Birrer gibt’s noch
Wir machten uns schon Sorgen. Jetzt haben wir einen Grund dazu.
Seit der Ankündigung, dass zwecks Qualitätssteigerung bei Tamedia massenhaft Journalisten rausgeschmissen werden, hat sich die Oberchefredaktorin Raphaela Birrer haargenau zweimal zu Wort gemeldet. Einmal im Podcast «Politbüro», wo es um den «Durchmarsch der SVP» ging, was in gebotener Objektivität vom Dummschwätzer Philipp («Trump ist ein Faschist») Loser, Jacqueline Büchi und Fabian Renz bestritten wurde.
Und einmal, um Redaktion wie Lesern zu erklären, wie mehr Qualität mit weniger Journalisten gehen soll. Nein, Scherz, hat sie nicht. Aber sie hat offensichtlich die Frage von ZACKBUM vernommen, wieso sich die Chefredaktorin des grössten Kopfblattsalats der Schweiz nicht zu den amerikanischen Präsidentschaftswahlen äussert. Tut uns ja Leid, denn jetzt haben wir den Salat:
Offensichtlich hat sich Birrer an ihre Zeit als Primarschullehrerin erinnert und erteilt uns allen eine Lektion, lässt uns gemeinsam, unter ihrer Anleitung, etwas lernen.
Allerdings macht sie uns das so schwer wie möglich. Denn schon die ersten zwei Sätze rufen uns zu: lass es, lies nicht weiter:
«Nichts ist nicht gesagt. Die politischen Kommentatoren haben den amerikanischen Wahlkampf in Einzelteile zerlegt.»
«Nichts ist nicht gesagt», das ist eine tiefschürfende Erkenntnis, so auf der Höhe von «ich weiss, dass ich nichts weiss». Darauf will sie auch wohl indirekt anspielen, denn sie fährt fort: «Denn trotz der geballten analytischen Kraft bleibt letztlich Ratlosigkeit angesichts des deutlichen Triumphs.»
Aber dieser Ratlosigkeit macht Birrer ein Ende; sie weiss weiter: «Trumps Sieg ist ein Sieg der Emotionen, der Befindlichkeiten und der politischen Gruppendynamiken.» Wow. Diese tiefe Erkenntnis wirft sie einfach so locker vom Hocker hin, nun muss sie aber etwas ausholen, um das zu verorten: «Bereits Anfang dieses Jahrhunderts sprach die Wissenschaft von der Amerikanisierung hiesiger Politik, also von der Stilisierung der Wahlkämpfe zu sportlichen Wettkämpfen («horse races»). Vom unbedingten Fokus auf die Person (statt auf die Themen).»
Was die Wissenschaft so alles plappert, wenn das Jahrhundert noch jung und eigentlich ein Jahrtausend ist. Vom bedingten Fokus zum unbedingten. Nun bricht aber ihr pädagogischer Muskel durch (schiefe Bilder können wir auch), und sie nimmt uns mit auf eine erkenntnistheoretische Reise: «Was also lernen wir aus Trumps Erfolg?» So fragt der Lehrer die Klasse, so fragt der Arzt den Patienten; wie geht es uns denn heute?
Birrer kommt dabei zu einer bahnbrechenden Erkenntnis, die an Originalität schwer zu überbieten ist: «Trump amerikanisiert sozusagen die Amerikanisierung, er setzt neue Massstäbe.» Das ist ein Satz von gedankenschwerer Tiefe, so etwa wie: Birrer kommentiert sozusagen die Kommentierung, sie setzt neue Massstäbe. Im Nonsens-Kommentieren.
Aber wie amerikanisiert der Amerikaner die Amerikanisierung? «Die Diffamierung der Gegner, die gezielten Lügen oder die Verunglimpfung der Medien: Solche Strategien werden andernorts Folgen haben, weil sie sich als erfolgreich erwiesen haben. Trumps Methoden werden – im länderspezifischen Kontext – adaptiert werden. In der konsensorientierten Schweiz wird sich nicht deren radikale Ausprägung durchsetzen.»
Da sind wir aber froh, dass die Amerikanisierung der Schweiz doch nicht radikal erfolgt. Aber, so warnt die Warnerin, auch in Europa ist nicht alles zum Besten bestellt: «Wir hier, die anderen da: Das Freund-Feind-Schema durchdringt die Politik heute auch in Europa – zunehmend unversöhnlicher.» Da sehnen wir uns in die guten, alten Zeiten zurück, wo die Politik noch ein Ponyhof war und ein zu fest geworfener Wattebausch bereits für Aufsehen sorgte.
Hier enteilt allerdings die Lehrerin der gebannt lauschenden Klasse und verliert sich etwas im Whataboutism: «Daraus zieht aktuell eine Sahra Wagenknecht in Deutschland ihre Kraft. Daraus speiste sich auch der Wahlerfolg der Schweizer Grünen im Jahr 2019.»
Aber genug von Trump erzählt, wieso in die Ferne schweifen, das Böse liegt so nah: «Die SVP ist Trumps Musterschülerin der Emotionalisierung.» Was blüht uns denn dann in der Schweiz? Trumps «popkulturell anmutender Nationalismus (die roten Kappen, das schrille Merchandising) wird sich knallhart in aussenpolitischem Isolationismus und wirtschaftspolitischem Protektionismus niederschlagen.» Hä? Man ist hier versucht, den Arm zu heben, mit den Fingern zu schnalzen und zu rufen: Frau Lehrerin, ich habe eine Frage. Was wollen Sie uns eigentlich sagen?
Gut, das würde mit einem strengen Blick und einer Strafaufgabe beantwortet, aber ZACKBUM hat ja bereits Schreibverbot bei Tamedia, also kann uns nichts mehr passieren. Daher dürfen wir offen gestehen, dass es nun etwas wirr wird bei Birrer: «Zieht sich der Weltpolizist zurück, wird das die Diskussion in unserem Land in entscheidenden Fragen beeinflussen.»
In diese Verwirrungen und Irrungen hinein setzt Birrer zum Aufschwung in den Schluss an. Wie schrieb man früher im Schulaufsatz und im Tagebuch? Ich muss hier leider schliessen. Birrers Version:
«Es gibt also viele Gründe, über Trumps Wahlsieg beunruhigt zu sein. Aber es gibt auch Anlass zur Zuversicht: Die Schweiz ist kulturell nicht die USA.»
Die Schweiz ist eigentlich überhaupt nicht die USA, so wenig, wie die USA die Schweiz sind. Während die Leser mit offenen Mündern dastehen, setzt Birrer noch eine Ratschlag an die Schweizer Parteien oben drauf: «Wenn sie unserer Gesprächskultur Sorge tragen, wird die trumpsche Manier nicht Einzug halten.» Das ist begleitet von einem strengen Lehrerblick für die Lümmel in der letzten Bank, für die Schmuddelkinder der SVP.
Das mag ja so sein. Wenn die Chefredaktorin allerdings ein paar Grundregeln von Logik, Sinnhaftigkeit und strukturiertem Denken Sorge tragen würde, dann hätte sie diesen Verhau, diesen unaufgeräumten Haufen von Gedankensplittern, diese Peinlichkeit weder geschrieben, noch publiziert. Sondern der Schreibkultur Sorge getragen und geschwiegen.
So aber gibt es wirklich Anlass zur Besorgnis. Denn das ist die Oberchefin eines Mediums, das täglich mehr als eine Million Leser beschallt. Und verwirrt. Und beunruhigt. Mehr, als es Trump je könnte.
„Zur Gesprächskultur Sorge tragen“ sollten vor allem denunziatiorische „Journalisten“ welche alles ausserhalb ihrer ideologischen Mikroblase als antidemokratisch, gefährlich und illegitim beschimpfen.
Volle Zustimmung, aber wer hätte von den Schmierfinken aus dem woken Kuckucksheim etwas anderes erwartet. Etwas fand ich aber speziell unverfroren. «Wenn sie unserer Gesprächskultur Sorge tragen,…». Die TA-Medien zensieren in bester Sowjet-Tradition jeden Leserkommentar, der (anständig) eine andere Meinung vertritt oder darauf hinweist, dass Fakten falsch oder ein Kommentar widersprüchlich ist… und schaffen so eine Linke-Wohlfühlblase, die jedes mal Baff-erstaunt ist, wenn die Realität nicht den TA-Vorgaben entspricht.
Meine Leserkommentare der letzen Woche wurden allesamt abgelehnt, unabhängig ob ich linke oder rechte Standpunkte vorbrachte.
Damit bestätigt sich meine Vermutung, dass die Zensur zuerst zufallgesteuert und dann von Analphabeten im Ausland geleistet wird.
Wer weiß genaueres darüber?
Birrer im Artikel: «Die SVP ist Trumps Musterschülerin der Emotionalisierung». Da will sie einen intelligenten Artikel schreiben und ist nicht in der Lage ihre ideologischen Scheuklappen abzulegen, sie macht den Loser. Auch die Linke emotionalisiert wenn es ihren Anliegen nützt. Bashing gegen rechts und auf dem linken Auge blind. Die Frau taugt nicht als Chefredaktorin! Wahrscheinlich hat sie den Job nur weil sie loyal ist, schweigt wenn Leute gefeuert werden. Verbleib auf der Payroll des TA ist ihr wichtiger als Profil und Anstand. Da ist sie doch auch eine Art «Trump Musterschülerin».
Ein Fussballklub mit Qualitätsansprüchen hätte sie schon längstens ausgewechselt!
Die Annabellisierung dieser Kopfblattsalat GmbH war ein fataler Irrtum. Ein orientierungsloser Dampfer ohne Ziel!
Nachtrag: viele AbonnentenInnen des TA und den RZ, Unternehmen und Private die Inserate auf den diversen Portalen geschaltet haben warten noch auf die versprochene Transparenz beim «One log»-Debakel. Eigentlich auch eine Aufgabe der CR zu informieren, aber da schweigt sie.
Der heutige Kommentar von Eric Gujer in der NZZ unter dem Titel „Trump ist überall: Die populistische Revolution erschüttert den Westen“ ist eine reife Leistung gegenüber den Allgemeinplätzen der Oberchefin Raphaela Birrer.
Die Amerikaner wissen halt, dass sie durch Wahlen Veränderungen herbeiführen können und wählten ganz bewusst einen disruptiven Populisten. Gujer bezeichnet Donald Trump zu recht als empfindlichsten Seismografen unserer Epoche. Es ist zu einer Tatsache geworden, dass die vorgeführten Menschen im Westen einfach genug haben von einer Bevormundung durch eine Kaste von linken Akademikern, Journalisten, internationalen Funktionären und Politikern, die ihnen von oben herab Selbsthass und Übernächstenliebe verordnen und ihnen vorschreiben, wie sie zu leben, denken und sprechen haben. Genug ist genug!
Der verordnete und implantierte Selbsthass dieser sogenannten Elite darf uns nicht weiter mürbe machen. Stark bleiben mit dem virtuosen Seismografen Zeyer!
Bin wohl ein Opfer von Selbsthass, das mir aufoktroyiert wurde von dieser Kaste. Soll ich nun gar IV beantragen?
Schwierig, dann müssten Sie den richtigen Namen verwenden!
Eigentlich Schade um die Zeit, sich noch dem Tagi oder Blick zu widmen. Lässt sich das Trauerspiel beenden? Wer wirft den Strick hin?
Lässt sich das Trauerspiel beenden? Nein. Und auch das Hinwerfen des Stricks wird wohl nichts bringen, falsche Zielgruppe, so etwas machen heutzutage fast nur noch alte Männer und von denen hat es nicht mehr viele an der Werdstrasse…
@Ast
Ein paar junge Männchen hats noch…
Ein Weggefährte von Andy Warhol gab Jahre nach seinem Tod zu Protokoll, er frage sich bis heute, ob der Typ ein Genie war oder doch völlig gaga.
Artikel wie der hier beschriebene der chefredaktorenden Finta-Person Birrer hinterlassen bei mir jeweils dasselbe Gefühl: Strunzblöd wirken Inhalt, Begründung, Erklärung; durchtrieben und raffiniert jedoch die angewandten Methoden der Täuschung und Manipulation wie z.B. Auslassungen, Unter- bzw. Übertreibungen, Ablenkung, Framing, Schuldumkehr, Rabulistik etc.
Schönes und sehr passendes Bild zum Artikel, übrigens.
Bewundernswertes, kraftvolles Essay von Dr René Zeyer. Wie schafft er dies alles, mit nur einem Kopf, einem Gehirn, zwei Händen – und einer Tastatur. Formidabel. Der Primarlehrerin mit steilster Medienkarriere wurden ihre Grenzen als Meinungsmacherin mit Autorität klar aufgezeigt. Shit happens (Amerikanische Redewendung).
Die Kopfblattsalat GmbH müsste endlich das Schreibverbot gegenüber René Zeyer aufheben. Kraftvolle, überraschende Meinungsäusserungen wären zweifellos eine Manifestation von Stärke für diesen Medienkoloss. Erinnern wir uns hierbei an Niklaus Meienberg, der beim Tages-Anzeiger wegen seiner kritischen Texte zur Schweizer-und der Liechtensteinischen Geschichte ein umfassendes Schreibverbot bekam. Passierte 1976 und man dächte eigentlich, dass die Zeiten der Maulkörbe längst vorbei wären.
Liebe Frau Sager
lassen Sie mich hier einmal bei Ihnen einreihen, bei Ihrem schönen Kompliment an den Chef. Da bin ich ganz bei Ihnen.
Etwas unglücklich könnte Ihre Anlehnung an Meienberg kopfblättern: nicht dass Herr Zeyer auch noch in Verzweiflung endet.
Diese Zeitungen können (zum Glück) nicht mehr gerettet werden, da siechen zuviel Maul-Ohren-Nasen-Hirnkörbe auf allen Etagen.
Hoffentlich sind unsere Medien nicht das Abbild einer verbirrerten, Birrer-belehrten Biren-Schweiz, die sich von jahrelanger Gehirnwäsche nicht mehr befreien können.
Frische Äpfel braucht das Land.
Die Redaktion des Tages-Anzeigers hat sich im Jahre 1976 gegen ein Schreibverbot von Niklaus Meienberg ausgesprochen. Es war die Besitzerfamilie Coninx, die dies unbedingt wollte.
Die heutige gesichtslose, apathische, profillose und eingeschüchterte Redaktion des Tages-Anzeigers, hätte nie den Mumm für eine solche konträre Sicht der Dinge.
Die Primarlehrerausbildung scheint schon etwas länger her zu sein. Das damals gepaukte Wissen wurde wohl nicht updated: Die SVP hat schon emotionalisiert bevor Birrer etwas von Trump gehört hat. «Qualitätsjournalismus»?
Treffend. Schön. Lustig. Voll und zurecht auf die Birne.
„Aber“, sagt der Aushilfslehrer, „wir schauen besser noch mal nach, was ‚Whataboutism‘ bedeutet, bevor wir den Begriff womöglich noch falsch verwenden.“