Potz SoZ
Wie Tamedia wohl daherkäme, wenn man Rutishauser nicht abgesetzt hätte …
Das ist mal eine feine Rache. Der einzige Chefredaktor der Welt ohne Redaktion hat wieder eine «SonntagsZeitung» rausgehauen, die randvoll mit Lesespass ist.
Das fängt mit den Anrissen auf der Front an. Pistazie, warum nicht; Geschenke, das muss halt sein, und die Merkel-Autobiographie niedermachen, das ist ebenfalls nötig. Nun gut, ob man so viel über Meret Schneider wissen will, das ist die Frage. Aber niemand ist perfekt, nicht mal Arthur Rutishauser.
Sein Editorial ist mal wieder erste Sahne; er leitet unwiderlegbar die Prognose her, dass noch vor Weihnachten der Bundesrat verkünden wird, dass es eine Übereinkunft mit der EU gebe. «So kommt das Werk ins Parlament und dann vors Volk, und alle hoffen, dass es abgelehnt wird.» Grossartig.
Nicht minder gut ist der Hoffnungsschimmer als Aufmacher: «Woke wankt». Darauf hofft ZACKBUM auch schon seit Langem – bislang vergeblich. «Die Bewegung wurde immer schriller, gnadenloser», analysiert Bettina Weber, und das schürte schon lange die Hoffnung, dass sie ihren Zenith überschritten hat. Was aber bislang noch nicht passierte. Wer’s nicht glaubt, muss nur den Tagi aus dem gleichen Medienhaus lesen, wo nach wie vor Woke-Besoffene mit all der Begrifflichkeit hantieren, von «toxischer Männlichkeit» über «männlich gelesen» bis «cisgender», die in der SoZ in einem «Woke-Glossar» aufgespiesst werden.
Dann nimmt sich Adrian Schmid die starke Aussage von Elon Musk zur Brust: «Idioten bauen immer noch F-35». Was Brisanz dadurch bekommt, dass die Schweiz bekanntlich für 6 Milliarden Franken diese Idiotie kaufen will. Auch ein ETH-Professor gibt Musk recht: ««In absehbarer Zukunft werden Drohnen bemannte Kampfflugzeuge ablösen», sagt der Robotikexperte» Roland Siegwart.
Dann hat Rico Bandle einen neuen «Eklat an der Universität Bern» aufgedeckt. Nachdem dort das Nahost-Institut aufgelöst wurde, weil sich ein Mitarbeiter über das Hamas-Massaker vom 7. Oktober als «Geburtstagsgeschenk» gefreut hatte. Und von seiner Chefin Serena Tolino in Schutz genommen wurde – nicht zuletzt, weil die Äusserung von ihrem Mann stammte.
Zuvor noch lud es mit Geldern des Nationalfonds einen zum Islam konvertierten US-Professor ein, der mit mehr als schrägen Aussagen auffällt. Israel gehe in die Geschichte ein als ein Land, «das vor allem für seinen Genozid, seinen Rassenfanatismus auf dem Niveau des Dritten Reichs und seines religiösen Fanatismus bekannt ist, der den IS harmlos erscheinen lässt». Zudem ist er strikt gegen jegliche «LGBTQ-Ideologie», weil der Islam sowohl gleichgeschlechtlichen Sex wie auch Geschlechtsänderungen verbiete.
Dazu ein Verschwörungstheoretiker, der behauptet, Israel wolle mit dem Verbreiten von Krankheiten «den schlimmsten Völkermord seit dem Zweiten Weltkrieg» begehen. Als damals das Institut aufgelöst wurde, nicht zuletzt auch wegen Vetternwirtschaft, blieb aber die Institutsleiterin Tolino. Das müsste sich nach diesem Skandal wohl ändern.
Dass dann «SPONSORED Eine Anzeige von Südtirol» täuschend ähnlich wie eine redaktionelle Doppelseite daherkommt, nun ja. Dicht gefolgt von der «Publireportage Die Rolle der Milchkuh im Grasland Schweiz». Dargeboten von «swissmilk». Nun ja.
Dann hat Solarpionier Bertrand Piccard jahrelang bezahlte Promotion für die Firma PrimeEnergy gemacht. Was Tausende von Kleinanlegern im Vertrauen auf seine Expertise dazu brachte, dort Geld zu investieren. Das könnte nun futsch sein, denn PrimeEnergy ist Konkurs. Pleite. Bankrott. Und Piccard versucht sich damit herauszureden, dass es ihm leidtue und doch auch niemand Roger Federer einen Vorwurf mache, dass der für die untergegangene Credit Suisse Werbung gemacht habe.
Selbst das Ausland ist – dank David Pfeifer von der SZ und der Tickeragentur AFP – leidlich gut unterwegs, dazu noch das Tagi-Urgestein Martin Suter, der nicht wie all seine Kollegen eine Trump-Phobie hat, lesbar. Glücklicherweise sind hier nicht so Moralkreischen wie Oliver Meiler unterwegs, der nicht weniger als «die Welt» dazu auffordert, «nach Avignon zu blicken». Was die SoZ verdankenswerterweise nicht tut.
Dann die Seite mit Markus Somm und Gülsha Adilji. Aber mehr als «Die schlimmsten …» und «Die Juso setzen sich …» hat ZACKBUM nicht gelesen, so schüttelte es uns.
Wenn der «Wirtschaft» nun wirklich nichts einfällt, dann macht sie damit auf:
Oh je, ein Ratgeber auf dem «Blick»-Niveau. So geht’s dann auch weiter, bis immerhin Armin Müller den neuen Trend aufnimmt, dass «weniger Staat» und Schluss mit ungehemmt Schuldenmachen «wieder im Trend» sei. Dazu sagt natürlich auch der ehemalige Wirtschaftschef der NZZ Gerhard Schwarz etwas.
Schliesslich interviewt Christian Mayer den Bestsellerautor Robert Harris. Natürlich aus der SZ übernommen, und ob Harris wegen seines gerade erschienenen nicht wirklich starken Buchs «Abgrund» so viel Aufmerksamkeit verdient? Aber die «Kulturedaktion» von Tamedia ist wahrscheinlich mal wieder mit der Verteidigung des Gendersternchens ausgelastet.
Dann wird’s etwas Gerümpelturnier, bis eine Jubel-Reportage über das türkische Antalya im Winter die SoZ beschliesst. Aparte Fussnote: «Die Recherchereise wurde zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und Tourismus-Agenturen». Recherchereise? Unterstützt? Selten so gelacht.
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