Tata. OneLog ist wieder da

Was lange währt, wird nicht mehr gut.

Am 24. Oktober brach OneLog zusammen. Diese Login-Plattform wird von insgesamt über 40 Online-Portalen genutzt. Darunter auch Tamedia, Ringier und SRG. Ebenfalls dabei sind die NZZ und CH Media, die aber den Dienst noch nicht nutzen.

Die Idee war, durch ein gemeinsames Login die Schweizer Medien gegen ausländische Konkurrenz zu schützen, bzw. ein Gegengewicht zu schaffen. Für die technische Umsetzung war Ringier zuständig. Dessen CEO Marc Walder schnappte sich die Position des VR-Präsidenten: «Der Schritt zum einheitlichen Login ist für die Schweizer Verlage eminent wichtig», flötete er nach der Einführung im Frühling 2021. Natürlich sei das ein Erfolgsmodell mit Hunderttausenden von Anmeldungen, und: «Irgendwann kommt der Punkt, an dem Leser unsere journalistischen Angebote nur noch dann lesen können, wenn sie sich einloggen

Stattdessen kam aber der Punkt, dass sich die Leser überhaupt nicht mehr einloggen konnten. Schlimmer noch: in einem Hacker-Angriff verschwanden sämtliche gespeicherte Daten. Bis heute ist völlig unklar, ob dieses Datenmeer abgesaugt oder schlichtweg gelöscht wurde.

Es ist ebenfalls völlig unklar, wer diesen Angriff ausführte und mit welcher Motivation. Normalerweise verlangen Hacker Lösegeld. Oder aber, sie werden von der bösen Konkurrenz beauftragt. Was hier der Fall ist? Tiefes Schweigen.

Wie es überhaupt möglich war, eine Plattform, deren sichere Datenverwaltung existenziell wichtig ist, zu knacken und ausser Betrieb zu setzen – tiefes Schweigen. Ob die persönlichen Daten der Nutzer nun irgendwo im Netz herumschwirren? Tiefes Schweigen. Das schafft ungemein Vertrauen.

Stattdessen die trockene Mitteilung: «OneLog, das Login-Tool der Schweizer Medien- und Verlagshäuser und ein Gemeinschaftsunternehmen von CH Media, NZZ, Ringier und TX Group, ist wieder verfügbar.»

Nach ganzen elf Tagen, im Internet eine Ewigkeit. Ein Skandal.

Welche Massnahmen ergriffen wurden, um eine Wiederholung der Peinlichkeit zu vermeiden? Tiefes Schweigen. Wie es Ringier passieren konnte, dermassen auf den Rücken gelegt zu werden – tiefes Schweigen. Walder spielt einfach Auster und sagt nix.

Dafür gibt OneLog seinen Nutzern noch gute Ratschläge auf den Weg: «Vorsicht vor Phishing: Ohne ein vorheriges aktives Anstossen des Logins durch die Nutzerin oder den Nutzer versendet OneLog keine derartige Aufforderung per Mail an die Nutzerinnen und Nutzer. Dies gilt auch für die einzelnen Medienmarken und andere Partner (z.B. JobCloud), die OneLog einsetzen.»

Abschliessend endet die Mitteilung mit einem echten Schenkelklopfer:

«OneLog setzt alles daran, seinen Nutzerinnen und Nutzern eine stabile und vertrauenswürdige Umgebung zu gewährleisten und bedauert die entstandenen Unannehmlichkeiten.»

Die bestanden zum Beispiel darin, dass alle Artikel hinter der Bezahlschranke frei zugänglich waren. Bei «Blick+» kein grosser Verlust, aber bei Tamedia schon eher. Ob das Ringier übernimmt? Zudem vertraut Tamedia offenbar noch nicht wirklich auf OneLog. Gegenüber persoenlich.com sagt das Medienhaus, dass es lieber während den US-Wahlen auf das «hauseigene Login» setze. Anschliessend nähere man sich OneLog in Trippelschritten. So viel zum Vertrauen eines der Mitbetreiber.

Die entscheidende Frage beantwortet OneLog allerdings nicht: nach einem solchen Totalschaden – woher soll da das verloren gegangene Vertrauen der Nutzer wieder herkommen? Trust building, das weiss jeder Anfänger im Marketing, ist sowohl zentral wichtig, wie auch extrem schwierig nach einem solchen Riesenflop.

Eine nüchterne Meldung «he, wir sind wieder da, kannst dich mit neuem Passwort wieder einloggen – bis zum nächsten Mal», das kann’s ja nicht sein. Aber im Medienbereich wird halt überall gespart. Auch am Hirnschmalz.

7 Kommentare
  1. Karl Warth
    Karl Warth sagte:

    Mit dem billigen Jakob geht es auch gleich weiter: Rabatt und Sonderaktion. Für eine Zeitung, hinter deren Paywall wir nun 11 Tagr Stumpsinn gelesen haben und uns gelehrt hat, niemals Geld an Tx zu zahlen. Erfolgreichtste Werbung gegen ein Produkt aller Zeiten.

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  2. Karl Warth
    Karl Warth sagte:

    Bei der Gelegenheit hat die Bastion von Anstand, Moral und Qualität die Kommentar- und Likefunktion meines Accpunts abgedreht. Verständlich: Über Wochen habe ich Tages-Anzeiger und deren Journalisten primitivst angegriffen, zwar nicht unter deren eigenem Niveau, aber so primitiv sollte sich keiner verhalten. Sieht Tages-Anzeiger dann auf dem sehenden Auge auch ein. Auf dem blinden Auge werden dann die Kommentare von Kurt Esslinger und R. Geh freugeschaltet. Richtig lustig: Tagi rechtfertigt das mit den engenen Richtlinien, an die sie sich selber nicht halten. Gerade „Kurt Esslinger“ und „R. Geh“ sondern tagtäglich Kommentare ab, die mitunter strafrelevant sind und diametral den zitierten Richtlinien entgegen stehen. Keiner kann mir mehr erzählen „Kurt Esslinger“ und „R. Geh“ seien nicht bezahlt oder engagiert oder Teil der Reduktion!
    Für mich heisst es nun Zweitaccount, wenn nicht zu faul und überdrüssig dafür und davon.
    Vom Thomas Luchsinger, dem legendäre Kommentator, habe ich jüngst gelesen, dass er nicht mehr schreibt, weil es für ihn keinen Wert mehr hat. Fundierte Einschätzungen würden nicht mehr ernst genommen, er werde nur noch persönlich diffamiert, man lege ihm Sachen in den Mund und man liesse ihn nicht mehr darauf reagieren. Und Thomas Luchsinger hat kaum bösartige, zynische oder bittere Kommentare abgegeben. Er war immer grossväterlich wohlwollend, hatte viel von sich geschrieben, liebenswertes und gesundes. Zu viel für den Hort des Anstandes, der Moral und der Qualität.

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  3. Mathias Wyss
    Mathias Wyss sagte:

    Dass die NZZ mitmacht, ist doch erstaunlich, auch wenn sie noch nicht voll dabei ist. Ob sie jetzt einen Rückzieher macht?

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  4. Eveline Maier
    Eveline Maier sagte:

    Gut dargestellt diese schlampige Inkompetenz und das nachfolgende arrogante Aussitzen von Ringier. Wäre eigentlich ein Thema für den Beobachter, dem Schweizer Medium mit Fokus auf Recht und Gerechtigkeit.

    Leider dürfte man auch hier artig schweigen, weil der Beobachter im Besitz von Ringier ist.

    Hoffe man folgedessen auf das ziemlich unabhängige Konsumentenportal Ktipp auf Klarheit. Diese Frechheit braucht doch Antworten. In Japan müsste sich Marc Walder tausend Mal vor Publikum verbeugen für dieses Debakel; hier versteckt man sich einfach unanständig in einem Erdloch.

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