Zensur bei Tamedia

Unbedingte Qualität auch beim Umgang mit Kommentaren.

Es geht doch nichts über eine kontradiktorische Auseinandersetzung über ein Thema. Das macht Qualitätsjournalismus im Sinne Bärtschis aus.

Gut, unliebsame Autoren wie René Zeyer haben Schreibverbot, weil die Oberchefredaktorin keine Kritik verträgt und ausrichten lässt, es sei von ihm mehrfach diffamiert worden. Auf die Aufforderung, das mit ein paar Beispielen zu belegen, reagiert sie nicht.

Aber immerhin, der Leser hat doch das freie Wort in den Kommentarspalten, solange er sich an Recht und Ordnung hält. Könnte man meinen. Wird mal gelöscht, weist das die Redaktion transparent aus: «Dieser Kommentar wurde von der Redaktion entfernt.»

Soviel zur schönen Theorie. Die Praxis sieht anders aus. Viele Leser von ZACKBUM schickten Beispiele von Kommentaren, die zwei Dinge auszeichnen: sie sind absolut anständig und publizierbar – wurden aber allesamt zensiert.

Die Autoren kriegten eine immer gleichlaufende Mitteilung, die übrigen Leser kriegten nicht mit, dass hier fleissig die Aktion «saubere Kommentargesinnungsblase» durchexerziert wurde.

Aber offensichtlich werden auch viele Kommentare einfach stillschweigend gelöscht. Dafür lässt sich ein indirekter Beweis führen. Unter dem Schmierenartikel «Die Gefahr besteht, dass Frauen zu Tode gehetzt werden», reihen sich über 130 Kommentare. Ganz abgesehen davon, dass das Machwerk vom Titel über den Inhalt bis zu den Schlussfolgerungen unter jeder Sau ist: hier spielt sich bei den Kommentaren eine lustige, demaskierte Zensur ab.

Das ist so, wie wenn bei frühen Versuchen der Bildretusche ein Arm oder ein Bein einer missliebigen und gelöschten Person stehenblieb. Hier wurden offensichtlich massenhaft ungelittene Kommentare gelöscht. Aber Kommentare, die sich über sie beschwerten, blieben stehen. Denn mehrere Leser kritisieren sie, dazu drei Beispiele:

«Unter den Kommentierenden scheinen lauter Rechte Sellner Jünger, mit Incel Vibe zu sein zu sein. Erschreckend sowas.»
«Wenn ich hier im Tagi die Kommentarspalte unter gewissen Artikeln lese frage ich mich ab und zu auch, ob die Flut an misogynen und Ausländerfeindlichen Kommentaren koordiniert ist.»
«Die bisherigen wenige Kommentare hier lesen sich grad wieder wie eine konzertierte Aktion rechtsradikaler Natur. Hass- und Bedrohungsposts werden als legitim und harmlos positioniert, indem diese als völlig gerecht und verdient dargestellt werden.»

Lustig nur: solche Kommentare gibt es gar nicht (mehr). Nun geböte es anständiger Journalismus, den beiden Autoren Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Allerdings geruhten die beiden nicht – im steten Betreben des Tagi nach Qualität und Anstand – auf einen kleinen Fragenkatalog zu antworten. Also lassen wir das zukünftig.

Da wollte ZACKBUM unter anderem wissen:

Sie zitieren das «Handbuch für Medienguerilla», das Ihnen vorliege. Wieso erwähnen Sie nicht, dass es bereits seit 2017 öffentlich einsehbar ist und lediglich einige dürre Plattitüden enthält?
Sie behaupten, Sanija Ameti stehe unter Polizeischutz. Wieso weiss die Polizei nichts davon?
Sie schreiben, dass Ameti auch Morddrohungen erhalten habe. Konnten Sie entsprechende Belege einsehen?

Ein weiterer Schenkelklopfer ist, dass nicht alle Kopfsalat-Blätter das absurde Titelzitat vom Tagi übernahmen. Einigen schien diese abwegige Behauptung, dass in der Schweiz Frauen zu Tode gehetzt werden könnten, doch zu bescheuert. Sie titelten daher neutraler: «Als wäre die ganze Welt gegen sie».

Hier ist wie in einem Mikrokosmos all das versammelt, was letztlich zum Untergang von Tamedia führen wird. Inkompetente Schreiber. Niveaulose Zitate von einseitig ausgewählten und fachlich zweifelhaften sogenannten Expertinnen. Das Präsentieren eines «Handbuchs für Medienguerilla», das «dieser Redaktion vorliegt». Ohne zu erwähnen, dass es uralt ist, nur Flachheiten enthält und seit 2017 im Netz öffentlich einsehbar ist.

Die Veröffentlichung von Räuberpistolen, die eine gescheiterte Bachelorette der Politik präsentiert – ohne den geringsten Faktencheck. ZACKBUM versuchte bereits vergeblich, sie dazu zu bewegen, Belege für ihre wilden Behauptungen über angebliche Hassmails vorzulegen. Schliesslich die Weigerung, auf eine höfliche Medienanfrage zu reagieren. Und dann die unsichtbare Zensur von Leserkommentaren, wobei die Zensoren so blöd sind, nicht alle Spuren zu verwischen.

Die nachträgliche Stilisierung einer dummen Provokateurin zur Märtyrerin, die von einem rechten Hetzmob verfolgt wird und in Gefahr stehe, «zu Tode gehetzt» zu werden – wieso wanderte das nicht in den Papierkorb?

Da bleiben nur zwei Fragen:

Gibt es im Journalismus irgend ein Qualitätskriterium, gegen das hier nicht verstossen wurde?

Gibt es irgend einen Grund, wieso jemand für den hinter der Bezahlschranke versteckten Schrott etwas löhnen sollte?

Wer länger als eine Zehntelsekunde über die Antworten nachdenken muss, hat ein Tagi-Abo redlich verdient.

12 Kommentare
  1. Rolf Walter Hug
    Rolf Walter Hug sagte:

    Man muss das Ganze komplett anders sehen; Das nicht Veröffentlichen eines Kommentars im TA ist ein Gütesiegel für den Verfasser der entsprechenden Zeilen. Er hat damit bewiesen, nicht ein links-grünroter Gutmensch zu sein. Nur Kommunisten, Hamasversteher, Muslimfreunde, linke Bünzlis, und weitere Leichtmatrosen haben das Recht ihre Meinung im TA zu äussern.

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    • Thierry Blanc
      Thierry Blanc sagte:

      «Er hat damit bewiesen, nicht ein links-grünroter Gutmensch zu sein. Nur Kommunisten, Hamasversteher, Muslimfreunde, linke Bünzlis, und weitere Leichtmatrosen haben das Recht ihre Meinung im TA zu äussern.»
      Wieder einer, der faktenfrei behauptet, der TA sei «links-grünroter» etc.
      Der TA gibt sich ein links-liberales Image, ist aber nachweislich durch und durch neoliberal — und eindeutig auf der USA/NATO Seite. Corona, Ukraine, etc., der TA ist geradezu ein Sprachrohr des deep state/Establishments der USA (der demokratische Flügel). Auch Kritik an Israel findet sich nur in homöopathischen Dosen (wieder US-Linie).
      Den TA als links («linksextrem», etc.) zu darzustellen, findet sich auch bei anderen Schreibern. Wozu?
      Geht es darum, den Mainstream (eindeutig nicht links) als links zu verbrämen und einen Rechtsrutsch zu erreichen, i.e. libertären Ideologien zum Durchbruch zu verhelfen mit noch mehr Schröpfung der Mittelklasse, noch extremerer Umverteilung von unten an das obere Promille, etc.?

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  2. Irgendeiner
    Irgendeiner sagte:

    Nach meiner Erfahrung werden Kommentare, welche auch nur ganz vage die Überlegenheit der Tx-Medien anzweifeln, nie freigeschaltet.
    Was justiziabel sein könnte wird oft nicht freigeschaltet oder nachträglich entfernt.
    Für den Rest ist es weitgehend dem Zufall überlassen, ob es publiziert oder wegzensiert wird.

    Nachdem ich keine Lust mehr habe, 95% der Kommentare für die Katz zu schreiben, habe ich dort gänzlich aufgehört. Und weil der Inhalt dieser Blätter, wie hier ausführlich dargestellt, meist grottenschlecht ist, schaue ich es überhaupt nicht mehr an. Es gibt genug Besseres zu lesen…

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  3. Karl Warth
    Karl Warth sagte:

    Mir fällt auch auf, wie die Moderation im Tragi immer träger wird. Die verbleibenden Kommentatoren, deren Zahl merklich abnimmt, bleiben unter sich, schreiben einander brav „Danke“ und klopfen sich gegenseitig auf die Schulter. Oder gehen einander primitivst zynisch an. Ganz wichtig ist, das Wort „notabene“(das niemand braucht) verwenden, unpassend zynisch finden „Ironie off“ und zentral: Absolut alles in Zusammenhang zu Bundesrat Albert Rösti und der SVP stellen. Völlig egal, ob Inland, Ausland, Umland oder Wirtschaft.

    PS: Sogar der legendäre Kommentator Thomas Luchsinger ist verstummt. Was wohl mit ihm ist? Den Tatort hat er gewöhnlich immer kommentiert. Beim Tagi ist man jetzt nicht sicher, ob er nichts mehr schreibt oder ob nichts mehr publiziert wird, weil Account geblacklistet. Hoffentlich geht es ihm gut, wo auch immer er nun ist.

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    • Irgendeiner
      Irgendeiner sagte:

      Es ist mir auch aufgefallen, dass T. Luchsinger nicht mehr kommentiert. Ich habe erfolglos versucht ihn privat zu kontaktieren und vermute, dass er erkrankt ist.

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  4. K. Meyer
    K. Meyer sagte:

    Es gibt ein ganz einfaches Rezept: Man braucht nur Autogegner, Gender-Affiner, Klima-Apokalyptiker, Corona-Hysteriker, Trump-Hasser, glühender EU-Anhänger oder tapferer Islam-Versteher zu sein, und schon bringt man all seine Kommentare problemlos durch. Seien sie argumentativ auch noch so unterirdisch blöd verfasst. So wie es sich für eine unabhängige Tageszeitung gehört.

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  5. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Anielle Peterhans und David Sarasin versuchen mit Trump ähnlichen Journalismus die bescheuerte Ameti zu «schöntrinken». Fakten verdrehen, unterschlagen, etwas lügen. Solange es der linken Ideologie, der feministischen Solidariät dient lässt der «Qualitätsjournalismus» solche Elaborate zu!

    TA über «Anielle Peterhans deckt schwerpunktmässig gesellschaftspolitische Missstände auf – unter anderem im Bereich Extremismus, Migration und Sexismus». Dabei kann oder will nicht einfachste Dinge recherchieren, eine Nummer wählen und fragen «stimmt diese Darstellung von Frau Ameti?».

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    • Peter Bitterli
      Peter Bitterli sagte:

      „Schönzutrinken“! Nicht: zu „schöntrinken“. Zudem lässt sich die einfachste Tatsache recherchieren, dass das Adverb bei dem vielzitierten (zu?) Spruch zwingend dazugehört: „politisch schöntrinken“.

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  6. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    Linke sind extrem ängstliche Menschen. Werden sie in ihrem flauschigen, warmen Nest gestört, so reagieren sie panisch, bekommen es mit existenzieller Angst zu tun. Schliesslich wird gerade ihr ideologieverhärtetes Weltbild, für sie damit sie selbst, von Aussen in Frage gestellt. Das Gefühl, dabei «zu Tode gehetzt» zu werden, ist unter diesen Umständen nachvollziehbar.

    Das Phänomen von Kommentaren mit Verweis auf angeblich massenhaft vorhandene extremistische Kommentare, welche dann gar nicht (mehr) vorhanden sind, ist beim Tagi seit Jahren zu beobachten. Häufig werden gelöschte Kommentare, welche noch keine Antworten enthalten, nicht ausgewiesen. Und all die Kommentare, welche gar nicht erst veröffentlicht wurden, sind eh nicht der Rede wert.

    Im Tagi kombiniert man diese Abwehrmethode elegant mit von Orwell inspiriertem Geschwurbel: «Vielfalt fördern, Unliebsames aussortieren.»

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    • Ast
      Ast sagte:

      Schade, sind Sie noch im Links-Rechts- Schema gefangen. Aus der Praxis kann ich Ihnen sagen, Angst hat keine politischen Vorlieben.

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