Wetzel dreht auf

Oder durch? Der Journalist der SZ Hubert Wetzel will immer vorne dabei sein. In der Twilight Zone.

Kriegerische Ereignisse, die schon eine Weile andauern, fordern geradezu eine sprachliche Nachrüstung, eine Aufrüstung. Denn immer nur schreiben «in der Ukraine ist Krieg, und alleine die Russen sind dran schuld und Putin ist ein irrer Verbrecher», das wird auf die Dauer auch langweilig.

Und die meisten sogenannten «Experten» haben gemerkt, dass Triumphgesänge, dass die Ukraine demnächst siegen wird, dass die russische Armee demnächst zusammenbrechen wird, dass die ganze russische Wirtschaft den Bach runter geht und Putin aus dem Kreml gejagt wird – nun, dass das vielleicht etwas zu tollkühn war.

Also probiert es Wetzel aus dem Kopf des Chaoshaufens EU berichtend, also aus Brüssel, mal mit was Neuem:

So fragt er bang in der «Süddeutschen Zeitung», und mangels eigener Meinung, Kompetenz oder schlichtweg wegen «kä Luscht» rupft Tamedia den Text ein wenig und publiziert ihn auch. Wieso sich auch gross Mühe geben dabei, Titel und Lead sitzen doch prima:

Man beachte den feinen Unterschied, dass Tamedia «dritter Weltkrieg» klein schreibt, ein kleiner Nasenstüber aus Banja Luka Richtung München. Wetzel, muss ZACKBUM einschieben, hat schon eine ganze Latte von verhaltensauffälligen – um kein stärkeres Adjektiv zu verwenden – Unkenrufen abgesetzt. Schon 2020 raunte er unheilschwanger: «So sterben Demokratien», weil Trump «offensichtlich» keine Ahnung habe, wie Demokratie geht. Auch da musste er sich bei der aktuellen Wahl steigern, also verglich er die Wahl Trumps seines Vizepräsidenten mit einer Szene aus dem «Weissen Hai». Ungelogen, der Mann ist nicht ganz dicht.

Aber neu hat er einen viel grösseren weissen Hai, sozusagen ein Überuntier entdeckt. Den Ukrainekrieg. Nun, das wäre so gesehen etwas langweilig, also rüstet Wetzel verbal gross auf. Er lässt aufrüsten, denn was eignet sich besser dazu als ein (erfunden oder echt, weiss man’s?) Zitat eines «Diplomaten in Brüssel», der leider keinen Namen hat: Wir seien noch nicht wirklich im Dritten Weltkrieg angelangt, ««aber man kann schon das Gefühl haben, zumindest in einer Art Vorkriegszeit zu leben. Als seien wir wieder in den Jahren 1912/13, als die Balkankriege stattgefunden haben» – die Vorboten des grossen europäischen Gemetzels, das dann 1914 begann.»»

Nun ja, vielleicht sollte Wetzel doch mal «Die Schlafwandler» lesen, aber wir wollen nicht zu viel historische Kenntnisse verlangen. Nun kommt eine Latte von Einschränkungen, es gebe in der Tat noch keine direkte militärische Konfrontation zwischen den Atommächten, aber immerhin unterstützten ja die USA, England und Frankreich die Ukraine. Und auf der anderen Seite sehe es auch ganz schön global aus:

«Moskau bekommt Militärdrohnen aus dem Iran und Artilleriegranaten aus Nordkorea, das dortige Regime hat zudem Tausende Soldaten an die Front bei Kursk geschickt. Am wichtigsten ist für Russland aber die Unterstützung durch China. Peking kauft Russland Rohstoffe ab, ermöglicht die Umgehung der westlichen Sanktionen und liefert verbotene Güter.»

Es ist nur wundersam so, dass es trotz diesen «Tausenden Soldaten» noch keinen einzigen belastbaren Beweis für deren Existenz gibt. Aber mit so Details hält sich ein Globalstratege wie Wetzel doch nicht auf. Nun kommt wieder eine anonyme Quelle zum Zug, wie es sich für gehobenen Qualitätsjournalismus gehört:

««Es ist völlig klar, dass Russland diesen Krieg ohne China so nicht führen könnte», sagt ein europäischer Diplomat. Man könne heute sicher feststellen, dass China von einem eher indirekt agierenden «Ermöglicher und Helfer» zu einem direkten «Kriegsbeteiligten» geworden sei

Damit habe, bietet Wetzel der gelben Gefahr die Stirn, «Peking nach westlichen Erkenntnissen mittlerweile die von der EU definierte rote Linie bei der Unterstützung Moskaus überschritten und versorgt Russland nicht mehr nur mit vom Westen sanktionierten Gütern, die zivil und militärisch nutzbar sind».

Es ist wirklich unverschämt. 30 Staaten, berichtet Wetzel stolz, versorgten die Ukraine mit Kriegsgerät und Finanzen. Und da kommt doch der Chinese daher und wagt es, mit Russland Geschäfte zu machen. Ohne Wetzel (oder anonyme Diplomaten) vorher zu fragen, ob damit nicht eine rote Linie überschritten werde.

Dann noch die Beschädigung von Pipelines und Datenkabeln in der Ostsee, mutmasslich durch chinesische Schiffe. Da braut sich Ungeheuerliches zusammen, weiss Wetzel.

Nun muss er didaktisch werden und die Frage in den Raum stellen: «Was bedeutet das?» Ja waseliwas? Auch das kann Wetzel leider nicht selbst beantworten, daher kommt schon wieder diesmal ein «ranghoher Brüsseler Diplomat» zu Wort; seine Vorgänger waren offenbar nur Fussvolk. Der raunt, das heisse, «dass das chinesischeuropäische Verhältnis sich in einem riskanten Zwischenzustand befindet. «Wir sind nicht im klassischen Sinn im Krieg miteinander», sagt der Diplomat. «Aber zwischen uns herrscht bestimmt kein Frieden.»»

Ohä, das ist die Entdeckung eines vierten Zustands, eine Weltsensation. Zuvor gab es Krieg, Frieden und kalten Krieg. Jetzt gibt es auch noch «im klassischen Sinn» keinen Krieg, aber im nichtklassischen Sinn auch keinen Frieden.

Und ZACKBUM fragt mal wieder matt, ob es wirklich Leser gibt, die gerne für solchen Stuss etwas bezahlen, damit ihnen eine Reihe von anonymen Diplomaten vorgeführt werden, die Unverständliches labern.

 

3 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Im Vergleich zu 1935 sind die Kriegstreiber, Hetzer vom Norden, die neue alte Gefahr schon wunderbar ‹integriert› in den Schweizer Medien. Eigene Denker haben wir bei den Abschreibern keine mehr.

    Es wäre höchste Zeit, dass wir uns mit Pilet-Golaz & Co und dem grusigen Treiben der Frontisten (von den CH-Nazi-Gruppen mal abgesehen) in den dreissiger Jahren in unseren Landen auseinander setzen würden.
    Was in Deutschland mit der Medien-Zensur, der Justiz, der Politik zur Zeit abgeht,
    lässt einem den kalten Schauer in die Knochen fahren – und dieser Dreck wird einß-zu-eins in den Schrumpf-Blättern übernommen.
    Pilet-Golaz brauchen wir nicht mehr, wir haben eine ganze Schwette von EU(Pöstli)Aspiranten in Bundesrat und Parlament, die dem Leyen-Zauber nachhöselen (auch Damen in solchen Hosen).

    Ein paar laufende Bilder und die vergiftete Atmosphäre (nachher 80 Jahre alles schön geredet, geschrieben, getrunken und vergessen & verschwiegen) aus den dreissiger Jahren würde den Schweizer ,news’Konsumenten heil sam guttun:
    ‹Un Suisse à part› Georges-Henri Pointet, documentaire von Daniel Künzi (bei SRF neuerdings in Ungnade gefallen, weil auch ein Corona-Schwurbler, die nur allzu richtig lagen…..)

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  2. Rapahel Stein
    Rapahel Stein sagte:

    Vermutlich hock ich weit aussen auf dem Ast, aber diese Artikel sind doch ganz einfach zurecht gebogen und zurecht gelogen, So möchte ich es gern haben, also schreib ich.

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