Schulaufsatz ist zurück
Viele Journalisten schrieben schöne Aufsätze. Wieso nicht zu den Wurzeln zurückkehren?
Gibt es etwas noch Schlimmeres als eine aktuelle Ausgabe der NZZaS? Illustrationen in der NZZaS? Schon, aber es gibt die ultimative Steigerung: das «NZZaS Magazin».
Das gibt schon mit der Cover-Illu dermassen Gas, dass es massenhaft aus seinem Mutterblatt herausgeschüttelt und entsorgt wird. Nur nicht von ZACKBUM. Wir beginnen mit einem Bilderrätsel. Wer errät die Zeile unter diesem Schulaquarell?
ZACKBUM wettet: niemand (der’s nicht in der Hand hatte). Sie lautet: «Raus aus dem Hamsterrad». Doch, doch, Unterzeile: «Wie künstliche Intelligenz unser analoges Leben verbessert». Ach, man wäre in dieser Ausgabe schon mit Spurenelementen von Intelligenz zufrieden, ob künstlich, echt oder wie auch immer.
Stattdessen belästigt Paula Scheidt, «Chefredaktorin Magazin», die wenigen Leser mit einem bunten Strauss von Schulaufsatzweisheiten, neben die allerdings ein Deutschlehrer, der noch etwas Ehre im Leib hat, immer wieder Ausrufezeichen setzen würde und Bemerkungen wie «banal trivial, Binse, aus dem Mottenschrank geholt, wie wär’s mit etwas Originellem?»
Der Lehrer müsste allerdings auch eine Tasse starken Kaffees neben sich haben, denn schon beim ersten Satz schlafen dem Leser das Gesicht, der Körper, die Füsse und die Socken ein: «Der Januar sei die Zeit des Vertrauens und des Verweilens, habe ich kürzlich gelesen.» Kann man den Gähnfaktor noch steigern? Scheidt kann: «Das Alte ist zu Ende gegangen, und das Neue hat noch nicht recht begonnen.»
Wie geht’s weiter? Ist doch vorhersehbar, liebe Leute, nun muss eine Naturmetapher kommen: «Man kann es in der Natur beobachten: Sie liegt im Winterschlaf, in höheren Lagen versteckt unter Schnee, aber in der Erde sammelt sie bereits Kraft für den Frühling.» Igel, Eichhörnchen, und bald spriessen Krokusse …
Es folgt ein Absatz; den Leser beschleicht die düstere Vorahnung, dass nun irgend eine Schlussfolgerung kommen muss. Am besten eine, die mit der Einleitung nicht zu tun hat. Et voilà: «Die beliebte Idee der guten Vorsätze sehe ich deshalb leicht skeptisch.» Das ist dieser beliebten Idee aber gar nicht recht, dass sie von Scheidt skeptisch beäugt wird. Und ZACKBUM bedauert ausdrücklich, dass sich Scheidt nicht als guten Vorsatz genommen hat, den Leser zukünftig mit sowas zu verschonen.
Aber obwohl sie leicht skeptisch ist, hat sie doch einen gefasst, den sie unbedingt mit dem Leser, na gut, den zwei Lesern, teilen muss: «Ich möchte mehr wertschätzen.» Wen? Ach, die üblichen Verdächtigen, den Pöstler, die Schwiegermutter. Aber dann kommt noch eine Überraschung: «Den Volontär, der ohne Aufheben einen grossartigen Text schreibt.» Meine Güte, wieso schreibt dann nicht der Volontär das Editorial?
Nun würde im Schulaufsatz stehen: leider ist die Zeit abgelaufen und ich muss schliessen. Oder in der Version von Scheidt: «Vielleicht fällt auch Ihnen eine Person ein, die Ihren Alltag bereichert und der Sie einmal ein herzliches Dankeschön aussprechen möchten.»
ZACKBUM ist immer hart, aber gerecht. Wenn gleich danach Martin Meyer, der ehemalige Feuilletonchef der NZZ, in die Tasten greift, wird’s immerhin witzig, wenn er sich Silvesterbräuchen widmet: «Keiner hat diesen Vorgang besser begriffen als der Erfinder der Tischbombe. Die Idee, in einer Röhre zu komprimieren, was das Leben definiert, ist durchaus genial. Die Büchse der Pandora, die eben noch ängstlich ihre Geheimnisse bewahrte, wird zum explodierenden Universum.»
Eher an eine Implosion fühlt man sich dann erinnert, wenn man versucht, sich durch die quälend-langweiligen 22’215 Anschläge eines Interviews mit Christian Uhle zu quälen. Christian who? Er verkörpere «eine engagierte, junge Philosophie», heisst es über ihn. Wenn das so ist, dann kann man auch nur sagen «good night». Vom Titelzitat angefangen («Wir könnten in einer viel besseren Welt leben») ist das eine Ansammlung von Allgemeinplätzen, Rezykliertem, Banalen, dass Peter Sloterdijk es sich verbeten würde, dass so einer sich Philosoph schimpft.
Aber wer darunter schon leidet, muss unbedingt den Text von Maja Goertz überblättern. Warum? Weil er schon mal so anfängt: «Vor einigen Wochen, an einem milden Novemberabend, stand ich mit meiner Freundin Julia an einer Haltestelle. Während wir auf den Bus warteten, fragte sie mich ...» und noch viel schlimmer wird.
Will man als nächstes wissen, wieso ein vegetarischer Spitzenkoch (eigentlich ein Widerspruch in sich selbst) in einem Kaff am Arsch vom Centovalli eine Gspüri-Küche aufmacht? «Zum Beispiel Reis und gekochter Kürbis, blutt, ohne Firlefanz.» Eine neue Adresse für Masochisten.
Lassen wir «Bellevue» an uns vorüberziehen, eigentlich wollen wir auch nicht wissen, mit welchen Fashion-Statements uns die neue, alte First Lady überraschen wird. Ausser, dass ZACKBUM als Anhänger des Kampffeminismus mäkeln muss, dass die Reduktion von Melania Trump auf ihr Äusseres und die Kleider unverschämt sexistisch ist, Frau Silvia Ihring. Wir wollen ja auch nicht wissen, wie bekleidet Sie solchen Stuss schreiben.
Und was ist von einem «Boxenstopp in Paris» zu halten, bei dem das Hotel Grand Coeur Latin gepriesen wird? Gut, «dieser Besuch wurde vom Hotel unterstützt», das ist mal ein guter Grund. Wieso man, daher vielleicht Boxenstopp, sich aber zu zweit in ein 16 m2 Zimmerchen quetschen soll und dafür noch ab 250 € hinlegen, kann der Autor nicht vermitteln. Der sogenannte «Superior Room» hat dann geräumige 18 m2, was als «generous space» angepriesen wird und ab 300 € zu haben ist; also pro m2 25 € mehr. Dann hätten wir noch die Junior Suite, wo man vielleicht ein Taxi rufen muss, wenn man sich in den 26 m2 verlaufen sollte. Kostet ab läppischen 400 € pro Nacht. Oder aber, ganz bescheiden, der «Single Room» ab 200 €, mit einer «warm and intimate atmosphere», wie sie nur 14 m2 hinkriegen. Nicht geeignet für Reisende mit Embonpoint und grossem Koffer.
Zum Schluss wieder ein Schnappschuss von Lisa Sorgini, die es doch tatsächlich wagt, sich als «Fotokünstlerin» zu bezeichnen. Aber gut, dieser ganze Schrotthaufen bezeichnet sich ja auch als Magazin. Man assoziiert allerdings Sachen wie «Mager Sinn» oder «32 Seiten, für die sich selbst die papierspendenden Bäume schämen».
:-))
Wunderbare «Rezension»! Hab mich gekringelt.
Gibt’s eigentliche eine Statistik, von welche Domains (NZZ.ch, Blick.ch etc) wie häufig auf Zackbum zugegriffen wird?
Könnte man machen, ist aber mit etwas Aufwand (Identifizierung der IP-Adressen) verbunden … Aber sagen wir mal so: ZACKBUM bekommt genügend Rückmeldungen, dass wir auf allen Redaktionen fleissig gelesen werden, sich aber niemand traut, das auch zuzugeben …
Das Prinzip der journalistischen Brandmauer, dürfte auch in der Schweiz nicht Bestand haben.
Zackbum wird gelesen – zumal auch als Ideengeber.
Leider bietet die NZZaS kaum noch Lesegenuss und auch dort schleicht sich zunehmend das Gendern ein («Sparende»)…
Genial, danke, Maestro! Das Magazin, der Arbeitsort des Magaziners (schweizerisch).
Krass was Sie sich antun, all diesen Blödsinn zu lesen. Die NZZaS, nicht bloss dessen Magazin, ist eine Schande für das Mutterhaus.
Den Vogel abgeschossen hat in der vorletzten Ausgabe (ZACKBUM genoss geruhsame Festtage) NZZaS-Chefredaktor Beat Balzli in einem wirren Editorial. Zum demokratisch gewählten US-Präsidenten und seinem Government-Efficiency-Beauftragten schreibt er:
«Eine demokratisch nicht legitimierte Machtballung bahnt sich an, gespickt mit Interessenkonflikten. Es riecht nach unheimlicher Weltherrschaft…»
An anderer Stelle hebt er als besonders negativ hervor, dass Trump und Musk aus der Privatwirtschaft kommen, also keine Vergangenheit als Berufspolitiker haben.
Das ist das unterirdische Niveau von Loser und Tobler, von mir aus noch Böhmermann. Ich habe Mitleid mit jemanden, der für einen solchen Schwachsinn Geld bezahlt.
Sehr gelacht … Danke! Zackbum reisst alle aus dem Winterschlaf …