Immer wieder Sonntag

ZACKBUM war gespannt: wie sieht die erste SoZ ohne eigene Redaktion aus?

Aber eigentlich war die Antwort vorhersehbar: so unanimiert, wie man das in einer solchen Situation erwarten darf.

Der Velo-Unfall von Zürich, Prügel für die inklusive Schule, eine Meinungsumfrage zu AKW. Schnarch. «Die Sex-Skandale von P. Diddy und Al Fayed», eigentlich etwas für den Boulevard. Max Frisch und die Zimtschnecke, hier mieft Aufgewärmtes vor sich hin.

Und Banalitäten als Titel: «Der Tod des Hizbollah-Führers verändert die Kriegssituation». Dabei hätte der arglose SoZ-Leser gedacht, dass das Kriegsverbrechen überhaupt keine Auswirkung haben wird.

Allerdings: was gedruckt wird, ist von mässiger Relevanz. Relevant ist vielmehr, was nicht gedruckt wird. Ein Satz zum Versuch, eine Sonntagszeitung mit einem Chefredaktor, aber ohne eigene Redaktion zu machen? Nix.

Am gröbsten stört aber das finstere Schweigen zu einem Skandal, der sich in Velodistanz der Nicht-mehr-Redaktion der SoZ abspielt. Das Zurich Film Festival, neuerdings bekannt als Zensur Film Festival (ZFF), knickt vor Drohungen und Druck der Ukraine ein und nimmt einen Dokumentarfilm über russische Soldaten an der Front aus dem Programm. Auch wenn die «Weltwoche» schneller war, mindestens ein Interview mit der Autorin oder den renommierten Produzenten des Dokumentarfilms hätte es schon sein sollen.

Aber stattdessen? Wohlfeile Prügel für die Velo-WM in Zürich, zu deren Lobsängern Tamedia bislang gehörte. Ein Loblied auf Albert Rösti, medizinisches Personal aus Osteuropa will lieber in der Schweiz besser verdienen, ein Interview mit einer Tierschützerin im «Fokus», Fehlbehandlungen von Asylsuchenden, «Männer als Monster», ein verzweifeltes Eigeninserat:

Fall Benko, «den Kantonalbanken droht ein Abschreiber in Millionenhöhe», gähn. «Leben & Kultur» macht mit Kammerdienerbemerkungen des Verlegers Siegfried Unseld über seine Autoren (und was diese Primadonnen voneinander hielten) auf. Schnarch.

Dann drei Hämmer: «Zimtschnecken ganz neu gedacht». Sicher der Start einer Serie, als nächstes Gipfeli, Cremeschnitten und Nussgipfel. Dazu die weltbewegende Frage: «Kann man Kühe klimafreundlich machen?» Indem man ihnen das Furzen abgewöhnt?

Schliesslich die Autoseite für den Otto Normalverbraucher:

Ach, und dann noch eine Zugfahrt für den typischen SoZ-Leser:

Wunderbar für Ulrike Hark, dass sie acht Tage in der Suite President verbringen durfte. Aufrecht der Abbinder: «Diese Reise wurde unterstützt von der spanischen Eisenbahngesellschaft Renfe». Noch ehrlich wäre gewesen: Die Publireportage wurde von Renfe bezahlt. Denn sie wäre wohl etwas ausserhalb des Sparbudgets des Schrumpfqualitätsorgans SoZ gelegen. Sieben Nächte in dem Luxuszug kosten schlappe 14’500 Franken für den Alleinreisenden. Wer es sich als Pärchen gönnt, drückt vergleichsweise günstige 16’800 Franken ab. Natürlich inkl. Verpflegung und Ausflüge, exklusive Anreise.

Man dürfte von der aufgelösten SoZ-Redaktion nicht harsche Worte zur Unfähigkeit der Führungscrew von Tamedia erwarten. Noch viel weniger könnte man von der publizistischen Leiter Simon Bärtschi eine Stellungnahme «In eigener Sache» oder so erwarten. Obwohl es der Abonnent der SoZ vielleicht verdient hätte, darüber aufgeklärt zu werden, dass er zukünftig mit dem Einheitsbrei der Einheitsschrumpfredaktion abgefüttert wird.

Vielleicht wäre es auch angebracht gewesen, dafür eine Preissenkung in Aussicht zu stellen. Aber doch nicht bei Tamedia.

Vielleicht hätte auch der Chefredaktor ohne Chef und Redaktion ein launiges Wort darüber verlieren können, dass man ihm die Räder abmontiert hat, nachdem er die SoZ eigentlich hübsch unter Dampf setzte. Man kann und sollte sich auch die Frustration der verbliebenen SoZ-Ressortleiter und Häuptlinge vorstellen. Nach langer Wegstrecke endlich auf der Karriereleiter eine Stufe nach oben geklettert – und zwack, wird die Leiter weggetreten.

Aber passiver Widerstand, Dienst nach Vorschrift, mangelnde Motivation, Lethargie, das tropft dieser SoZ aus jeder Seite. Richtig Spass macht eigentlich nur noch Reiseredaktor; einer der letzten Jobs, bei dem man aus dem Glashaus kommt und sich den Wind der Wirklichkeit um die Nase wehen lassen kann. Sogar in einem Luxuszug, wobei Poirot ausschliesslich den Orient Express frequentierte. Aber Bücherlesen war noch nie so die starke Seite von Reiseredaktoren.

Was bleibt, ist natürlich die Frage: braucht es die SoZ noch? CH Media hat am Sonntag bereits den Schwanz eingezogen. Die NZZaS kann auch nicht so weitermachen wie in letzter Zeit. Der SoBli? Dümpelt, mit gelegentlichen Glanzleistungen, irrelevant vor sich hin. Vielleicht ist die gloriose Zeit der Sonntagszeitungen einfach vorbei.

Bleibt nur die bange Frage: Was macht dann Rutishauser?

24 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Eskalation funktioniert, um nicht das Geleier mit ‹Spaltung› zu bemühen.
    Selbst das Forum im windgeschützten Schweizer Honigtopf ranzt sich gegenseitig an, grenzt sich ab, der Bleistiftspitzer Bitterli ganz unpoetisch in fäkalischen Tiefen.
    Goht’s no?
    Ihr seid keinen Sch….. besser, wenn ihr nur eine Handbreit näher gegen das noch entfernte Elend dieser Welt driftet. Den Rest dieses dünnen Katzengold-Lacks mit Bergtal-Horizont haben wir schon 20 / 21 erlebt.

    Wo bleibt die Kleiderordnung nur schon dem Chef gegenüber?
    Oder eine kleinste Ahnung, dass wir in unserm Land auf tausend Arten vom Abgepressten der Beschissenen (für Medien-Verblendete: Erdöl, andere Rohstoffe und Fluchtgelder) im SchlafAffenland leben dürfen.

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  2. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Ich denke auch, Israel hat mit den eigenen Terroranschlägen im Libanon die Büchse der Pandora geöffnet und wird sie vermutlich nicht mehr schliessen können. Offenbar sind die Israelis vollkommen davon überzeugt, dass sie siegreicht bleiben werden. Hoffen wir es für sie und die Welt.

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    • René Küng
      René Küng sagte:

      Herr Kirschke,
      Terror soll sieg reicht bleiben?
      Für welche Welt hoffen Sie – für die der ‹Guten›, die weitere Jahrhunderte alles unter dem Stiefel halten sollen?
      Weil die andern wahrscheinlich noch viel übler wären?

      Ein schöner Montag heut.

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        • Ruedi Rudolf
          Ruedi Rudolf sagte:

          Warum nicht? – Wenn der Gegner einem keine andere Wahl lässt, als den Gegner mit seinen eigenen Waffen und Doktrin zu schlagen.

          Was ist eine Regelbasierte Weltordnung? – Wer macht die Regeln? – Und wo stehen sie geschrieben? – Sind es die ständig nach Gusto zum eigenen Vorteil änderten Regeln der noch goldenen Milliarde des Wertewestens? – Und die Restliche Weltbevölkerung, Mehrheit von 8 Milliarden hat zu gehorchen? – Demokratie (Diktatur) der Minderheit? – Der illusorische Traum von Globalisierung und einer Weltregierung in einer Welt der Vielfalt? – Die Regelbasierte Weltordnung der Wahnsinnigen mit flexiblen Regeln?

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  3. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    P-S, Bärtschi, Birrer haben Rutishauser wahrscheinlich einen Maulkorb verpasst und er kuscht. Dafür gibt er im Editorial den Radsportverbänden den Tarif durch:
    Rad-WM: Jetzt ist fertig mit «immer schneller».

    Das ist der typische Werdstrassenjournalismus. Nach aussen treten, mahnen, zurechtweisen, nach innen buckeln. Die Courage reicht nur noch für einen «Hosentelefon-Aufstand».

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    • René Zeyer
      René Zeyer sagte:

      Wer eine regelbasierte Weltordnung bei einem «Stück Scheisse» über Bord wirft, bei dessen Erledigung einige weitere Menschen, aka «Stücke Scheisse», ermordet wurden, hat jeden Massstab und jeden Halt im Leben verloren.

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      • Peter Bitterli
        Peter Bitterli sagte:

        Die „einigen weiteren Menschen“ gehen auf das Konto des Stückes Scheisse, das sich bewusst und perfid seine Latrine genau dort gebaut hat, wo möglichst Viele mit betroffen sind, damit er seine regelbasierte Weltordnung noch lange aufrechterhalten kann. Und das soll man dann mitmachen? Ad infinitum, wie der Kubaner sagt?
        Im übrigen können Sie bei Gelegenheit darüber reflektieren, inwieweit es für den regelbasierten Dialog zwingend nötig ist, auf den Hinweis auf Verpeiltheit mit Beleidigungen zu reagieren.

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          • Peter Bitterli
            Peter Bitterli sagte:

            Ach, der Herr, der gern sich Gäste lädt, weil es ohne ja gar nicht geht, diszipliniert mittels Hausrecht. Jetzt wird‘s bizarr.
            Aber ich lese gerade in der „Bild“, dass Trampolinchen Anna-Lena Ihre Auffassung teilt. Alles klar.

          • René Zeyer
            René Zeyer sagte:

            Mich mit Baerbock vergleichen, das nehm› ich dann persönlich. Aber Sie schnallen es nicht: Sie dürfen doch ranzen, werden nicht diszipliniert, sondern vorsichtig an den gesunden Menschenverstand herangeführt. Leider vergeblich.

    • Petra Hartmann
      Petra Hartmann sagte:

      Finde Ihre teilweise unsachlichen und personifizierten Kommentare, echt sch…

      Ein Gast ist nur so lange König, wie er sich auch, wie ein König verhält 🧐

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      • Peter Bitterli
        Peter Bitterli sagte:

        Ach, Petra, ich bin doch genau dazu hier, Sie zu stören. „Aus der Komfortzone holen“ nennt das die Mitarbeitendin der Erwachsenenbildung. Aus der Blase halt. Stellen Sie sich vor, wie langweilig es Ihnen würde, wenn Sie hier immer bloss auf Paula treffen würden.

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        • Petra Hartmann
          Petra Hartmann sagte:

          Ich schätze andere Meinungen sehr. Es belebt mein Geist und manchmal lasse ich mich auch überzeugen. Konstruktive Kritik ist erwünscht, d r Ton und die Wortwahl ist halt doch die richtige Musik.

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    • Oliver Brunner
      Oliver Brunner sagte:

      Anderen Blättern Uninformiertheit ums Maul streichen, aber selbst höchst ahnungslos sein. In Syrien, Libanon, Irak tanzten Maroniten, Drusen, Schiiten und andere Leidgeplagte auf der Strasse. Narallah war direkt verantwortlich für den Tod von Zehntausenden (allein in Aleppo hat er wir ein Berserker gefoltert und gemordet). Unser libanesischer Mitarbeiter ärgert sich grün und blau über die Berichterstattung in Deutschland und der Schweiz. Er macht folgenden Vergleich. Das wäre wie wenn die Albaner, die hier wohnen, Hunderttausende aus Albanien in die Schweiz brächten, eine eigene Armee aufbauten, die Einheimischen terrorisierten, Wohnhäuser zu Raketenabschussrampen umbauten und Österreich als Aggressor, die haben vor Wien die Muslime abgewehrt, den Krieg erklärt. Wenn SRF treudoof fragt, wer kann nach Nasrallah die Führung übernehmen, ist in etwa so, wie wenn man gefragt hätte, wer kann nach Adolfs Tod nun die NsdAP erfolgreich weiterführen?

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      • Beth Sager
        Beth Sager sagte:

        Zur Erinnerung:

        Kann sich noch jemand an die Bilder aus dem Nahen Osten erinnern, wie die Menschen gejubelt haben, als am 11. September 2001 zwei Flugzeuge ins World Trade Center gestürzt sind?

        Viele Millionen haben sich überschwänglich gefreut.

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          • Armin Eichenberger
            Armin Eichenberger sagte:

            Hier ein Zusammenschnitt von CNN, Fox, MSNBC. Video wurde erst vor zwei Wochen hochgeladen auf youTube, damit dieser wichtige Aspekt nicht vergessen geht. Offenbar haben damals auch Muslims in Kanada, Holland und Nigeria gefeiert. Dieser Clip sollte jedes Jahr am 11.September gezeigt werden.

            https://www.youtube.com/watch?v=04_qfj8921I

          • Ast
            Ast sagte:

            @A.Eichenberger: Diese Bilder von angeblich feiernden Palästinensern sind längst debunkt:

            https://archive.nytimes.com/www.nytimes.com/politics/first-draft/2015/11/24/the-video-of-celebrations-that-was-broadcast-on-911/#:~:text=Video%20does%20exist%20of%20people%20celebrating

            Wirkt wenig überzeugend und CNN, FOX und MSNBC haben während 9/11 in etwa so seriös berichtet wie man eben an der Heimatfront berichtet. Damals ging es darum die Gesetze zu rechtfertigen die schon in der Schublade bereitlagen (Homeland-Security).
            Das heisst natürlich nicht, dass hier und da gefeiert wurde, nur die Bilder dazu fehlen und somit sind die von Fr. Sager genannten «vielen Millionen die sich überschwänglich freuten» wohl einfach leere Behauptungen (Nichtwissen) oder je nach Intention sogar böse Unterstellung. Aber es zeigt wieder einmal gut, dass man die grössten Lügen implementieren kann, wenn man sie oft genug wiederholt.

            Und wer das 9/11-Narrativ so glaubt, wie von den MSM verbreitet, sollte sich besser informieren, z.B. über die angeblichen Anrufe Angehöriger aus den angeblich entführten Flugzeugen (physikalisch unmöglich) oder sprechen Sie mal mit Fachleuten aus der Aviatik zum Flugverhalten der angeblich entführten Flugzeuge (physikalisch fast unmöglich), dort ist die Meinung ziemlich gemacht oder die seltsamen Passagierlisten oder, oder

          • Bet Sager
            Bet Sager sagte:

            Danke Ruedi Rudolf, ein sehr eindrückliches Video, das in etwas mehr als 9 Minuten sehr zum Denken anregt. Ruhig, inhaltsreich und offen vorgetragen.

            Ja was haben die reichen, korrupten Hamas in all den Jahren investiert, mit den Milliarden $$$ an Spendergeldern? In ein hoch entwickeltes Tunnel-Netzwerk.

            Ich empfehle auch, sich Fotos anzuschauen, wie der Libanon aussah, bevor die Islamisten das Ruder übernahmen. Bis in die sechziger Jahre galt Beirut als das Paris des Nahen Ostens. Dann verlor die christliche Mehrheit die Kontrolle und das Land kippte ins Chaos. Heute ist der Libanon ein besonders eindrückliches Beispiel, was passiert, wenn der Islam regiert.

            „Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kupeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten“. Aussage von Recep Erdoğan im Jahre 1997; er war damals Bürgermeister von Istanbul.

            Gut dargestellt in diesem Video: «In diesem Konflikt geht es nicht um Land, es geht um Werte. Dschihad, Gewalt und Tod. Auf welcher Seite stehen Sie?»

        • Ast
          Ast sagte:

          Und noch zur Ergänzung: eines meiner antizionistischen Familienmitglieder im mittleren Osten hat zur Ermordung von Nasrallah gesagt: «ein Arschloch weniger». Andere äussern sich ähnlich differenziert.

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