Bildung, Baby, Bildung

Im neuen Jahr will ZACKBUM den Trend zum Zweitbuch unterstützen.

Wir fangen dabei mit Bilderbüchern an, die erleichtern den Einstieg ins Lesen ungemein. Nicht nur für Nostalgiker geeignet ist «Das DDR-Handbuch». Es enthält Designobjekte und Alltagsgegenstände jeglicher Art aus der untergegangenen DDR. Bei manchen Abscheulichkeiten meint man zu spüren, wieso der erste Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden nicht überlebt hat:

In eine ganz andere Welt entführt einen der Prachtband über den Künstler Caravaggio (1571 – 1610). Das vollständige Werk dieses Ausnahmegenies mit dunklem Lebenslauf sollte man sich in der Grossausgabe gönnen:

Nur so erschliesst sich einem, wie er mit Chiarobscuro spielte, mit Helldunkel und einer nicht nur damals herausragenden Dimensionierung der Figuren in seinen Bildern; wie da ein ausgestreckter Arm fast nach dem Betrachter greift, die Szenen, meist biblischer Natur, eine Fundgrube. Leider starb Caravaggio unter bis heute ungeklärten Umständen bereits mit 39 Jahren, sonst hätte er ein noch grösseres Monument hinterlassen.

Das gilt auch für Johannes Vermeer (1632 – 1675):

«Das Mädchen mit dem Perlenohrring» ist sicherlich eines der bekanntesten Werke der Malerei, an dem man sich vielleicht schon übersehen hat. Aber leider gibt es nur 35 Gemälde, die eindeutig Vermeer zugeordnet werden können. Umso verdienstvoller, wie hier sein schmales Gesamtwerk im Detail analysiert und erklärt wird. Nicht nur sein Blau, das bis heute eine Farbe zum Niederknien ist. Sondern vor allem seine Fähigkeit, mit nur einer Geste oder einem Blick die Fantasie des Betrachters zu stimulieren und eine ganze Geschichte zu erzählen.

Zurück in sozialistische Zeiten führt der Bildband «CCCP Cosmic Communist Constructions Photographed». Man sollte sich vom auf die kyrillische Version der UdSSR hingewürgten Titel nicht abschrecken lassen.

Was Frédéric Chaubin in den ehemaligen Sowjetrepubliken fotografiert hat, sind Monumentalbauten, Brutalismus, Futurismus oder auch extravagante und utopische Formen. Ein Streifzug durch eine Zukunft, die nicht wurde und nun Vergangenheit ist.

Von einem wieder anderen Kaliber ist die Formensprache der leider allzu früh verstorbenen Architektin Zaha Hadid (1950 – 2016). Bevor die in Bagdad geborene «Königin der Kurven» in Miami an einem Herzinfarkt starb, revolutionierte sie die Formensprache der modernen Architektur und Innenarchitektur mit immer wieder verblüffenden Bauten.

Es ist wie eine Reise durch ein Paralleluniversum oder durch die Zukunft, wenn man die kompletten Werke Hadids durchblättert und immer wieder ehrfürchtig hängenbleibt.

Nun aber noch ein Werk nur aus Buchstaben. Ein Politthriller von einem Autor, der ZACKBUM, wie wir errötend gestehen müssen, völlig unbekannt war. Aber der kleine Alexander Verlag in Berlin hat die ehrenvolle Aufgabe übernommen, seine Bücher neu und endlich vollständig auf Deutsch zu übersetzen:

Insgesamt 25 Romane hat Ross Thomas (1926 – 1995) hinterlassen. Es sind knallharte Politstorys, die allesamt ganz modern wirken, obwohl beispielsweise «Die Narren sind auf unserer Seite» schon 1975 erschien. Es handelt den gelungenen Versuch ab, in einer US-Kleinstaat die anstehenden Wahlen zu manipulieren. Staubtrockene Dialoge, grossartige Figurenbeschreibungen, knallharte Handlung, brutale Morde, finstere Gestalten und dennoch Gewinner. Damit reiht sich Thomas eindeutig in die Liga von Chandler, Hammett, Ambler oder Le Carré ein. Wobei eigentlich nur Hammett den gleiche trockenen Zynismus zur Meisterschaft führte; Thomas ist offensichtlich sein Wiedergänger. Und wunderbar, dass man – angefixt durch den ersten Roman – seiner Sucht ungehemmt nachleben kann. Man wird nie enttäuscht.

Also, Jungs und Mädels, and everybody beyond, kaufen, blättern, lesen, geniessen. Und nicht vergessen, ein besserer Mensch zu werden.

9 Kommentare
  1. Peter Bitterli
    Peter Bitterli sagte:

    Bevor sich unser Gastgeber und Meister zu strenger Massregelung gezwungen sieht, gebe ich in Zerknirschung zu Protokoll, dass es sich bei dem auf dem SSSR-Band abgebildeten Rundbau natürlich um das „Kurpaty“ bei Jalta und nicht um einen vergleichbaren in Jurmala handelt.
    Wobei es ja naheliegt, dass das Ding auch in Jurmala abheben und in Jalta eine sanfte Landung hätte hinlegen können und vive versa, sofern es sich nicht um die zwei Schwesterschiffe „Kurpaty“ und „Kurortis“ handelt, gebaut von den Brüdern Boris und Arkadij Stragazkij, die am Wegesrand so manches Picknick hinterlassen haben, dessen Zone bis heute von vielen Stalkern geplündert wird.
    „Kurortis“ könnte übrigens im Verlaufe der letzten zwei Jahrzehnte einem antirussischen Furor zum Opfer gefallen sein.

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  2. Peter Bitterli
    Peter Bitterli sagte:

    Das kreisrunde Strandhotel existiert tatsächlich. Wer es sehen will, fährt nach Jurmala, dem Strandvorort von Riga, wo ausserdem eine weitläufige Siedlung von hölzernen Villen aus der Zeit um 1900 inmitten eines Pinienwaldes zu besichtigen ist. Von Riga aus wirkt übrigens die ganze Schweiz wie eine lächerliche Provinz. Der Eindruck dürfte korrekt sein, sein Gegenteil ein typisches Provinzlervorurteil.

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