Wie man es nicht machen sollte

Zwei aktuelle Fälle kommunikativen Totalversagens.

Da wäre mal ein Herr namens Oliver Washington. Seiner Zeichens Kommunikationschef des Bundesrats Beat Jans. Jahrelang Mitarbeiter des Schweizer Farbfernsehens, also eigentlich ein ausgebuffter Profi.

Der es nicht fertigbrachte, mit der Maturarbeit einer Schülerin so umzugehen, dass sich nicht eine lächerliche Posse daraus entwickelte. Offensichtlich war der Profi beim Interview ins Plaudern gekommen und wollte anschliessend ein paar Passagen streichen.

Eigentlich business as usual, das kriegt normalerweise jeder Anfänger hin, ohne dass irgend jemand etwas merkt. Und die Arbeit wäre wie alle anderen im Archiv der Schule verstaubt. Stattdessen hat es Washington geschafft, einen Riesenwirbel draus zu machen, eine ganze Kaskade von meistens nicht sehr schmeichelhaften Medienreaktionen auszulösen.

Eigentlich wäre es nach einem solchen Vollversagen naheliegend, dass sich Washington selbst für unfähig erklärt, seinen Posten weiter auszuüben. Denn wer so etwas Simples verstolpert, wie soll der mit einer wirklichen Krise unter Erwachsenen fertigwerden?

Aber Dilettantismus war in Bern noch nie ein ausreichender Grund, einen wohlbezahlten Posten loszuwerden. Abgesehen davon, dass das ja auch Trostpreise für ansonsten abgehalfterte Medienmenschen ist, wie auch Pascal Hollenstein beweist. der als Sprachrohr für ein sich ewig in den Medien haltendes Opfer beim Wannerclan in Ungnade fiel und in Bern ein warmes Plätzchen ergatterte.

Der zweite Fall ist noch gravierender. Im Stiftungsrat des World Economic Forum (WEF) ist eine ganze Reihe klingender Namen versammelt. Darunter Königin Rania von Jordanien, der Ex-Nestlé-Boss Peter Brabeck, Laurence Fink, Boss von BlackRock, Al Gore, ehemaliger Vizepräsident der USA, Christine Lagarde, Chefin der EZB, Lubna Olayan, Chefin der Olayan Group, und, und, und.

Dann gibt es noch einen vielköpfigen Vorstand, Managing Directors und ein Executive Committee. Also mehr geballte Fachkraft ist doch eigentlich nicht vorstellbar.

Und dann gibt es Klaus Schwab, den 87-jährigen Gründer des WEF, der nun auch nicht erst seit gestern im Geschäft ist.

Hier trug es sich zu, dass offensichtlich ein interner Intrigant oder Whistleblower das «Wall Street Journal» für einen Blattschuss verwendete. Nachdem erste Anschuldigungen im WSJ noch an Schwab abgeprallt waren, trat er nun blitzartig von seinem Posten als Präsident des Stiftungsrats zurück.

Das sei ihm nahegelegt worden, zudem soll er zuvor damit erpresst worden sein, dass er nur mit seinem Rücktritt verhindern könne, dass schmutzige Details über sein Verhalten an die Öffentlichkeit kämen.

Also ein auch nicht gerade neues Problem, mit dem doch diese Damen und Herren alleine schon des Stiftungsrats locker fertigwerden könnten. Mit dem üblichen Prozedere: sie nehmen zur Kenntnis, dass Schwab alle Anschuldigungen entrüstet zurückweist und Strafanzeige gegen unbekannt gestellt hat. Sie danken Schwab dafür, dass er – um Schaden vom WEF abzuwenden –, sich entschlossen hat, sein Amt bis zum Abschluss einer Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Und sie haben selbstverständlich sofort eine angesehene aussenstehende Anwaltskanzlei mit der Untersuchung der Vorwürfe beauftragt.

Bis zum Abschluss gilt natürlich für Schwab die Unschuldsvermutung, unterstreicht der Stiftungsrat. So hätte das jeder Anfänger gemacht.

Aber doch nicht diese Damen und Herren. Die verlieren kein Wort über die Unschuldsvermutung, erteilen Schwab Zutrittsverbot für sein Büro und wollen die Vorwürfe tatsächlich untersuchen. Wie, durch wen, wie lange, kein Wort dazu.

Damit ist vorläufig der grösstmögliche Schaden für alle Beteiligten und für das WEF angerichtet. Sesselkleber Schwab fühlt sich gemeuchelt und ist entsprechend sauer. Die Stiftungsräte wirken wie ein aufgeschreckter Hühnerhaufen, da wird zunächst gegackert und geflattert, dann nachgedacht.

Ob Brabeck nun der richtige Mann ist, um als vorläufiger Ersatz für Schwab wieder Ruhe in den Laden zu bringen, muss doch sehr ernsthaft bezweifelt werden. Nach einer solch blamablen Leistung müsste eigentlich der Stiftungsrat in corpore zurücktreten.

Was er natürlich nicht tun wird. Denn auch beim WEF war Inkompetenz noch nie ein Grund für Rücktritte.

Auch in diesem Fall spielen die Medien nicht gerade eine glückliche Rolle. Denn keinem fiel ein, dass es in der Karriere von Schwab einen viel grösseren Skandal gibt als eine Massage auf Geschäftskosten oder Luxusreisen, deren Spesen auf dem falschen Stapel landeten.

Es handelt sich um den Think Tools-Skandal, auf den lediglich der Betreiber dieses Blogs auf «Inside Paradeplatz» hinwies. Aber auch unter den wenigen verbliebenen Wirtschaftsredaktoren ist Inkompetenz kein Grund, freiwillig zurückzutreten.

Allerdings kommt die nächste Sparwelle bestimmt …

3 Kommentare
  1. C.Rickenbacher
    C.Rickenbacher sagte:

    Zu Oliver Washington:
    Wenn ein Politiker solche Pressesprecher braucht, dann ist dieser nur eines, UNFÄHIG! Ein Politiker sollte fähig sein, seine Arbeit dem Stimmbürger erklären zu können…

    Das WEF hat sich jetzt selber entlarvt…
    Eine Ansammlung von eitlen Gockeln und Wichtigtuer.
    Der Nutzen für die Allgemeinheit muss mit der Lupe gesucht werden. Es war wohl nur Netzwerkpflege für die selbst ernannte Elite. Eigentlich müsste diese Organisation von Amtes wegen aufgelöst werden…

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