Keine Armleuchter
Wenn der Tagi Leuchten empfiehlt, wird’s dunkel im Portemonnaie.
Marianne Kohler Nizamuddin darf sich im Tagi austoben. Mit Lobhudeleien über Freundinnen, Rezykliertem oder irgendwelchen Trends oder Tipps.
Dafür braucht es nicht viel mehr als ein wenig auf einschlägigen Webseiten surfen, und schon ist die Leserverarsche fertig.
Aufwendig ist das auch bildlich nicht, natürlich kann der Tagi kostengünstig die Produktefotos vom jeweiligen Hersteller übernehmen. So geht moderner Qualitätsjournalismus, gekreuzt mit Schleichwerbung.
Schauen wir mal genauer hin.
Das wäre die «Tischleuchte Seine für Gubi». Kostet schlappe 599 US-Dollar. Das macht aber nix, der Laden liefert sowieso nicht in die Schweiz.
Die beiden formschönen Pilze hingegen sind hierzulande käuflich zu erwerben:
Die geschmackvolle Tischleuchte «Loja» kostet schlappe 756 Franken, das Stehmodell reisst ein Loch von 2285 Franken ins Portemonnaie.
Wie wär’s stattdessen mit diesem «Flowerpot»?
Ist zwar ein Design von 1968 (sieht man auch), und der Designer ist längst tot. Aber warum nicht?
Schliesslich noch die «Hängeleuchte Kite von Panter & Tourron für New Works», und nein, das komische Kunstwerk im Hintergrund ist nicht verkäuflich:
Dafür kosten die drei Lampen zusammen 1128 Hämmer, man gönnt sich ja sonst nix.
Dann noch ein Absackerchen, eine «Futuristische»:
Das Teil heisst «Bagdad» und kostet so viel, wie ein durchschnittlicher Iraker im Jahr verdient, nämlich 399 Dollar. Für Schweizer ist es aber unerreichbar, denn auch die «Futuristische» wird nicht in die Schweiz geliefert.
Wie immer bei Produkteempfehlungen, besonders massiv bei Kosmetika, ist das Problem der Schleichwerbung offenkundig. Nur einige der erwähnten Produzenten werden sich nicht darüber freuen können: sie verkaufen ihre Produkte gar nicht in der Schweiz.
Wir haben also alle Bestandteile, die wahren Qualitätsjournalismus ausmachen. Potthässlich, und/oder schweineteuer – oder gar nicht lieferbar. Halt das, was der verwöhnte Tagi-Leser so braucht. Der sich bei der Lektüre wieder mal denkt: verarschen kann ich mich selber. Wozu soll ich dafür auch noch etwas bezahlen?
Oder anders formuliert: Auf der Bärtschi-Peinlichkeitsskala gibt das eine glatte 14.
Die Zielgruppe sind hier feministische Teilzeit-Publizistinnen, alleinerziehend und verwittwet. in polyamorer Beziehung. Solche Lampen sollten gratis an diese Frauen abgegeben werden – es ist das gute Recht jeder Frau, eine Designerlampe von der Stadt bezahlt zu bekommen!
Oder ist die Zielgruppe Hauser-Süess? Die vermag die Lampen wenigstens und kann vielleicht noch was deichseln, dass man sie in die Schweiz geschickt bekommt.
Anyway. Leute mit Geld, lesen nicht den Tagi für Einrichtungstipps. Tagi imitiert lediglich noch Zeitung und Journalismus und imitiert den Lifestyle-Teil von NZZ und Weltwoche. Das lesen dann auch Leute, die sich solche Lampen leisten wollen. Sofern sie in die Schweiz geliefert werden.
Ich dachte bis jetzt, die Bärtschi-Skala reicht nur bis 10. Ist sie nach oben offen?
Nein, Himmels willen. Er selbst hatte eine 10, inzwischen ist er bei 15 angelangt. Aber andere haben ihn – was ZACKBUM nicht so klar vorhersah – gewaltig überholt.
„Bärtschi“ ist mehr „Spektrum“ als Skala…
Über Geschmack lässt sich trefflich streiten…
Ich finde die im Tagi gezeigten Leuchten interessant, und dass sie sehr teuer sind stört mich nicht.
Strittig scheint mir aber die hier nicht weiter erläuterte Frage, ob es sich bei diesen Publikationen der TX-Group nicht einmal mehr um _bezahlte_ Werbung handelt?
Marianne Kohler Nizamuddin ist eine Art Influencerin, gratis bewirbt sie die Produkte bestimmt nicht, die Frage ist ob der Tagi auch noch mitkassiert.
Mit anderen Worten, der Tagi ist an der Schwelle, noch die «gemeinen» Influenzer zu unterbieten…
„Mit Lobhudeleien über Freundinnen, Rezykliertem oder irgendwelchen Trends oder Tipps.“ Es ist in der Tat so, dass sich der Deppendativ mehr und mehr auch bei schlichten Aufzählungen und nicht bloss bei Appositionen durchsetzt. Also: „Rezykliertes“, „irgendwelche“. Da halt „über“ mit dem Akkusativ daherkommt und zwar bis zum bitteren Ende des Satzes.
Aua.
Stimmt, Meister. Man wird hypersensibel ob des vielen Schwachsinns.
Leider fehlerfrei …
Lehrerzimmergespräche. Gehen wir doch über zu Goethes Sesenheimer Lyrik und dem Schüler Rüdisüli, der wieder recht gut unterwegs ist.
Goethe oder Lenz?
Allerdings ist das dann doch noch ziemlich unfertig vom jungen Goethe:
Ach, wie sehn‘ ich mich nach dir,
Ach, wie teuer bist du mir
Selbst in einem schweren Traum!
Könnte glatt von Kim de l’Horizon sein.
Heiratet endlich..!
Widerspruch, mit Verlaub. Der Dativ kann auch zu «mit» passen, also: Mit Lobhudeleien…, Rezykliertem oder irgendwelchen Tipps und Trends. Vielleicht meinte es der Maestro auch so, aber liess sich dann vom Oberchef B. schulmeistern.
Danke für diese Klarstellung, denn exakt so habe ich den Satz im Artikel gelesen.
Na, und wennschon! Reibung erzeugt Wärme und manchmal ganz erbauliche Dialoge.