Über die Universalität

Zurück in finstere Zeiten. Aber waren sie jemals heller?

Es gibt viele Länder auf der Welt, die dem dunklen Mittelalter bis heute nicht entronnen sind – oder wieder dorthin zurückfielen. Der Iran ist ein Beispiel für einen solchen Rücksturz in voraufkläerischen religiösen Wahnsinn. Der Freund des Westens, Saudiarabien, ist seit seiner Gründung nie aus wahhabistischer Umnachtung herausgekommen. Von Afghanistan, der schmählichsten Niederlage der USA und ihrer Verbündeten, ganz zu schweigen.

Aber auch auf den wenigen Inseln, wo noch etwas Licht leuchtet, werden immer mehr Lampen abgedunkelt. Hier wird es finster, wenn ein ehernes Prinzip der Aufklärung wieder in Frage gestellt wird.

Das ist 1789 in ewig gültige Worte gefasst worden:

«Die Menschen sind und bleiben von Geburt frei und gleich an Rechten. Soziale Unterschiede dürfen nur im gemeinen Nutzen begründet sein.“
„Das Ziel jeder politischen Vereinigung ist die Erhaltung der natürlichen und unveräußerlichen Menschenrechte. Diese Rechte sind Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung.

Diese 17 Artikel der Erklärung der allgemeinen Menschenrechte in Frankreich  fussen auf früheren Versuchen in dem Land, das bald die Vereinigten Staaten von Amerika heissen wird. George Mason nahm am 12. Juni 1776 den ersten Anlauf, die Scheidelinie zwischen Barbarei und Zivilisation zu formulieren:

«Alle Menschen sind von Natur aus in gleicher Weise frei und unabhängig und besitzen bestimmte angeborene Rechte, welche sie ihrer Nachkommenschaft durch keinen Vertrag rauben oder entziehen können, wenn sie eine staatliche Verbindung eingehen, und zwar den Genuss des Lebens und der Freiheit, die Mittel zum Erwerb und Besitz von Eigentum und das Erstreben und Erlangen von Glück und Sicherheit

Zu den unveräusserlichen Menschenrechten kam hier bereits der «pursuit of happiness» dazu, das Recht, nach Glück in einem umfassenden Sinn zu streben. Das zu befördern sollte bis heute die vornehmste Aufgabe eines gesellschaftlichen Verbands sein.

Nun gab es von Anfang an bei all diesen schönen Erklärungen ein Problem. Das Problem kristallisierte sich im Wort «alle». Oder genauer: wer ist eigentlich ein Mensch? Wer darf diese Rechte für sich in Anspruch nehmen?

Da gab es, in geschichtlicher Stufung, eine stetige Ausweitung der Berechtigten. Waren das zuerst nur männliche Besitzbürger, kamen dann auch Frauen und Besitzlose hinzu. Entschieden schwieriger wurde es mit Fremden. Sind schwarze Sklaven auch Menschen? Wenn ja, dürften sie ja keine Sklaven sein. Gilt das auch für Eingeborene jeglicher Ethnie? In Lateinamerika, in Asien, in Afrika?

Selbst auf den kleinen Inseln der Aufklärung galt das nicht immer, wie zwei Weltkriege im letzten Jahrhundert beweisen. Da wurde der Angehörige nicht mal einer anderen Rasse, sondern einer anderen Nation, einer anderen Religion zum Untermenschen, Unmenschen, zum Feind, Barbaren, zur Horde, zum Tier.

Bis heute haftet diesen edlen Erklärungen etwas zutiefst Heuchlerisches an. Weil sie bis heute keineswegs universell gültig sind. Das mag auch daran liegen, dass das menschliche Mitempfinden nicht universell, dafür sehr lenkbar ist.

Um die 3 Millionen Kinder unter fünf Jahren sterben jährlich an Mangel- und Unterernährung, obwohl die Erde problemlos in der Lage ist, auch 10 Milliarden Menschen zu ernähren. In der Schweiz wird rund ein Drittel aller produzierten Lebensmittel weggeschmissen. Das ist uns, Hand aufs Herz, schlichtweg egal.

Auch bei grossen Massakern und Schlachtereien kommt es ganz darauf an, wo sie stattfinden. In Myanmar, dem Sudan, Äthiopien oder in Eritrea interessiert uns das schlichtweg einen feuchten Dreck. In der Ukraine wird der Tod jedes einzelnen Kleinkinds betrauert. Im Gazastreifen oder neuerdings im Libanon sind tote Zivilisten bedauerliche Kollateralschäden, nicht mehr und nicht weniger.

Natürlich waren solche Erklärungen allgemeiner Menschenrechte, die jeder Mensch alleine deswegen hat, weil er Mensch ist, immer schon deklamatorisch. Ausdruck eines Willens, eines Wunsches, einer edlen Gesinnung.

Als sie die ersten Male formuliert wurden, waren die Kenntnisse, was in all den vielen finsteren Ecken der Welt passiert, viel rudimentärer und fragmentierter als heute. Aber spätestens seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, verstärkter noch durch den Zusammenbruch des sozialistischen Lagers, wurde ihr Anspruch auf Universalität immer lauter formuliert – und eingefordert.

Allerdings zunehmend nur dort, wo es ins politische Kalkül passt. Menschenrechte in Russland, China, Nordkorea, auf Kuba oder in jedem Land, das sich nicht dem Führungsanspruch des westlichen Lagers unterwirft.

Menschenrechte in Saudiarabien, dem Irak, in der Ukraine, im Gazastreifen oder im Libanon? Nun ja, das muss man nicht so eng sehen.

Menschenrechte in Schwarzafrika, in all den entlegenen Ecken Asiens, in Brasilien oder in Ländern, die willige Helfershelfer der USA und Europas sind? Nun ja, wen interessieren schon diese Shithole-Countrys, wie sie Donald Trump immerhin mit ehrlichem Zynismus nennt.

Allgemeine Menschenrechte, die überhaupt nicht allgemein sind. Dazu das hysterische Geschrei um Ausgrenzung, Diskriminierung, mangelnde Inklusion, Respekt vor dem Anderssein, Platz für Hybride, Nonbinäre, Gestörte und Zwangsneurotiker.

Ist es ein Wunder, dass in den meisten Staaten der Welt inzwischen lautes Gelächter aufbrandet, wenn der Wertewesten von der universellen Gültigkeit seiner Menschenrechte faselt?

6 Kommentare
  1. H.R. Füglistaler
    H.R. Füglistaler sagte:

    Menschen sind auch Tiere. Besitzen aber offenbar ein etwas erweitertes
    Bewusstsein. Können fantastische Theorien entwickeln. Erreichen aber nie
    die Schönheit und Eleganz eines Geparden. Trotzdem hat der Gepard
    keine Rechte. Die Erklärung der Menschenrechte, ob französisch oder
    amerikanisch, bleibt eine erstrebenswerte Utopie. Es bleibt aber im Auge
    zu behalten, dass der Mensch ein Tier ist – ein Geldbeuteltier!

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  2. Ruedi Rudolf
    Ruedi Rudolf sagte:

    Doku – Ein Händler mit einem LKW bringt für die Menschen und den kommenden Winter Überlebenswichtige Güter in den Wachan-Korridor. Das war noch bevor die Taliban wieder an die Macht kamen. Lebensumstände wie es sich Wohlstandsverwahrloste nicht vorstellen können, fern ab vom nächsten Lebensmittelgeschäft mit den gut gefüllten Regalen.

    “Deadliest Journeys – Afghanistan: The Wakhan Passage”
    https://www.youtube.com/watch?v=l-Ha_ormWDU

    Automatische Übersetzung Deutscher Untertitel lässt sich einstellen.

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    • Ruedi Rudolf
      Ruedi Rudolf sagte:

      Das einzige was Afghanistan von der islamischen Steinzeit zur heutigen Zeit unterscheidet – sie haben Fahrzeuge, Lastwagen und Autos – Mehr haben sie nicht. Noch immer Leben Menschen in Höhlen ohne Strom und Wasser. Und der Angst vor den islamischen Knechtschaft und Unterdrückung der Scharia Fanatiker, Taliban, Daesh, islamischer Staat (IS) usw, und anderer Korrupter Terroristen welche um die Macht kämpfen. Die unfähig und auch nicht motiviert sind, das eigentlich Reiche Land an Bodenschätzen (Ressourcen), aus der Steinzeit zu führen. Die Islamische Religion verhindert das nachhaltig und konsequent – mit Waffen, Tschihad, Stammesfehden und dem Chef-Recht des stärkeren. Muss das Volk für das Wohl ergehen und Komfort der Taliban bezahlen und bluten, nach dem Motto, wir haben die Macht und uns geht es gut – mehr braucht es nicht.

      In der vorherigen Doku aus dem Bachan Korridor, bringt es ein Afghane auf den Punkt als er sagt: “Auf der anderen Seite der Erde fliegen sie zum Mars, und was haben wir hier für ein armseliges Leben hier in Afghanistan.“ Der Händler mit dem Lastwagen sagt: „Als er vor 15 Jahren das erste mal in den Bachan Korridor Waren brachte, hatten die Menschen nicht mal Seife um sich zu waschen.“ Immerhin durften die Mädchen im Bachan Korridor mit gemäßigtem Islam noch zur Schule gehen. Auch wenn sie zu wenig Schulhefte und Schreibstifte hatten. Und die Frauen keinen Gesichtschleier tragen mussten und arbeiten durften.

      Wie es Heute aussieht im abgelegenen Bachan Korridor, wo die Taliban wieder das Land beherrschen, vor denen die Menschen Angst haben, wer weiß es ob es sich verändert hat? – Seit die USA und Deutschland ihre Demokratie und Regelbasierte Sicht der Welt-Ordnung im Hindukush verteidigt haben und installieren wollten – und sich dabei bis auf die Knochen blamiert haben. Am Ende ist auch den gemäßigten Moslems in Afghanistan, die einbetonierte Religion in den Köpfen wichtiger – wie eine westliche regelbasierte Demokratie.

      Aber noch geht die Geschichte weiter – wir werden sehen, was die Zukunft bringt, nachdem die Russen, USA der Westen gescheitert sind. Vielleicht versuchen es noch die Chinesen, oder es wird sich nichts in der Islamischen Steinzeit Afghanistans ändern, so wie in anderen Ländern mit der Scharia-Religion. Vielleicht sollte man sie einfach in Ruhe und alleine lassen, wenn sie so leben wollen.

      Wer sich für die aktuellen Lebensumstände der Afghanen Interessiert, sollte sich nach der ersten, auch die folgende Dokumentation anschauen.

      Doku: “Afghanistan, Überlebende der Berge”

      Die Städte Afghanistans gehören zu den isoliertesten der Welt. Die Fahrer hier befahren uralte Fahrzeuge und Routen, die sich kaum zwischen Bergen und Schluchten hindurchzwängen können, und Höhen von bis zu 4.000 Metern erreichen. Sie überwinden alles, um ihr Überleben und das ihrer Familien zu sichern – und natürlich gibt es keinen anderen Weg. Schienenverkehr gibt es nicht und Luftfracht ist viel zu teuer, also sind Azathoula und sein Bedford-Truck von 1966 die nächst beste Alternative! – Obwohl gemäß der Tradition jeder Zentimeter des englischen Stahls mit Schichten von Gemälden, Quasten, Spiegeln und anderer kalligrafischer Kunst bedeckt ist – sogar die Türen sind aus Holz geschnitzt. Oben in den Bergen, auf den Dächern der Sammeltaxis, schwanken Menschen, Tiere, Ziegen, Schafe und Waren gefährlich über schlechte verschlammte oder verschneite, vereiste Strassen und Schluchten. In den Fahrzeugen ist die Situation nicht besser, da die Besatzung 20 Personen auf 12 Sitze zwängt. Ali Assan ist einer der wenigen, die es wagen, im Schnee auf dieser schmalen gefährlichen Strecke ins 40 Kilometer entfernte Bergdorf zu fahren, und dafür bis zu sechs Stunden mit dem Hoffnungslos überladenen Kleinbus braucht.

      https://www.youtube.com/watch?v=kudOREqBXaE

      Ps. Die Bedford Lastwagen werden in Pakistan immer noch hergestellt, schreibt Wikipedia.

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      • René Küng
        René Küng sagte:

        Herr Rudolf
        ich weiss, sie haben’s nicht so mit dem Islam.
        Nicht, dass ich ein Anhänger der Taliban-Ideologie, Religion als Machtfaktor, des Schah von Persien, der EU-Leyerin, ihren ‹Schwestern› KKS und Amherd oder irgend einer andern verblendeten Sekte wäre, religiös oder Geld.

        Aber suchen Sie sich mal das alte Silva-Buch über Afghanistan (1970er Jahre). Als die Menschen noch lebten, einfach aber keineswegs Steinzeit.

        Ob Russen (eine Geschichte für sich, wieso die eingriffen), Amis und dazu noch ihre deutschen ‹Freunde› – die radikalisierten Taliban waren immer eine Antwort auf die ‹Ein-‹ und Angriffe anderer Mächte. Mit ihren ‹geo-strategischen› Überlegungen und Kalkül.
        Oder erkunden sie mal, wer die Taliban ‹aufgebaut›, finanziert hat am Anfang….
        Plötzlich kommt ihnen dann Steinzeit, Neuzeit, Barbarei und ‹Zivilisation› gehörig durcheinander.

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        • Ruedi Rudolf
          Ruedi Rudolf sagte:

          Es ist schon klar dass die USA und die Russen in Afghanistan nicht nur Gutmenschliche Interessen hatten, sondern ihren Machtbereich, Ideologie installieren wollten, um Macht, Einfluss, Lebensraum, Ressourcen zu erweitern. Darum dreht sich die Menschliche Geschichte seit es Menschen gibt. Wie Aktuell in der Ukraine mit dem Installierten Stellvertreterkrieg der USA/Westen gegen Russland. Die Geschichte wiederholt sich immer wieder in der Endlosschleife wie in dem Film: “Und ewig grüsst das Murmeltier.“

          Daran wird sich auch nichts ändern – ohne einen grundlegenden Gesinnungswandel und Systemwechsel, weg von der sich am Ende selbst auffressenden unendlichen Wachstums Ideologie, hin zu einer bescheideneren Ressourcen-basierten Politik und Wirtschaft. Gerade im Hinblick auf die non Stopp wachsende Weltbevölkerung, welche die Armut vergrößert und Expansion fordert, werden Ressourcen und Lebensraum immer knapper und umkämpfter. Der utopische illusorische Traum unserer Woken Sozialisten, dass alle Menschen so leben könnten, wie die Goldene Milliarde des Wertewestens, in ihrem Konsum und Verschwendungsrausch ist weder realisierbar noch empfehlenswert. Der egoistische nimmersatte nach Reichtum gierende Mensch, wo jeder das Maximum für sich herausholen will, überfordert unseren inzwischen klein gewordenen Planeten. Die restlichen 7 Milliarden möchten auch so leben wie die goldene Milliarde – vielleicht nicht alle, aber viel zu viele, selig sind die zufriedenen und bescheidenen.

          In Afghanistan war es so, das die USA riesige Mengen Waffen über das muslimische Pakistan nach Afghanistan geliefert hat, welche Pakistan dann ausschließlich an die Muslimische Mudschaheddin lieferte, um die Russen zu bekämpfen. Natürlich ging es Pakistan darum das die Muslime später die Kontrolle in Afghanistan übernehmen können, was dann wie die Geschichte zeigt auch gelungen ist. Indem die Muslime bis auf die Zähne bewaffnet wurden, konnten sie das Afghanische Volk dem Islam unterwerfen. Damit haben die USA zwar den Russischen Kommunismus verhindert, aber selber den Grundstein gelegt, für Islamischen Terrorismus und das die USA nach 20 Jahren in Afghanistan scheiterten.

          Zitat Wiki:

          “Der Krieg in Afghanistan umfasst eine Reihe von zusammenhängenden bewaffneten Konflikten, die seit 1978 in Afghanistan andauern. Im April 1978 kam es zu einem Staatsstreich durch afghanische Kommunisten, der einen Aufstand weiter Teile der Bevölkerung nach sich zog. Im Dezember 1979 intervenierte die Sowjetunion militärisch in dem Konflikt und setzte eine neue kommunistische Regierung ein. Mit der sowjetischen Invasion begann ein zehn Jahre andauernder Krieg zwischen sowjetisch gestützter Regierung und von den USA unterstützten Widerstandsgruppen der Mudschaheddin, der weite Teile des Landes verwüstete. Nach dem sowjetischen Abzug im Februar 1989 setzte sich der Krieg als innerafghanische Bürgerkrieg zwischen der Regierung und den verschiedenen Widerstandsgruppen fort.“

          Wikipedia: “Krieg in Afghanistan“
          https://de.wikipedia.org/wiki/Krieg_in_Afghanistan#Sowjetische_Intervention_von_1979_bis_1989

          Ps. Steinzeit ist auch Heute noch an vielen Orten dieser Welt für viele Menschen die Normalität, wenn man darunter versteht folgende Dinge nicht zu haben – die für uns so selbstverständlich sind – das einige von uns massiv durchdrehen würden, wenn von dem was fehlen würde:

          Kein Strom und Wasseranschluss, keine Kanalisation, kein WC-Badezimmer mit warmem Wasser, keine Heizung, keine asphaltierten Strassen, keine ausreichende medizinische Versorgung, keine Müllabfuhr, usw.

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