Kochflop und Rubrikensalat

Was ist nur mit Tamedia los?

Es wimmelt von neuen Rubriken auf der Homepage. Während sich andere Medien bemühen, da einen möglichst aufgeräumten Eindruck zu machen, hält es der Tagi eher mit dem Prinzip der Wimmelbilder.

Nach einem zusammengewürfelten allgemeinen Newsteil, wo Meldungen aus der Schweiz, vom Sport, aus den USA oder New über das Weltereignis «Taylor Swift kommt nach Zürich», als Aufmacher «Tipps für die Reiseversicherung» wimmeln, kommt dann die Rubrik «Fussball-EM 2024». Anschliessend die Rubrik «Redaktion empfiehlt», was dem Leser schon mal ziemlich wurst ist, wenn der Westschweizer Korrespondent des Tagi sein «Abschieds-Essay» schreibt. Aber Nabelschau für Nabelträger, das ist im Journalismus weitverbreitet.

Dann die «News-Pause» obwohl man sich fragt, wie viele News denn vorher stattfanden. Schliesslich der übliche Aufbau, «Zürich» («In dieser hippen Chnelle gibt’s Thai-Fleischkäse zum Bier»), dann schon wieder eine temporäre Rubrik «Unwetter in der Schweiz», dann «Schweiz», und noch vor dem Ausland «Elif x Tagi». Das ist eine nur Abonnenten zugängliche Kochserie, voll auf die Zwölf beim überwiegenden Lesergeschnack des Tagis: «So geht Kichererbsen-Dürüm»,  «Tante Songüls Aubergineneintopf», «Sushi-Dürüm» oder «Pasta Manti Style». Immerhin ist der «Eiersalat à la Mama» von der Homepage verschwunden, aber Positiveres kann man über diese Randgruppenküche für hippe und woke Blasenbewohner nicht sagen.

«International» kommt dann sehr schmalbrüstig daher, ein «Newsletter Alles klar, Amerika?», ein «Newsticker zum Krieg in Nahost», wobei Newsticker ein Euphemismus für «Agenturtickermeldungen reinhängen» ist. Dazu «Unruhen in Mauretanien», eine DPA-Meldung, und der «tägliche Podcast, Wer, wenn nicht Joe Biden?».

Der hat’s dann wiederum nicht in die nächste Rubrik «US-Wahlen» geschafft. Aber immerhin, kein Kommentar oder Leitartikel von Christof Münger, ein guter Tag.

«Wirtschaft», «Sport», «Fit und gesund durch den Sommer», der nicht mehr so neue «Crime-Podcast», weitere Podcasts, Videos («Chickpea-Dürüm nach Elif», das weiter oben noch Kichererbsen-Dürüm hiess, aber wieso nicht den Leser verwirren). Besonders wertvoll hier: «Die erste Periode bekommen».

Dann noch «Meinungen», schliesslich völlig versenkt unten «Beliebteste Artikel», «Wissen», die völlig abgehalfterte «Kultur», «Leben», «Digital», wir holen tief Luft «Panorama», «Züritipp(s) der Woche», «Reisen» , «Das Magazin», und endlich Ende.

Sagenhafte 26 Gefässe, um den Leser völlig verwirrt zurückzulassen.Statt Rücksicht auf die Attention Span des Internetnutzers zu nehmen, wird hier der User oder Unique Visitor durch ein Labyrinth von Rubriken und Gefässen gejagt, wo ein wildes Kunterbunt herrscht. Statt Ordnung und Orientierung Unübersichtlichkeit und Verzettelung.

Wenn nun online die Zukunft der Newsmedien sein soll, dann sieht es aber sehr düster aus beim Tagi. Dabei würde ein Blick auf den übersichtlichen, geordneten und den Leser ideal führenden Online-Auftritt der NZZ genügen, um den richtigen Weg zu weisen.

Nebeneinander einmal gross, einmal klein, gepflegte Bildsprache, unterbrochen von deutlich abgehobenen Bändern zu Einzelthemen. Auch mal eine Bewegt-Grafik, überhaupt gepflegte Bildstrecken, die den Vorteil eines hintergrundbeleuchteten Bildschirms gegen Zeitungspapier voll ausspielen. und erst im unteren Teil kommen dann wieder Dreispalter zum Einsatz.

So macht man’s nicht, so macht man’s. Könnte nicht so schwer sein. Aber wie meist hapert es eben nicht am Geld oder den technischen Fähigkeiten. Sondern am Köpfchen, an der gestalterischen Intelligenz, an zündenden Ideen, wie man den Leser elegant und sanft und attraktiv führen kann.

Oder zwei Bilder sagen mehr als tausend Buchstaben:

Visualisierte Don’ts.

Gegen visualisierte Dos:

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