Verleger: super verhandelt
Das Elend des Journalismus ist zu grössten Teilen hausgemacht.
Der Verlegerverband behauptet, er habe eine grossartige Übereinkunft mit dem Gebührensender SRG erzielt. In Wirklichkeit hat er seinen Chip, Ablehnung der Initiative für die Reduktion der Zwangsabgabe, in die Manege geworfen – und nix dafür gekriegt.
Merke: wer einen Andrea Masüger an den Verhandlungstisch entsendet, sollte ihm besser eine weisse Flagge mitgeben.
Es geht um das Problem, dass es den Schweizer Medienhäusern nicht gelingt, ihre Online-Angebote zumindest kostentragend zu machen. Dafür hatten sie bloss 35 Jahre Zeit, seit dem Entstehen des Internets.
Der Online-Werbekuchen wird zu über 80 Prozent von sozialen Medien und Google weggeputzt. Unter gütiger Mithilfe der Verleger, die ihre Plattformen dafür zur Verfügung stellen – und ein Trinkgeld der Einnahmen erhalten.
Sie schauen zu, wie andere Plattformen ihren Content absaugen und erhoffen sich dadurch vergeblich höhere Einschaltquoten.
«Blick+» ist das letzte traurige Beispiel, wie die Errichtung einer Zahlschranke nicht nur klägliche Ergebnisse erzielt, sondern auch die überwältigende Mehrheit der User sauer macht, weil sie Inhalte vor die Nase gehalten kriegen, die sie nicht benützen können.
Tamedia geht so weit, dass das Haus der Qualitätsmedien aus München Content einkauft, um den seinen Lesern hinter der Bezahlschranke zu servieren.
Das gravierendste Problem ist, dass der Mittelsmann sich normalerweise für seine Dienstleistung eine überschaubare Kommission abschneidet. So zehn, maximal zwanzig Prozent. Das dysfunktionale Verlegermodell ist: Der Distributor kriegt zehn Prozent, der Mittelsmann den Rest.
Aber da fällt all den gutbezahlten Managernieten nichts ein.
Also verlegen sie sich auf einen Nebenschauplatz und haben der SRG abgerungen, ihr Gratisangebot im Internet ein wenig runterzufahren und den Privathäusern noch mehr Content gratis zur Verfügung zu stellen.
Die grossartige Übereinkunft wurde dadurch überschattet, dass das grosse Haus Tx in Gestalt seines Oberbosses Pietro Supino am Vortag ankündigte, dass es für die Initiative sei. Aber dennoch so viel Staatssubventionen wie möglich kassieren wolle.
Vierte Gewalt, notwendig für eine funktionierende Demokratie, und so. Grosse Worte, kleine Taten. Aus zum Skelett untergesparten Redaktionen kommt nur mehr ein dünnes Rinnsal von kaum verdauten Meldungen. Immer mehr Meinung, immer weniger Fleisch am Knochen.
Wer Tamedia, Ringier oder CH Media konsumiert, bekommt immer weniger für immer mehr Geld serviert. Ein Geschäftsmodell, das tötelet. Kein anderer Anbieter von Dienstleistung käme auf eine so absurde Idee.
Nun ergibt noch eine wissenschaftliche Untersuchung, die persoenlich.com in einem Interview weitergibt: Medienprofessor Manuel Puppig will herausgefunden haben, falls die SRG ihr Online-Angebot nicht nur verkleinern, sondern völlig einstellen würde:
«Der Marktanteil kostenpflichtiger Onlineangebote von Zeitungen würde lediglich von 3.65 Prozent auf 4.07 Prozent, bei Abos ohne Zugang zum E-Paper, respektive von 3.93 Prozent auf 4.58 Prozent bei Abos mit Zugang zum E-Paper steigen – und das bei einem unrealistisch tiefen Preis von 8 Franken pro Monat. Bei realen Marktpreisen ist der Zuwachs noch kleiner.»
Und: «Bliebe SRF News online in einer abgespeckten Variante bestehen, dürften die Effekte noch kleiner sein.»
Das nennt man weniger wissenschaftlich ausgedrückt: Totalflop.
Um eine Chance zu haben, aus dieser Misere herauszukommen, gäbe es nur zwei sinnvolle Massnahmen. In der Kette Hersteller – Distribution – Konsument den Mittelsmann ausschalten. Und einen geldwerten Content anbieten, der im Markt gegen all die Gratis-Angebote bestehen könnte.
Ein weiterer fataler Irrtum ist, die Arbeit von Kindersoldaten in ihren Verrichtungsboxen von KI unterstützen zu lassen. Google bietet neuerdings Antworten auf Fragen zuoberst mit der Auskunft einer KI an. Immer mehr User sind in der Lage, chatgpt und Ähnliches zu benutzen, um punktgenau ziemlich kompetente Antworten auf ihre Fragen zu erhalten.
Die werden nicht durch zusätzliche Analyse erstellt, sondern geben einfach wider, was in den Weiten des Internets an Informationen vorhanden ist. Auch das ist Manipulationsversuchen unterworfen. Aber was zu Stichworten wie «Trump», «Ukraine» oder «Gazakrieg» zurückkommt, ist meistens den unausgegorenen Meinungen in den Mainstreammedien überlegen oder ebenbürtig.
Als einzige «Eigenleistung» hat die Kommentatitis überhandgenommen. Entweder immerhin als «Meinung» gekennzeichnet, oder direkt in einen Artikel verwoben.
Den User interessiert es eher weniger, was ein meist inkompetenter Journalist bei der Betrachtung seines Bauchnabels in seiner Gesinnungsblase für mitteilungswürdig erachtet. Will er wirklich informiert und nicht indoktriniert werden, muss der Konsument auf angelsächsische Medien ausweichen, was mit simplen Übersetzungsprogrammen für die, die des Englischen nicht mächtig sind, sich einfach bewerkstelligen lässt.
Bleibt das Lokale, das sonst nicht interessiert. Konsequent haben deswegen vor allem Tamedia und Ringier lokale Redaktionen oder Korrespondenten abgebaut.
Anstatt über ihre eigene Inkompetenz nachzudenken, bleibt den Managern nichts anderes, als nach noch mehr Staatsknete zu rufen. Obwohl sie die sicher geglaubte zusätzliche Milliarde für Verlegerclans selbst versenkt haben. Aber statt das zu akzeptieren, versuchen sie es nun mit einem zweiten Anlauf, der ihnen über die Jahre nicht eine Milliarde, sondern 1,4 Milliarden in die Tasche spülen soll.
Sie werden wohl auch mit diesem Buebetrickli nicht durchkommen.
Und dann? Ihre geballte Kompetenz hat nichts anderes zu bieten als: weiter so, in den Abgrund mit Klagegesängen. So wie der Droschenkutscher auf seinem Bock knirschte: diese neumodische Erfindung von Autos wird sich sicher nicht durchsetzen.
Immerhin konnte der umsatteln, seine Pferde zum Metzger bringen und sich hinter das Volant eines Autos setzen. Wer allerdings diese Versagertruppe für teures Geld anstellen wollte, nachdem sie die Medien zu Schanden geritten haben? Aber nicht einmal daran denken sie.
Ich denke, SRG tut alles, damit sie die Abstimmung verliert. Sie sind wriklich besser geworden im Scheitern.
Steile Feststellung:
««Blick+» ist das letzte traurige Beispiel, wie die Errichtung einer Zahlschranke nicht nur klägliche Ergebnisse erzielt, sondern auch die überwältigende Mehrheit der Besucher sauer macht, weil sie Inhalte vor die Nase gehalten kriegen, die sie nicht benützen können.»
Was machen gemäß Erhebungen 97% der Leser, wenn sie nicht lesen dürfen, sondern erst Abo buchen sollen oder sich registrieren sollen?
Sie klicken weg.
Bei all den platzverschwenderischen Layouts in den Zeitungen könnten sie ruhig mal das Impressum etwas grösser drucken. Ich habe nicht immer ein Mikroskop dabei. Wie soll ich mir eine eigene Meinung bilden wenn überall versucht wird mir eine aufzudrängen. Wenn ich merke, dass in einem Artikel ein hintergründiges Interesse besteht mich in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen? Die Editorials, Kommentare und Leitartikel genügen anscheinend nicht. Interessant ist es trotzdem zu beobachten wie der traditionelle Journalismus das Schicksal mit den Gletschern teilt.