Was guckst du?
Der Tagi durchschlägt mal wieder die Dämlichkeitsschwelle nach unten.
«Auf die Art des Blickes kommt es an.» Diesen neuartigen Blick-o-Meter hat Beat Metzler vom Tagi entwickelt. Er hat sich bereits über «rassistische Häusernamen» echauffiert, natürlich über das rassistische Wort «Mohr», vom Mohrenkopf ganz zu schweigen. Gerne möchte er Auftritte von Roger Waters verbieten (wie sein Bruder im Ungeist Andreas Tobler solche von Rammstein).
Also ein richtiger kleiner Torquemada, ein Gernegross der Zensur, ein Gralshüter der richtigen Lebensart. Diesen Springteufeln der Denunziation von ihnen unliebsamen Verhaltensweisen ist es eigen, dass sie sich immer mehr ins Delirium steigern – wenn sie nicht gebremst werden. Und im Tagi bremst niemand.
Aktuell haben es Metzler lüsterne Männerblicke angetan. «Eine Frau nervt sich über zwei Männer, die von aussen in die Zürcher Frauenbadi beim Bürkliplatz starren», hebt er an. Er gibt also ein subjektives Empfinden einer Person wieder und erhebt es zum moralischen Gesetz.
Anschliessend nervt sich Metzler über Männer, die sich in Kommentaren über solche Frauen nerven und behaupten, «man wird doch wohl noch ein bisschen schauen dürfen». Darf man nicht, donnert Metzler:
«Dabei würden viele Männer den Blick, den sie Frauen zumuten, selber gar nicht ertragen.»
Das ist nun etwas unlogisch und dunkel, denn wie sollen sich Männer mit demselben Blick selber anschauen? Aber gut, Logik war noch nie die Sache von Moralaposteln auf dem Kreuzzug.
Denn selbst hinter harmlosem Glotzen enttarnt Metzler das ganze männlich-chauvinistische Elend unserer Gesellschaft: «Für das Problem gibt es einen englischen Ausdruck: «male gaze». Dieser «männliche Blick» reduziert Frauen auf Brüste und Hintern. Er nimmt den weiblichen Körper als Objekt wahr, das Männer optisch geniessen und erobern können. Der «male gaze» ist Ausdruck einer Gesellschaftsordnung, in der Männer mehr Macht haben und es als männlich gilt, Frauen zu begutachten.»
Niemals würde eine Frau einem knackigen Männerpopo einen lüsternen Blick zuwerfen. Niemals sollten Männer Frauen lüstern betrachten, die niemals nicht solche männlichen Blicke geniessen könnten.
Noch verzwickter wird die Sache dadurch: «Für Hetero-Männer gibt es unter Männern nichts zu schauen. Umgekehrt fühlen sie sich in Männer-only-Zonen selber dem «male gaze» ausgesetzt – dem von Männern, die auf Männer stehen.» Ganz zu schweigen von Frauen, die auf Frauen stehen, aber die können gar nicht mit einem «male gaze» glotzen, nicht wahr.
Aber was Männer glotzend Frauen antun, mögen sie selbst überhaupt nicht, im Fall: «Allein die Vorstellung, von anderen Männern als Sexobjekt betrachtet zu werden, hält viele Männer davon ab, einen Männer-Badi-Bereich zu besuchen.»
So sind die Männer, also die heterosexuellen. Frauen betrachten sie ungeniert als Sexobjekt, selber möchten sie das aber für andere Männer keinesfalls sein. Aber für Frauen? Diese Frage beantwortet der Glotzologe Metzler nicht.
Nun sieht er aber ein (Pardon, Kalauer), dass es ja irgendwie möglich sein soll und muss, dass Männlein mit Weiblein irgendwie, nun ja, Blickkontakt aufnehmen. Denn ohne Blickkontakt keine Annäherung, ohne Annäherung kein Körperkontakt, ohne Körperkontakt keine Fortpflanzung. Vielleicht sollte man da wieder wie im züchtigen Mittelalter dazu übergehen, dass der weibliche Körper mit einem Laken bedeckt wird (wobei nur eine entscheidende Stelle ausgespart wurde). Zudem galt es als äusserst unschicklich, wenn das Weib beim ehelichen Geschlechtsverkehr zu erkennen gab, dass er ihr Spass machte.
Das nannte man damals den «female gaze», der bestraft wurde, indem diese liederlichen Weiber fortan einen Keuschheitsgürtel mit Dornenkranz tragen mussten. Gut, das ist erfunden, könnte aber Metzlers Fantasie entsprechen.
Denn wie schreibt er so schön: «Es ist Unsinn, dass Männer keine Frauen mehr ansehen dürfen. Auf die Art des Blickes kommt es an.»
Aber verflixt, wer bestimmt den die «Art des Blicks»? Rein subjektiv die Angeblickte? Und wenn der Mann rein subjektiv gar nicht geglotzt, nur angesehen hat? Muss dann ein Glotzologe entscheiden? Und wenn Metzler nicht gerade zur Hand ist? Brechen dann liederliche Sitten wie in Sodom und Gomorra aus?
Metzler hat da nur wenig Rat und keinen Trost: «Zur Orientierung können Männer Frauen fragen.» Aha. Also, der Mann guckt. Eine Frau. An. Da empfiehlt Metzler nun eine originelle Anmachmasche: «Pardon, gnädige Frau, können Sie mich orientieren? Schaue ich Sie einfach an? Oder glotze ich schon? Spanne ich gar? Und wenn ja, ist Ihnen das unangenehm?»
Mit der Methode dürfte sich Metzler schon einige Ohrfeigen eingefangen haben, aber das verschweigt er schamvoll. Oder aber, er guckt schon mal vorsichtshalber gar nicht. Vielleicht erkennt man Metzler daran, dass sein Blick immer nach unten gerichtet ist. Und an der geschwollenen Nase, weil er so ständig in Türpfosten brettert. Schamgebeugt halt.
Der Tagi hingegen kennt überhaupt keine Schamgrenze mehr.
Metzler hat den Frauen- unter-Frauen-Blick total ausgeschlossen. Welche doch manchmal die abwertendsten sind. Aber das passt ja wiederum nicht zur Opferperspektive, sondern zum Konkurrenzverhalten. Oder ausgeschlossen wird auch, ob das Glotzen mit irgendwelchem kulturellen Hintergrund verbunden ist oder nicht, etc. Es sind undifferenzierte Behauptungen, aus denen ein oberplatter Artikel/Schulaufsatz geschustert wird.
Den besten Blick auf das Geschehen in der Frauenbadi hat man vom Pissoir Bauschänzli.
Bietet zudem den Vorteil, Mann wird beim «luege» nicht gesehen.
Metzler und seine Gesinnungsgenossen haben den Verstand verloren.
Muss sie belehren, nur was man besitzt kann verloren gehen.
Metzler soll seine Erkenntnisse doch einmal in einem Berliner Freibad mit hohem Anteil an zugereisten Fachkräften zum besten geben. Eine Klientel die dem Tagi ja schwer am Herzen liegt. Da stösst er mit seiner bemerkenswerten Sensibilität ganz bestimmt auf offene Ohren.
…zugereiste Fachkräften (fachgerecht beschrieben)
Ein Blick auf das Autorenbild zeigt einen jungen Bedenkenträger mit genderneutraler Frisur und verklemmtem Gesichtsausdruck. Von ihm möchte ich unbedingt einen Ratschlag, wie ich mich dem weiblich Geschlecht gegenüber zu verhalten habe. Der hat‘s drauf.
Der Brüller, Saubermann Metzler schreibt: «Eine kleine Umfrage auf der Redaktion ergibt: Frauen halten sich gern dort auf, weil sie verschont bleiben vom männlichen Blick». Ob die Empörte in der Badi Mitglied der Redaktion ist? Der typische TA Inzuchtjournalismus, nicht die Meinungsvielfalt interessiert, sondern die uniforme Meinungseinfalt die an der Werdstrasse gegeben ist.
Metzler ist «male gaze», mit seinem männlichen Blick und Dominanz okkupiert er «feministische» Themen. Vielleicht ist es auch nur plumpe Anbiederung an die herrschende Clique in der Redaktion!
Lieber Victor, Ihr letzter Satz trifft ins Schwarze. Ein sicherer Arbeitsplatz ist ein paar moralistische und «intellektuelle» Verrenkungen wert.
Als ich den Tagi-Artikel sah, gingen mir ähnliche Gedanken durch den Kopf. Gibt es überhaupt noch einen Grund, eine solche Zeitung zu abonnieren? Der Informationsgehalt tendiert gegen null, viele Artikel sind belanglos bis dämlich und oft steht die reine Provokation (mit verlässlich links-feministischer Schlagseite) im Vordergrund. Und dafür sollen die Leser (es sind wohl halt immer noch die ungeliebten alten, weissen Männer in der Überzahl) bezahlen?