Kulturelle Aneignung

Gerechtigkeit für König Christian IV.!

Es ist ein eklatanter Fall von Übergriffigkeit zu denunzieren. Von kultureller Aneignung. Unerträglich. Das Opfer ist der dänische König Christian IV. (1577 – 1648). Der überlebte den Dreissigjährigen Krieg, aber seither rotiert er im Grab.

Denn er trug mit Stolz seinen Weichselzopf. So nannte man damals eine Zusammenballung verfilzter Haare. Sein Beispiel machte über den Hofstaat hinaus Schule. Und dann? Dann eigneten sich Rastafari und andere Gruppen frech die Unsitte an, die Haare nicht mehr zu waschen oder zu kämmen. Das nannten sie dann Dreadlocks, um die Herkunft vom Weichselzopf zu verschleiern.

Dieser unappetitlichen und übelriechenden Unsitte wird von vielen Menschen gefrönt. Das darf aber nicht jeder. Sicher nicht Ronja Maltzahn. Denn die Musikerin wurde von den Aktivisten von «Fridays for Future» zuerst ein-, dann wieder ausgeladen. Sie sollte in Hannover helfen, die Zukunft zu retten.

So nicht, Ronja Maltzahn.

Aber nicht so: «Wenn eine weisse Person Dreadlocks trägt, dann handelt es sich um eine kulturelle Aneignung, da wir uns als weisse Menschen aufgrund unserer Privilegien nicht mit der Geschichte oder dem kollektiven Trauma der Unterdrückung auseinandersetzen müssen», meinen die Klimaschützer zur Begründung.

Das ist erlaubt: Whoopi Goldberg.

Nimm das, König Christian IV. Wieso setzen sich diese Kämpfer gegen Aneignung nicht für die Rehabilitation des Weichselzopfes ein? Wieso gibt es keine Ausladung von schwarzen Künstlern, die sich kulturimperialistisch dieses Zeichen vom dänischen Hof angeeignet haben?

Ist der Zopf ab, ginge es

Nun hätte Maltzahn allerdings eine Chance gehabt, doch auftreten und die Zukunft retten zu dürfen. Ganz einfach; wenn der Zopf ab wäre. Die Schuleschwänzer hatten der Musikerin anheim gestellt, dass sie mit abgeschnittenen Dreadlocks, also ohne, durchaus auftreten dürfe. Dieser Wahnsinn war dann aber selbst diesen Wahnsinnigen zu viel; das sei ein Eingriff in die Privatsphäre gewesen, entschuldigte sich «Fridays for Future» später.

Wir lernen: die Erderwärmung mag durchaus ein ernstzunehmendes Problem sein. Aber viel dringlicher wäre es, etwas gegen Kopferwärmung zu unternehmen. Gegen den im roten Bereich drehenden Schwachsinn, dass auch beispielsweise in Zürich ein Piktogramm wieder verschwinden musste, dass im ÖV darauf hinwies, dass Musizieren nicht erlaubt sei.

Das ist erlaubt: Verbot ohne Sombrero. Aber schwarz …

Das wurde verboten: mit Sombrero, auch schwarz.

Oh Graus: dafür wurde ein Gitarrist mit Sombrero gezeigt. Verdammter Rassismus. Aber wehe, wer an der Fasnacht einen Sombrero trägt (und kein Mexikaner ist). Dann wär’s kulturelle Aneignung. Auch pfuibäh.

Julia Timoschenko. Erlaubt, aber nicht zum Nachahmen.

Und aufgepasst, liebe Damen. Man erinnert sich sicherlich noch an die in der Versenkung verschwundene grosse weibliche Hoffnung der Ukraine: Julia Timoschenko. Die hatte auch eine spezielle Haartracht. Wer die nun als Solidarität nachahmt, muss sich sagen lassen, dass er damit das Verbrechen der kulturellen Aneignung begeht. Was allerdings schnurstracks zur Frage führt: darf ein Nicht-Ukrainer die ukrainische Flagge schwenken? Sich blau-gelbe Striche ins Gesicht malen? Wir erwarten eine Stellungnahme von «Fridays for Future». Oder zumindest des Eidgenössischen Büros für Gleichstellungsfragen.

Wumms: Cédric Wermuth

Auffallen um jeden Preis. Das kann der Wahldauerverlierer.

Die SP wird bei einer Wahl nach der anderen abgewatscht. Dringlicher Handlungsbedarf für die Parteispitze. Analyse, neue Strategie, Zurückerobern von Wähleranteilen?

Ach was, das könnte doch in Anstrengung ausarten. Und wozu sieht Cédric Wermuth immer so adrett aus, mit seinem sauber gestutzen Bart und sogar mit Pochettli, womit er hier Frank A. Meyer die Pole Position streitig machen will.

Aber das sind Äusserlichkeiten, reden wir von Inhalten:

Der Mann kann nicht viel, aber wie man in die Schlagzeilen kommt, das weiss er. Schliesslich liefert er sich schon lange ein Fernduell mit Fabian Molina, wer schneller die absurderen Forderungen aufstellen kann.

Nun hat wieder Wermuth die Nase vorn. Ukrainische Flüchtlinge dürfen gratis den ÖV benutzen. Findet Wermuth super, aber: was ist mit anderen Asylanten? Mit russischen Oppositionellen? Und überhaupt:

«Niemand darf das Gefühl haben, benachteiligt zu werden. Weder Flüchtlinge aus anderen Ländern noch Einheimische.»

Also freie Fahrt für alle Bedürftigen. Niemand darf zurückbleiben. In der reichen Schweiz kann es doch nicht sein, dass ein Sozialhilfeempfänger traurig den Schlusslichtern des abfahrenden Zuges nachschaut. Und Schwarzfahren kann ja auch keine Alternative sein, abgesehen davon, dass das ein verdammt rassistischer Begriff ist.

Allerdings ist seine Forderung, wie meist bei Wermuth, nicht zu Ende gedacht. Denn auch Menschen, die keine Sozialhilfe empfangen, leiden unter den steigenden Preisen. Wieso nicht freie Fahrt für freie Bürger? Gratis-Transport für alle? Die SBB schieben bloss einen Schuldenberg von 11 Milliarden Franken vor sich her. Das können wir uns doch noch leisten.

Molina, übernehmen Sie!

Dichtung und Wahrheit, Teil 1

Bührle und kein Ende. Eine Suche nach der Wahrheit hinter dem Geschrei.

Wer kann das viele, viele Jahre später noch unterscheiden? «Auch Leben ist eine Kunst», war der Sinnspruch von Max Emden. Das Nachleben der von ihm erworbenen Kunstwerke ist dagegen ein Trauerspiel.

Es begab sich und trug sich zu: Es war einmal ein deutscher Millionär. In seinen besten Zeiten war er der Kaufhauskönig Europas mit über 6000 Angestellten und Geschäften an bester Lage in vielen Grossstädten. Er lebte hoch im Norden und wurde dem Dreck einer Hafenstadt, auch der Engstirnigkeit der Menschen Hamburgs überdrüssig.

Also verkaufte er den Grossteil seiner Beteiligungen, die ihn reich gemacht hatten, und wanderte gegen Süden aus. Er suchte Ruhe und Beschaulichkeit; die fand er im Tessin. Genauer auf zwei Inseln im Lago Maggiore. Die waren idyllisch und einsam genug, also kaufte er sie 1927 für 600’000 Franken, was damals eine hübsche Stange Geld war.

Um die Beschaulichkeit mit Behaglichkeit zu verbinden, liess er auf einer der Inseln eine schöne, klassizistische Villa mit 30 Zimmern errichten. Das war dann genug Platz für seine Familie und seine Kunstsammlung, die er an den zahlreich vorhandenen Wänden aufhängte.

Die Inseln boten auch genug Privatsphäre, dass er dort ein Leben als Aussteiger, Freigeist, Polospieler, Golfer und Liebhaber des Schönen und der Schönen führen konnte. Als Frühhippie, im Geiste des nahegelegenen Monte Verità.

Allerdings berichten viele Zeitzeugen, dass immer eine Aura von Melancholie und zurückhaltender Trauer um ihn war.

Bald kamen die braunen Zeiten in Deutschland

1931 liess er auf einer grossen Auktion aus seiner Sammlung Gemälde deutscher und französischer Meister des 19. Jahrhunderts, Möbel, Teppiche, Bronzen, deutsches Silber, Fayencen versteigern.

Die dunkelbraunen Zeiten, die in Deutschland anbrachen, machten die Inseln zu seinem Hauptwohnsitz; 1934 erwarb er das Bürgerrecht der Gemeinde Ronco. Illustre Gäste beherbergte er in seiner Villa, darunter Aga Khan, den König von Siam oder den berühmten Schriftsteller Erich Maria Remarque.

Als die braune Pest damit begann, seine in deren Einflussbereich verbliebenen Besitztümer zu arisieren oder schlichtweg zu stehlen, setzte er die Verkäufe seiner in die Schweiz verbrachten Kunstwerke fort, um seinen Finanzhaushalt zu stabilisieren. Denn Villa, Bedienstete, Boote, Polo, Frauen, das Leben, das war alles nicht ganz billig.

Zwei dieser damals verkauften Gemälde gelangten in die Sammlung Adolf Hitlers. Da die Bundesrepublik Deutschland die Rechtsnachfolge des Dritten Reichs angetreten hatte und sich ungern von jeglichem Besitz trennte, dauerte es bis 2019, dass die beiden Gemälde an die Nachkommen des Sammlers restituiert wurden.

Die in Deutschland enteigneten Besitztümer sind bis heute ein ungelöster Skandal

Bis heute ist aber die Enteignung seiner Besitztümer in Deutschland und im Einflussbereich der braunen Pest ein Verbrechen, das ungesühnt bleibt. Er war nicht nur der Kaufhauskönig der damaligen Zeit, sondern der bedeutendste Grundbesitzer in Hamburg, höchstwahrscheinlich sogar im ganzen Deutschen Reich.

Glücklicherweise hatte er seine Kaufhäuser, darunter das KaDeWe in Berlin oder Oberpollinger in München, noch rechtzeitig verkauft. Er blieb aber im Besitz der Grundstücke, bis ihm die abgepresst oder schlichtweg gestohlen wurden.

Als der Lebemann 1940 plötzlich starb, wurde sein einziger Sohn Alleinerbe. Der war nicht mit ins Schweizer Bürgerrecht aufgenommen worden und wurde daher staatenlos, als ihm der deutsche Schurkenstaat seine Staatsbürgerschaft entzog.

Aber der Sohn besorgte sich einen haitianischen Pass und beschloss, nach Chile auszuwandern; von dort stammte seine Mutter. Dabei liess er die beiden Inseln und einige Kunstwerke in der Schweiz zurück, die verkauft werden sollten.

Der Sohn und Erbe war finanziell gut gepolstert

Dringlichen Finanzbedarf schien er nicht zu haben, denn er verfügte insgesamt über ein Vermögen von rund 1,8 Millionen Franken. In Dollar umgerechnet wurden seine Kunstwerke auf 75’000 $ geschätzt, hinzu kam auf diversen New Yorker Bankkonten ein Guthaben von über 130’000 Dollar, jederzeit liquide.

In Chile gründete der Sohn mit diesem Vermögen eine eigene Firma. Da ihm als möglicherweise «feindlichem Ausländer» zweimal Visa-Anträge in die USA verweigert wurden, überwachten die US-Behörden seinen Geldverkehr genau. Da entsprechende Archive vorhanden sind, lässt sich belegen, dass er seine in Chile gegründete Firma Pre-Unic mit einer Kapitalbasis von 133’000 US-Dollar ausstattete und daraufhin weitere 135’000 Dollar für Investitionen und seinen Lebensunterhalt aus seinem Vermögen in den USA und anderswo bezog.

Das war rund eine Million CHF zum damaligen Umrechnungskurs. Zudem geht aus einem Schriftwechsel mit seiner damaligen Verwalterin in der Schweiz hervor, dass Olga Ammann eine Offerte der SBG (heutige UBS) für den Ankauf von drei Kunstwerken zurückwies; der Preis erschien ihr zu niedrig, und es herrschte offenbar Einverständnis zwischen ihr und Emden, dass diese Verkäufe langsam und bedächtig abzuwickeln seien, keine Eile oder Not bestünde.

Fortsetzung folgt: Der Enkel will Genugtuung

 

Die Brotz-Bronca

Spanisch für Krakeel, Gefuchtel und Geschrei.

Endlich mal eine Ablenkung vom Überthema. SVP-Nationalrat Thomas Aeschi sagt etwas Blödes. Aus einer mutmasslichen Vergewaltigung durch zwei afrikanische Flüchtlinge mit ukrainischem Pass, begangen an einer ukrainischen Flüchtigen, macht er einen Indikativ Plural. Und damit wird’s zum rassistischen Schwachsinn.

Das wiederum bringt die Grünen in die Gänge. Ihre NR-Präsidentin hat’s verschnarcht, Aeschi zu rügen, dafür boykottiert die Fraktionschefin die «Arena», weil dort auch Aeschi auftreten durfte. Politischer Schwachsinn.

Sandro Brotz, notorischer SVP-Basher, nimmt sich dann Aeschi zur Brust:

«Was Sie gesagt haben, ist rassistisch. Punkt. Ausrufezeichen.»

Das wiederum löst eine neuerliche Debatte aus. Über Brotz mangelhafte Kenntnisse der Interpunktion? Nein, ob er so oberlehrerhaft einen Politiker zusammenfalten darf oder nicht.

«Ein reines Schmierentheater», so teilt der Politchef von Tamedia in alle Richtungen aus. Denis von Burg watscht gerecht alle ab. Aeschi: «unappetitliches Süppchen» gekocht. «Arena»-Boykott von Aline Trede: «undemokratisch und auch nicht klug.» Schliesslich: «Brotz hat auf billige Weise Quoten gebolzt.»

Michèle Binswanger wäscht dann Brotz nochmal die Kappe: «Der Moderator auf Abwegen» bestätige «jedes Anti-SRG-Klischee». Nicht nur in der Sendung, auch auf Twitter betrachte Brotz gerne seinen eigenen Bauchnabel: «Eitelkeit ist zwar ein in Journalistenkreisen weitverbreitetes Laster. Aber diesmal ist Brotz zu weit gegangen.»

Brotz tritt den Beweis für alle Vorwürfe an

Als wolle er ihren Vorwurf beweisen, haute Brotz auf diesen kritischen Artikel von Tamedia gleich eine Salve von Tweets raus. Als beleidigte Leberwurst. Er räumte zwar ein, dass ihm Binswanger Gelegenheit zur Stellungnahme gab, auf die er aber 24 Stunden lang nicht zu reagieren geruhte. Aber: «Dann hast du deinen Text rausgehauen. Ohne mit mir zu reden. Ich kann damit umgehen. Bin mir deine „Recherche“ im Weltwoche-Stil gewohnt. Du magst finden: Brotz teilt aus, dann muss er auch einstecken. Fair enough. Nur hat das nichts mehr mit Journalismus zu tun.»

Tschakata. Also der Herr Journalist mag nicht antworten, aber dann beschwert er sich darüber, dass man nicht mit ihm habe reden wollen und will seinerseits Binswanger damit beleidigen, dass sie im «Weltwoche-Stil» recherchiere, was immer das sein mag. Also wer nicht geduldig wartet, bis Brotz dann doch ein Momentchen in seinem übervollen Terminkalender findet, betreibe keinen Journalismus mehr. Was für ein Haudrauf, der Moderator.

Apropos, keiner geht auf den «Weltwoche»-Kommentar des ausgewiesenen Recherchierjournalisten Alex Baur ein, der konstatiert: «Doch bei diesem Exzess geht es um mehr als Parteilichkeit: Sandro Brotz stellt sein Ego über seinen Auftrag

Weitere Journalisten beteiligen sich an der Schlacht

Auch die NZZ mischt sich ein und kritisert kühl einen «politisch aufgebauschten Rassismus-Streit». Katharina Fontana stösst den NZZ-typischen ordnungspolitischen Zwischenruf aus: «Die Rassismusdiskussion, die seit ein paar Tagen läuft, trägt so hysterische wie heuchlerische Züge.» Aeschi ist daneben, die Reaktion der Grünen ebenfalls, und Brotz, nun, «das öffentlichrechtliche Fernsehen scheint neuerdings auch ein Tribunal zu sein».

Haben wir uns dann alle wieder beruhigt? Keinesfalls, es fehlt noch Sandro Benini aus dem Hause Tamedia. Er nimmt sich Kollegin Binswanger zur Brust und stellt schon im Titel klar:

Denn: «Hinter der Kritik an Brotz steckt die Vorstellung, ein Moderator müsse ausserhalb der Sendung funktionieren wie ein Kaffeeautomat: möglichst geräuschlos in einer Ecke stehen und nur etwas absondern, wenn man ihn drückt – aber dann immer genau die gleiche Menge in identischer Qualität und immer mit der gleichen Temperatur.»

Much ado about nothing, hätte Shakespeare gesagt, wäre ihm dieses Gezänke überhaupt eine Bemerkung wert gewesen. Medienschaffende äussern sich zu Medienschaffenden, die sich wiederum zu Medienschaffenden äussern, was dann von anderen Medienschaffenden bewertet wird.

Am Schluss ist dann auch die SVP sauer und will bis auf Weiteres nicht mehr in der «Arena» auftreten.

Ach so, eigentlich ging es um den Krieg in der Ukraine. Aber der ist doch lange nicht so wichtig wie die Betrachtung des eigenen und fremder Bauchnäbel.

 

 

 

 

«Zensur ist verboten»

Steht so in der Bundesverfassung. Sieht BR Amherd anders.

Russland, der Zensurstaat, verbietet ausländische Berichterstattung und verbannt sogar die sozialen Medien aus seinem Internet. So grausam geht es in Putins Reich zu. Die armen Russen, einseitig informiert, verführt, kennen nicht die Segnungen des freien Westens. Wo sich jeder überall informieren darf.

Nun ja.

In der EU wurden die beiden russischen Medien «Russia Today» (RT) und «Sputnik» – verboten. Sie betrieben eine «systematische Manipulation von Informationen» und stellten sogar eine Bedrohung für die innere Sicherheit dar, behauptet die EU-Kommission. Davor muss sie nun die armen EU-Bürger schützen, diese Trottel, die sich sonst von der russischen Propaganda einlullen lassen würden.

In der Schweiz ist das etwas schwieriger, denn es gibt eben diese Bundesverfassung und darin diesen Artikel, der Zensur verbietet. Blöd aber auch. Dabei beteiligt sich die Schweiz doch sonst an allen EU-Sanktionen und friert Russengelder en masse ein. Auch hier ist die EU vorbildlich: RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan beteilige sich nach Brüsseler Angaben an einem «Desinformationskrieg» und darf nicht mehr in die EU einreisen, zudem wurde ihr Vermögen in der Union eingefroren.

So macht man das in lupenreinen, freiheitlichen Demokratien. Da kann die Schweiz doch nicht abseits stehen, oder? Swisscom, Sunrise und Salt haben die beiden Sender bereits aus ihren Programmen genommen. Wieso, aufgrund welcher gesetzlicher Grundlage? Ach, nö, einfach so.

Wehrhafte Verteidigungsministerin

Aber man kann diese Propagandaschleudern dennoch weiter in der Schweiz empfangen. Diese Willi Wühlers, entsprungen aus den Fantasien des Zivilverteidigungsbüchleins aus dem Kalten Krieg.

Bundesrat Guy Parmelin lehne ein Verbot der Staatssender ab, berichtet Tamedia. Das sei unverhältnismässig und ein Eingriff in die Medienlandschaft und die Meinungsäusserungsfreiheit. Typisch SVP halt, diese Putin-Versteher.

Wehrhafter ist unsere Verteidigungsministerin Viola Amherd. Sie befürwortet ein Verbot: «Nach konsequenter Übernahme der EU-Sanktionen durch die Schweiz wäre das Abseitsstehen in dieser wichtigen Frage unverständlich», so das Verteidigungsdepartement auf Anfrage des «Tages-Anzeigers».

Noch wilder ist die Behauptung, das sei erlaubt, weil es bei den russischen Staatssendern nicht um Meinungsfreiheit und -Vielfalt gehe. Schliesslich seien diese Medien nicht unabhängig, sondern von Moskau gesteuerte und finanzierte Propagandainstrumente, fasst der Tagi die Argumente des VBS zusammen.

Also: Zensur ist verboten. Ausser, sie ist erlaubt. Weil die Schweiz sonst abseits stehen würde. Sender zuliesse, denen es nicht um Meinungsfreiheit gehe. So wie sie in allen anderen Schweizer Medien gepflegt wird.

Nicht schlecht. Eine Bundesrätin will gegen die Bundesverfassung verstossen. Eine Verteidigungsministerin will unser Grundgesetz angreifen und besiegen. Und die freiheitlichen Meinungsblätter finden nichts weiter dran auszusetzen. Wie erbärmlich, oder sagten wir das schon.

 

 

 

Witzblatt «Edito»

29 Seiten ungewollte Bespassung garantiert.

Zu den wenigen Lichtblicken eines gewerkschaftlich organisierten Journalisten gehört die Lektüre des «Schweizer Medienmagazins». 4 mal jährlich und in zwei Sprachen unterhält uns die Zeitschrift mit vielen lustigen Beiträgen. Damit kommt sie immerhin auf eine «Gesamtauflage» von 6825 Exemplaren.

Unterhalb des «Editorial» nehmen wir aufatmend zur Kenntnis, dass auf den «jüngsten Aufruf» mal wieder 6000 Franken gespendet wurden. Zeigt allerdings, dass Journis extrem geizig sind, seit sie solche Sachen nicht mehr auf Spesen nehmen können. Zuvor entlässt uns Redaktorin Bettina Büsser mit frommen Wünschen ins Blatt: «Gute Lektüre – und hoffen auf Frieden».

Im Dunkeln ist gut munkeln …

Nun, friedlich wird’s hier nicht. Denn Büsser meldet sich mit einem Beitrag über die Online-Plattform «sheknows» zu Wort. Die will «Expertinnen sichtbarer machen». Denn Experten sind bekanntlich männlich, schmerzlich fehlt die weibliche Sicht. Allerdings: «Wie oft die Datenbank für Anfragen genutzt wird, wird noch nicht erhoben.» Das ist insbesondere deswegen bedauerlich, weil sie doch gerade für 25’000 Franken überarbeitet wurde. Aber wahrscheinlich wird Google Analytics boykottiert – zu maskulin.

Wo es lächerlich wird, ist Kovic nicht weit

Beinahe unvermeidlich darf unser Liebling Marko Kovic dann  in einem «Essay» alle unsere Vorurteile ein weiteres Mal bestätigen. Eigentlich sollte man die Verwendung des Worts Essay im Zusammenhang mit ihm verbieten. Er wärmt die uralte Kamelle auf, dass es «heute mehr denn je kritischen, den demokratischen Werten verpflichteten Journalismus» brauche.

Zeitenwende mit Trump, kein Klischee ist dem Soziologen zu abgegriffen, um es nicht in seinem Narrativ zu rezyklieren. Trump habe ein «postfaktisches Zeitalter» markiert. Die «Verkündung dieser Krise» sei «von einem besorgniserregenden Rückgang demokratischer Institutionen in zahlreichen westlichen Ländern begleitet» worden. Dem Flachdenker wird nicht bewusst, dass eine solche belegfreie Behauptung selbst ziemlich postfaktisch ist.

Aber er legt noch einen drauf:

«Demokratie war und ist unter Beschuss. Es geht um die Wurst.»

Während alles ein Ende hat, hat die bekanntlich zwei. Aber von der Wurst springt Kovic zur Banalerklärung, was Journalismus sei und solle. Natürlich ist «kritischer Journalismus das Lebenselixier einer funktionieren Demokratie». Sieht schliesslich die «Republik» genauso. Nur: was ist das schon wieder?

Statt Erklärung kommt eher ansatzlos eine Philippika gegen «neutrale, ausgewogene» oder gar «objektive» Berichterstattung. «Neutral» bedeute nämlich, «dass gesellschaftliche Missstände nicht aufgedeckt» würden. Denn neutraler Journalismus sei gar nicht neutral, «sondern zugunsten bestehender Machtverhältnisse verzerrt».

Dann pumpt sich Kovic noch mit der Erwähnung von Noam Chomsky auf, um dann doch wieder in Banalitäten zu verfallen: «Wenn Journalismus immer nur die Ansichten der Mächtigen reproduziert, kann es keinen gesellschaftlichen Fortschritt geben.» Dann fällt ihm wohl selbst auf, dass er bislang nur für einige ungläubige Lacher über so viel Phrasendrescherei gesorgt hat, also versucht er es zum Schluss mit einem Aufschwung ins Pathos:

«Demokratie stirbt im Dunkeln. Die einzige Kerze, die uns durch die Dunkelheit führt, ist dezidiert kritischer, demokratischen Werten verpflichteter Journalismus.» Leider ist nun Kovic nicht die hellste Kerze auf dieser Torte. Sonst wüsste er, so als Soziologe, dass es zu den banalen Voraussetzungen einer ernsthaften wissenschaftlichen Auseinandersetzung gehört, die Begrifflichkeit zu klären. Also was ist denn das, der kritische und demokratischen Werten verpflichtete Journalismus? Das würden wir gerne wissen, statt gähnend zu lachen.

«Edito» als früh gezündete «Petarde»?

Vielleicht ist es ja so, dass «Edito» die Lücke füllen will, die durch den verzögerten Start der «Petarde» entstanden ist. Auch so ein Alternativprojekt aus Ärger darüber, dass der «Nebelspalter» den Besitzer gewechselt hat. 163’000 Franken durch Crowdfunding kassiert für eine neue und alternative Satire-Plattform. Grossmäulig den Start im ersten Quartal 2022 angekündigt, nun ist’s das «Ziel, im Frühsommer zu starten». Und was ist so das inhaltliche Konzept? Easy, no Stress, «rassistisch motivierte Beiträge publizieren wir zum Beispiel sicher nicht». Gut zu wissen; vielleicht liegt es daran, dass die Webseite noch leer ist.

Wissen die Macher eigentlich, was eine Petarde ist?

Als man sich schon erschöpft zurücklehnen und die Lachmuskeln massieren will, schaut einen auf der letzten Seite 31 ein etwas verwirrt-grimmig blickender Mann mit Hahnenkammfrisur an. Insider ahnen: auch Hansi Voigt bleibt einem nicht erspart. Der spart aber jeden Hinweis auf seine aktuelle Tätigkeit, denn er war «unter anderem» Chefredaktor bei «20 Minuten» und Gründer von «watson». Beides ist er nicht mehr, weil er jeweils gefeuert wurde.

Das passiert ihm zurzeit bei «bajour» nicht, denn dort wird er von einer reichen Pharma-Erbin ausgehalten. Hier macht er sich Gedanken, wie es nach der Ablehnung des von ihm herbeigesehnten Mediengesetzes weitergehen soll. Kühne Theorie: «Die Leute kaufen keine WoZ-Inhalte, sondern sie zahlen, dass es diese Inhalte überhaupt gibt.» Dieser Ansatz werde auch von «Republik, Bajour, Tsüri.ch, das Lamm usw. verfolgt» Hä?

Sagen wir so: die Leute zahlen etwas für die WoZ, weil die immer wieder brauchbare Inhalte liefert. Was man bei den anderen von ihm aufgezählten Organen eher weniger behaupten kann. Deshalb müssen die meisten von Big Spender, von Mäzenen, von Millionären unterstützt werden. Das ist hingegen gut, weil es gute Organe sind.

Bajour: Wer will denn für sowas zahlen?

Böse ist das hier: «In St. Gallen warten der Rechtsaussen-Referendumsergreifer Peter Weigert und seine finanziell potenten Kollegen gemäss eigenen Aussagen nur darauf, dass Peter Wanner die Waffen streckt.» ?

«Und wer weiss, wie Christoph Blochers BaZ-Leute in kurzer Zeit zum festen Tamedia-Inventar geworden sind, dem kann angst und bange werdenHä? Nein, Angst bekommt man, wenn man versucht, diesem gedanklichen Slalom nachzufahren, ohne dass es einen aus der Piste trägt. Aber im humoristischen Gesamtbild von «Edito» fehlte noch der Dadaismus.

Panoptikum der Heuchler

Verächtlicher als Putin sind nur unsere schreibenden Kriegsgurgeln.

Lassen wir aus juristischen Gründen Namen weg. Es gibt Besitzer und Benützer grosser Medienplattformen, die hemmungslos andere Menschen in den Tod schicken wollen.

Diese Sandkastenkrieger wollen NATO-Truppen in die Ukraine abkommandieren, fordern, dass das westliche Verteidigungsbündnis bei einem Nicht-Mitglied eine No-Fly-Zone durchsetze. Sie krähen mutig, dass man sich von russischen Drohungen, dass gewisse Aktionen mit einem Atomschlag beantwortet werden könnten, doch nicht in die Knie zwingen lassen darf.

Vor etwas mehr als hundert Jahren endete der Erste Weltkrieg. Es war der erste Krieg, in dem Propaganda flächendeckend eingesetzt wurde. In dem erkannt wurde, dass Erfolge auf dem Schlachtfeld durchaus wesentlich für den Kriegsverlauf sind. Aber die Beeinflussung der eigenen Bevölkerung auch.

Der Feind wird dämonisiert und entmenschlicht. Er ist grausam, barbarisch, unzivilisiert. «Jeder Schuss ein Russ», «Gott strafe England», solche Reime und Slogans wurden geboren, der Deutsche war der «Hunne», eine Bedrohung für die ganze Menschheit. Die Massenmedien wurden zu hysterischen Propagandaschleudern. Meistenteils freiwillig.

Rassistische Archetypen wurden angerufen. Jeder Angehörige einer Nation wurde kollektiv schuldig gesprochen. Nicht nur der Soldat war der Feind, jeder Russe, Deutsche, Engländer, Österreicher. Der Künstler, der Buchhalter, der Musiker. Wehe, wer auf der Strasse als Angehöriger einer feindlichen Nation erkannt wurde. Der Lynchmob drohte.

Was vor Kurzem noch fern schien, kommt näher und näher

Was für ein mutiger Mann war da John Heartfield, der Erfinder der politischen Fotomontage (Kindersoldaten: googeln). Er hiess eigentlich Helmut Herzfeld und benannte sich 1916 in Heartfield um – als Protest gegen den englandfeindlichen Nationalismus in Deutschland.

«Krieg und Leichen – die letzte Hoffnung der Reichen.» John Heartfield.

All dieses Geschrei, dieser Nationalismus und Patriotismus, diese Hetzer am Schreibtisch, das erschien uns bis vor Kurzem fern und unverständlich. Der russische Überfall auf die Ukraine löst aus, dass sich die Geschichte wiederholt. Wie kommen ansonsten zurechnungsfähige Schweizer Publizisten auf die perverse Idee, Soldaten in den Tod schicken zu wollen? Reicht es ihnen nicht, dass das der russische Präsident tut, den sie deswegen als wahnsinnigen Verbrecher verurteilen?

Der Unterstand im Ersten Weltkrieg.

Sind sie wirklich bereit, einen weltverschlingenden Atomkrieg zu riskieren, den ein militärischer Einsatz der NATO in der Ukraine ohne Weiteres auslösen könnte? Wollen sie sich wirklich zu «Masters of War» aufschwingen, über die schon Bob Dylan sang, dass ihnen nicht einmal Jesus vergeben würde?

In der Blutmühle von Verdun.

Sind sie einfach verantwortungslos, weil sie wissen, dass ihr Wort nicht zählt? Ist ihnen bewusst, dass ihre markigen Forderungen nach Beschlagnahmung aller «Russengelder» in der Schweiz, nach sofortigem Stopp von Handelsgeschäften an den Grundfesten unseres Rechtsstaats rütteln? An der Eigentumsgarantie und der Gewerbefreiheit?

Dass niemand seine Unschuld beweisen muss und schuldig sei, bis er das widerlegen kann? Dass das Abfordern von Bekenntnissen für und gegen ein Rückgriff in die Zeiten der mittelalterlichen Inquisition ist?

Hat natürlich niemand gewollt. Niemals.

Ist diesen Heuchlern nicht bewusst, wie wohlfeil Kriegsgeschrei aus mit russischem Gas beheizten Redaktionsstuben ist? Die Heimfahrt im mit raffiniertem russischen Öl betriebenen Schlitten? Ist ihnen nicht bewusst, wie entlarvend es ist, wenn sie auf die Frage antworten, was sie denn persönlich – ausser andere in den Tod schicken wollen – so täten, um zu helfen, dass sie dann schon mal spenden werden, irgendwann in der Zukunft?

Ist diesen Heuchlern bewusst, dass die Konzentration auf die friedliche Forderung, sofort jegliche Handelsbeziehungen mit Russland einzustellen, die wirksamste Waffe gegen den Ukraine-Krieg ist? Das wäre aber mit eigenen, nicht mit fremden Opfern verbunden.

Der Präsident der Ukraine hat alles Recht der Welt, auf dem Klavier der Propaganda, der PR, der rhetorischen Kriegsführung zu spielen. Er hat den Propagandakrieg gegen Russland haushoch gewonnen. Die Schweizer Medien, und nicht nur die, haben ihn elend verloren. Was nach Covid noch an Reputation vorhanden war, geht gerade in den Orkus.

Die Visuals dieses Artikels sind nichts für schwache Nerven. Aber sie bebildern, was in letzter Konsequenz passiert, wenn jemand den feigen Kriegsrufen in unseren Medien Folge leisten würde. Dass sich diese heuchlerischen Kriegsgurgeln damit der völligen Lächerlichkeit aussetzen, ist ihnen, das ist wahrhaft Anlass für homerisches Gelächter, nicht einmal bewusst in ihrer bedeutungsschweren Aufgeblasenheit.

Freie Presse

Kommentar? Kommentar fast überflüssig. Die neue Rubrik.

Wir widmen uns wieder mal dem, was übrigbleibt, wenn das Überthema Ukraine wegfällt. Fangen wir mit dem Auflageking an, «20 Minuten»:

Chli stinke muess es, aber nicht hier.

Zeitpunkt verpasst.

Wir spazieren zum Mutterhaus Tamedia:

Links, subventioniert, pleite. Der ewige Dreiklang.

Alles, einfach alles ist problematisch in der Welt des Tagi.

 

Was bietet CH Media an klarer Kante?

Hat aber nichts mit den Privatradios des Wanner-Konzerns zu tun.

Wir brauchen was Leichtes, sagte der Tagesverantwortliche …

Nun zum Blatt der gebildeten Stände und des differenzierten Nachdenkens. Richtig geraten, «Blick»:

Das ist mal politisch korrekt, keine Namensnennung.

Pierin Vincenz im «Blick», mit namentlich genannter Dame an seiner Seite.

Sag beim Abschied leise Ma-ma-maske.

Könnte das irgendwie rassistisch sein?

Auf jeden Fall ist es die passende Überleitung zum zweiten Intelligenzblatt. Genau, die NZZ:

Was dem einen sein Sauerkraut, ist dem anderen sein Sauerteig.

Immerhin ein Wort der Vernunft.

Das passende Stichwort – für «watson», claro.

Wer hier lacht, sollte sich untersuchen lassen. Ernsthaft.

Wir wollen am Schluss versöhnlich sein (oder auch nicht).

Wumms: Republik

Es geht nichts über Eigenleistungen. Kann man für 6 Mio. doch erwarten.

Wie viele Mitarbeiter der «Republik» braucht es, um in einer Woche ganze 9 eigene Werke rauszupusten? Genau, rund 50 Nasen. Alles andere sind NL, Briefings – oder eingekaufte Beiträge, beispielsweise aus der «Financial Times».

Greift der ehemalige Recherchierjournalist Daniel Ryser in die Tasten, kann man den Redaktionsschwanz schon am Anfang erahnen: «In einer früheren Version schrieben wir über die Credit Suisse: «Sie versicherte 2021 Investitionen für 1,1 Milliarden Dollar bei mehreren Atomwaffen­herstellern und stellte für 885 Millionen Dollar Kredite für Investitionen in Atomwaffen bereit.» Wir haben diese Stelle mittlerweile leicht präzisiert.»

Auch so wichtige Themen wie «Baby an Bord» verdienen natürlich besondere Aufmerksamkeit und viele, viele Buchstaben.

Den Vogel schiesst aber wie meist Daniel Binswanger ab. Er beschimpft in seinem Wort zum Samstag die sogenannten «Putin-Versteher», die sich nun «aus der Verantwortung stehlen» würden. Sagt ausgerechnet der Wendehals, der zuerst begeistert über den Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich war («eine der grossartigsten privaten Impressionistensammlungen»), um dann mit Zehntausenden von Buchstaben Gift und Galle über die Ausstellung zu speien («Die Bührle Connection», denn schlecht adaptierte Filmtitel sind auch Binswangers Liga).

Der kann sich gar nicht aus der Verantwortung stehlen. Dazu müsste man erst mal eine haben. Oder eine Haltung. Aber wie soll man das von einer schreibenden Schmachtlocke im Wind auch verlangen.

 

Chäfs auf dem Kriegspfad

Der eine Verleger und Besitzer, der andere Oberchefredaktor. Beide Kriegsgurgeln.

Wenn Peter Wanner in seinem Herrensitz zum Griffel greift, dann werden die Frontseiten seiner Kopfblätter freigeräumt. Von Patrik Müller abwärts stehen die Chefredaktoren Gewehr bei Fuss und sondern Ergebenheitsadressen ab.

«Ich habe sehr viele Komplimente aus der Redaktion erhalten. Die denken gleich in dieser Frage», sonnt sich Wanner im Lob seiner Untertanen. Die folgen dem alten Indianersprichwort:

«Der Häuptling singt immer am schönsten.»

Dabei ist es ein recht garstiger Gesang, den Wanner angestimmt hat. «Klare Kante» müsse der Westen zeigen, die Nato sei «feige». Offensichtlich hat Wanner einen gut ausgerüsteten Bunker unter seinem Schlösschen: «Nur weil der russische Machthaber droht, Atomwaffen einzusetzen, darf man noch nicht in die Knie gehen

«Erbärmliches Schauspiel», MiG-29-Kampfjets hätte man doch einfach «still und heimlich liefern» sollen, dagegen gab es einen «weinerlichen Auftritt» des deutschen Vizekanzlers in einer Talkshow.

Und wenn Wanner schon so schön in Fahrt ist, als gehöre er zum Ensemble des Geniestreichs von Kubrick «Dr. Strangelove», nimmt er sich auch noch die Schweiz zur Brust: «Selbstverständlich muss sie die Handelsdrehscheibe für Öl-und Gaslieferungen und die damit verbundenen Geldströme sofort stilllegen und die Vermögenswerte einfrieren, auch jene der russischen Oligarchen, denn sonst macht sie sich mitschuldig an der Finanzierung von Putins brutalem Krieg.»

Was kann die Schweiz sonst noch tun? Natürlich, «sich solidarisch zeigen, Flüchtlinge aufnehmen und helfen, wo sie nur kann». Wunderbar, Herr Multimillionär, und was tun Sie denn so, traut sich persoenlich.com zu fragen.

Da wird’s dann allerdings peinlich. Sehr peinlich:

«Ich werde sicher Geld spenden für die Flüchtlinge und wenn es um den Wiederaufbau des Landes geht.»

Man beachte: Futur. Von der Frage kalt erwischt, schnell sich was ausgedacht. Als ob es auf dem Herrensitz nicht jede Menge Platz für die Unterbringung von Ukraine-Flüchtlingen gäbe. Aber gross mit Forderungen auftrumpfen, klein mit eigenen Taten werden, wie peinlich ist das denn.

Ganz abgesehen davon, dass es Wanner offenbar schnurz ist, ob die Befolgung seiner Forderungen einen Dritten Weltkrieg auslösen würde oder nicht. Schliesslich geht der ansonsten zu Vernunft fähige deutsche Medienmanager und Mitbesitzer des Springer-Verlags noch einen Schritt weiter: «Die Nato-Mitglieder müssen jetzt ihre Truppen und Waffen dahin bewegen, wo unsere Werte und unsere Zukunft noch verteidigt werden», schrieb Mathias Döpfner, eine Ansicht, die Wanner «weitgehend» teile.

Jede Menge Kriegsgurgeln kommen aus den Löchern

Damit sind die beiden Kriegsgurgeln nicht alleine. Nachdem sich Big Boss Pietro Supino noch etwas von der krachenden Niederlage im Kampf um eine zusätzliche Steuermilliarde erholen muss, springt bei Tamedia Arthur Rutishauser in den Schützengraben. Allerdings bleibt sein «Editorial» hinter der Bezahlschranke verborgen.

«Flugverbotszone errichten, wirksame Waffen liefern, die Nato vielleicht sogar Truppen.»

Die Schweiz muss sofort den Rohstoffhandel stoppen und alle Russengelder «sperren». Also ist auch Sandkastengeneral Rutishauser bereit, den Weg in den Dritten Weltkrieg zu befehlen. «Mir nach», kräht er aus der mit russischen Erdgas wohlbeheizten Redaktionsstube. Für ihn ist es ein hinnehmbarer Kollateralschaden, dass er gleichzeitig den Rechtsstaat Schweiz zu Kleinholz verarbeiten möchte. Wo bislang selbst für Russen eine Eigentumsgarantie galt und selbst für Rohstoffhandel die Gewerbefreiheit.

Manchmal hilft historische Distanz zur Einschätzung von Gegenwärtigem. Wer sich bislang angewidert fragte, wieso die Massenmedien spätestens ab dem Ersten Weltkrieg zu üblen, chauvinistischen Hetz- und Propagandaorganen denaturierten, wo der Gegner entmenschlicht und für verrückt erklärt wurde, versteht das angesichts von aktuellem Anschauungsmaterial viel besser.

Wer sich fragte, wieso denn damals die Massen dieser hysterischen Kriegspropaganda glaubten und martialische Forderungen bejubelten, von Schreibtätern und Schreikräften, die andere in die Schützengräben beorderten – auch der findet hier seine Antworten.