Grauenhaft

Was passiert, wenn der Brachialpolit-Aktivist und Andreas Tobler aufeinandertreffen? «The Horror», würde Marlon Brando sagen.

Jan Böhmermann ist – gelinde gesagt – umstritten. Ob er sich mittels eines geschmacklosen Gedichts mit dem türkischen Machthaber anlegt, ob er regelmässig offenkundigen Unsinn verzapft wie den, dass ein AfD-Politiker am Oktoberfest eine Runde Champagner mit 200 Flaschen bestellt haben soll – regelmässig ist er in Rechtshändel verwickelt, die er dank der wohlbestückten juristischen Abteilung des öffentlich-staatlichen Rundfunks locker wegstecken kann.

So unterstellte er dem ehemaligen Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik Nähe zu russischen Geheimdiensten. Damit erlitten er (und das ZDF) vor Gericht eine bittere Niederlage; Fake News.

Über den wirren, missionarischen und unausgegorenen Gast-Beitrag Böhmermanns in der «Zeit» urteilte noch der gleiche «Tages-Anzeiger», die Zeilen des sogenannten Komikers hätten «die intellektuelle Schärfe eines Butterbrots».

Nun kommt Böhmermann in die Schweiz, also eine gute Gelegenheit, ihm auf den Zahn zu fühlen. Der Lead in der «SonntagsZeitung» verspricht immerhin: «Im Gespräch nimmt er Stellung zur Kritik an seiner Arbeit». Das ist aber ein leeres Versprechen, so wie die Behauptung Böhmermanns, dass seine Politverarsche lustig sei.

Denn Andreas Tobler (welche Fehlbesetzung für dieses Interview) versucht es nun mit Fragen, weich wie ein gut gewässertes Butterbrot.

Hier kann Böhmermann nun unwidersprochen blanken Unsinn verzapfen. Was passiere bei seinem Gastspiel in der Schweiz? «Wir reichen uns die Hand über den Graben und schauen, was das andere politische Lager so zu bieten hat.» Das hat immerhin einen gewissen Charme einer Realsatire. Denn im Vergleich zu Böhmermann arbeitet selbst Andreas Glarner mit ganz feiner Klinge.

Wie Böhmermann Kritiker seiner Sendung verortet, lässt auch an Realitätsferne nichts zu wünschen übrig: «In Berlin hatten wir bei einem unserer letzten Auftritte eine grosse Demo gegen unser Konzert. Da haben sich Querdenker, Rechtsextreme und Verschwörungsmystiker zusammengeschlossen.»

Aber dann rafft sich Tobler zu einer pseudokritischen Frage auf. Pseudo deswegen, weil er das scheunentorgrosse Loch in Böhmermanns Antwort nicht für eine einzige kritische Nachfrage verwendet. Tobler sagt, natürlich abgedämpft durch «viele nehmen Sie anders wahr», dass Böhmermann ein politischer Aktivist sei:

«Aber das Bild ist falsch. Das «ZDF Magazin Royale» ist nichts anderes als eine sehr gut recherchierte, extrem mühevoll hergestellte, auf Faktentreue bedachte, von vielen schlauen und kreativen Menschen gemeinsam verfasste und aufgeführte Meinungskolumne. Also im Grunde das genaue Gegenteil von dem, was Roger Köppel alle zwei Tage auf seinem «Weltwoche»-Blog rausballert.»

Das tut Köppel sogar täglich, aber das ist der gut recherchierenden, auf Faktentreue bedachten Redaktion um Böhmermann offenbar entgangen.

Aber während sich bei diesem «Interview», das den Namen nicht verdient, zwei Gesinnungsgenossen in den Armen liegen und den Leser in den Schlaf wiegen, hört sich der Original-Böhmermann, wenn er die Hand zu Andersdenkenden reicht, so an:

«Sackdoof, feige und verklemmt
ist Erdogan, der Präsident.
Sein Gelöt stinkt schlimm nach Döner,
selbst ein Schweinefurz spricht schöner.»

Über Maybrit Illner schnödete er, dass die fleissig AfD-Mitglieder in ihre Talkshow einlade, damit sie selbst nach deren Machtergreifung weiterhin eine Sendung habe.

Auch vor billigsten Scherzen schreckt er nicht zurück: «Die letzte deutsche Produktion, die im Ausland so sehr in der Luft zerrissen wurde, war von Messerschmitt

Auch unübertroffen geschmackvoll:

«Nicht immer die Nazi-Keule rausholen, sondern vielleicht einfach mal ein paar Nazis keulen.»

Ebenfalls geschmackssicher: «Die Queen ist tot und auch Putin ist vergänglich.»

Auch vor Resultaten demokratischer Wahlen hat er nicht wirklich Respekt, wenn sie ihm nicht passen: «Wer hat die durchgeknallten, rechtsextremen Corona Leugner in den Reichstag gelassen? Etwa wir alle bei der letzten Bundestagswahl

Es hätte allerdings genug Material gegeben, um «Kritik an seiner Arbeit» zu untermauern. Aber doch nicht Tobler. Der findet auch einen Mordaufruf gegen Köppel ganz okay, sei doch nur ein «Theatermord». Ansonsten kümmert er sich seitenlang um Sprachvergewaltigung und Leserquälung mit Gender-Sternchen und ähnlichem Unfug. Drischt faktenfrei auf die Bührle-Sammlung im Kunsthaus ein. Und interviewt den Bruchpiloten Böhmermann in sanfter Umarmung zweier Gesinnunsgenossen.

Sicher, der arme Arthur Rutishauser als Chefredaktor ohne Redaktion kann sich auch nicht um alles selber kümmern. Aber solchen Schrott hätte er früher nicht in seine SoZ gelassen.

2 Kommentare
  1. K. Meyer
    K. Meyer sagte:

    Selbst die Kommentare der schmerzfreien Tagi-Leserschaft zu diesem staatsalimentierten Primitivling sind nicht besonders freundlich. Und das sagt dann wohl alles.

    Antworten

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