Pumpen, pumpen, Pumpen
Auch die NZZaS neigt zum Krawall-Journalismus.
Es geht doch nichts über einen knalligen Aufmacher am Sonntag. Da fällt dem Leser das Gipfeli aus der Hand:
«Schweizer Spenderorgane werden ins Ausland exportiert, während einheimische Patienten leer ausgehen – und sterben».
Das ist ja wohl der Gipfel. Auf Seite 11 schlägt dann der einschlägig bekannte Leo Eiholzer kräftig zu. Und verbrät bereits im Lead alles, was er hat: «Schweizer Spitäler verzichten auf Spenderorgane, während Dutzende Menschen auf der Warteliste sterben. Der Direktor von Swisstransplant gesteht ein: «Wir haben ein Problem.»»
Wäre ja unglaublich. Wenn’s so wäre.
36 Menschen seien letztes Jahr gestorben, während sie auf eine Spenderleber warteten. Dann wird’s etwas repetitiv: «Es stünden mehr Lebern zur Verfügung. Doch in Schweizer Spitälern werden mutmasslich taugliche Spenderorgane nicht verwendet. Währenddessen sterben Menschen, die auf eine Leber warten.»
Diskret schleicht sich ein Lieblingswort des Vermutungsjournalismus an: «mutmasslich tauglich». Aber das sei ja nur die Spitze des Leberskandals: «Mehr noch: In den letzten zwei Jahren wurden zwanzig Schweizer Lebern ins Ausland exportiert, für die es passende Schweizer Empfänger gegeben hätte.»
Woher weiss Eiholzer, dass die passend gewesen wären?
Dann spricht der Fachmann, räumt ein Problem ein und holt aus: «Die Organverwendungsquote ist in den letzten zwei Jahren markant gesunken. Bis vor wenigen Jahren war die Schweiz bei der Verwendungsquote europaweit zusammen mit Italien an der Spitze, heute sind wir unter dem Durchschnitt.»
Nach «mutmasslich» entweicht weiter Luft aus dem aufgepumpten Skandal. Der Fachmann führt weiter aus, dass es bei der Transplantation zu «schlechten Ergebnissen» gekommen sei, die er aber auf «eine mangelhafte Entnahmetechnik zurückführt».
Dann liefert der Experte das Quote, auf das Eiholzer gehofft hat: «Aufgrund dieser Situation kann es in einzelnen Fällen dazu kommen, dass taugliche Lebern am Ende nicht verwendet werden.» Kann es dazu kommen, aber man weiss natürlich nichts Genaues.
Nun muss Eiholzer allerdings weitere Stecknadeln in seinen aufgepumpten Ballon stecken. Denn das Unispital Zürich sagt: «So werde auf die Transplantation eines Organs verzichtet, wenn die Aussicht auf Erfolg zu gering sei. Zudem habe sich die Qualität der Lebern, etwa wegen des steigenden Alters der Spender, verändert.»
Und das Unispital Genf fügt hinzu: die «wahllose Akzeptanz» von Lebern» führe «hingegen zu erheblichen Risiken. Die ins Ausland exportierten Organe zeigten «variable Ergebnisse».» Variabel bedeutet: bei einer unbekannten Zahl war es nicht erfolgreich.
Am Schluss pumpt Eiholzer nochmal kräftig, um dann die Luft wieder abzulassen:
«Doch am Ende bleibt der Fakt, dass letztes Jahr 36 Menschen auf der Leber-Warteliste gestorben sind. Die Frage, ob es wegen der Zurückhaltung bei den Transplantationen zu mehr Todesfällen gekommen sei, könne man nicht beantworten, sagt der Swisstransplant-Direktor Immer. Die Todesfallrate sei von zu vielen Faktoren abhängig. Unklar ist auch, ob der Verzicht auf gewisse Organe dazu führe, dass die Ergebnisse bei den erfolgten Transplantationen besser ausfallen. Dazu liegen noch keine Daten vor.»
Wir fassen zusammen. 36 Personen, die auf eine Lebertransplantation warten, sind letztes Jahr gestorben, weil sie keine bekamen. In den letzten zwei Jahren sind 20 Lebern aus der Schweiz ins Ausland exportiert worden. Es wird kein Fall erwähnt, indem aus dem Ausland eine Leber in die Schweiz kam. Gab es die nicht?
Wenn letztes Jahr 10 exportiert wurden, wären dennoch mindestens 26 Menschen gestorben, wenn all diese Transplantationen erfolgreich gewesen wären. Ob es zu mehr Todesfällen gekommen sei, durch diesen Zusammenhang, den Eiholzer insinuiert, kann man nicht beantworten, ist unklar, es liegen keine Daten vor. Da ist dann die Luft endgültig raus.
Eine solche Transplantation kostet bis zu 180’000 Franken. Angesichts der Krankenkassenprämien ist das ein Kostenfaktor, der leider auch berücksichtigt werden muss.
Ob eine der exportierten Lebern tatsächlich tauglich gewesen wäre, ob einige oder alle von ihnen im Ausland erfolgreich transplantiert wurden, weiss der Recherchierjournalist nicht.
Wir betrachten einen geplatzten Ballon, der hässlich auf dem Boden des modernen Elendsjournalismus liegt.
Für Spenderorgane müssen zuerst (Ausnahme Nieren, (Leber)) andere Menschen sterben. Deshalb, ist es ein Menschenrecht ein Spendeorgan zu erhalten? Der Lodenhosen Leo, alias Eiholzer, ist nicht gerade die hellste Kerze…
Was immer verschwiegen wird, die Transplantierten schlucken für den Rest ihres Lebens Medikamente, um die Abstossungsreaktionen zu unterdrücken. Diese Medikamente schwächen das Immunsystem, was zu weiteren Komplikationen führt. Mit anderen Worten, bis zum Rest des Lebens ein guter Kunde der Pharmaindustrie…