Andreas Tobler: eine Karriere

Statt wegen ständigen Fehlleistungen entlassen zu werden, wird der Mann befördert.

«Seit 2025 leitet er das Gesellschafts- und Debattenteam im Ressort Leben», verkündet Tamedia eine Trauerbotschaft. Tobler gehört zur Riege der ideologisch Verblendeten, die mit korrektem Gendersprech und lachhaften Anweisungen zur obligatorischen Verwendung von Sprachvergewaltigungen die Leser in Scharen vertreiben.

Er interviewt in Kammerdienerperspektive gerne ihm genehme Flachdenker wie Lukas Bärfuss, den Klaus J. Stöhlker korrekt als «in der Nemo-Klasse spielend» niedermacht. Der Holter-Polter-Poet, der schon längst einsitzen würde, wenn Sprachverbrechen bestraft würden, darf vermeintlich freche Sachen wie «Die UBS muss zerschlagen werden» sagen. Passt zum grimmigen Gesichtsausdruck des Dichterdarstellers, ist aber realitätsferner Radikalismus und Blödsinn.

Auch die Umweltaktivistin Luisa Neubauer (Spitzname «Langstrecken-Luise» wegen ihrer Vorliebe für weite Flugreisen) gehört zu seinen ständigen Gesprächspartnern, denen er den Teppich für Selbstdarstellung ausrollt: «Wie weiter mit dem Klimaktivismus?» Ganz kritisch, polemisch und demagogisch wird er hingegen bei seinen Feindbildern («Roger Köppel, Markus Somm und die internationale Weisswasch-Publizistik»).

In Bücklingshaltung gerät er hingegen, wenn er den deutschen Publizisten Michel Friedman Unsinn über die Schweiz palavern lässt – ohne mit einem Wort auf dessen Karriereknick einzugehen, als Saubermann Friedman mit jugendlichen Zwangsprostituierten und Koks in einem Hotelzimmer überrascht wurde.

Natürlich gehört auch der Krawall-Rabauke Jan Böhmermann zu Toblers Lieblingen. Dem eiferte Tobler schon nach, als er so unkundig wie nassforsch über die Bührle-Sammlung im Kunsthaus herzog.

In jedem Medium, das noch gewisse journalistische Standards hochhält, wäre Tobler nach all diesen Fehlleistungen spätestens dann entlassen worden, als der Gesinnungsjournalist inquisitorisch forderte: «Die Rammstein-Konzerte sollten abgesagt werden». Seine Begründung: «Nein, eine Absage der Rammstein-Konzerte in Bern hätte nichts mit Cancel-Culture zu tun. Aber nun braucht es eine Pause, um die schwersten Vorwürfe noch vertieft abklären zu können.»

Dabei eierte er: «Selbstverständlich gilt für Till Lindemann die Unschuldsvermutung, solange kein Verfahren eingeleitet und er nicht rechtskräftig verurteilt ist.» Andererseits solle man dennoch dem Sänger Berufsverbot erteilen, den Veranstalter der Konzerte in den Ruin treiben und Zehntausende von Zuschauern um das Konzerterlebnis prellen.

Als dann sämtliche Vorwürfe gegen den Sänger der deutschen Band in sich zusammenfielen, alle Strafuntersuchungen eingestellt wurden und dessen Anwälte diverse Organe (hier den «Blick») zu Entschuldigungsgestammel zwangen, was tat Tobler? Er schwieg feige.

Dabei schlaumeierte er noch: Ob man solche «Kunst, die gar keine Kunst mehr ist … noch irritationsfrei konsumieren» könne, fragte sich Tobler mit ungewohnter Sensibilität. Denn wenn es die Kunst gebietet, «Tötet Roger Köppel! Köppel Roger tötet!» zu texten, sah darin Tobler bloss eine «Künstleraktion».

Niemals wäre es Tobler in den Sinn gekommen, das Verbot der Aufführung des dazugehörigen Stücks im Zürcher Neumarkt zu fordern. Keinen Ton hörte man von ihm, als man seiner Logik folgend doch die weitere Herausgabe des «Magazins» unbedingt hätte unterbrechen müssen, bis die Vorwürfe gegen den ehemaligen Chefredaktor geklärt wären.

Damals schrieb ZACKBUM völlig richtig:

Tobler kann man nicht mehr ernst nehmen. Tobler ist weder behaftbar für sein Geseier, noch ist er bereit, Verantwortung dafür zu übernehmen. Er haut einfach was raus und hofft (nicht zu Unrecht), dass sich doch heute niemand mehr an sein dummes Gequatsche von gestern erinnert.

ZACKBUM forderte:

Wer solchen Unsinn verzapft, wer die Unschuldsvermutung mit Füssen tritt, wer künstlerische und wirtschaftliche Existenzen rücksichtslos vernichten möchte, ist eigentlich für ein sogenanntes Qualitätsmedium nicht mehr tragbar.

Aber Tamedia weiss eben, wie man den Journalismus auch 2025 weiter ins Elend treibt: fördern statt feuern, mehr Verantwortung für einen Verantwortungslosen. So einer soll das «Debattenteam» leiten können? Was für ein Team? Was für Debatten?

Wie stöhnt der ehemalige Tagi-Kulturjournalist Hans Jürg Zinsli schmerzvoll auf: «rasch das neue Tagi-Impressum angeschaut und wünschte, hätte es nicht getan. good night and … good night». Dort sollen inskünftig sieben Journalisten unter Tobler leiden. Wetten, dass es sehr bald einige weniger sind? Und wetten, dass das genau die Absicht des Qualitätsmeuchlers Simon Bärtschi ist, der publizistischen Leiter nach unten?

Hier wächst zusammen, was zusammen gehört. Ein Nichts leitet ein Nichts, ein demagogischer Polemiker ohne Verantwortung oder wenigstens Einsicht im Nachhinein soll das völlige Fehlen von Debatten im angeblichen Podiumsorgan konsequent weiterführen. Bis zum bitteren und absehbaren Ende.

Das Wort Realsatire ist viel zu schwach für eine solche Redaktions- und Leserverarsche.

4 Kommentare
  1. C.Rickenbacher
    C.Rickenbacher sagte:

    Es wäre häufig Interessanter zu Wissen, warum dieser oder jener in Amt und «Würden» belassen oder befördert wird. Nimmt man den Kunden oder Leser überhaupt ernst? Was sind die Unternehmensziele? …

    Oder nimmt Herr Tobler die Bibel wörtlich: «Selig die geistig Armen, den ihrer ist das Himmelreich»?

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    • Peter Bitterli
      Peter Bitterli sagte:

      Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung, Rickenbacher? Lesen Sie täglich den „Thaagi“? Und nehmen denn Sie die Bibel wörtlich? Dann können Sie uns sicher die im ersten Moment sehr hart knirschende Kombination eines Personalpronomens im Akkusativ mit einem Possessivpronomen im Genitiv nach dem Komma Ihres letzten Satzes erläutern.

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        • Peter Bitterli
          Peter Bitterli sagte:

          Wie sollte eine Frage Sinn „machen“, die nicht einmal eine Frage ist, sondern plumpe Polemik mit wohlfeilen, abgeranzten Formulierungen, dazu im argumentativen Fahrwasser unseres Gastgebers und Meisters? Das ist jetzt natürlich auch keine Frage, sondern ein Befehl zum genauen Lesen und Unterscheiden von Textsorten.

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