Qualität à la Tagi

Nehmen wir «Prawda»-Bärtschi beim Wort und überprüfen das Niveau online.

Fokus, Synergie, Strategie, Stärkung, schwafel, schwurbel. So hört sich die schöne, neue Welt des angeblichen «Leiter Publizistik» bei Tamedia an. Machen wir doch einen kleinen Faktencheck; lassen wir Simon Bärtschis Wortblasen an der Realität zerplatzen.

Nehmen wir einige Müsterchen des Qualitätsjournalismus des Hauses Tamedia:

Das ist nun selbst für Leser mit Alzheimer etwas starker Tobak. Gleich zweimal nebeneinander stellt sich für Wawrinka die Sinnfrage. Und für den Leser die Frage, wieso er für solchen Schrott etwas bezahlen sollte.

Das gilt auch für die gesamte Auslandberichterstattung:

Nein, lieber Leser, da ist nichts von der «Süddeutschen Zeitung» übernommen, ätsch. Aber alles von der deutschen Nachrichtenagentur DPA. Denn es zeichnet doch eine «präzise Einordnung der politischen Aktualität» aus, dass eine Auslandredaktion fast alles aus München übernimmt, falls sie es nicht per copy/paste von Nachrichtentickern abschreibt.

Ganz anders sieht es im Kompetenzzentrum «Wirtschaft» aus, das sich zwar um Pipifax kümmert, aber den abrupten Wechsel auf dem Chefsessel von Nestlé ungerührt als Meldung verkauft. Dazu passt:

Nein, lieber Leser, auch hier ist kein Artikel aus der SZ. Auch nicht alle von der DPA. Sondern nur einer, ätsch. Die anderen sind von der SDA. Eigenleistung auf höchster journalistischer Ebene: null.

Dann probieren wir’s doch beim «Panorama», das ist eigentlich der Spielplatz jeder Redaktion, die sich dem Schlachtruf verschrieben hat: «Die Qualität steht für uns zuoberst.»

Hier, lieber Leser, zeigt sich, wie sich Tamedia «in den Redaktionen auch noch mehr Gedanken dazu macht, welche Art von Journalismus Sie von uns eigentlich erwarten». Resultat: zwei Meldungen von der DPA, eine von der SDA und (endlich) ein Gurken-Beitrag aus der SZ. Eigenleistung null.

Jetzt aber, wenn es einen Ort gibt für höchste Ansprüche, wo geistige Hochspannung und tiefes Denken geballt auftreten, dann bei der Kultur.

Tatsächlich, der Zusammenschrieb über das Zusammengehen der Oasis-Brüder stammt vom Urgestein Peter Nonnenmacher aus London. Heureka, die erste Eigenleistung. Aber schon das Interview mit Kevin Costner ist ein Fremdbeitrag von Stefan Aust und Martin Scholz. Dafür sind die «Streaming-Tipps im August», immer aktuell, sogar gegen Ende August, die Kollaboration von vielen starken Kräften:

ZACKBUM möchte nicht verabsäumen, auf die Qualitätsserie «Elif x Tagi» hinzuweisen, wo der Leser in die Geheimnisse eines knusprigen «Su Börek» eingeweiht wird. Und als Absackerchen gibt es noch die «aufwühlende Geschichte von Flo-Jo», die nun wirklich niemanden interessiert, und die deshalb ganz zuunterst auf der Homepage verstaut ist..

Tja, da bleibt der Leser doch leicht ernüchtert zurück und fragt sich, ob er eine ganz falsche Vorstellung von Qualitätsjournalismus hat. Er kann aber beruhigt werden: nein, hat er nicht. Er wird bloss von Bärtschi und Tamedia gründlich verarscht. Ein sehr nachhaltiges Geschäftsmodell, eine überzeugende neue Strategie. Mach deine Kunden so richtig sauer, dann kaufen sie dir dein Produkt ab.

2 Kommentare
  1. Oliver Brunner
    Oliver Brunner sagte:

    Das sollte man als Beilage an jeden Tagi-Abonnenten verschicken. Alles, für das Du bezahlst, könntest Du auch kostenlos haben…

    Antworten

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