Wird die Waffe stumpf?

Der Fall Lena Schilling ist mehr als eine Wiener Hofintrige.

Die 23-Jährige gilt als die grosse grüne Hoffnung in Österreich. Jung, attraktiv, nicht auf den Mund gefallen. Sie hat allerdings auch ein loses Mundwerk.

Über ein ehemals befreundetes Ehepaar schnödete sie, der Gatte sei gegenüber seiner Frau gewalttätig geworden, die habe dann eine Fehlgeburt erlitten. Nur: reine bösartige Fantasie. Unterlassungserklärung.

Noch schlimmer erwischte es sie bezüglich des ORF-Moderators Martin Thür. Während des Europa-Wahlkampfes wand sich Schilling noch schlangenartig um die Wahrheit herum. Unter dem Damoklesschwert einer Klage kroch sie dann zum Notar und gab eine Erklärung ab: sie habe zwar «gegenüber Dritten den falschen Eindruck erweckt, ich hätte mit Martin Thür ein Verhältnis gehabt». In Wirklichkeit sei sie aber weder persönlich noch digital mit ihm bekannt.

Ist das peinlich. Auch ihre Behauptung, ein anderer Moderator habe sie belästigt, musste sie bereits per Unterlassungserklärung zurücknehmen. Auch ihre Verleumdung des Ehepaars darf sie nicht wiederholen.

Nun kann das – unabhängig von Parteizugehörigkeit und Alter – einfach eine Person sein, die ein notorisch gestörtes Verhältnis zur Wahrheit hat. Auf der anderen Seite sind solche Vorwürfe durchaus geeignet, Karrieren zu vernichten oder Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, in ernste Bedrängnis zu bringen.

Selten ist es so eindeutig wie hier, dass die Verbreiterin von Lügen öffentlich einknicken muss.

Denn das Opfer solcher Behauptungen steht nicht nur am öffentlichen Pranger. Es muss auch beweisen, dass etwas nicht passiert ist, es gilt die Schuldvermutung. Besonders übel ist das, wie im Fall der 76 erregten Tamedia-Frauen, wenn anonymisierte, zeitlich nicht verortete Behauptungen aufgestellt werden. Ob da wirklich ein Mann irgendwann und irgendwo etwas Abschätziges oder Anzügliches gesagt hat oder nicht – unmöglich, das zu verifizieren oder zu falsifizieren.

Selbstverständlich gibt es auch und gerade am Arbeitsplatz übergriffiges Verhalten. Da sich der Vorwurf aber immer mehr in eine Waffe verwandelt hat, mit der eine Karriere beendet, eine soziale Existenz vernichtet, die Reputation eines Menschen schwer beschädigt werden kann, ist es mehr als stossend, dass das bislang in keinem Fall strafrechtliche oder zivilrechtliche Konsequenzen hatte.

Keine der Tamedia-Frauen wurde für ihr verbal übergriffiges Verhalten zur Verantwortung gezogen, mit dem sie wirklichen Opfern sexueller Attacken einen Bärendienst geleistet hatten.

Auch Schilling ist bislang nur der Peinlichkeit ausgesetzt, ihre diversen Lügenmärchen öffentlich dementieren zu müssen. Während ihr zuvor ihre Partei (und viele Kampffeministinnen) beiseite standen und entsprechende Recherchen österreichischer Medien als üble Schmutzkampagne sexistischer Männer verschrien.

Hier solle ein Opfer nochmals fertiggemacht werden, so der Tenor.

Nun herrscht allgemeines «reden wir nicht mehr drüber, Fall erledigt».

Auch in der Schweiz gibt es den Fall einer Betreiberin einer sogenannten Finanzplattform für Frauen, der jedes Mittel recht ist, in die Öffentlichkeit zu kommen. Auch sie behauptete, vor vielen Jahren Opfer einer sexuellen Attacke geworden zu sein. Ein Arbeitskollege habe sie in einen Raum gedrängt und dort zu küssen versucht, was sie körperlich abwehren musste. So ihre Erzählung. Der Gutmenschenfunk SRF untersuchte den Vorwurf, soweit sich ein dermassen lang zurückliegendes Geschehen überhaupt untersuchen liess.

Resultat: nichts dran, keine Belege, keine Indizien vorhanden, nichts erurierbar. Gewaltiger Gap zwischen Behauptung und Wirklichkeit. Die Dame tat dann befremdet, behauptete, sie zweifle an der Objektivität der Untersuchung und werde dem nachgehen. Anschliessend herrschte auch hier das übliche «reden wir nicht mehr davon».

Zuvor hatte die verzweifelt nach Aufmerksamkeit gierende Frau auf Instagram behauptet: «Redaktor versucht, mich als junge Praktikantin zu küssen. Muss mich körperlich wehren. Er versucht es genau gleich bei der nächsten Praktikantin. Er sitzt immer noch in Leitungsfunktion beim SRF».

Resultat: «Laut Untersuchungsbericht konnte die externe Fachstelle aufgrund der widersprüchlichen Aussagen der Befragten nicht abschliessend klären, wie sich das damalige Treffen vor 20 Jahren abgespielt hat und wie es überhaupt dazu gekommen ist», schrieb SRF. Bei der Befragung habe sich zudem herausgestellt, dass sich der Vorfall nicht am Arbeitsplatz ereignet habe

Nebenresultat: es meldeten sich fünf weitere Mitarbeiter, die diesem Kadermann ungebührliches Verhalten (nicht auf sexuellem Gebiet) vorwarfen. Daraufhin verliess er, der niemals persönlich mit auch nur einem Vorwurf konfrontiert worden war, frustriert SRF.

Die Frau mopste nach: «Ich gehe von schweren Verfahrensmängeln bei der Untersuchung aus und habe bereits ein Gesuch um Akteneinsicht gestellt, um den Bericht und das Verfahren juristisch prüfen zu lassen.» Ergebnis der «Prüfung»: unbekannt.

Was es hier dringend braucht, ist eine Schärfung des Straftatbestands der üblen Nachrede, Verleumdung, Persönlichkeitsverletzung. Denn es kann ja nicht sein, dass neben berechtigten Klagen Trittbrettfahrerinnen die Keule «sexuelle Belästigung» ungestraft schwingen – und wenn sich herausstellt, dass alles nur erfunden war, einfach «Schwamm drüber» sagen dürfen.

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