Der Tamedia-Leser als solcher
verfault gerne kommod in seiner Blubberblase.
Jedes Organ hat die Leser, die es verdient. ZACKBUM ist natürlich begeistert über seine, vor allem, wenn sie so des Lobes voll sind.
Der WeWo-Leser droht mit Kündigung des Abos, wenn er nicht ausschliesslich «Trump ist ein stabiles Genie»-Artikel serviert bekommt.
So weit geht der Tamedia-Leser nicht. Aber wenn Alexandra Kedves sich nicht etwa enthüllende Gedanken über Nacktheit macht, dann übt sie sogar gelegentlich ihren Beruf aus. Zum Beispiel mit einem Interview mit der streitbaren US-Schriftstellerin Lionel Shriver. Die hat eine Dystopie entlang der lustigen These veröffentlicht, dass alle für gleich intelligent erklärt werden und daher Können oder Kompetenz als Kriterien verboten sind.
Was daran allerdings «rasant» sein soll, erschliesst sich nicht ganz. Die Fragen von Kedves sind es nicht: «Wirklich? Warum nicht? Nun ja. Bitte. Wieso?»
Im Interview sagt Shriver trotzdem ein paar freche Sachen. Zum Beispiel, dass die gescheiterte Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris «dumm» sei, «eine wandelnde Bügelfalte, ihre öffentlichen Auftritte waren peinlich. Unwählbar». Zusammen mit dem Zitattitel ist es klar, dass das den kommunen Tamedia-Leser schwer in Wallungen bringt. Immerhin 69 (Zwischenstand) haben zum Griffel gegriffen und geben ihrer Empörung über diese Störung ihres geistigen Wohlbefindens in wackeliger Orthografie und verstolpertem Inhalt Ausdruck.
Ein Einziger wagt es, das Gespräch immerhin anregend zu finden. Sonst herrscht erbitterte Gegenwehr, oberlehrerhafte Zurechtweisung: «Es scheint, dass Sie den Hauptzweck der Gründung der EU nie erfasst hat.» Ein wandelndes Fragezeichen: «Frage mich gerade, was den gut ist, was Donalt Trump macht. Mann nenne mir nur 1.» Harsche Verurteilung des neuen US-Gesundheitsministers Kennedy: «Er ist mitschuldig am Tod des Jungen.» Was Shriver sage, «zeigt ihre ressentimentgeladene Ahnungslosigkeit». Im Gegensatz zu der des Kommentators. Ein anderer kommt zum Fazit: «Ein peinliches Interview.» Dazu passt dann ja ein peinlicher Kommentar.
Ein anderer hat den Durchblick: «Über gewisse strecken entlarvt sich Frau Shriver etwas in ihrer Einfältigkeit.» Einer geht noch weiter: «Hysterisches Geschwätz!» Klarer Sexismusverdacht. Einer will mit feiner Klinge arbeiten, fällt aber auf die Schnauze, weil er nicht zwischen legaler und illegaler Immigration zu unterscheiden vermag: «Man kann natürlich als US-Staatsbürger Jahrzehnte lang im UK und dann in Portugal leben, und gleichzeitig gegen Immigranten sein. Besonders Glaubwürdig ist das aber nicht.»
Einer gesteht völliges Unwissen ein und ist noch stolz darauf: «Wer ist Lionel Shriver ? Noch nie gehört. Offenbar hat sie Bücher geschrieben. Ich denke nicht, dass ich je ein Buch von ihr (ihm ? Lionel ist doch ein männlicher Vorname ? Item) zur Hand nehmen werde. Nach diesem Interview möchte ich jedenfalls lieber nie mehr etwas hören von dieser Person.» Ein etwas höheres, wenn auch inhaltsleeres Niveau: «Eine geschwätzige, sprunghafte und selbstreferenzielle Frau.» Selbstreferenziell, wow.
Ein anderer proletet am Stammtisch:
«Irgendwie peinlich dieses Interview. Voller Widersprüche und Stammtischparolen.»
Man habe Nachsicht mit ZACKBUM, dass wir hier die Lektüre aufgegeben haben; zu viel duschen ist auch ungesund, wenn man durch solchen Gedankenschlamm waten muss.
Für den Medienkrtitiker ist das ein Ausflug in die Katakomben der angeblich so mündigen und kritischen Leser der Qualitätsorgane von Tamedia. Aber Hand aufs Herz, Frau Peppel-Schulz, Frau Birrer, Herr Bärtschi, mit Einsparungen ewig auf der Suche nach Qualitätssteigerung: können Sie wirklich verantworten, täglich einen Beitrag zu solcher Volksverdummung zu leisten? Denn diese unreflektierte Dummschwätzer-Blase haben Sie doch aufgepumpt mit ihrer woken Generallinie und seitenweise Ratschlägen zur inkludierenden, gendergerechten und mit Sternchen durchbohrten Sprache mit hohem Wohlfühlfaktor für alle, garantiert diskriminierungs- und hirnschmalzfrei.
Sticht da jemand hinein, dann entweicht übler, fauliger Geruch. Auf diese Leistung können sie sicherlich stolz sein. Solange es sie samt ihren Organen noch gibt.
Für mich persönlich wurde das Phänomen der saturierten Gesinnungsblase das erste mal vor mehr als 20 Jahren greif- und spürbar, als ich an einer „Musikhochschule“ Musikgeschichte unterrichtete, den Schülerinnen zu erklären versuchte, dass ihre minimal musizierenden gerade angesagten Säulenheiligen vielleicht nicht die crème de la crème der Komponierkunst bilden, und in der Folge beim Rektorat verpetzt wurde, weil ich den „Studenten“ alles madig machen würde, was ihnen wertvoll sei.
Sowas liest dann eben den „Thaaagi“. Was erwartet man?
Es gibt kein einfältigeres Lese-Publikum als jenes des Tages-Anzeigers. Viel ideologisch geprägtes Halbwissen, welches dann in den Kommentarspalten um so penetranter vertreten wird. Aber die meisten sind jetzt sowieso am heulen, weil sie wegen dem bösen Faschisten Musk ihren Tesla verkaufen müssen. So ein Seich aber auch!