Holzhacker-Journalismus

«Tsüri» zeigt: schreiben darf jeder. Können kann’s nicht jeder.

Das Online-Organ «Tsüri» legt sich mit der alten Tante aus der Falkenstrasse an. Am Gerät sind Nina SchneiderPraktikantin Redaktion») und Simon JacobyChefredaktor»).

Das Organ strotzt vor Meinung, seltener vor Kenntnissen: «Was Sanija Ameti erlebt, ist durchtränkt von Rassismus und Sexismus». So soll die Gesinnungsbubble bei Laune gehalten werden. Ausflüge in die Realität sind weniger gefragt. Lieber schreibt man Artikel, deren These feststeht, bevor der erste Buchstabe getöckelt wird.

Auch hier kommt zuerst das Ergebnis, anschliessend versucht der Artikel, ihm nachzurennen: «Unter dem Chefredaktor Eric Gujer arbeitet sich die NZZ regelmässig an Linken und Woken ab, während sie auf der politisch rechten Seite selbst vor rechtsextremen Begriffen nicht zurückschreckt.»

Das erste Beispiel für diese schreckliche Entwicklung liefert die Statistik. Die Häufigkeit der Verwendung des Wortes «woke». Denn: «Woke-Sein, eigentlich eine ehrenvolle Sache, doch der Begriff wird längst von rechtskonservativen Kreisen als Schimpf- und Schmähwort genutzt.» Der Beweis:

Qed, würde «Tsüri» wohl gerne sagen, wenn es Latein könnte. Die NZZ verwendet den Begriff sogar noch häufiger als die «Weltwoche». Merkwürdig nur, dass der Tagi vor der WoZ auf Platz drei folgt. Gibt es da etwas auch schon einen Hang zu rechtsextremer Begrifflichkeit?

Aber zurück zur NZZ, dort ist es ganz schlimm: «Der Einsatz der NZZ gegen jene, die sich für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft einsetzen, zeigt sich auch in diversen Artikeln.» Ein Einsatz gegen Einsetzer; vielleicht sollte man sich weniger um eine diskriminierungsfreie Gesellschaft, dafür mehr um die Beherrschung der deutschen Sprache kümmern.

Zur Beweissicherung greift «Tsüri» auch weit in die Vergangenheit zurück, so zum Beispiel zu einem Artikel vom Februar 2018, in dem sich die NZZ über die gendergerechte Kommunikation an Schweizer Hochschulen echauffierte, oder in den Worten von «Tsüri»: «In ihrem Artikel macht sich die Autorin lustig über die progressive Sprache, die nicht nur die männliche Form nutzt – sie sei unnötig und unschön.»

Dass die Autorin auch kritisiert, dass diskriminierend und notenrelevant gefordert wird, Sprachvergewaltigung mit Gendern zu betreiben, ein lästiges Detail, das besser unerwähnt bleibt.

So gehen schon mal vier Beispiele zum Thema «woke» dahin.

Nun aber, Punkt fünf im Strafregister, geht’s richtig zur Sache: «Pro-Rechts» ist nun der Oberbegriff, Chefredaktor Gujer höchstpersönlich «falle immer wieder mit rechten Positionen und Unterstützung für rechtsextreme Personen auf».

Seine offene Sympathie äussere sich im Titel «Ministerpräsident Höcke, na und? Die deutsche Demokratie hält auch einen zwielichtigen Wahlsieger aus». Ist das aber ein raffinierter Schlingel. Da akzeptiert Gujer doch glatt, dass die AfD in Thüringen die Wahlen gewonnen hat. Wer das tut, ist schon mal im strengen Verdacht des Rechtsextremismus. Dann behauptet er, die deutsche Demokratie vertrage es, wenn der Wahlsieger, wie es Brauch ist, auch Ministerpräsident wird. Und zur Verschleierung schreibt Gujer noch, dass der zwielichtig sei.

Oder mit anderen Worten: was für ein Bullshit von «Tsüri».

Aber das ist nicht alles. Es gibt ja auch den Begriff «Remigration». Der ist pfuibäh, weil: «Die Debatte wurde entfacht, nachdem Correctiv in Deutschland das «Geheimtreffen» von Rechten und Rechtsextremen aufgedeckt hat. An diesem Treffen wurde eine Strategie zur Abschiebung von Migrant:innen entwickelt.»

In Wirklichkeit musste «Correctiv» gerichtlich gezwungen einräumen, dass das weder ein «Geheimtreffen» war, noch, dass dort Strategien zur Remigration diskutiert wurden. Aber lass dir doch Deine Gesinnungsblase nicht durch blöde Fakten kaputtmachen.

Zwei gehen noch. Da geht es um die «Post-Faschistin» Giorgia Meloni, die – wie inzwischen auch immer mehr Politiker in der EU und der Schweiz fordern – das Migrationsproblem mit Auffanglagern ausserhalb der EU lösen wolle. So wie das die dann offenbar auch rechtsradikale EU bereits seit geraumer Zeit in der Türkei tut. Aber auch das ist so ein blöder Fakt, der den Ballon platzen lassen würde. Also lässt ihn «Tsüri» einfach aus. Und das Sahnehäubchen:

«Die liberale Harris wird verspottet, die post-faschistische Giorgia Meloni wird bewundert.»

Dann wird noch vorwurfsvoll hinzugefügt: «Die NZZ-Medienstelle wollte sich trotz zweifacher Anfrage nicht zu diesen Themen äussern.» Da hat «Tsüri» aber Schwein gehabt, denn bei dieser Ansammlung von Verbalinjurien und haltlosen Behauptungen hätte die NZZ auch böse werden können und den Anwalt bemühen.

Aber das Blatt hat richtig entschieden: das ist so blöd, dass eine Reaktion unter seiner Würde ist. Wieso allerdings «Tsüri» diesen strengen Gesinnungsjournalismus betreibt, wo dieser Platz doch bereits von der «Republik» besetzt ist? Oder soll das, wie «Inside Paradeplatz» schon vermutete, ein Bewerbungsschreiben für eine Fusion der beiden serbelnden Organe sein? Kostenfreie Schmiere trifft auf kostenpflichtige. Eigentlich eine gute Idee.

9 Kommentare
  1. K. Meyer
    K. Meyer sagte:

    Nina Schneider und Simon Jacoby. Zwei grosse Kaliber im nationalen wie im internationalen Journalismus. Da muss sich die NZZ warm anziehen.

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    • René Küng
      René Küng sagte:

      Danke Reto
      immerhin lesen sie hässig den Zeyer. Ich schau mir Ihr ‹Züri› gern mal an, was da so erfrischend sein soll. Vielleicht versteh ich Züri dann besser. ‹bajour› erklärt mir auch noch härter als die BaZ, wieso mir Basel zunehmend grüüüselet.

      Immerhin, Ihr Ausflug in die manchmal giftelnde zackbum-Blase hat Balsam gewirkt, Bitterli & Zeyer im Chor – ‹ein bisschen Frieden› singen wir mit.
      Wie schön.
      Und schreiben Sie uns doch mal, was Sie auf zackbum führt und ob Sie manchmal nicht auch hässig sind, wie die Regierenden mit (unser aller) Geld winken, zu den eiernden Medien hin, die sie noch schön schreiben?

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    • Karl Warth
      Karl Warth sagte:

      Sry Reto, aber deine Frische müffelt. Bau dein Züri doch klimaneutral und antifaschistisch um, kein Ding. Und Züri hat lange Tradition darin, sich ideologisch zu verennen. Die krochen schon Toggenburger auf den Leim, als es nich keine Landkarten gab. Mach einfach, Züri. Go for it, mit deinen Hools vom FCZ. Man lacht einfach heute schon in Dielsdorf über eich… Züri = No-go-area. Als erstes werden das natürlich die Frauen zwischen 25-35 merken. Da kommt dann halt kein verlässlicher Aargauer mehr, welcher der Publizistik-Studentin das Träumli von der Familie ermöglicht. Und ein Schweizer Mann lässt sich nunmal nicht mit zwei Katzen kompensieren.

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  2. Petra Hartmann
    Petra Hartmann sagte:

    Zitat: Unsere größte Kundin ist die Stadt Zürich, welche Agenturleistungen und Werbung bucht, sowie zweckgebunden einzelne Projekte fördert.

    https://tsri.ch/a/transparenzbericht-so-finanziert-sich-tsuerich-seit-10-jahren

    Steuerzahlende finanzieren dieses ideologische, linksverdreht und teilweise strafbewehrte Geschreibsel also mit. Man sollte mal nachfragen, wie viele Gelder für was genau fließen. Behörden stehen in der Pflicht, die Steuergelder verantwortungsvoll einzusetzen.

    Die NZZ ist noch eine der wenigen Zeitungen, die sich traut, Ross und Reiter zu benennen.

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