Dokument des Grauens

99 US-Ärzte haben einen offenen Brief an Präsident Biden geschrieben.

Sie beklagen darin «unfassbare Verbrechen Israels in Gaza». Sie tun das aus eigener Anschauung und eigenem Erleben, denn sie haben zusammen 254 Wochen als Ärzte in diesem Kriegsgebiet gearbeitet. Sie unterstreichen, dass niemand von ihnen die Gräueltaten der Hamas unterstützt, die am 7. Oktober 2023 von bewaffneten palästinensischen Gruppen und Einzelpersonen in Israel begangen wurden.

Aber sie fordern, angesichts des unvorstellbaren Grauens, das sie erlebt und gesehen haben, dass die US-Regierung sofort ein internationales Waffenembargo gegen Israel und die Hamas in Kraft setzen.

Was die Ärzte im Einzelnen beschreiben, ist nur etwas für starke Nerven. Natürlich werden diese Augenzeugenberichte von Israel-Verteidigern («das sind die Guten», wie Markus Somm in unübertrefflicher Dummheit behauptet) als Propaganda zurückgewiesen.

Natürlich kann ZACKBUM die Authentizität und Wahrhaftigkeit der Aussagen nicht überprüfen. Es wäre aber höchst unwahrscheinlich, dass sich 99 US-Ärzte dazu verschwören, Lügengeschichten zu verbreiten. ZACKBUM dokumentiert einige Auszüge, der Link zum Original steht oben.

«Dieser Brief und der Anhang liefern beweiskräftige Angaben dafür, dass die Zahl der Opfer in Gaza seit Oktober weit höher ist als in den USA angenommen. Es ist wahrscheinlich, dass die Zahl der Todesopfer in diesem Konflikt bereits über 118.908 liegt, was erstaunlichen 5,4 % der Bevölkerung Gazas entspricht

«Ich habe noch nie so schreckliche Verletzungen in einem so großen Ausmaß mit so wenigen Ressourcen gesehen. Unsere Bomben töten Tausende von Frauen und Kindern. Ihre verstümmelten Körper sind ein Denkmal der Grausamkeit.»
Dr. Feroze Sidhwa, Unfall- und Intensivchirurg, Allgemeinchirurg des Veteranenministeriums

«Fast jedes Kind unter fünf Jahren, das wir im Krankenhaus und außerhalb antrafen, litt sowohl an Husten als auch an wässrigem Durchfall

«Mangelernährung führte zu zahlreichen Fehlgeburten, untergewichtigen Neugeborenen und der Unfähigkeit junger Mütter, ihre Kinder zu stillen. Da es in ganz Gaza keinen Zugang zu Trinkwasser gab, waren die Neugeborenen daher einem hohen Sterberisiko ausgesetzt. Viele dieser Säuglinge starben

«Insbesondere hat jeder von uns, der in der Notaufnahme, auf der Intensivstation oder in der Chirurgie gearbeitet hat, Kinder im vorpubertären Alter behandelt, denen regelmäßig oder sogar täglich in den Kopf oder die Brust geschossen wurde. Es ist unmöglich, dass derart weitverbreitete Schießereien auf kleine Kinder im gesamten Gazastreifen, die über ein ganzes Jahr andauern, zufällig waren oder den höchsten israelischen Zivil- und Militärbehörden nicht bekannt waren.»

«Präsident Biden und Vizepräsident Harris, wir können nicht begreifen, warum Sie weiterhin ein Land mit Waffen versorgen, das diese Kinder vorsätzlich massenhaft tötet.»

«Israel hat mehr als die Hälfte der Gesundheitsressourcen im Gazastreifen zerstört und fast tausend palästinensische Mitarbeiter des Gesundheitswesens getötet.»

«Alle waren sich sehr bewusst, dass ihre Arbeit als Gesundheitsdienstleister sie zu Zielscheiben für Israel gemacht hatte. Dies macht den Schutzstatus, der Krankenhäusern und Gesundheitsdienstleistern nach den ältesten und am weitesten verbreiteten Bestimmungen des humanitären Völkerrechts zuerkannt wird, zur Farce.

Wir trafen in Gaza Gesundheitspersonal, das in Krankenhäusern arbeitete, die von Israel überfallen und zerstört worden waren. Viele unserer Kollegen wurden während der Angriffe von Israel verschleppt. Sie alle erzählten uns eine leicht unterschiedliche Version derselben Geschichte: In der Gefangenschaft wurden sie kaum ernährt, ständig physisch und psychisch misshandelt und schließlich nackt am Straßenrand abgeladen. Viele erzählten uns, dass sie Scheinhinrichtungen und anderen Formen der Misshandlung und Folter ausgesetzt waren. Viel zu viele unserer Kollegen im Gesundheitswesen sagten uns, sie hätten einfach nur auf den Tod gewartet.»

«Herr Präsident Biden und Frau Vizepräsidentin Harris, wir fordern Sie dringend auf, dem Staat Israel unverzüglich Ihre militärische, wirtschaftliche und diplomatische Unterstützung einzustellen und sich an einem internationalen Waffenembargo gegen Israel und alle bewaffneten palästinensischen Gruppen zu beteiligen, bis in Gaza ein dauerhafter Waffenstillstand vereinbart ist, der die Freilassung aller israelischen und palästinensischen Geiseln umfasst, und bis zwischen den beiden Parteien eine dauerhafte Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts ausgehandelt ist.»

Gleichzeitig unterstreichen die 99 Ärzte, dass sie während ihrer Tätigkeit im Gazastreifen in den Spitälern niemals militärische Aktivitäten beobachtet hätten.

Ihre Augenzeugenberichte sind umso wertvoller, da Israel bekanntlich keine unabhängige Berichterstattung aus dem Gazastreifen zulässt; mehr als 140 Medienschaffende sind dort bereits getötet worden, gemäss Reporter ohne Grenzen.

Israels Versuch, die fundamentalistische Terrororganisation Hamas auszulöschen, hat laut diesen Ärzten zu unfassbaren Kriegsverbrechen und Gräueltaten geführt; begangen nicht von der Hamas, sondern von Israel. Stimmt nur ein Teil dieser schweren Anschuldigungen, hat Israel jeden Anspruch auf moralische Überlegenheit verwirkt.

Nach dem brutalen und durch nichts zu rechtfertigenden Überfall, dem Massaker der Hamas an israelischen Zivilisten und Besuchern eines Musikfestivals antwortet Israel offenbar seinerseits mit einem Massaker ungleich grösseren Ausmasses.

10 Kommentare
  1. Bockhorn
    Bockhorn sagte:

    Gibt es keine weissen Tücher in Gaza? Warum eigentlich ist Kapitulation und Geiselfreilassung zugunsten der leidenden Kinder so gar kein Thema? Nicht in Gaza und (interessanterweise!) auch nicht bei uns. Der Krieg in Gaza wäre morgen früh zu Ende, wenn die in der Bevölkerung breitest verankerte Hamas kapitulierte und die seit einem Jahr übelst gequählten Geiseln freiliesse.

    Die Hamas missbraucht die tägllich in die Kamera gehaltenen Kinder zu Propaganda-Zwecken. Derweil logieren ihre Führer in güldenen Suiten am Golf oder verschanzen sich – wie Sinwar – in den viele hundert Kilometer langen und von westlichen Steuergeldern finanzierten Tunnels, in denen die Zivilbevölkerung natürlich keinen Schutz suchen darf. Ihre Rolle ist es, über den Tunnels verheizt zu werden.

    Die einen tun alles, um ihre Zivilbevölkerung zu schützen, die anderen haben mit dem Massaker vom 7. Oktober genau das Drama in die Wege geleitet, das sich heute in Gaza abspielt. Und wieder andere, hier bei uns, spielen willig die ihnen von den Hamas-Schergen zugedachte Rolle der Entrüsteten. Ein aufgrund seiner Zwangsläufigkeit geradezu teuflisches Drehbuch.

    Hier, ein paar tausend Kilometer entfernt, lässt es sich trefflich moralisieren und ratschlagen. Unsere schreibenden Sofa-Strategen glauben wirklich, sie verstünden den Konflikt, die involvierten Mentalitäten und die Risiken besser als jene, die in der Region leben und deren Überleben auf dem Spiel steht. Moralismus und Anmassung gehen Hand in Hand.

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    • René Küng
      René Küng sagte:

      Herr Bockhorn
      Sie fangen mit einem interessanten Gedanken an,
      erkennen das kalte Agieren der einen Seite, die ihre grausamen Anteile von Zynismus durchaus haben,
      dreschen dann noch auf die Moralisten und Sofastrategen ein –
      aber merken Sie auch, dass Sie selber auch ein gerüttelt Mass an Überheblichkeit (hier im Forum), Machtgehabe (Deutungshoheit), traurigem Zynismus (auf fast alle Seiten) darstellen.
      Und wie gross ihr Horizont, Unvoreingenommenheit ist, da ist mir ziemlich viel Parteilichkeit vorhanden.
      Denn die satten und trotzdem (oder erst recht) hypergierigen, feigen, zynischen und ja teuflischen Kräfte, die überall auf der Erde involviert sind wo Krieg&Terror herrscht und zu ALLEM bereit sind um ihre Macht zu halten, erhöhen, noch mehr Profite raffen wollen,
      DIE sitzen anderswo in der Welt.
      Die Hamas oder egal welche als Terrororganisation tätige oder ‹gebrandeten› Gruppierungen in der Welt, sind weder Ursprung allen Terrors noch die schlimmsten Terroristen: DIE sitzen anderswo in der Welt.

      Darüber tauschen wir uns hier aus, um vielleicht irgend wann mal den Mut haben, um zu erkennen, was wir mit den Ungleichgewichten auf dem Planeten zu tun haben.
      Durch Unwissen, nicht wissen können, wollen, dürfen oder durch Gleichgültigkeit.

      Und die Sprüche über Selbsthass und andere ihrer Anmassungen, das halte ich für Schutzbehauptungen, um selber nicht in den Spiegel schauen zu müssen.
      Persönlich und in Bezug auf unser westliches Gehabe und Ansprüche.

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  2. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Wie blauäugig ist so ein Aufruf? Wenn die Ärzte auch nur ein wenig politischer Pragmatismus aufbringen könnten, wäre ihrem Anliegen mehr gedient.

    Ich kenne mindestens zwei militärisch und wirtschaftlich potente Staaten, die gerne und hilfsbereit das Waffenembargo der USA umgehen werden. Wenn kein UNO-Geld mehr fliessen würde, wäre das vermutlich eine ganz andere Geschichte… Aber dann würden ja die ganzen NGOs austrocknen, das darf natürlich nicht geschehen, oder?

    Ich ignoriere die Tragik des Krieges nicht, aber ich verleugne auch die Realität nicht. Schluss mit Taka-Tuka!

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    • Peter Bitterli
      Peter Bitterli sagte:

      Empörung ist negativer Narzissmus. Erschütterung ist virtue signalling auf Top-Level. Wie lange hält denn Ihre „Erschütterung“ jetzt an? Und was haben Sie eigentlich vorher, also vor den ärztlich verbürgten Erschütterungen, vermutet, was so im Bombenhagel passiert?

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      • Simon Ronner
        Simon Ronner sagte:

        «Empörung ist negativer Narzissmus.»

        Wobei Antagonismus, wie Sie ihn hier und bestimmt auch sonst praktizieren, eine Kernkomponente sowohl des grandiosen wie auch des verletzlichen Narzissmus ist.

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          • Ast
            Ast sagte:

            In seltenen Fällen führt der tolle Narzissmus sogar zu hartnäckiger atypischer Echolalie. Manchmal sogar amüsant, aber das wussten Sie natürlich.

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