Unter Beobachtung
Die NZZaS setzt ihr Geeier fort. Aber es gibt auch gute Nachrichten.
Zuerst natürlich die schlechten. Wer mit «Der neue Clash der Geschlechter» aufmacht und dazu eine Illustration verbricht, die an Unklarheit nichts zu wünschen übrig lässt, könnte auch gleich schreiben: lies mich nicht.
Der Gag, einen Anriss auf der Front mit einer Illustration zu versehen, hat sich langsam abgenutzt. Und die aktuelle passt wir die Faust aufs Auge:
Hier geht es um Modewörter wie «angefasst» oder «ganz bei dir». Die nerven zwar tatsächlich, aber sie fäusteln nicht. Auf Seite zwei begrüsst einen Beat Balzli mit einem weiteren unverständlichen Editorial. Eigentlich kann der Mann doch schreiben, wieso tut er es dann nicht?
Hingegen ist die traurige Geschichte der Uno-Mission im Südlibanon ein netter Zusammenschrieb, der die ganze Ohnmacht der Vereinten Nationen illustriert und nachzeichnet.
Ob das hier allerdings wirklich eine Seite wert ist?
Kinder imitieren auf allen Vieren Tiere, in Köln ist die Maus von der «Sendung mit der Maus» geklaut worden, beides muss natürlich vermeldet werden. Oder auch nicht. Bei dieser Gelegenheit: Wer diesen Kopf der Seiten designt hat, müsste dem Leser Schmerzensgeld zahlen. Unaufgeräumt, unstrukturiert, Platzverschwendung. Aber wer sich solche Illustrationen leistet, wie sie das ganze Blatt verunstalten, der hatte sowieso einen schweren Geschmacksunfall.
Langsam steigt die Hektik bei der Berichterstattung über die US-Wahlen. Der «jetzt kommt Kamala Harris und räumt ab»-Effekt ist schwer abgetaucht; kluge Korrespondenten wagen keine Prognosen mehr und halten sich lieber an Bewährtes, wie Besuche in den Swing-States:
Immerhin ist’s keine gezeichnete Illustration, aber auch dieser Seitenschmuck ist reine Platzverschwendung. Mitsamt dem Weissraum unter dem Rubrikentitel (wieso immer wieder Kapitälchen in sind?) wird hier eine halbe Seite zum Fenster rausgeschmissen:
Und diese Art von Titeltypo; Weiss auf hellem bis weissem Hintergrund, ruft eigentlich auch spätestens im Lead: lies mich nicht.
Dann eine Seite Porträt Anna Rosenwasser. Für ein FDP-Organ eine mutige Sache, zudem recht wohlwollend. Nur: wenn eine Neu-Parlamentarierin abgefeiert wurde, dann die. Wieso sich nun auch noch die NZZaS hinten in den Umzug einreiht, schleierhaft.
Die NZZaS muss sparen, aber ob die Verwurstung von zwei Gefässen in einem Bund so gelungen vermittelt wird?
Dann die lang erwartete Titelstory. Immerhin, Nicole Althaus beschäftigt sich für einmal nicht mit dem Thema Erotik im Alter. Wäre aber vielleicht besser gewesen. Denn auch nach Lektüre der Doppelseite versteht man nicht wirklich, wieso die Gleichstellung von Männlein und Weiblein gescheitert sein soll, wenn es angeblich bei den Jugendlichen einen «ideologischen Graben, der breiter ist als bei ihren Grosseltern» gäbe.
Aber wir sind beruhigt, in ihrer Kolumne begibt sich Althaus dann wieder auf vertrautes Gebiet:
Allerdings gibt ZACKBUM zu, schon beim Titel ausgestiegen zu sein – nix verstan.
Grossartig ist hingegen – wie meist – das Historische Bild:
Die Story dazu ist einfach spitze. Die Dame wurde von Arbeitern in London angestellt, sie pünktlich zu wecken, damit sie nicht den Schichtbeginn verpassten, was zu grossem Ärger führen könnte. Also benützte sie dieses Blasrohr, um getrocknete Erbsen an die Fenster der Aufzuweckenden zu pusten – während die anderen weiterschlafen konnten.
Diese Tätigkeit fand erst ihr Ende, als sich auch das Proletariat einen Wecker leisten konnte.
Und dann wieder dieser merkwürdige Doppelrubrikentitel, wobei «Invest» niemals einen eigenen Bund hatte:
Komischer Obertitel, schreckliches Symbobild, fürchterliche Illustration. Aber immerhin, die Schrift ist diesmal Schwarz auf Weiss, das tröstet ein wenig.
Auch auf die Gefahr hin, uns zu wiederholen:
Guter Text über den Noch-Milliardär Martin Haefner. Aber grauenhafte Platzverschwendung mit Weissraum und eine nicht minder grauenhafte Illustration. «Geld & Geist», ein Gespenst hat einen Geldsack in den Händen, das Ganze vor grün-pinkem Hintergrundverlauf. Schon wieder: lies mich nicht, lass es.
Und aller schlechten Dinge sind drei:
Hier frönt zudem die so seriöse NZZaS einem Brauch, der im Boulevard gerne gepflegt wird. Ein Knaller-Titel als Lockstoff, der dann aber sofort im Lead zurückgenommen wird: «Doch Fachleute sind skeptisch». Offenbar möchte auch die NZZaS mal Leserverarsche betreiben.
Ach, offenbar will die Kultur die Politik nachmachen und sich hinten im Umzug einreihen. Über das neue Buch vom Grinsonkel Thomas Gottschalk haben sich nun schon alle die Mäuler zerrissen. Nur noch nicht Denise Bucher, also gönnt man ihr das Pläsierchen. Auf Kosten des Lesers.
Das gilt auch für das Interview von Martina Läubli mit dem Schriftsteller Antonio Scurati. Es lässt die schmerzlich grosse Lücke, die der Tod von Umberto Eco hinterlassen hat, bedrückend aufklaffen. Eco hätte nie Flachheiten gesagt wie «Italien hat seine faschistische Vergangenheit nie wirklich aufgearbeitet». Oder er hätte sie zumindest eleganter formuliert …
Dann zerreisst eine deutlich angepisste Bucher den Film «Lee» in der Luft. In Kate Winslets Herzensprojekt spielt sie die amerikanische Kriegsfotografin Lee Miller, deren Bad in Hitlers Badewanne zu einer ikonischen Fotografie geworden ist und deren Bilder vom Zweiten Weltkrieg den Vergleich mit männlichen Fotografen nicht zu scheuen brauchen. «Hauptsache, tough», wird holprig getitelt, Winslet bringe einem den Menschen Lee nicht näher, gegiftet.
Und tschüss.
Man muss sich weiterhin Sorgen machen. Balzlis Editorials sind völlig von der Rolle. Das letzte Redesign kann in teuren Kursen als Beispiel für «so sollte man es nicht machen» verwendet werden. Viele Texte üben sich in Beliebigkeit, was einzelne Trouvaillen nicht rausreissen.
Aber wirklich Brainfood für den Sonntagmorgen liefert die NZZaS weiterhin nicht. Langsam bewundert ZACKBUM die Engelsgeduld von Eric Gujer und fragt sich, ob God Almighty Ladehemmung beim Blitzschleudern hat.
>»wird hier eine halbe Seite zum Fenster rausgeschmissen» …. «Unaufgeräumt, unstrukturiert, Platzverschwendung.»
Wie kann der erfahrene Autor übersehen, dass es doch einfach darum geht, die vorgegebene Seitenzahl zu erreichen?
Platzverschwendung ist da ein simples und effektives Mittel!
Wiederholungen, Dummgeschwätz usw. sind viel anstrengender :-p
Spätestens 2021, als sogar Linksaussen Andreas Tobler vom Deppen-Tagi die «linksliberale Positionierung des Blattes» bejubelte, hätten die Verantwortlichen an der Falkenstrasse diesen Irrweg korrigieren sollen. Doch geschehen ist seither: nichts.
Man schaue sich nur mal die aktuelle Ausgabe an: Stumpf, banal, niveaulos, dabei stets dem links-grün-feministischen Imperativ gehorchend. Vermutlich hat diese Redaktion tatsächlich das Gefühl, sie surfe dabei schampar cool und sexy auf der Welle des Zeitgeists. Man ist bequem eingebettet bei den Guten, den Richtigen. Die Leser möchten schliesslich inspiriert, aufgeklärt, mitgenommen werden.
Eine auffallend schlechte Falle machten dieses Wochenende die Frauen: Ladina Triaca, Nicole Althaus, Denise Bucher, Martina Läubli. Fehlte nur noch Bettina Schulz aus London mit einem ihrer üblichen vergifteten Hassartikel gegen Nigel Farage oder alles, was nicht linksliberallalla ist.