Üble Schmiere
Tamedia mal wieder qualitätsfrei.
Ein krawalliger Titel, darunter ein schlecht recherchierter Inhalt:
Das ist mal wieder Qualitätsjournalismus, wie er Simon Bärtschi vorschwebt. Die «Reporterin beim nationalen Recherchedesk von Tamedia» und das «Vorstandsmitglied bei Investigativ.ch» Anielle Peterhans und der «Redaktor im Ressort Zürich» David Sarasin zeigen mal wieder, was richtige Leserverarsche ist.
Beide wurden schon mehrfach verhaltensauffällig. Peterhans keifte gegen den «Extremistensender Auf1», Sarasin machte sich schon Gedanken zum Thema «Warum wir im Restaurant nicht freundlich bedient werden müssen». Also zwei ausgewiesene Fachkräfte zum Thema Frauenhatz.
Eigentlich wollten wir über die Bachelorette der Politik keine Zeile mehr verschwenden. Aber hier ist sie nur Subjekt einer «Recherche», die alles Elend des modernen Qualitätsjournalismus aus dem Hause Tamedia enthält.
Zunächst die steile Titelthese. Ein Zitat von Natascha Strobl, «langjährige Expertin für Rechtsextremismus in Österreich». Vor allem aber Spezialistin für Anzüglichkeiten: «Heute Früh steige ich in den Aufzug Frankfurt Hauptbahnhof zur S-Bahn. Ein Mann steht drinnen, der mich prompt mit Anzüglichkeiten belästigt. Erst als ich ihn am Bahnsteig anschreie folgt er mir nicht mehr. Es sind Frauen, die Angst haben allein mit Männern im Aufzug zu sein», macht sie sich im Kampfforum für Feminismus Luft, auf X.
Eigentlich ist sie für Österreich zuständig, aber als abgebrühter Medienprofi steht sie gerne für alles zur Verfügung und weiss auch, wie man ein knackiges Titelquote liefert. Zudem leidet sie selbst darunter: «Sie wurde selbst Opfer solcher Hetzkampagnen und hat auch den Fall Ameti beobachtet. «Das Ziel ist es, gewisse Menschen mundtot zu machen und letztlich tatsächlich aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen», erklärt Strobl.»
Das ist die Hefe im Teig, nächster Bestandteil ist «das «Handbuch für Medienguerilla», so der Titel des im Militärjargon verfassten Papiers, das dieser Redaktion vorliegt», es beschreibe «verschiedene Strategien gezielter Online-Hetze». Hui, ein brandgefährliches Rezeptbuch mit ausgefinkelten und vernichtenden Strategien, das sich «diese Redaktion» unter Lebensgefahr beschaffen konnte? Quatsch, es ist seit 2017 (!) öffentlich einsehbar und enthält eine Sammlung von Plattitüden, Allgemeinplätzen und dümmlichen Ratschlägen.
Schon vor Jahren, als es publik wurde, war die vernichtende Meinung darüber einhellig, eine damalige Rezension:
«Vier Abschnitte hat das Handbuch: „Shitposting 1×1“, „Open Source Mimetic Warfare“, „Social Networking Raids“ und „Angriff auf die Filterblase“. Das mag zwar anspruchsvoll klingen, viel steckt aber nicht dahinter. Die angehenden „Medienguerillas“ nehmen vor allem sich selbst sehr ernst und scheinen nur ein vages Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit oder nachhaltiger Meinungsbeeinflussung zu haben. Viele der Tipps sind eher grundlegend: „Natürlich macht es Spaß, Fremde in den Youtube-Kommentaren oder im Hausfrauenforum zu provozieren. Aber wenn Deine Trollerei etwas bedeuten soll, such Dir die richtigen Gegner.“»
Dritter Wirkstoff ist Julia Ebner, «Extremismusforscherin am Institute for Strategic Dialogue (ISD) und Expertin für Online-Radikalisierung». Die «berät Regierungen und Geheimdienste» weiss Tx, sei «undercover bei Extremisten unterwegs» und ist überhaupt ein Tausendsassa, zumindest in der Selbstanpreisung: sie sei «bestselling author, Senior Research Fellow, DPhil, Former Counter Terrorism Adviser». Auf Facebook forscht sie zu «Extremismus und berät dazu u.a. die UN, NATO und die Weltbank». Toll, dass sie Zeit gefunden hat, Tamedia ein paar dümmliche Quotes zu liefern.
Ebners ungeniessbares Buch «Wut» wurde von der «Zeit» in der Luft zerrissen: kriminalistisch wenig spannend, unterkomplex, Ursachen und Ideologien interessierten die Autorin wenig bis nicht, ihre moralische Unerbittlichkeit spiele sich in der Liga Böhmermann ab. Oder in einem Wort: flach.
Also ein uraltes, untaugliches Handbuch und zwei mediengeile Fachkräfte. Einmal umrühren, und fertig ist der Brei. So legen die beiden Autoren los: «Die Online-Attacke gegen die noch GLP-Politikerin offenbarte eine neue Dimension Hetze in der Schweiz, bei der sie von Tausenden Accounts rassistisch und frauenfeindlich beschimpft wurde.»
Nun, die gleiche Ex-GLP-Politikerin behauptete schon mal, dass sie täglich bis zu 100 Hassmails bekomme. Dazu aufgefordert, wenigstens ein paar Dutzend vorzulegen, verstummte sie. Ob sie hier Beweise vorlegte?
Ach, und der «reichweitenstarke Rechtsextremist und ehemalige Kopf der Identitären Bewegung, Martin Sellner» darf natürlich auch nicht fehlen. Allerdings müssen die beiden Recherchiergenies von Tamedia einräumen: «Ob der Angriff auf Ameti tatsächlich nach diesem Muster geplant war, lässt sich nicht eindeutig belegen. Klar ist, dass er dem beschriebenen Drehbuch ähnelt – und auch die Auswirkungen des Shitstorms entsprechen den Zielen, die im Handbuch skizziert werden.»
Dann kommt aber der Höhepunkt der Recherche. Die gescheiterte Provokateurin hat sich ja ein Schweigegelöbnis auferlegt; so gelingt es ihrer eigenen Partei bis heute nicht, mit ihr in einen Dialog zu treten. Aber der Tagi kann’s: «Wie Sanija Ameti gegenüber dieser Redaktion bestätigt, wurde der Shitstorm nach Sellners Einmischung noch heftiger. Insbesondere rechte Akteure auf Instagram bombardierten sie in der Folge mit Nachrichten – darunter mehrere Morddrohungen.» Ob sie die den beiden Investigativ-Cracks vorgelegt hat?
Dann wird wiederholt: «Daraufhin brauchten sie (Ameti, Red.) und ihre Familie Polizeischutz.» Nicht mal Ameti selbst hat das so behauptet (sie sei bezüglich Polizeischutz «in Kontakt» mit der Polizei, sagte sie clever, und genau das und nicht mehr wird von der Stadtpolizei Zürich auf Anfrage bestätigt). Ob die Recherchiergenies dort auch nachgefragt haben, so wie ZACKBUM?
Aber nicht nur das Postergirl der Selbstdarstellung, auch Strobl hat das gleiche Problem: sie «steht heute deshalb nicht nur bei öffentlichen Veranstaltungen unter Polizeischutz, sondern hat auch für ihr Privatleben umfangreiche Sicherheitsmassnahmen getroffen.»
Brüllend komisch ist dann, dass natürlich auch eine Kritik an X, wo sich Strobl regelmässig austobt, nicht fehlen darf: «Spätestens seit Musk Twitter im Jahr 2022 übernommen und die Plattform durch den Abbau von Regeln für Rechtsextreme geöffnet hat, haben solche Dynamiken zugenommen.»
Dann auf zur Schlusspointe: «Trotz aller Bedrohungen setzt Strobl ihre Arbeit fort. Doch sie gesteht: «Es gibt immer wieder Momente, in denen ich mich frage: Lohnt sich das?» Diese Zweifel kenne sie auch von anderen Betroffenen.»
Die Kämpfer gegen Hetze und Hass werden matt und matter, Hass und Hetze stark und stärker. Immerhin, einen kurzen Ausflug gibt es auch ins andere Extrem: «Auch linksextreme Gruppen greifen im Netz zu ähnlichen Methoden, um ihre politischen Ziele zu verfolgen.» Aber Ebner, die Expertin, wiegelt ab: «allerdings deutlich weniger koordiniert».
Zwei nicht gerade überqualifizierte «Expertinnen», ein dümmliches, uraltes und öffentlich einsehbares «Handbuch», ein rechter Spinner, plus der aufgewärmte Fall einer Provokateurin, die halt einen Zacken zuviel drauflegte. Und fertig ist ein Machwerk von fast 10’000 A. Eine Beleidigung für jeden denkenden Leser. Eine Schmiere, die auf jeder Redaktion entsorgt würde, die noch so etwas wie Qualitätskontrolle kennt. Aber Simon Bärtschi kann sich auch nicht um alles selber kümmern.
Oder aber, dieser Verdacht drängt sich langsam auf: er redet zwar von Qualität, hat aber keine Ahnung, was das ist …
Offenbar gehört es auch zum Qualitätsverständnis des Hauses Tamedia, dass die beiden Autoren auf einen kleinen Fragenkatalog nicht zu antworten geruhen.
Plagt mich jetzt nicht so. Die Ameti-Story ist im Publikum klar eingeordnet, auch beim Publikum des Tragi. Da kann noch monatelang Täter-Opfer-Umkehr geschrieben werden, die Meinung ist gemacht. Schmerzt offenbar auf der Tagi-Reduktion. Man hat keinen Einfluss mehr auf Meinungsmache. Da kann man noch so steile Thesen aus der Stadt der Feldherrenhalle übernehmen – der Schweizer Leser ist zu gelassen, zu gesund und zu gescheit. Die Tragi-Reduktoren sollen lieber auf Reduktions-Kosten fressen gehen. Wären die doch mal in die Öpfelchammer sich den Bauch vollschlagen lassen..!
All-you-can-eat als Lokaljournalismus. Passt irgendwie: Wenn‘s im Haus nichts mehr appetitliches gibt, nichts mehr was satt macht, dann hau ich mir eben auswärts meine überbezahlte Tagi-Wampe voll.
Frage an Radio Seldwyla: Stimmt es, dass es bei uns mehr Links- als Rechtsextreme gibt? Im Prinzip schon, aber wir haben mehr Rechtsextremismus-Experten und -Forscherinnen.
TX täte gut daran Ihre Corona-Hetze aufzuarbeiten …Und Ameti täte gut daran, ihre Mitmenschen mit diesem Anstand zu behandeln, mit dem sie selbst gerne behandelt werden möchte. So einfach isses. Experten, my ass.
Bärtschi, Birrer und schon Jahre zuvor hat Supino Qualitätsjournalismus versprochen. Dumm nur die Journis können den Begriff nicht einordnen, verstehen. Anstelle Qualität, reisserische Titel, Behauptungen die nicht geprüft wurden, Mutmassungen, Fakes. Der Niedergang des TA und der RZ geht ungebremst weiter. Einzige Hoffnung mehr KI in den Redaktionen, dann können Schreibgesellen wie Sarasin entsorgt werden!
Sparrunde folgt auf Sparrunde, alle zittern um Job und berufliche Zukunft, die Stimmung auf der Redaktion ist miserabel. Was machen die Tagianer*innen in dieser beklemmenden Situation? Genau: Anstatt sich einen Ruck zu geben, den Fokus auf Qualität, Objektivität und Vielfalt zu setzen, verhärten sie sich noch mehr in ihren Positionen, schotten sich noch extremer ab in ihrer Gesinnungsblase.
Mögen diese anstandslosen Denunzianten aller Andersdenkenden, so feige wie sie sind, keinerlei Werte und Prinzipien haben, so beweisen sie immerhin absolute Treue in ihrer Denkfaulheit.
Worauf dann alles noch steiler, noch rasanter den Bach runter geht. Was folglich diesen Linken als Bestätigung dient, dass die Umstände (ungebildete Medienkonsumenten), das System (Kapitalismus) – einfach generell alle, nur nicht sie selbst, Schuld an ihrer Misere sind.