Die CS als Spionage-Nest

Unvorstellbar, wenn diese Enthüllung der NZZ zutrifft.

Sicherlich, die alte Tante ist von einem Kläger angefüttert worden, der eine parteiische Sicht hat. Aber seine Klage in den USA, die er der NZZ zukommen liess, enthält Sprengstoff.

Er wirft kurz gesagt dem ehemaligen CS-Boss Tidjane Thiam vor, er habe ihn unter Benützung der entsprechenden CS-Infrastruktur ausspionieren lassen. Hintergrund sei, dass Thiam ein verborgenes Liebesverhältnis mit der damaligen Ehefrau (und heutigen Partnerin von Thiam) des Ausspionierten gehabt habe.

Erst 2019, als weitere Spionageaffären Thiams ans Licht kamen (was ihm letztlich den Job kostete), habe der Betroffene bei der CS nachgefragt, ob man auch ihm nachgestellt habe. Ihm sei versichert worden, dass das nicht der Fall sei. Aber der Mann liess, nach einem hässlichen Scheidungsverfahren mit seiner Frau, nicht locker. Und kam so in Besitz von Dokumenten, die eine solche Überwachung belegen.

Nun klagt der gehörnte Ehemann in den USA, weil ihm ausgehändigte Dokumente auf einem Microsoft-Server gespeichert waren. Das reicht für einen Gerichtsstand, und in den USA ist seine Forderung nach 15 Millionen Dollar Schadenersatz eher moderat – und für die UBS als Rechtsnachfolger der untergegangenen CS Peanuts.

Erschreckend ist aber, welche Unkultur in der CS hier zum Vorschein kommt. Die ganze Blase platzte, als «Inside Paradeplatz» enthüllte, dass der offensichtlich paranoide Thiam seinen abgesprungenen Starbanker Iqbal Khan so tölpelhaft überwachen liess, dass der das merkte. Der verantwortliche private Sicherheitsmann wurde als erster Sündenbock geopfert – und beging Selbstmord.

Als nächstes liess Thiam seinen Sicherheitsgurt- und Stabschef Pierre-Olivier Bouée über die Klinge springen. Als sich dann herausstellte, dass Khan kein Einzelfall war, sondern Thiam (der natürlich von nichts wusste) auch seinen Personalchef überwachen liess, war dann Ende Gelände für den machttrunkenen Chef. Der natürlich keine Schuld bei sich selbst sah, sondern verbittert die Karte Rassismus spielte. Er als Schwarzer sei bei den weissen CS-Häuptlingen nie gut gelitten gewesen.

In erster Linie war es aber sein Versagen beim Umbau der CS, das ihn die Stelle kostete. Vielleicht ist er tatsächlich als möglicher nächster Präsident der Elfenbeinküste besser aufgehoben.

Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass erst Thiam einen ganzen Spitzelapparat in der CS installierte. Offenbar gehörte das schon lange zum Business as usual. Diverse Privatdetektive auf dem Platz Zürich lebten lange Jahre ziemlich gut von Aufträgen der misstrauischen Bank.

Nachdem schon ein kindischer Nachbarschaftsstreit zwischen Khan und Thiam öffentlich wurde, samt testosterongeschwängertem Rencontre bei einer Party, wo man die beiden offenbar nur knapp davon abhalten konnte, lautstarke Meinungsverschiedenheiten draussen körperlich fortzusetzen, wirft das alles ein schreckliches Licht auf die Zustände in der Chefetage.

Schon 2019, als die Spionageaffäre aufflog, hatte die CS ernsthafte Probleme. Laut dem aktuellen VR-Präsidenten der UBS war sie schon damals eigentlich nicht mehr alleine überlebensfähig.

Die Hütte brennt, es geht um die Zukunft der altehrwürdigen Credit Suisse, gegründet vom Schweiz Überunternehmer Alfred Escher. Alle Mann an Deck, es müsste dringlich eine Überlebensstrategie her.

Stattdessen fängt der Boss ein Techtelmechtel mit einer verheirateten Frau an, was zu einer hässlichen Scheidung führt. Danach verschwendet er Zeit und Energie drauf, seinem ehemaligen Nebenbuhler nachspionieren zu lassen. wie ein nicht freiwillig herausgegebener E-Mail-Verkehr belegt. Aber nicht nur das, solches Nachspionieren scheint bei der CS durchaus üblich gewesen zu sein.

Da wurde nicht ein einsamer Privatdetektiv engagiert, der wie weiland Sam Spade oder Philipp Marlowe ans Gerät geht. Sondern es gab offensichtlich eine entsprechende Infrastruktur in der Bank, wo Mitarbeiter weltweit (in diesem Fall unter anderem in Hongkong) in Marsch gesetzt wurden.

Lukas Hässig stellt mal wieder die richtigen Fragen:

«Wie konnte es so weit kommen, dass die Bank von Alfred Escher, das Kreditinstitut des stolzen Zürich, sich in einen Verschnitt aus DDR und Rumänien verwandelte?
Wie viel mehr Leute liessen die CS-Oberen beschatten, aus welchem Grund, bis wie weit oben in der Hierarchie wusste man davon? Waren Urs Rohner und Severin Schwan von der Roche, die zwei Kapitäne im VR, auch im Bild

Aber vielleicht funktioniert hier noch das Bankgeheimnis. Und die Versagerräte bekommen nicht noch mehr dunkle Flecken auf ihren weissen Westen.

4 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Sittengemälde, unsere hoch zivilisierte Wertewelt.
    Aber dass solche ‹Herren› jetzt der Elfenbeinküste anempfohlen werden ist nicht ok,
    die passen bestens ins aktuelle Umfeld fast aller westlichen Nationen.
    Heuchler und Heuler aller Geschlechter haben Hochkonjunktur, und das ist noch schön geschminkt. Die Staatsanwaltschaften grillen eher die, die Verbrecher Verbrecher nennen.
    Nestbeschmutzer von Meienberg über Ziegler bis Zeyer gehören zur ‹contra spezie molto rara›.

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