Die Bschiss-Blase

Der Tagi in der Tradition der Tulpenzwiebeln.

Die grosse Tulpenmanie platzte Anfang Februar 1637. Das war die Frühform der Spekulationsblase in der Wirtschaft.

In modernen Zeiten gibt es Spekulationsblasen in den Medien. Sie tragen normalerweise Namen wie «Leaks», «Papers» oder «Secrets». Das ist Schönsprech für das Ausschlachten von Hehlerware, gestohlenen Geschäftsunterlagen. Das sind die modernen Tulpenzwiebeln.

Wie beim Klassiker wird hier ein Riesengeschrei veranstaltet, Worte wie Skandal, Verbrechen, Enthüllung, Kriminelle, Diktatoren, Potentaten und natürlich Blutgelder, Räubereien, Steuerhinterziehung herumgeworfen.

Damit wird diese Blase aufgepumpt und aufgepumpt – bis sie meistens mit einem üblen Verwesungsgeruch platzt. Dann gehen alle nach Hause und jammern auch schon mal gerne über einen «Skandal, der keiner wurde». Weil nach der ewigen Wiederholung selbst die dümmsten Tulpenzwiebelkäufer doch mal die Schnauze voll haben.

Also öfter mal was Neues; immer nur Zwiebeln ist auch langweilig. Di neuste Blase heisst «Bschiss». Da wird zurzeit kräftig gepumpt:

Skandal, gefälschte Unterschriften, «die Linken fordern Maßnahmen», was denn sonst. Im Rahmen des modernen «Digital Storytelling» hat der «Tages-Anzeiger» gleich eine ganze Rubrik eingeführt:

Hinter diesen vier Anrisse verbirgt sich noch ein ganzer Eisberg von weiteren Artikeln:

Politiker sind «sehr schockiert», «Das ist ein Fiasko für unsere Demokratie», der eigene Bauchnabel darf nicht fehlen «Unsere Autoren erzählen, wie sie den Unterschriften-Bschiss enthüllten», dazu Interviews, der Chef der Unterschriftensammler «redet», ein «Campaigner» darf seine Konkurrenz schlecht machen, die Bundeskanzlei rechtfertigt sich.

Offenbar gehört es zum modernen digitalen Storytelling, die gleiche Story gleich mehrfach aufblitzen zu lassen:

Eigentlich sind hier fast alle Artikel doppelt gemoppelt, das soll dem Thema wohl mehr Gewicht geben, ärgert aber die Leser des Qualitätsorgans ungemein.

Die Spitze des Eisbergs, also das, was auf der Homepage thront, ist allerdings nicht mehr so ganz taufrisch. Von den vier Werken stammt das älteste vom 2. September, das jüngste vom 7. Dazwischen einer vom 5. und einer vom 6. dieses Monats.

Da ist viel Lärm, ist da auch viel mehr als nichts? Das ist bis heute die ungelöste Frage, die auch 8 Tage nach der grossen «Enthüllung» noch nicht beantwortet ist. Denn wie hiess es so schön im Startartikel: «Laut Insidern stimmt die Schweiz über Vorlagen ab, die unrechtmässig zustande kommen.»

Das ist verdächtig ähnlich wie bei den ganzen «Leaks»-Blasen. Da wurde aus dem Zusammenhang bekannter Name, Holding oder Trust auf einer kleinen Insel, sofort insinuiert, dass es da nicht mit rechten Dingen zugehen könne. Der Vorteil war: meistens waren die Betroffenen weit weg (oder schon gestorben). War’s näher, zum Beispiel im Fall von Gunter Sachs selig, mussten die Enthüller zurückkrebsen, da sie ihren Vermutungs- und Unterstellungsjournalismus natürlich nicht belegen konnten.

Ähnliches Problem bei der «Bschiss»-Blase. Bislang gibt es Behauptungen, ein paar Anzeigen, Staatsanwaltschaften ermitteln – aber, wie in der SoZ aus dem gleichen Hause richtig zu lesen war: «Es liegen keine Beweise vor».

Blöd aber auch. Denn das ist wie eine Nadel in der Blase. Die wird aufgepumpt mit einer Vermischung von ungültigen und gefälschten Unterschriften, plus der angezweifelten Methode des Kaufs von Unterschriften. Einmal umrühren, fertig: ungültige werden mit gefälschten vermischt, Insider behaupten, eine Sammelfirma wird aufs Korn genommen, fertig ist der Skandal. Die Blase.

Dass die Bundeskanzlei sagt, dass sie schon lange untersuche und bislang noch keinen Anlass für den Verdacht habe, dass Initiativen unrechtmässig zustande gekommen seien – von solchen blöden Zwischenrufen lassen sich die Recherchiercracks des Tagi doch nicht die Laune verderben. Das sind sie von den Leaks-Blasen her gewohnt, dass gestänkert wird.

Sie sind auch gewohnt, dass dann mal die Luft raus ist aus der Blase. Aber he, solange die Pumpe noch funktioniert …

3 Kommentare
  1. Karl Warth
    Karl Warth sagte:

    Heute „hagelte“ es „jetzt“ „Vorstösse“, gemäss Tragi. Irgendein Student sollte jetzt seine Arbeit über die verursachten Kosten dieser Medienkampagne schreiben. Wie viel Steuergeld eine zweitklassige Tages-Zeitung mit einer Geschichte vernichten kann, Politiker aktivistisch vermeintlich unter Zugzwang sieht und wieviel Sitzungsgeld, Arbeitszeit, Papier und Energie bereinigt für etwas draufgeht, das nichts ist… Oder nein, ich will es gar nicht wissen.

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  2. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Des Pudels Kern ist doch, dass die Bundeskanzlei nicht in der Lage ist, elementare Regeln unserer direkten Demokratie zu übewachen und versucht hat, das zu vertuschen. Dies Unfähigkeit musste von dritten an den Tag gebracht werden. Digitalisierung in diesem Bereich, wie von den Sozialisten gefordert, wird Missbrauch nur noch einfacher machen, das haben ja diese lächerlichen «digitalen» Corona-Zertifiikate gezeigt. Das würde sich erst ändern, wenn die CH eine fälschungsichere digitale Bürger-ID hätte. Davon sind wir jedoch noch viele Jahre entfernt, wenn überhaupt noch ernsthaft daran gearbeitet wird.

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    • Karl Warth
      Karl Warth sagte:

      Erst gestern hatte ich wiedermal an die E-ID gedacht und was damit eigentlich ist… Seit KKS grandios aufgelaufen ist mit ihrem Furz, dieses offizielle Ding Privaten zu überlassen hat man nicht mehr gehört, jedenfalls ich… Höchste Zeit, dass dieses verfluchte ‚One-Log‘ der Medienbande und ‚Swiss-ID‘ des Mobs aus Post und SWICA abgelöst wird. Die haben frech Pseudo-IDs gegen den Willen der Bevölkerung, ihrer Clienten und Leser eingeführt und dem Bund scheint das ganz recht zu sein.

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