zutage fördern, welche Leichen die Bank noch im Keller vergraben hat. Wer in solch unablässiger Folge Skandale und Rechtshändel verursacht, seit der grössten Busse für eine ausländische Bank im Steuerstreit mit den USA, der wird nicht mal mit der Beisszange angefasst.

Also ist die CS ganz sicher kein Übernahmekandidat, und niemand wird zuschlagen. Ausser, der Bund zwingt die UBS dazu, diesen Frosch zu küssen, der sich dann in eine Kröte verwandeln wird.

Wumms: Thomas Gottstein

Viel CEO, immer weniger Bank. Das ist die Lage der Credit Suisse.

Er wurde als grosse weisse Hoffnung der Schweiz gehandelt. Thomas Gottstein, endlich wieder ein Schweizer CEO der Schweizer Grossbank CS.

Nun ist aber die CS eine unglaublich schrumpfende Bank, deren Aktienkurs unaufhaltsam nur den Weg nach unten kennt, die im Vergleich zur weltweiten Konkurrenz, im Vergleich zur UBS wie die alte Fasnacht daherkommt.

Das muss nun ein CEO wegstecken können. Gottstein kann’s. Während die meisten anderen Banken 2021 satte Gewinne einfuhren, musste die CS gerade 1,6 Milliarden Verlust für 2021 vermelden. Die einzige Zahl, die gestiegen ist, ist das «Value at Risk». Damit misst man das potenzielle Risiko der Verbindlichkeiten. Stieg von 800 Milliarden auf 875.

Die einzige Zahl, die nur unwesentlich sank, ist die der Saläre und Boni. Für diesen Riesenverlust kassierten die Angestellten der Bank 9 Milliarden Franken. Flops, Pleiten, Pech und Pannen. Oder gepflegter ausgedrückt: Wertberichtigungen in einem herausfordernden Marktumfeld.

In solchen Krisen ist der Steuermann gefordert, der Kapitän auf der Brücke. Da der VR-Präsident ständigt wechselt, muss das der CEO sein. Was sagt also Gottstein zu diesem Desaster:

«solide Ergebnisse erzielt».

Echt jetzt? Zu viel Golf gespielt? Völlig den Bezug zur Realität verloren? Spielt erste Geige auf der Titanic? Hat den Ernst der Lage nicht erkannt oder will ihn nicht erkennen?

Wie sich wohl ein Mitarbeiter der CS fühlt, wenn er seinen Chef solche Albernheiten sagen hört?

Angstschweiss läuft in Strömen

Der Verband Schweizer Medien (VSM) geht in den hysterischen Hyperdrive.

Die Inseratekampagne ist, höflich ausgedrückt, abgekackt. Die öffentlichen Auftritte von Exponenten eines Ja zur Medienmilliarde sind, höflich ausgedrückt, ein Desaster. So schiffte der Befürworter im «Blick»-Battle vor laufender Kamera mit 75 Prozent Stimmen gegen ihn ab.

Nachdem all das nicht viel gefruchtet hatte, auch alle Lohnschreiber mit wunden Fingern nichts anderes bewirkten, als dass jede Meinungsumfrage noch trübere Resultate als der Vorgänger produzierte, sieht man im Verlegerlager immer mehr Menschen mit dunklen Flecken unter den Achselhöhlen herumlaufen.

Die Nervosität ist inzwischen schon so gross, dass mit zittrigen Händen sogar die Zahl der Befürworter und der Gegner bei einer Meinungsumfrage verwechselt wird.

Wie peinlich ist das denn?

Das musste CH Media einrücken, nachdem offenbar das Wunschdenken jeglichen Realitätsbezug gekappt hatte und es bei diesem Kopfblattmonster von Qualitätsmedien allen Kontrollstellen nicht auffiel, dass mal kurz die Nein- mit den Ja-Stimmen ausgetauscht wurden.

Man kann nur hoffen, dass sich das bei der Bekanntgabe der Abstimmungsresultate nicht wiederholt.

Eine Offensive nach der anderen scheitert

Auch die vorletzte Offensive verröchelte.  Als klarer Beweis, dass es eine strikte Trennung zwischen Verlag und unabhängiger Redaktion gibt, griffen in den grossen Medienkonzernen noch die Verleger in die Tasten.

Clanvertreter Pietro Supino leitartikelte bei Tamedia. Das inzwischen Ex-Mitglied der Geschäftsleitung Pascal Hollenstein griff für CH Media in die Tasten. Bei Ringier ist CEO Marc Walder unpässlich, nachdem er schon zweimal sich so benahm, als sei er eine Stütze des Referendumskomitees gegen die Milliarde.

Daher ergriff hier Ladina Heimgartner das Wort. Denn neben sieben Zwergen in der Chefredaktion beschäftigt die «Blick»-Gruppe auch noch eine CEO und «Mitglied Group Executive Board» sowie «Head Global Media». Die Dame muss eine Visitenkarte zum Ausklappen bei sich tragen.

Aber auch alle diese Mühewaltung, verbunden mit der Hoffnung, «so macht man das» sagen zu können, nutzte nix. Umso näher der Abstimmungssonntag kommt, desto trüber wird die Stimmung im Verlegerlager, angesichts desaströser Umfrageergebnisse.

Da bleibt nur noch eins. Der «Verband Schweizer Medien» verschickt in immer höherer Kadenz «Sondernewsletter». Der Tonfall kann nur als weinerlich und flehentlich bezeichnet werden; zuerst weinerlich:

«Die Gegner der Medienförderung liegen leicht vorne, aber noch ist alles möglich.»

Dann flehentlich:

«Wir brauchen Ihr JA zum Medienpaket am 13. Februar – für unsere Demokratie, für unsere Regionen, für unseren Föderalismus, für die Zeitung im Briefkasten.»

Falsche Begriffe, falsche Kampagne, alles falsch

Wobei, das ist eigentlich eher unverschämt. Mit der Demokratie hat diese Zusatzmilliarde für Medienclans nichts zu tun. Noch weniger mit Regionen oder Föderalismus. Die Zeitung im Briefkasten hingegen wird schon seit Urzeiten subventioniert.

Neu wäre da nur, dass die Auflagebeschränkung für diese Subventionen wegfiele, also die Grossverlage mit Grossauflagen gross profitieren würden.

Es ist wohl eindeutig so: allen Mietmäulern, allen Bütteln im Dienst der Verlegerclans, allen Lohnschreibern, allen Verbänden, Komitees, Gruppen, PR-Maschinen fällt nichts Überzeugendes ein, was für ein Ja sprechen würde.

Entweder widersprechen sich die Befürworter gleich selbst – Verleger publizieren unwidersprochen und unkontrolliert ihre Behauptungen in ihren Medien –, oder sie sabotieren gleich alle Anstrengungen – wie Marc Walder –, oder sie wirken so wenig überzeugend, dass 75 Prozent der Zuschauer klar nein sagen.

Sie haben halt von Anfang an auf die falschen Begriffe gesetzt. Als ob das Ausschütten einer zusätzlichen Steuermilliarde irgend etwas mit Meinungsfreiheit zu tun hätte. Als ob das Zusammenlegen und Aushungern und Armsparen der Redaktionen irgend etwas mit Regionalität, Kontrollfunktion oder Vierter Gewalt zu tun hätte. Als ob das Verschnarchen des Internets irgend etwas mit nötiger Hilfe bei einer Transition zu tun hätte.

Es gibt ungeheures Sparpotenzial

Angesichts all dieser Pleiten, Pech und Pannen muss man sich fragen, ob die Befürworter des Medienpakets nicht besser all das Geld gespart hätten – und für einmal nicht in Yachten und Villen und Autoflotten investiert, sondern in die Redaktionen.

Nur so als Idee. Wenn schon gegeizt werden muss, wieso immer in den Redaktionen? Die gesamte Teppichetage bei Tamedia, CH Media und Ringier hat doch unter Beweis gestellt, dass hier einige Millionen eingespart werden könnten.

Durchgreifen in der Teppichetage?

Ohne grosses Assessment oder unnötige Ausgaben für eine Beratungsbude. Einfach jeder zweite Manager kann geixt werden. Merkt keiner. Wenn von den Überlebenden nochmals jeder zweite gefeuert würde, ginge es anschliessend den Verlagen entschieden besser. Wetten?