Ist Musk auf sich selbst reingefallen?
Viele Medien beschäftigen sich mit Musks Attacken auf England. Kaum einer fragt, wieso er das macht.
Elon Musk hat nicht nur den deutschen Bundeskanzler Scholz («Narr») beschimpft, sondern noch viel massiver Kritik an der britischen Regierung geübt, die seiner Meinung nach einen Vergewaltigungsskandal, der bereits einige Jahre zurückliegt, nicht richtig aufgearbeitet und unter den Teppich gekehrt habe. Wobei der jetzige Ministerpräsident und damalige Staatsanwalt Keir Starmer eine besonders üble Rolle gespielt habe.
Musk fordert nichts weniger als die Auflösung des Parlaments und den Rücktritt der Regierung und fragt sich öffentlich, ob man Grossbritannien nicht von ihr «befreien» solle.
Das wird natürlich lauthals kritisiert, was für eine unziemliche, unanständige Einmischung in innere Angelegenheiten, noch schlimmer als das Plauderstündchen mit der deutschen Kanzlerkandidatin Alice Weidel von der AfD.
Aber keiner fragt nach, wieso eigentlich Musk sich dermassen in dieses Thema in Grossbritannien verbissen hat. Keiner? Doch, die «Financial Times» hat nachrecherchiert.
«Wie eine Handvoll X-Accounts Elon Musk in die britische Politik hineingezogen haben», titelt die FT. Der Begriff «rabbit hole» stammt aus «Alice im Wunderland» und steht für ein Thema, von dem man sich gedanklich auf Abwege führen lässt.
Die FT hat zunächst quantitativ untersucht, wie häufig sich Musk auf seiner Plattform zu diesem Thema geäussert hat:
Daraus geht hervor, dass Musk manisch postet oder repostet. Fast 1200 Mal in lediglich sieben Tagen. Dabei stellt Musk die kühne Behauptung auf, «dass Starmer, ein ehemaliger Leiter der Staatsanwaltschaft in England und Wales, „zutiefst mitschuldig an den Massenvergewaltigungen im Austausch für Stimmen“ war», schreibt die FT. Aber woher hat Musk diese grenzwertige These?
Offensichtlich bezieht sich Musk dabei auf Accounts von bekannten rechten Verschwörungstheoretikern in England. Dazu zitiert die FT: «„Musk ist anscheinend der erste Technologieführer, der durch sein eigenes Produkt in den Kaninchenbau der Radikalisierung fällt“, sagte Bruce Daisley, ehemaliger Leiter der Twitter-Aktivitäten in Europa, dem Nahen Osten und Afrika.»
Und wie passiert ihm das? Durch Mechanismen seiner eigenen Plattform:
«X ermöglicht es Benutzern, zwischen einem Feed nur der Konten zu wechseln, denen sie folgen, und einem algorithmischen Feed namens „Für Sie“, der Inhalte anzeigt, die ihren Interessen und früheren Aktivitäten entsprechen könnten. Je mehr Musk sich mit Inhalten über Großbritannien von rechtsextremen oder Nischenquellen beschäftigt, desto mehr ähnliche Inhalte werden ihm laut Experten auf seiner „Für Sie“-Seite präsentiert.»
Wenn die FT mit ihrer These recht hat, die sie ziemlich überzeugend vorträgt, dann ist auch Musk auf ein Phänomen hereingefallen, das sich immer mehr zum Problem in sozialen Plattformen entwickelt. Sie dienen immer weniger zur Informationsgewinnung oder -vermittlung, sondern bieten ihren Nutzern einen Resonanzverstärker der eigenen Ansichten an.
Denn es ist klar: jeder liest lieber Posts, die ihn in seiner Meinung bestätigen als solche, die ihr widersprechen. Daraus ergibt sich eine Selbstverstärkung, eine Rückkoppelung. War der Nutzer am Anfang vielleicht noch leicht schwankend oder skeptisch, so bestätigt ihn jeder neue Feed darin, dass er eben völlig richtig mit seiner Ansicht liegt.
Ob und wie weit die mit der Realität zu tun hat, das ist dann ein weites Feld. Aber im Fall Musk gegen GB scheint es klar zu sein, dass der erratische Multimilliardär auf die Algorithmen seiner eigenen Plattform reingefallen ist.
Das entbehrt nicht einer gewissen Komik. Dass es allerdings nicht nur Musk so geht, sondern vielen Millionen seiner Nutzer, das ist entschieden weniger komisch.
Zum Glück scheinen bei zackbum die Algorüttmen nicht so zu funktionieren, auch wenn Herr Bitterli das rhythmisch bemängelt.
Vielen Dank Herr Zeyer für den breiten Horizont bei Bibliotheken, Zitaten, Geschichtskunde,
vielen Dank den Blick öffnenden Kommentaren hier.
Da könnte der BLICK einige+ lernen.
Ich gebe Herrn Zeyer meine volle Zustimmung was die Problematik mit dem «Für Sie…» betrifft.
Denke aber, dass die Leute bei der FT das da nicht gelesen haben:
https://anti-spiegel.ru/2025/was-hinter-musks-angriffen-auf-den-britischen-premier-starmer-steckt/
Ich bezweifle, ob Herr Zeyer sich in der britischen Politik wirklich auskennt. Aber es dürfte auch ihm auffallen, dass sich ein George Soros gerne überall einmischen darf, aber ein Elon Musk (der zudem noch Vorfahren aus England hat) nicht.
Ich bezweifle, ob Herr Müller den Inhalt des Artikels verstanden hat. Sonst wäre ihm aufgefallen, dass ZACKBUM keinerlei Kritik daran übt, dass sich Musk einmischt. Es geht vielmehr um die Frage, warum.
Es dürfte Ihnen möglicherweise entgangen sein, dass wir in GB seit der Machtübernahme der Labour-Partei (für die gerademal knapp 18% der wahlberechtigten Bürger stimmten) die Meinungsfreiheit drastisch eingeschränkt ist und wir neuerdings sogar politische Häftlinge haben, die von Sondergerichten, die sogar um Mitternacht tagen, im Schnellverfahren verurteilt werden, während Kinderschänder frühzeitig aus Gefängnissen entlassen werden, um Platz für die die politischen Gefangenen zu schaffen. Das war der Ausgangspunkt für die anfängliche Wortmeldung von Elon Musk. Beste Grüsse aus GB!
Die Geschichte dieser «grooming gangs» gärt schon seit Jahrzehnten vor sich hin. Die Behörden (Polizei, Vormundschaft, Sozialarbeiter) halten den Deckel drauf aus Angst, das Bild von einer funktionierenden Multikultigesellschaft in Grossbritannien würde Schaden nehmen. Die Frage ist nicht «warum regt sich Musk so sehr darüber auf» sondern warum hat dieses Thema bis jetzt nicht für mehr Aufregung gesorgt. Es ist zu hoffen, dass dank Musk diesmal die ganze Geschichte nicht mehr länger unter dem Radar der Öffentlichkeit durchgeht, sondern dass in Grossbritannien trotz dem Widerstand von Labour und deep state darüber eine Diskussion losgeht.
Das mit dem Algorithmus ist unter dieser Optik nichts mehr als ein fauler zynischer Witz.
Rechne der Financial Times hoch an, dass diese Redaktion tiefgreifend analysiert mit klugen Artikeln und Thesen. Die FT recherchiert tatsächlich und umfangreich – und nicht bloss mit einem Bauchgefühl.
Das Wort „Resonanzverstärker“ dieser sogenannt unabhängigen Hipster und Blogosphäre-Kanäle wird zukünftig noch viel zu reden geben. Mit diesem durchtriebenen algorithmischen Feed werden die Mainstream Medien gar noch Vol.2 rechts überholt. Eine wahrlich besorgniserregende Entwicklung mit unabsehbaren Folgen.