SRG-Vereinbarung: gekauftes Nein

Die ganze Vereinbarung enthüllt Bedenkliches.

Nick Lüthi von persoenlich.com ist es gelungen, sich Einblick in die bislang unveröffentlichte, vollständige Fassung der Vereinbarung zwischen SRG und Verlegerverband (VSM) zu verschaffen.

Es stellt sich heraus, dass der VSM sich sein Nein zur 200-Franken-Initiative der Zwangsgebühren sehr teuer abkaufen liess. Abgesehen davon, dass Tx als gewichtigstes Mitglied ausscherte und für diese Beschränkung ist.

Zunächst ist die SRG bereit, dem VSM beizutreten. Eigentlich absurd, würde aber 180’000 Franken Mitgliederbeitrag pro Jahr in die Kasse spülen.

Um den bislang nicht sehr erfolgreichen Versuch, ein gemeinsames Log-in für alle Schweizer Medien zu installieren, zu promoten, stellt die SRG «der Login-Allianz für die Bewerbung des Logins einmalig ein unentgeltliches TV-Werbekontingent in der Höhe von CHF 500’000 zur Verfügung». Also Gebührengelder für etwas, von dem vor allem die privaten Medienhäuser profitieren würden.

Auch nicht schlecht, so Lüthi:

«Wie Mitte Mai kommuniziert, wird die SRG «den Grossteil ihrer Online-Marketingmittel bei privaten Schweizer Medienhäusern» investieren. Im Text der «Grundsatzvereinbarung» ist dieser Anteil mit 60 Prozent beziffert. Was bisher nicht bekannt war: Auch von den übrigen 40 Prozent profitieren die Verlage. Diesen Anteil der Marketingausgaben für das Online-Angebot, respektive für Social-Media-Angebote, verpflichtet sich die SRG über die Vermarkter der Verlage zu buchen, also via Goldbach, Audienzz oder Admeira.»

Zudem soll die SRG den Privaten Inhalte liefern, die die dann kostenpflichtig auf ihren Plattformen anbieten dürfen. Dann wird halbe halbe gemacht.

Also gebührenfinanzierter Content wird nochmals verwendet und abkassiert.

Schliesslich verpflichtet sich die SRG, wieder Online-Nutzungszahlen auszuweisen. Damit die Verleger meckern können, wenn sich die SRG trotz neuer Einschränkungen (Artikellänge max. 2400 Zeichen online) zu gut entwickelt.

Da hat der VSM-Präsident Andrea Masüger entgegen der ersten Annahme von ZACKBUM doch einiges rausgeholt und sich das Nein recht teuer abkaufen lassen.

Das bedeutet zum einen, dass die SRG echt Schiss vor dieser Initiative hat. Ihre klägliche Veranstaltung beim grossen Bergsturz und andere Flops tragen auch nicht dazu bei, das Portemonnaie des Stimmbürgers zu öffnen, wenn er dann mal nächstes Jahr über diese Initiative abstimmt.

Wie die SRG den Eiertanz absolvieren will, in ihren Sendungen ausgewogen darüber zu berichten, das wird lustig.

Fatal ist es allerdings für die Redaktionen im VSM. Der VSM sagt nein, einzelne Verlage sagen ja. Ist das karrierefördernd, wenn im Neinsager-Club ein Redaktor auf die kühne Idee käme, etwas Gutes an dieser Initiative zu entdecken? Oder bei den Jasagern mutig für eine Ablehnung einzutreten?

Schon der Big Boss von Tx hat auf die angeblich strikte Trennung von Verlag und Redaktion gepfiffen. Einen Tag vor dieser Vereinbarung veröffentlichte Pietro Supino auf Tamedia einen ellenlangen Artikel, dass er für die Initiative sei. Aber dennoch natürlich die 1,4 Milliarden Subventionen, die neu geplant sind, abgreifen möchte.

Er hatte das schon beim ersten Anlauf getan, als die schon sicher geglaubte Steuergeldmilliarde durch ein Referendum in Gefahr geriet. Nicht zuletzt durch die Zusammenlegung der Handelsplattformen von Ringier und Tx und die dadurch entstehende Sonderdividende half er dann mit, dem Referendum den Sieg zu schenken; die Milliarde war weg. Trotz Supinos Brandrede gegen das Referendum in seinen Zeitungen.

Glaubwürdigkeit, Unabhängigkeit, Vertrauen. Der ewige Dreiklang, wieso das Publikum weiterhin für den Elendsjournalismus in den privaten Massenmedien zahlen soll.

Nur wer dieses Publikum für einfältig hält, hofft darauf, dass die Entscheidung des VSM, deutlich nein zur Initiative zu sagen, das nicht beschädigt.

Wenn ein sonstiger Branchenverband etwas zu einer Initiative meint, dann macht er eine Medienmitteilung. Und damit hat sich’s. Hier aber geht es um die tägliche Berichterstattung in Massenmedien, die zusammen rund 4 Millionen Leser täglich beschallen.

Es gibt noch keine aktuellen Meinungsumfragen dazu, aber es ist davon auszugehen, dass ein bedeutender Prozentsatz der Stimmbürger für diese Initiative ist. Wenn die dann ihr Leibblatt lesen müssen, das sie harsch ablehnt, was passiert wohl dann? Oder umgekehrt, ein grosser Anteil der Konsumenten eines Mediums ist dagegen, das trommelt aber für eine Annahme.

Also muss man zu Masüger sagen: finanziell gewonnen, aber durch hohe Reputationskosten dennoch verloren.

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